urs hat geschrieben: ↑06.03.2020 18:17
Urbächer hat geschrieben: ↑06.03.2020 12:53
Ist diese etwas breitere Kniestellung jetzt nur ein optisches Kriterium, oder bringt mich dieses auch fahrtechnisch nach vorne?
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Die leicht breitere Skiführung bringt mehr Stabilität, Du kannst auf Hindernisse besser reagieren, rutscht ein Ski weg, kannst Du das Gewicht kurzzeitig auf den anderen verlagern usf. Am wichtigsten scheint mir aber, dass Du erst so genügend Freiraum für die Fussarbeit bekommst, welche leider oft unterschätzt wird.
Ich sehe das genauso. Dazu kommt, dass die Gründe, für's Wedeln und die enge Skiführung längst weggefallen sind. Ich habe mal recherchiert, weil ich mich erinnern kann, dass schon zu der Zeit, als ich als Skifahren "richtig" (d.h reflektiert) gelernt hatte (Mitte/Ende der 80er) das Wedeln für meine Ausbilder (Bergführer, die uns als Jungmannschaft angeleitet hatten) nur was für Poser und ein echtes No-go war.
Ursprünglich wurde das Wedeln in den 50ern entwickelt, um im Slalom schneller zu sein als mit dem Rotationsschwung. Stefan Kruckenhauser gilt als der Vater der Technik Hier
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS ... -wird-bild findet man eine Bildsequenz, die sehr schön zeigt, wie das Wedeln damals funktioniert hat (rechts auf der Webseite, das dritte Bild von eben. Evtl. müsst ihr da erst auf "alle zeigen" klicken). Die extreme Verbiegung des Körpers gehört dazu. Mit dem damaligen Material ist das eine herausragende Leistung. Übrigens hat Kruckenhauser damals schon den Begriff Kurzschwingen für das Wedeln geprägt - Zum Wedeln gehört also der kurze Schwung, die parallele Skiführung, das Wegdrücken mit den Fersen und die Verwindung des Körpers. Dann kamen Toni Sailer und Brooks Dodge (der fuhr aus heutiger Sicht deutlich moderner). Mit Zunehmendem "Verkehr" auf den Pisten wurden die immer schlechter, so dass auch Kruckenhauser selbst schon Ende der 50er eine etwas breitere Skiführung forderte.
Das Ende vom Wedeln im Profisport kam in den 70ern mit den Sicherheitsbindungen und Plastikschuhen.Seit Ende der 60er wurde für Skirennfahrer der geschnittene Schwung (carved turn) propagiert - so neumodisch ist das Carving also gar nicht. Mit Wedeln war ab da nichts mehr zu gewinnen. Ich finde es eher erstaunlich, dass sich die fossile Wedeltechnik im Freizeitsport noch viele Jahrzehnte weiter retten konnte. Vermutlich hat sich da der Rennsport vom Freizeitsport abgekoppelt. Die Leute haben die Filme von Toni Sailer und Co gesehen und versucht das zu imitieren. Geschäftstüchtige Skischulen haben das ihre dazu beigetragen. Bis der geschnittene Schwung bei den Freizeitfahrern ankam wurde es die 90er.
Wedeln ist also nicht nur Old-School sondern Oldest-School. Mit altem Material (Lederstiefel und Seilzugbindung) finde ich es auch heute noch eine tolle Sache. Aber schon mit dem Material der 80er ist es einfach nur noch - naja, hier kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen.