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von paul kuhn » 12.01.2006 18:35
Wollyhood,
was findest du an komperativ-statisch so schlimm? Ich finde den Begriff eigentlich ganz anschaulich. Da gibt es in der Wirtschaft doch wesentlich hochtrabendere Begriffe, unter denen dann ziemlich viel heiße Luft verkauft wird.
Bezüglich des theoretischen Ideals scheint zwischen uns ja Einigkeit zu bestehen.
Wollyhood schrieb folgendes:
Da die 'Resultierende' als Winkelhalbierende eines Parallelogramms definiert ist, liegt sie auch in der Mitte der Ansatzpunkte der Kräfte, also der Skikanten. Die Physik verbietet Dir nicht, die Kräfte, die auf beide Ski wirken, zu einer Resultierenden zu vereinen. Nur Fahrtechnik lässt sich damit nicht erkläre
Das verstehe ich nicht. Das Modell in meinem Kopf entspricht dem von Herbert skizzierten. Flieh- und Schwerkraft greifen im Schwerpunkt an, was aufgrund der auftretenden Drehungen sicherlich nicht ganz korrekt ist, mir aufgrund seiner Anschaulichkeit aber durchaus als Einstieg tauglich scheint. Darin kann die Wirkungslinie der Resultierenden überall zwischen den Ski und auch daneben landen, was man dann, wenn es von einer gewissen Dauer ist auch deutlich am eigenen Körper spüren wird.
Du sagst, daß es sinniger und präziser sei, mit Drehmomenten zu arbeiten, dies aber den Rahmen dieses Forums sprengen würde. Da stimme ich dir zu, wäre dir aber dankbar, wenn du mir vielleicht ein paar Literaturtipps oder Links dazu geben könntest, da mich diese Thematiken wirklich interessieren. Ich habe gerade mal den uralten Metzler rausgesucht, aber darin ist das Thema Rotation leider auch nur kurz angeschnitten.
Im Netz habe ich schon geschaut, konnte jedoch nichts finden, wo solch ein Modell mit Drehmomenten dargestellt ist.
Herbert,
ich habe deine Kraftvektoren schon auch als solche betrachtet, habe aber in der Tat eine sehr unglückliche Ausdrucksweise gewählt. Ich meinte folgendes: Kann es sein, daß die horizontale Drehachse dort liegt, wo die Wirkungslinie der Res. auf den Boden trifft, dass sie sich dort im rechten Winkel schneiden?
Daß das Gleichgewicht tatsächlich nicht fortwährend besteht ist klar. Wäre ja auch ziemlich langweilig. Wir müssen uns ja, um ein Fahrziel, z.B. ein Tor in einem Riesenslalom, zu erreichen von einem GG zum nächsten bewegen.
Dazu müssen wir aber doch körpereigene Kräfte mobilisieren, die dazu führen, daß wir immer wieder gleichgewichtige Zustände erreichen.
Herbert, du schilderst eine Möglichkeit, wie wir dies erreichen können, über das Strecken und Beugen unserer Beine oder besser gesagt, über das An- und Entspannen bestimmer Teile der Beinmuskulatur.
Dies ist aber bei weitem nicht die einzige Möglichkeit die uns unser Körper bietet, dieses GG immer wieder herzustellen und meines Erachtens auch nicht die beste.
Wäre sie es, wie sollte dann jemand Snowboard oder gar auf einem Ski fahren können?
Eine sehr gute Möglichkeit dazu bieten die Rotationen unseres Körpers um seine Längsachse, also die, die du Vertikalachse genannt hast.
Diese Rotationen, wie auch immer man sie gestaltet hat, dienten beim klassischen Skifahren dazu, die Ski über ihre Kante rutschend oder vom Boden gelöst, entlastet zu drehen.
Beim Carving haben sie aber doch nur die Funktion, unseren Schwerpunkt in Bezug auf unsere Ski zu verlagern.
Angenommen, wir fahren geradeaus und wollen nun eine Kurve fahren.
Im Falle einer Linkskurve müssen wir den KSP also nach links verlagern. Dazu bedarf es einer Kraft, einer körpereigenen Kraft. Durch dieses Schrägstellen entsteht dann die Zentripetalkraft, die uns in eine Kreisbewegung übergehen lässt, sofern zumindest eine unserer Kanten den nötigen Halt am Schnee bereitstellen kann, doch dabei unterstützt uns der Carvingski ja in nahezu idealer Weise.
Ich denke, bis hierhin sollten wir uns einig sein. Wie aber sieht der weitere Verlauf der Kurvenfahrt aus?
Wie verhält es sich mit dem Bewegen und bewegt werden?
Wären wir nur der Schwerkraft ausgesetzt, so würden wir ohne geeignete Gegenmaßnahmen umkippen, sobald der Schwerpunkt sich nicht mehr über unserer Auflagefläche befänden.
Jetzt gehe ich einfach mal zur Betrachtung im bewegten System über.
Mit zunehmender Schräglage wächst, da sich der Radius verringert, von den Geschwindigkeitsänderungen sehe ich einmal ab, die Zentrifugalkraft.
Diese versucht uns nach aussen zu ziehen. Um diese beiden Kräfte optimal miteinander in Einklang zu bringen, werde ich eine körpereigene Kraft aufbringen müssen, die derart zu dosieren ist, dass die Resultierende der drei Kräfte meinen Körper kontrolliert nach unten beschleunigt, bis ich die Schräglage und damit den Radius erreicht habe, den ich wünsche. Hier bringe ich die Bewegung zum Stillstand um sie dann in die entgegengesetzte Richtung fortzusetzen, mich also wieder in die Senkrechte zu begeben.
Um Missverständnissen vorzubeugen:
Den obigen Teil meiner Aussage halte ich für sehr wahrscheinlich, den Rest betrachtet bitte als ersten Ansatz einer Erklärung, als Anregung über diese Vorgänge zu diskutieren. Stellt euch einfach vor, es stünde vor jedem Satz: Ich könnte mir vorstellen dass es so und so ist.
Also, es würde mich wirklich sehr interessieren, wie ihr euch das Zusammenspiel von Bewegen und bewegt werden, der inneren und äusseren Kräfte vorstellt.
Neben den Rotationen und dem Zusammenspiel der Beine, können wir auch noch über Bewegungen des Kopfes und der Arme Einfluss auf die Lage unseres KSP nehmen.
Unsere Bewegungsmöglichkeiten sind halt in der Tat sehr mannigfaltig, was die ganze Sache ziemlich komplex macht und das, wo Carving doch eigentlich so einfach ist.
Ein Schüler muss sich darüber keine Gedanken machen, einem Lehrer könnte es nicht schaden. Diejenigen aber, die einen Lehrplan verfassen, die sollten es schon tun, finde ich.