am sonntag vor einer woche fuhr ich mit zwei weiteren skiverrückten aus bern durch den vereina, lud in zernez noch eine weitere sportfanatikerin auf, passierte den ofenpass und den umbrail, um an unser ziel den stelvio zu gelangen. so viele kurven bin ich selten an einem tag gefahren. die berühmten kehren vom stelvio kannte ich nur vom sommer mit dem rad, den gletscher hatte ich dannzumal kaum wahrgenommen.
eine gondel brachte uns auf 3000m.ü.m zu unserem hotel. es war leicht bewölkt und kalt. das hotel war einfach aber sauber, etwas verlassen, nachdem sich die letzten rennteams richtung sölden zum weltcup abgemeldet hatten. es sollte uns recht sein, versprach dies doch weniger betrieb auf den pisten.
wir waren erwartungsvolle teilnehmer eines fünftägigen racing-camps von swiss snowsports – stangen für anfänger


vom hotel gings mit einer kurzen gondel direkt ins skigebiet. es war immer noch leicht bewölkt, kalt und windig. ausstaffiert wie ein michelin-männchen war es aber auszuhalten. selbst die neuen schuhe hielten der kälte trotz dünnerer innenschuhe einigermassen stand. stangen sahen wir an diesem tag nur von den verbliebenen trainingteams – juniorInnen oder clubs. selber fuhren wir verschiedene grundübungen. die meisten (mich eingeschlossen) machten ihre ersten schneeerfahrungen für diese saison. der schnee war griffig, wenn auch nicht üppig vorhanden. am nachmittag frischte der wind stark auf, und wir waren beinahe die einzigen, die ihm trotzten.
es gibt immer wieder tage, wo ich mich frage, ob skifahren wirklich mein sport ist


zum glück liess sich der frust im hoteleigenen fitnesskeller und sprudelbad mildern. auch die feine südtiroler küche munterte mich auf. auf der videoanalyse waren die fahrten nicht ganz so katastrophal anzusehen, wie sie sich anfühlten.
der mittwoch verlief ähnlich frustrierend zwischen den stangen. einzig die übungen im griffigen schnee liessen mich etwas zuversicht tanken. am abend dann erhohlung im schwitzbad und in der sauna.
der donnerstag war ganz dem slalom gewidmet. es war kaiserwetter und ich nahm die sache mittlerweile auch entspannter. ich hatte mich etwas ans rumrutschen gewöhnt, mein gleichgewicht verbessert und wieder spass am skifahren gewonnen. auch liessen sich an den slalomstangen weit besser die agressionen ausleben als beim riesentorlauf

eigentlich wies ich den gedanken, dass dies an meinen skies liegen könnte, lange von mir. gut, sie hatten bereits hundert skitage auf dem buckel, aber es schien mir zu einfach, dem material die schuld zu geben. zudem war ein neuer ski nicht im budget vorgesehen. nach mehrmaligen kantenschleifen ohne wahrnehmbare wirkung kamen mir aber leichtere zweifel.
der höhepunkt vom letzten tag fand am mittag statt, als wir ins hotel zurück kehrten. unvermittelt tauchte ein bartgeier auf und kreiste nur knapp zwanzig meter über unseren köpfen. bald wurde er hartnäckig von einer dohle attackiert, und er zog mit halben loopings alle register seiner flugkunst. es war nicht auszumachen, ob es ihn ärgerte oder ob er es als spiel betrachtete.
zu diesem zeitpunkt hatten wir bereits die beiden rennen hinter uns gebracht. ich hatte mir für diesen tag einen testski gegönnt. und siehe da, eis war (fast) kein thema mehr. das stangenfahren machte auf einmal richtig spass. und als ich beim mittagessen die laufzeiten sah, war ich ehrlich überrascht. ich hatte nicht erwartet, so weit vorne im feld zu liegen

nach fünf tagen betrachte ich mich als alles andere als einen versierten stangenfahrer. aber es hat spass gemacht, auch wenn ich zwischenzeitlich in die panikzone geriet und eine skifahrerische sinnkrise durchlebte. wenn zeit und geld reichen, werde ich das gerne wiederholen.
gruss urs