Der neue deutsche Ski-Lehrplan

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Erwin
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Beitrag von Erwin » 09.10.2006 20:48

beate hat geschrieben:Beim DSLV habe ich gelernt: Drehen, Kanten Belasten, sind die Grundfunktionen fürs Ski fahren,
In der CH habe ich gelernt Kernbewegungen: Kippen/knicken, orientieren/drehen, beugen/strecken
Kernelemente: Kanten, Drehen, Belasten
Hallo Beate,
will zwar nicht bei dieser Diskussion und den Fachleuten stören :oops: , aber als absoluter Laie interessiert mich trotzdem, wie orientieren eine Kernbewegung sein kann. Was ist hier mit "orientieren" im Sinne einer Bewegung gemeint?
Gruß Erwin

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Hosky
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Beitrag von Hosky » 09.10.2006 21:09

Bewegungsfreund hat geschrieben:Der Lehrplan ist seit letzten Freitag ausgeliefert.
Danke! Zeit, sich mal im Buchhandel umzusehen...
Bewegungsfreund hat geschrieben:Für mehr Infos lies bitte die vorherigen Beiträge....
??? woraus schliesst Du, dass ich sie nicht gelesen habe? Weil ich die Reduktion auf eine "Funktion" hinterfrage? Andere der hier vorgestellten Kernpunkte des Lehrplans finde ich auf den ersten Blick übrigens durchaus positiv. Mal sehen, wie der Lehrplan das didaktisch aufbereitet.

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Beitrag von Hosky » 09.10.2006 21:17

beate hat geschrieben:In der CH habe ich gelernt Kernbewegungen: Kippen/knicken, orientieren/drehen, beugen/strecken
Kernelemente: Kanten, Drehen, Belasten
Aus den Kernbewegungen ergeben sich die Kernelemente und daraus wiederum Schwung, Sprung und Kombinationsformen sowie individuelle Formen etc
Ist sicher im Prinzip ähnlich aber letzteres ist bis zu Ende gedacht und IMO schlüssig formuliert.
Beate
Ergo würden die Kernbewegungen den Aktionen, die Kernelemente den Funktionen entsprechen. Ich kenne den Schweizer Lehrplan leider nicht, das hört sich aber schlüssig und sinnvoll an, beim "orientieren" habe ich aber die gleiche Probleme wie Erwin. Könnte damit ein Vorausdrehen des Oberkörpers gemeint sein?

Martina
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Beitrag von Martina » 10.10.2006 08:49

Hosky hat geschrieben:Ergo würden die Kernbewegungen den Aktionen, die Kernelemente den Funktionen entsprechen.
Ja genau, banaler ausgedrückt:

- Kernelement: das, was der Ski tut (=Funktion)
- Kernbewegung: das, was der Mensch tut (=Aktion)

Erwin hat geschrieben:Hallo Beate,
will zwar nicht bei dieser Diskussion und den Fachleuten stören :oops: , aber als absoluter Laie interessiert mich trotzdem, wie orientieren eine Kernbewegung sein kann. Was ist hier mit "orientieren" im Sinne einer Bewegung gemeint?
Hosky hat geschrieben: beim "orientieren" habe ich aber die gleiche Probleme wie Erwin. Könnte damit ein Vorausdrehen des Oberkörpers gemeint sein?
Zwar bin ich nicht Beate, aber versuche hier trotzdem mal zu antworten:

Die Kernbewegung heisst "drehen/orientieren".

"drehen" bedeutet, dass die Bewegung dem Ski einen Impuls geben soll.
Bsp:
- Beim Pflugfahren wird der ganze Körper in die gewünschte Schwungrichtung gedreht -> es kantet den Ski auf -> die äussere Ferse wird etwas nach aussen geschoben
- Beim Kurzschwingen wird anfangs Kurve der Ski auch aus einer Bewegung des Fussgelenkes gedreht -> der Ski dreht sich stärker und schneller, als er es von der Taillierung her würde

"orientieren" bedeutet, dass ich mit der Position meines Körpers den Ski begleitet. D.h. ich bin immer in die Richtung ausgerichtet, in die der Ski grad fährt (vereinfacht: Knie-Hüfte-Schulter im rechten Winkel zu Skis). Dies hat mehr den Sinn, die "Eigensteuereigenschaften" des Skis nicht zu stören.

Oder, wenn man so will: drehen ist etwas aktives, das direkt auf den Ski einwirkt. Orientieren ist eher passiv, mitgehen.

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Das ist keine offizielle Erklärung!
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Kompliziert wird die Sache dadurch, dass auch Begriffe wie "vordrehen" und "vororientieren" verwendet werden.
"Vordrehen" ist am ehesten das, was Hosky beschreibt: dass die Kurve aus dem Oberkörper "angefangen" wird. War eine Zeit mal sehr verbreitet in der CH, heute wird es vermieden (zuviel Bewegung, bringt den Ski zum driften, man muss mit Kraft fahren, Ski "flattert")
"Vororientieren" ist das sich-einstellen in Richtung der Kurve vor der Kurve. Man kann sagen, es ist ein abgeschwächtes Vordrehen. Man orientiert sich in die Richtung, in die man will, schaut dort hin, bereitet quasi seinen Körper vor, dass der Ski jetzt dann gleich aufkantet und in diese Richtung fährt. Man dreht nur soviel voraus, dass der Ski unmittelbar folgen kann und man sekundenbruchteile später wieder in Richtung des Skis steht

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Beitrag von ivan » 10.10.2006 09:57

Martina hat geschrieben: Kernbewegung: das, was der Mensch tut (=Aktion)
"orientieren" bedeutet, dass ich mit der Position meines Körpers den Ski begleitet.
Orientieren ist eher passiv, mitgehen.
wenn nun das orientieren im ursprünglich wichtigen sinne von aktivem "vordrehen" abgeschwächt wird zu eher passivem "mitgehen", wird die "aktion" eher passiv - ???

ich verstehe die ganze sache und wurde sogar in der schweizer methodik ausgebildet, aber da scheint die entwicklung (taillierte ski brauchen nicht so starke impulse, um kurve auszulösen) einen kleinen "schönheitsfehler" in das früher makellose schema gebracht zu haben...

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Beitrag von Bewegungsfreund » 10.10.2006 10:29

Die Schweizer haben sich damals viel Zeit gelassen für einen neuen Lehrplan. Zur Veröffentlichung des Lehrplans gab es aber auch schon recht lange taillierte Ski.

Die Heransgehensweise, Bewegungsmöglichkeiten zu unterteilen und dann in verschiedenen Situationen miteinander funktionieren zu lassen ist doch klasse.

Schön aber auch zu sehen wenn es Weiterentwicklungen gibt, die noch freier agieren lassen, bei gleichzeitiger genauer Beschreibungmöglichkeit.

Gruß

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Beitrag von Martina » 10.10.2006 12:37

ivan hat geschrieben:
Martina hat geschrieben: Kernbewegung: das, was der Mensch tut (=Aktion)
"orientieren" bedeutet, dass ich mit der Position meines Körpers den Ski begleitet.
Orientieren ist eher passiv, mitgehen.
wenn nun das orientieren im ursprünglich wichtigen sinne von aktivem "vordrehen" abgeschwächt wird zu eher passivem "mitgehen", wird die "aktion" eher passiv - ???

ich verstehe die ganze sache und wurde sogar in der schweizer methodik ausgebildet, aber da scheint die entwicklung (taillierte ski brauchen nicht so starke impulse, um kurve auszulösen) einen kleinen "schönheitsfehler" in das früher makellose schema gebracht zu haben...
Ich glaube, das Ganze ist so entstanden:
Früher war mal gegendrehen aktuell. Als die stärker taillierten Ski aufkamen, konnte man weg davon.
Um aber das Gegendrehen aus den Leuten rauszukriegen, musste man erst mal extrem in die andere Richtung gehen: Wir drehten alle extrem vor, oft so weit, dass die Ski wiederum ins Rutschen gerieten. Überdrehen (am ende der Kurve) war auch sehr gefragt.
Die meisten Leute waren aber nicht in der Lage, das Drehen wirklich so zu dosieren, dass der Ski nur grad auf die Kante kam. Sie mach(t)en zu viel, jetzt aber in die andere Richtung!
Ausserdem wird/wurde oft stark aus dem Oberkörper gedreht, die Beine und Füsse aber im Verhältnis dazu zu wenig.

In anderen Ländern (.zB. Canada, D wohl auch) wird das Problem dadurch gelöst, dass man sage, die Bewegung beginnt bei den Füssen, weil die ja am direktesten die Ski beeinflussen.
Dies finde ich dort sinnvoll, wo nicht der ganze Körper gedreht wird (z.B. Kurzschwingen). Benutze ich aber den ganzen Körper, dann soll sichdieser auch als ganzes drehen und nicht die Füsse zuerst und der Rest hinterher.
Das Problem ist ja nicht an sich das Drehen des Oberkörpers, sondern - wie so oft - die Dosierung.

@Ivan
Der Begriff "drehen" wurde ja keineswegs durch "orientieren" ersetzt! Es wird nur unterschieden: Wann muss ich drehen, um dem Ski einen Impuls zu geben und wann muss ich mich nur orientieren, so dass ich den Ski begleite (nicht dagegen arbeite).

BSp ein ruhiger, gecarvter Schwung:
Ski wird flachgestellt,dabei verlagert man den KSP über den Ski, Körper wird in Richtung der neuen Kurve vororientiert.
Dann wird KSP Richtung Kurvenzentrum verschoben und der Körper in Richtung Kurve gedreht bis der Ski schön auf den Kanten steht.
Ab diesem Moment wird der Körper nur noch in Richtung des Skis orientiert, der Körper "begleitet" den Ski.

Wahlweise kann ich das Drehen in der Kurve weiterführen -> dann mache ich die Kurve gegen Ende "mehr zu" (Dosierung anspruchsvoll)

Will also sagen: eigentlich ist es die gleiche Bewegung. Da aber die allgemeine Tendenz da war, zu stark zu drehen, wurde die Drehung, die nur den Ski auf seiner Kurvenfahrt begleitet, "Orientierung" genannt.
Aber das ist meine persönliche Erklärung!

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Beitrag von ivan » 10.10.2006 14:17

Martina,
klingt logisch, danke.

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Beitrag von Erwin » 10.10.2006 19:28

Martina hat geschrieben:"orientieren" bedeutet, dass ich mit der Position meines Körpers den Ski begleitet. D.h. ich bin immer in die Richtung ausgerichtet, in die der Ski grad fährt (vereinfacht: Knie-Hüfte-Schulter im rechten Winkel zu Skis). Dies hat mehr den Sinn, die "Eigensteuereigenschaften" des Skis nicht zu stören.

Oder, wenn man so will: drehen ist etwas aktives, das direkt auf den Ski einwirkt. Orientieren ist eher passiv, mitgehen.
Matina, danke erstmal für die Aufklärung! Hatte mit orientieren irgendwie an eine Handlung gedacht, die sich nur im Kopf abspielt, sodass mir da die Bewegung als solche fehlte.
Gruß Erwin

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