Waisteering

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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nicola
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Beitrag von nicola » 11.05.2005 12:52

ivan hat geschrieben:es ist also ganz möglich bis logisch, dass solche leute ganz spontan und ohne nachzudenken das tun, was tai-chi & co. auch philosophisch begründen und beschreiben
Das Geheimnis – oder "die gute Form" von Rennläufern auf hohem Niveau, für Otto Normalo ebenso schwer erfassbar wie für die erforderlichen messbaren Kriterien einer ordnenden Biomechanik und meistens auch den Rennläufer selbst, liegt darin, dass kein Aspekt der Fahrt für sich allein besteht, sondern jeder Aspekt (Gelände, Schnee, Luft, Wetter, Material, Mensch...) zu allen anderen die engsten Beziehungen hat; die kleinste Veränderung irgendwo verändert alles andere.

Der Verlauf einer Kurve besteht aus ungeheuer vielen Variablen, die nur alle miteinander ein bestimmtes Ganzes ausmachen. Nur vom Ganzen her (insbesonders auf einem sehr hohen Level) können die einzelnen Momente als richtig oder falsch, effizient oder hinderlich beurteilt oder noch eindeutiger als langsam oder schnell gemessen werden. Weltbilder denen holistische Prinzipien zu Grunde liegen, es gibt davon auch zahlreiche westliche Ausprägungen, tun sich beim Erfassen der ganzheitlichen Kriterien naturgemäß wahrscheinlich leichter als ursprüngliche, klassisch physikalische Perspektiven. Ich finde aber, dass auch die westlich, klassisch wissenschaftliche Perspektive nicht als "falsch" abzutun sein kann, gerade ihre Form zu Differenzieren kann das Integrieren aller Komponenten in ein "Ganzes" sehr unterstützen.

Für mich wird es immer schwierig, wenn Teile verschiedener Weltbilder unkritisch miteinander verknüpft werden. Zum Beispiel wenn ein Aspekt aus dem Tai Qi, eine Art von Bewegung, Kurvenverhalten des Skiläufers so untermauern soll, dass sie als einzig wahre und beste Möglichkeit dargestellt werden soll. Diese Eingrenzung widerspricht dem holistischen Ansatz des Tao zutiefst und hält daher (für mich) einer kritischen Grundsatzhinterfragung nicht stand.

Meine Anschauung bezieht sich hier auf Allgemeines und nicht auf WS im speziellen, dazu müsste man entweder das Buch studieren (bin schon gespannt) oder noch besser die Autoren (am besten im Schnee) kennenlernen.
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nicola
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Beitrag von nicola » 11.05.2005 14:50

Martina hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist die "Gefahr" bei allen esoterischen Ansätzen, dass damit bloss alter Wein in neuen Schläuchen verkauft wird. Will sagen, dass jemand altbekannte (skitechnische) Dinge mit etwas Tai-Chi, Feldenkrais oder was auch immer aufmotzt und dann mit viel Propaganda teuer als das Allerneuste verkauft.
Eben Martina - und ein Punkt der in diesem Zusammenhang wichtig sein könnte, ist die Frage ob mit WS ein (momentan im Rennlauf erfolgreiches) Muster nachvollzogen und als Methode festgelegt wird oder ob es ein Beitrag zu umfassender Weiterentwicklung sein kann

Was mir in der Diskussion und besonders den "Fachbeiträgen – Gary" im Nastar Forum auffällt ist, dass hier zwar der Bewegungsablauf ab dem Brustkorb genau beschrieben wird, aber auf die Darstellung wesentlicher zugehöriger Bewegungsabläufe beispielsweise in den oberen Körperregionen, wie Armbewegung verzichtet wird.

Ein Beispiel
Das System Rennläufer muss sich, um den Fluss der Bewegung zu erhalten von einer unstabilen Position zur anderen bewegen, d.h. gewisse Variablen, wie auch Verlauf und Art der Armbewegungen müssen eine große Flexibilität besitzen, die der Läufer verwendet, um die Stabilität anderer, fundamentalerer und allgemeinerer Charakteristika beizubehalten. Wären seine Arme im Rennverlauf plötzlich am Körper festgebunden dann würde er mit hoher Wahrscheinlichkeit stürzen – weniger drastisch, doch gut sichtbar - es gibt kaum Rennläufer, die wenn sie einen Skistock verlieren, nahtlos im Fluss der Bewegung bleiben können.

Um zu Philosophieren könnte man dieses Beispiel auf der Ebene des Lernens und nicht nur der Methode betrachten. Im Training, während ein Skiläufer lernt, seine Arme richtig zu bewegen, ist er zunächst auf Bedingungen angewiesen die ihm möglichst viel Freiheit zum Experimentieren gewähren, d.h. er muss um einmal im Rennen sehr schnell zu sein und sturzfrei ins Ziel zu kommen gerade die Freiheit haben, langsam und an und sogar über der/die Sturzgrenze zu fahren, er kann sich auch mit der Situation des Stockverlusts konfrontieren. Freiheit und Flexibilität im Hinblick auf die grundlegendsten Variablen beim Skifahren können während dieses Lernprozesses ein neues, dem modernen Skimaterial gut entsprechendes System durch Wandel hervorbringen.

Ein "Muster" kann, so wie im Nastar Forum durch eindeutige Anleitung aber auch durch eine geordnete Ansammlung von "Unterschieden", oder von Grenzen dargestellt werden. Eine solche Darstellung gehört beispielsweise zu den Grundsätzen der Feldenkraismethode, die sich sehr stark durch Lernen durch Differenzieren definiert und btw. Feldenkrais hat als Physiker und Judoka eine bemerkenswerte Verknüpfung von Perspektiven und Aspekten zwischen Fernost und West geschafft. Er hat dafür Jahrzehnte gebraucht, viele Diskurse geführt und auch nach seinem Tod wird seine Methode von den seriösen Anhängern nach neueren Erkenntnissen kritisch hinterfragt und weiterentwickelt.

So denke ich, dass auch jene Erkenntnisse die aus dem Tai Qi ins Skifahren einfließen, wohl im Hinblick auf unterschiedliche Grundvariable hinterfragt werden müssten. So etwa die Frage nach der Wirkung von äußeren Kräften, die bei Bewegungen im Renntempo – ums drastisch zu machen meinetwegen von der Hausbergkante abwärts - bestimmt anders gehandhabt werden müssen als Barfuss auf einer vollkommen planen und rutschfesten Unterlage. Ohne im mindesten zu bezweifeln, dass ein Grundprinzip auf alle Sparten zutreffen kann, denke ich dennoch dass die Detailanwendungsform ganz selten 1:1 übernommen werden kann.

Transformation fällt mir dazu ein oder anders gesagt einen neuen gemeinsamen Bezugspunkt entdecken, der außerhalb der bisherigen Wahrnehmungen liegt.

In diesem Sinn finde ich, jeder Ansatz der dem Skilauf neue/andere Aspekte hinzufügt ist interessant wenn er nicht als Dogma sondern als Entwicklungsschritt betrachtet werden kann.
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Beitrag von Martina » 11.05.2005 18:40

Sehr schön! Genau so habe ich es gmeint! Danke für die Ausführungen!

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Beitrag von ursus2 » 18.05.2005 13:00

und es gibt tatsächlich das tai-chi-skifahren :D

http://www.taomartialarts.com/ski/ski_dance.html

ursus2

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Beitrag von nicola » 18.05.2005 14:09

und es gibt tatsächlich das tai-chi-skifahren
und ich habe es schon immer gewusst - es gibt nix was es nicht gibt :D

zu diesen bildern (videos) fällt mir einfach nur grundsätzliches ein: ich glaube fernöstliche bewegungskünste sollte man nicht als ausgleich zum "normalen" skifahren, sondern als einstieg in einen zu verändernden zugang betrachten. dafür müssen aber auch die grundprinzipien einer gut funktioniernden basistechnik fürs skifahren gegeben sein. d.h. ich habe grosse bedenken, dass die bewegungen die meister ichin shen hier vollführt, auch unter anderen/schwierigeren bedingungen zum ziel führen.
"Tai Chi Skiing is to apply Tai Chi principles to alpine skiing."
in diesem ersten satz auf der tai chi skiing page ist eigentlich schon mein allergrösster zweifel ausgedrückt. es kann, wie schon vorher erwähnt, wenn etwas sinnvolles neues entstehen soll, nicht heissen die prinzipien des tai chi auf das skifahren anzuwenden (apply), sondern die prinzipien beider dinge gehören verbunden, aufeinander abgestimmt, verschmolzen etc.
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ivan
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Beitrag von ivan » 18.05.2005 16:07

nicola hat geschrieben:
"Tai Chi Skiing is to apply Tai Chi principles to alpine skiing."
in diesem ersten satz auf der tai chi skiing page ist eigentlich schon mein allergrösster zweifel ausgedrückt. es kann, wie schon vorher erwähnt, wenn etwas sinnvolles neues entstehen soll, nicht heissen die prinzipien des tai chi auf das skifahren anzuwenden (apply), sondern die prinzipien beider dinge gehören verbunden, aufeinander abgestimmt, verschmolzen etc.
ich habe es zwar noch nicht gelesen, aber nur eine voreilige (wenn ich schon eingeloggt bin) und vielleicht nicht passende bemerkung:
wird damit nicht eher die bemühung gemeint, mit prinzipien von Tai Chi das skifahren zu beschreiben oder es damit zu erklären?

not "to apply" but "to describe" or "to explain"

wie ich das verstehe, ist das nicht dasselbe

btw, habe auf dem schnee einigermassen experimentiert, aber in der bemühung um etwas, das sich möglichst meiner interpretation von WS näherte, war bestenfalls das anschneiden auf dem innenski draus, das eigentlich seit langem bekannt ist
also lieber das buch abwarten
(hoffentlich steht da nicht nur etwas allgemeines und hauptsächlich die empfehlung, an einer MSRT-clinic unbedingt teilzunehmen) :D

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nicola
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Beitrag von nicola » 18.05.2005 17:08

ivan hat geschrieben:ich habe es zwar noch nicht gelesen, aber nur eine voreilige (wenn ich schon eingeloggt bin) und vielleicht nicht passende bemerkung:
wird damit nicht eher die bemühung gemeint, mit prinzipien von Tai Chi das skifahren zu beschreiben oder es damit zu erklären?
ich habe es nicht so verstanden und für mich sieht das auch nicht harmonisch aus s.u. mir scheint da wird ein ästhetisches bild aus dem traditionellen "schönskilauf", der keinesfalls etwas natürliches ist als basis genommen. meine erfahrung aus dem qi gong ist aber, dass besonders auf einen etwa hüftbreiten stand wert gelegt wird.

[ externes Bild ]

im msrt wird aber auf den rennlauf (keinesfalls schönskilauf mit schmaler skiführung und fersenschub) abgezielt und ebenfalls mit prinzipien des tai qi argumentiert. jeder nimmt sich was er halt braucht :D
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Beitrag von ivan » 18.05.2005 17:37

hmm, hätte wohl zuerst lesen und dann schreiben sollen :(

das foto ist wirklich "klasse" :D

so fahren auch die älteren tiroler skilehrer nicht mehr :D

das mit der standbreite ist ja logisch auch ohne tai-chi. So steht ja "natürlich" keiner - vielleicht nur wenn einer wirklich MUSS und da keine toilette in sicht ist, und bei "habt acht!" :D

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Beitrag von ivan » 18.05.2005 23:43

ursus2 hat geschrieben:und es gibt tatsächlich das tai-chi-skifahren :D

http://www.taomartialarts.com/ski/ski_dance.html

ursus2
es gibt noch mehr:
http://forums.epicski.com/showthread.php?t=27418
(post Nr. 3!)
und
http://www.taomartialarts.com/ski/ski_video.html
und
http://www.ski.com.tw/modules/newbb/vie ... 68&forum=1
(ist zwar vom www.ski.com.tw, fast die ganze diskussion mit dem autor des tai-chi skifahrens (IS) ist auf englisch

zitat eines kritikers:
"... But you want to criticize modern skiing techniques. You use your ying and yan to explain away things, and sometimes you do contradict yourself..."

die fahrt auf dem video (nr. 4 = 1.8 MB) hat mit modernen carven wirklich nur die ski und den schnee gemeinsam:

"Flatboarding, or flat-board riding, is a downhill skiing/snowboarding technique that rides the ski/snowboard "flat" [in relation to the snow and the slope], that is, as the slogan said, "ski the bottom, not the edge." Which is far opposite from the modern techno cry of hard-edged carving turn technique that rides on the edge."

Biowolf

TS

Beitrag von Biowolf » 19.05.2005 07:07

In the worldview of Tai Chi, the world/universe is formed by two opposite forces (Qi, in Chinese) that form the "whole." The force that is invisible called "Yin," and visible [force] is called "Yang."

In skiing, gravity (invisible) is Yin, the skier (visible) is Yang, and Tai Chi Skiing shows the path/way of "harmonized Yin and Yang," the balance of the skier and gravity.

As inner skiing, the illusion is that we, the skiers, do all the skiing, as we have the "power" to control the skiing, and the stronger we are the stronger the techniques, and the stronger techniques means "better" skiing... however, in reality that downhill skiing is a sport of gravity, the ultimate power remains belong to gravity.

Gravity, the powerhouse of the universe, cannot be beaten. Although it appears that anything that moves overcomes the gravity, however, when the dusts settle, it is gravity that wins in the end. So, fighting gravity is exhausting and flowing with it thrives.

Most other skiing styles fight the gravity, as "up-unweighting" in parallel turns, and "hugging" the edge in carved turns, for examples; nevertheless, flatboarding "flows" with gravity.

As with flatboarding, Tai Chi Skiing skis with a balanced stance for a straight run, increase/shift the weight on/to one side to turn, and "ride" to maintain the turning pressure; as the angulation of the body balances out the angular acceleration that causes the turns, Tai Chi Skiing rides a line that is in the equilibrium state with gravity.

Internally, mind makes perception into reality. With mind concentrates on breathing, breathing drives the body to place the weight which causes the turns, and as the line of turns matches the rhythm of gravity, the graceful movements of the body manifests the equilibrium force of the gravity, and that is being "one with gravity."

In "Oneness," Tai Chi Skiing reaches the realm of Tai Chi. Tai Chi Skiing is the ultimate free style.

Have fun,
IS

Zitiert von Epicski.

Nicht schlecht, oder ?

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