Wer kann helfen?

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plateaucarver
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von plateaucarver » 25.01.2013 22:13

Sorry für die krasse Formulierung ...

Weil eine natürliche Fortbewegungsart, die in der Stammesgeschichte des Menschen schon seit mehreren Millionen Jahren vorkommt und u.a. durch angeborene Reflexe (Kniesehnenreflex) ermöglicht wird etwas völlig anderes ist als eine Sportart, die erst seit gut 100 Jahren exisitert, nur mit Hilfe von speziellen Geräten möglich ist und deswegen erlernt werden muss.

Laufen muss man nicht "lernen", auch wenn man es im Sprachgebrauch so nennt.

Th3oran
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Th3oran » 25.01.2013 22:22

Wievielen Kindern hast du schon beim Laufen, etc. lernen zugeschaut? Mir ist schon klar, daß es eklatante Unterschiede zw. den von mir genannten Beispielen und dem Skifahren gibt. Aber ich glaube trotzdem, daß genauso wie Kinder sich die notwendigen und i.A. optimalen Bewegungsmuster für das Umdrehen, Krabbeln etc. durch ausprobieren und nachahmen aneignen, dies auch beim Skifahren funktionieren kann. Natürlich mit dem Unterschied, daß die notwendigen Rahmenbedingungen dafür nicht auf so natürliche Art und Weise auftreten, wie bei den weitaus fundametaleren Bewegungsarten. Daher dauert es mit dem Skifahren lernen, ja für gewöhnlich auch etwas länger als mit dem Laufen oder Krabbeln. :D
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Martina
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 25.01.2013 22:27

plateaucarver hat geschrieben:Diese "einigen" nennt man auch "Bewegungstalente".

In der Skischule muss man sich aber vor allem um die Mehrheit derer kümmern, die keine sind.
Das ist richtig.

Meiner Meinung und Erfahrung nach das aber gerade das Problem, wenn man primärmit nicht-Bewegungstalenten arbeitet: Nicht für jeden funktioniert genau das Gleiche gut. Ich bin überzeugt davon, dass der ideal Weg zum "guten" Skifahren nicht über einen bis ins Detail beschriebenen und möglichst exakt kopierten Normschwung führt. (Und das geht man im AU System schon, oder? Es ist zumindest mein Eindruck.)

Ich halte einen offeneren Lehr-/Lernweg, wo Kurven nicht bis ins Detail beschrieben werden, auch nicht für völlig problemlos (u.a. ist es für die Lehrer anspruchsvoller). Allerdings halte ich es nicht für zielführend, wenn im Skilehrertraining jeder Körperteil mm-genau dem Vorfahrer angepasst werden muss und diese Haltung dann möglichst genauso dem Gast vermittelt werden soll. Und das ist es, was ich beobachte.

Um jetzt keinen falschen Eindruck zu vermitteln: Grad im Kinderbereich wird dann oft nicht "stur" gearbeitet, sondern sehr angenehm und kindgerecht. Und in AU gibt es - wie überall - an jeder Skischule Lehrer, die sehr gut auf den Einzelnen eingehen und andere, die das nicht hinkriegen. Es geht mir mehr um den offiziellen Lehrweg.

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plateaucarver
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von plateaucarver » 25.01.2013 23:25

Was das "Bewegungsideal" in der Skilehrerausbildung angeht, ist deine Beobachtung sicher nicht ganz falsch. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass dem Gast eine solche "Schablone" eingebimst werden soll.

Hier mal exemplarisch zwei Beschreibungen aus dem österreischischen Skilehrweg - detailliert ist das sicher nicht, eher aufs Notwendige beschränkt und situationsgerecht kommt recht oft vor:

Stemmschwung ("Carven Grundstufe")

Ziel: Kurvenfahren mit Steuern auf den bergseitigen Kanten

Bewegungsbeschreibung/Kernlehrziel: Anfahren in Schrägfahrt - sich nach vorne erheben und gleichzeitig bergseitig auswinkeln; Gegendruck vom Gelände und die Skitaillierung führen in Richtung Falllinie; nach dem Belastungswechsel Beidrehen des Innenskis, Aufbau des Alpinen Fahrverhaltens*) und gesteuertes Ausfahren der Kurve. Das Beidrehen des kurveninneren Skis erfolgt situationsabhängig.

*) damit ist die bewegungsbereite Grundhaltung mit evtl. Hangausgleich gemeint


Carven - lange Radien

Ziel: Dynamischer Richtungswechsel aus dem Steuerdruck; situationsgerechte Skiführung; sportliches, vorausschauendes Skifahren mit sicherer Skisteuerung in mittellangen und langen Radien

Bewegungsbeschreibung:
- Beide Ski gleiten auf den bergseitigen Kanten
- Eine Vor-Hochbewegung mit Umkanten durch Einwärtskippen leitet die Richtungsänderung ein
- Die aufgekanteten, taillierten Ski lassen in der Kurve Steuerdruck entstehen
- Im weiteren Kurvenverlauf wird ein situationsgerechtes Alpines Fahrverhalten aufgebaut
- Die Kurvenradien werden über den Aufkantwinkel und die Verlagerung des Körperschwerpunktes in Skilängsachse angepasst
- In der Steuerphase übernimmt der Außenski die Führungsrolle, der Innenski wird situationsgerecht mitbelastet

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von bergsee » 27.01.2013 18:59

plateaucarver hat geschrieben:Hier mal exemplarisch zwei Beschreibungen aus dem österreischischen Skilehrweg - detailliert ist das sicher nicht, eher aufs Notwendige beschränkt und situationsgerecht kommt recht oft vor:
Respekt: mindestens 4x „situationsgerecht o.ä.“ - nur hatte die Verwendung des Begriffs so gar nichts zu tun mit dem diskutierten Thema. In dem ging es zuletzt um ein – nicht nur an der Bewegungslehre (!) orientiertes – methodisches Modell. - Was man „situationsgemäß“ mit einem Ski macht, ist hierbei völlig belanglos!

In meinem Post skizzierte ich eine seinerzeit im Wirkbereich des DVSL eingeführte, das bisherige Plateau-Denken beendende, Methodik - ein stringentes CURRICULUM für eine TAT-sächliche Situations-Orientierung des Vermittlungsgebäudes (zu der gehören nicht nur die Umwelt-Faktoren sondern z.B. auch die Intentionen und Dispositionen der Gruppe bzw. des Lehrers....).
Die Situations- und Funktions-Orientierung (sowie heutzutage das oft hohe Gefährdungspotenzial beim Gruppenhalt zum Üben) hat Konsequenzen für das methodische Vorgehen: Es macht Sinn (und den Unterricht wesentlich interessanter bei deutlich gesteigerter Fahr-Zeit), stets den jeweiligen Verhältnissen gemäße (!) MOTORISCHE Fertigkeiten (also nicht - „richtige“, „technische“,) zu schulen – in EINER Abfahrt (nutzend die Vorteile des kon-zentrischen Lernens, Prinzips des (mot.) Mit-Lernens).

Diese komplexe und überaus erfolgreiche Denk- und Arbeitsweise am 25.1. mit den Bildern „Laissez faire“ sowie „schädliche Fehler“ verunglimpfen zu müssen, weist auf ein Plateau des Denkens hin: stagnierend (Lern-Plateau), unstrukturiert, ein-fältig, un-interessant - carven kann man angeblich auch drauf...
Dabei arbeiten causal denkende, also undogmatische, (Sport-)Lehrer (übrigens auch der DSLV) schon seit Jahren nach der Methode des DIFFERENZIELLEN Lernens – ketzerisch: Je falscher, desto richtiger (bei Kindern: je verrückter, desto interessanter (=Kind-gerechter) und damit förderlicher), ein Feuerwerk der (angepassten) Grenz-Erfahrungen (sie erst provozieren nachhaltiges LERNEN !)....

Dazu gehört auch, dass beim Skifahren das Gelingen jedweder Bewegungs- (also nicht Haltungs-)Aufgabe GRAVIEREND von der zentralen ko-ordinativen Kompetenz abhängig ist (könnte man den OK abschnallen, wären alle Meister....). Es ist auch von daher körperliche, mentale und vor allem intellektuelle Beweglichkeit beim Lehrer gefragt: „Wenn´s im Fahrgestell nicht weitergeht, leite die Änderung am Kopf (Augenachse) bzw. der Schulter ein“ – seine, ihre, Stell-, Halte-Reflexe (Haltung <> Ver-Halten) bilden oft das entscheidende Hindernis bei der Verbesserung der Ko-Ordination!

Aber für das alles reicht das zitierende Aufzählen von „situationsabhängig“ natürlich nicht aus ….
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von plateaucarver » 27.01.2013 19:40

Martina hat geschrieben:Ich bin überzeugt davon, dass der ideal Weg zum "guten" Skifahren nicht über einen bis ins Detail beschriebenen und möglichst exakt kopierten Normschwung führt. (Und das geht man im AU System schon, oder? Es ist zumindest mein Eindruck.)
plateaucarver hat geschrieben:Hier mal exemplarisch zwei Beschreibungen aus dem österreischischen Skilehrweg - detailliert ist das sicher nicht, eher aufs Notwendige beschränkt
Merkste selber, ne? (Hoffe ich mal)

Ansonsten lies einfach hier noch einmal: viewtopic.php?p=132852#p132852 bzw. viewtopic.php?p=132853#p132853 und viewtopic.php?p=132940#p132940

Wenn du das für "einfältig" und uninteressant hältst, kann ich dir auch nicht mehr helfen ... dann kannst du dieses Etikett nämlich deiner "Methode" genauso aufpappen.

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 27.01.2013 20:06

Danke, Plateaucarver, dass du dir die Mühe gemacht hast, das einzustellen. Ich habe die Beschreibungen bisher noch nie gelesen. Sie sind tatsächlich nicht bis ins Detail - zum Glück. Mein Eindruck vom "Normschwung" kommt von der Piste: Was ich dort sehe,
ist ziemlich "schablonenmässig": Morgens sieht man im Training Skilehrer hinter Skilehrer in möglichst exakt gleicher Haltung hintereinander, nachher im Unterricht die gleiche steife Haltung vor der Gruppe. Die "Korrektur" erfolgt hinsichtlich eines "Idealschwunges", nicht in Bezug darauf, was für diesen Lernenden gut funktionieren könnte.
Wenn ich österreichische Skilehrer auf das Thema anspreche, dann verstehen sie meist nicht, was ich meine, weil sie mit korrekt/falsch arbeiten und nicht mit individuell angepasster Technik (das ist kein Vorwurf an den einzelnen, die haben das ja irgendwo her!)
Was wir letzte Woche oft beobachtet haben: Skilehrer, die an sich selber herunterschauen, offenbar, um die Haltung zu überprüfen.
Das Demoteam fährt - für meinen Geschmack - auch so "geklont", zumindest wenn man die Interskifilme anschaut.
Hast du eine Ahnung, woran das liegt? Gerade, wenn die Beschreibung im Lehrplan eigentlich nicht alles bis ins Detail vorschreibt, warum wird dann so (vor-)gefahren? Wird so geprüft in der Skilehrerausbildung?

Ich glaube dir sofort, dass gute Ausbilder in Österreich nicht das Ideal verfolgen, dem Gast eine Schablone einzutrichtern. Ich weiss, dass nicht jeder Lehrer so unterrichtet. Man sieht auch andere und es gibt auch Berichte von gutem, individuell ausgerichtetem Unterricht.

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von plateaucarver » 27.01.2013 20:56

Martina hat geschrieben:Wird so geprüft in der Skilehrerausbildung?
Ja, es wird darauf geachtet, dass diese "Normschwünge" sitzen. Wobei es eher darum geht, die beschriebenen Elemente zu zeigen - für eine gute Note sollte man aber dem "Ideal" möglichst nahe kommen.

Für ein Demoteam kann es ja auch ein angestrebtes Ideal sein, wenn sich alle gleich bewegen - das ist beim Synchronschwimmen, Formationstanzen und ähnlichen Disziplinen ja nicht anders.

Aber bedauerlich, dass nicht alle Skilehrer begreifen, dass es die der Könnensstufe bzw. die den Defiziten entsprechend ausgesuchten und angepassten Übungen sind, die den Gast/die Gruppe weiterbringen, sondern das "Ideal" vorfahren und es im Prinzip dem Schüler überlassen, wie er das schaffen soll.

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 27.01.2013 21:14

Vermutlich ist das der Knackpunkt: Fährt das Demoteam einen möglichst gleichen "Normschwung", dann wird dieser auch in der Skilehrerausbildung verlangt. Wird er dort verlangt, wird er im Training vermittelt.
Und da ist es vom einzelnen Skilehrer dann doch sehr viel verlangt, selber plötzlich anders zu unterrichten. Einige können das, kommen selber drauf, die meisten vermutlich eher nicht.

In der Schweiz ist es oft eher das Problem, den Neuen zu vermitteln, worauf sie achten müssen. Individueller Unterricht verlangte ein geübtes Auge - und das bekommt man erst durch reflektierte Erfahrung. Ist auch nicht ganz einfach.

In Canada machen sie es so, dass auf Level 1 der Skilehrerausbildung eine Art "Normteaching" für Anfänger (etwa bis Parallelschwung, glaube ich) vermittelt werden: Eine Standardvorgehensweise mit ein paar Varianten. Die Lehrer werden dann in diesem Bereich eingesetzt. Je länger man dann arbeitet und je mehr Ausbildung man macht, desto vielfältiger und individueller wird sowohl die eigene Technik wie auch die Methodik. Das fand ich ein ziemlich guter Weg. Ich habe dort selber die Snowboard-Level-1-Lehrerausbildung gemacht und auf Ski Racecoach 3, das war für mich recht eindrücklich und sehr anwendbar.

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von plateaucarver » 27.01.2013 21:21

Und hast du auch in der Schweiz eine Skilehrerausbilung gemacht? Wie ist da der "Lehrweg"?

Es geht ja nicht darum, "anders" zu unterrichten - es gibt ja auch Lehrproben, in denen Übungen, Fehlererkennung und individuelle Korrektur gefordert sind. Wenn allerdings dann die Skischule in ihrem Training das "Förmchenfahren" übt (vermutlich für die Skischulshow) anstatt den Schwerpunkt auf Didaktisches zu legen, kann das wohl mit der Zeit den Blick aufs Wesentliche verstellen ...

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