Kurzschwung Martina

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Martina
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von Martina » 03.02.2010 19:43

Danke für die Ausführungen.

Mit dem Oberkörper muss ich unbedingt mal herumprobieren. Ich bin schon froh, vom "Festschrauben" des Rumpfs der vergangenen Jahre (wegen ausgeleierten und noch zu wenig wieder aufgebauten Muskeln) weggekommen zu sein. Was ich aber mit dem Oberkörper genau mache, ist mir noch nicht so bewusst, deshalb bin ich besonders froh um die Anregung.

Das mit dem belastet/unbelastet Umkanten ist mir noch nicht so ganz klar. Aber ich glaub, auch da muss ich erst mal probieren, bevor es mir klarer werden kann (will heissen: du wirst erst mal von Nachfragerei meinerseits verschont :wink: ).
Ich fahre übrigens "normalerweise" einen KS ohne "Spickeffekt", vor allem im Unterricht.

Der Begriff "Steuerqualität" finde ich seltsam, grad wenn er nichts mit gut oder schlecht zu tun hat. "Qualität" ist ja so was sehr Deutsches und wird für mich immer mit "sehr hochwertig, sehr gut" assoziiert.
Es heisst dann wohl: hohe Steuerqualität = möglichst gleichmässige Eigensteuereigenschaften während der ganzen Kurve?
Beim Beschrieb der Grundstufenprüfungen steht beim Parallelschwung "Steuerqualität: hoch". Ich habe mich gefragt, wollen die jetzt einen gerutschten (geführten) oder gecarvten Schwung sehen? Wenn ich richtig verstanden hab, ist es also egal, ob die Kurve gedriftet oder gecarvt ist, aber es ist wichtig, dass die Ski durch die ganze Kurve die gleichen Eigenschaften "ausspielen" - also durchgehend gecarvt oder gleichmässig gerutscht?

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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von lynne » 05.02.2010 08:47

Des hatte ich noch vergessen .. ist zwar off-topic:
Neuerdings hat sich für diesen Pedalowechsel der Ausdruck "belastetes Umkanten" eingebürgert.
Diesen Begriff kenne ich auch, hab ihn aber eher "früher" als "neuerdings" im Kopf. Belastetes Umkanten hab ich vor mehreren Jahren schon gehört, im Rennlauf, aber damit konnten wohl vor allem Schüler und Jugendliche nichts anfangen ... das hatten wir ja in einem parallelthread, das mit der Verständigung. Pedalofahren kommt da wohl besser an, darunter kann sich jeder was vorstellen der mit so einem Ding schon mal gefahren ist, bei uns die meisten Kids. Ob das aber jemals ein "offizielles" Wort war/ist weiß ich nicht ;-)

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LincolnLoop
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von LincolnLoop » 05.02.2010 14:35

Martina hat geschrieben:Der Begriff "Steuerqualität" finde ich seltsam, grad wenn er nichts mit gut oder schlecht zu tun hat. "Qualität" ist ja so was sehr Deutsches und wird für mich immer mit "sehr hochwertig, sehr gut" assoziiert.
Es heisst dann wohl: hohe Steuerqualität = möglichst gleichmässige Eigensteuereigenschaften während der ganzen Kurve?
Beim Beschrieb der Grundstufenprüfungen steht beim Parallelschwung "Steuerqualität: hoch". Ich habe mich gefragt, wollen die jetzt einen gerutschten (geführten) oder gecarvten Schwung sehen? Wenn ich richtig verstanden hab, ist es also egal, ob die Kurve gedriftet oder gecarvt ist, aber es ist wichtig, dass die Ski durch die ganze Kurve die gleichen Eigenschaften "ausspielen" - also durchgehend gecarvt oder gleichmässig gerutscht?
Mmh, noch nicht ganz rübergekommen... :wink:
Also vom Grunde auf: Steuerqualität ist das/ein Maß für den absoluten Eigensteueranteil der Ski (so wie "kg" ein Maß für die absolute Masse ist), d.h. "höhere Steuerqualität" bedeutet mehr Eigensteueranteil als "geringere Steuerqualität". Die geringste Steuerqualität beim Kurvenfahren hätte demnach Seitrutschen in Verbindung mit 180er-Springen. "Steuerqualität" allein sagt jetzt noch nichts über die Aufteilung auf die Kurve aus (so wie "kg" nicht aussagt, ob die Masse in den Oberarmen oder im Unterbauchfettgewebe sitzt :D ), insofern also noch nicht "deutsch". Nun gibt es bei uns ein "Kurvenmerkmal" (so etwas wie ein Dogma), das im übertragenen Sinne "Gleichmäßigkeit", indirekt also die Vermeidung von Belastungsspitzen und damit Ökonomie fordert. Warum? Es erscheint ökonomischer, die Steuereigenschaften über den gesamten Kurvenverlauf zu verteilen. Als Vergleich vielleicht: Es ist ökonomischer 100m durchzujoggen, als 40m zu gehen und 60m zu sprinten, um auf die selbe Zeit zu kommen. Bei steuerqualitativ sehr hoher Fahrweise kann es auch dazu kommen, dass mit einer akzentuierten Fahrweise die "Hypothek" der ersten Kurvenhälfte anatomisch nicht mehr aufzuholen ist.
Ergebnis: Akzentuierte und gleichmäßige Fahrweise können durchaus die selbe Steuerqualität haben, jedoch ist es ökonomischer, mit gleichmäßigem Kurvenverlauf auf die gleiche Steuerqualität zu kommen.
Gut, soweit.... Wieso braucht es den Begriff "Steuerqualität" überhaupt? Das Problem war, dass man lediglich mit den Begriffen "Schneiden" und "Driften" an Grenzen stößt und "Führen" relativ schwammig ist. Eigentlich allen Skinationen haben erfreulicherweise gemein, dass sie modernes Skimaterial nutzen, d.h. die Eigensteuereigenschaften über die Durchbiegung mit einbeziehen. Nun ist es mit den Begriffen "Carven" und "Driften" nur möglich, zwischen der Totale (Schneiden) und eben nicht der Totale (Driften) zu unterscheiden, das Problem dabei ist, dass es eigentlich verschiedene Abstufungen von "Driften" gibt. Ausweichmöglichkeit wäre, es wie die Österreicher zu machen, die einerseits bspw. unter einem "geschnittenen Kurzschwung" einen Schwung mit Eindriften und Ausschneiden verstehen (also ein Schwung, mit dem ich ohne jegliche geschnittenen Anteil wesentlich ökonomischer auf die selbe Steuerqualität kommen könnte), andererseits einfach alles/vieles "Carven" nennen (Pflugcarven, Carven Grundstufe etc.). Die Begrifflichkeit "Steuerqualität" macht es also möglich, zwischen verschiedenen Eigensteuernutzungen zu unterscheiden, also auch, einen gedrifteten Schwung und sogar einen Pflug als "hochwertig" oder "nicht hochwertig" bezeichnen zu können (was mit "Driften" allein nicht möglich ist, weil gedriftet ist sowohl das eine als auch das andere). Insgesamt also sozusagen die begriffliche Umsetzung von Kuchlers (?) Forderung: "Weniger Driften ist mehr Carven."

Zu "Steuerqualität: hoch" bei der Grundstufe: Da kommt jetzt (okay, das ist zugegebenermaßen verwirrend...) eine begriffliche Spitzfindigkeit hinzu: Ein geschnittener Schwung hat nicht "hohe", sondern "höchste" Steuerqualität (wobei "höchste Steuerqualität" wie gesagt nicht zwingend einen geschnittenen Schwung zur Folge hat), insofern muss ein Grundstüfler in unserer Grundstufe keinen geschnittenen Schwung zeigen, jedoch deutlich ("hoch") präsentieren können, dass er die Steuereigenschaften seines Skis nutzt. Das ist - ich hoffe, die Begrifflichkeiten sind jetzt rübergekommen :wink: - wie gesagt nicht zwingend abhängig vom Driftanteil, sprich: ein Schwung mit "hoher Steuerqualität" wird als Kurzschwung mehr Driftanteil (bzw. eigentlich Drehanteil) haben als ein mittlerer Radius.
Der Kurzschwung, der von mir irgendwo bei den Videos rumgeistert ist übrigens kein "möglichst gecarvter" KS (also einer mit "höchster" Steuerqualität), sondern einer mit "hoher Steuerqualität". Hier würde man z.B. nur mit "Schneiden" und "Driften" nicht mehr beschreiben können...

P.S.: Sorry für den Megabeitrag... :o
Zuletzt geändert von LincolnLoop am 05.02.2010 15:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von beate » 05.02.2010 14:55

puhhh...ich glaube, dazu muß man Naturwissenschaftler sein....
Danke für die Erklärung!
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von LincolnLoop » 05.02.2010 15:06

Das Problem ist, dass man hier halt mit konkreten Begrifflichkeiten (Driften, Schneiden) an Grenzen stößt. Und abstrakte Begriffe bzw. Sachverhalte konkret zu erklrären, ist immer schwierig... :wink:

P.S.: Ich bin übrigens kein Naturwissenschaftler!
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von Uwe » 05.02.2010 15:31

... also je mehr ich gleichmäßig die Eigensteuerung der Ski nutze (egal ob beim Carven oder Driften), desto höher ist der Steueranteil, richtig?
LincolnLoop hat geschrieben: Ergebnis: Akzentuierte und gleichmäßige Fahrweise können durchaus die selbe Steuerqualität haben, jedoch ist es ökonomischer, mit gleichmäßigem Kurvenverlauf auf die gleiche Steuerqualität zu kommen.
Warum ist das ökonomisch so wichtig? (Die Gleichmäßigkeit ist ja nur ein Mittel zur Ökonomisierung).

Zielt der aktuelle Lehrplan mehr auf "ökonomisches Skifahren", also "best ager" ab?
Oder ist das "ökonomische Skifahren" nur die Basis, auf die dann weiter (dynamisch) aufgebaut wird ... dann könnte Martinas Fahrweise auch als "Ausbaustufe" des ökonomischen KS verstanden werden.
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von urs » 05.02.2010 15:45

LincolnLoop hat geschrieben:..., jedoch ist es ökonomischer, mit gleichmäßigem Kurvenverlauf auf die gleiche Steuerqualität zu kommen.
hallo chris

wie setzt der de-lehrplan (resp. die lehrmeinung) die äusseren kräfte, die sich im verlauf einer kurve ändern, in relation zu "gleichmässiger Kurvenverlauf"?

gruss urs

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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von LincolnLoop » 05.02.2010 15:55

Uwe hat geschrieben:... also je mehr ich gleichmäßig die Eigensteuerung der Ski nutze (egal ob beim Carven oder Driften), desto höher ist der Steueranteil, richtig?
Mmh, nicht direkt. Richtig wäre: "Je mehr ich die Eigensteuerung der Ski nutze, desto höher ist der Steueranteil." Aber das ist eigentlich trivial. Das "gleichmäßig" ist eine Frage des "wie" und die Aussage so höchstens für sehr hohe Steueranteile allgemein gültig.
Uwe hat geschrieben:Warum ist das ökonomisch so wichtig? (Die Gleichmäßigkeit ist ja nur ein Mittel zur Ökonomisierung).
Gute Frage... Lass es mich mal so ausdrücken: Ein Skilehrplan hat ja eigentlich eine bestimmte Zielgruppe, nämlich Skilehrer. Für diese wird die Komponente "Fahrkönnen" durch die zusätzliche Komponente - die der Normalskifahrer nicht hat - "Demonstrationskönnen" erweitert. Dieses besteht in meinen Augen (mal abgesehen von der konkreten Demonstration einer bestimmten Übung/Bewegung) aus 3 Dingen:
1. Es soll so aussehen, als würde Skifahren Spaß machen.
2. Es soll so aussehen, als wäre es nicht allzu schwierig.
3. Es soll auch wirklich nicht schwierig sein.
Punkt 1 und 2 sind schülermotivationsbedingt, Punkt 3 ist in der Tatsache begründet, dass der Schüler in der Regel technisch nicht in der Lage ist, das Gezeigte 1:1 umzusetzen und so ökonomisch an Grenzen stößt. Insofern erweitert eine "ökonomische" Fahrweise das individuelle Könnenslimit des Schülers. Für den guten Fahrer selbst wird "ökonomisches" Fahren dann interessant, wenn an Stufen des sportlichen Skifahrens gekratzt wird, an denen er selbst anatomisch an Grenzen stößt (bspw. im Gelände oder bei hohem Fahrtempo), denn dann erweitert er auch sein eigenes Spektrum an fahrbaren Situationen. Ökonomie beim Kurzschwung ist also sozusagen keine Sache des "Muss", sondern eher ein Vorbereiten auf schwierigere Aufgaben oder aber auch "Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss". Der Vergleich mit den "Best Agern" ist übrigens gar nicht so verkehrt, unser Lehrplan hat dieser Zielgruppe sogar ein eigenes kleines Kapitel gewidmet. Hier wird allerdings davon ausgegangen, dass ein "Best Ager" gar nicht mehr darin interessiert ist, sozusagen das "höchste sportliche und technische" Niveau zu erlangen, insfoern orientiert sich dort die Ökonomie an ein bisschen anderen Gesichtspunkten.
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von LincolnLoop » 05.02.2010 16:01

urs hat geschrieben:wie setzt der de-lehrplan (resp. die lehrmeinung) die äusseren kräfte, die sich im verlauf einer kurve ändern, in relation zu "gleichmässiger Kurvenverlauf"?
Es ist klar, dass wir aufgrund der zunehmenden äußeren Kräfte so gut nie eine komplett symmetrische Druckverteilung hinbekommen werden, insofern gilt hier "möglichst". Es hat allerdings zur Folge, dass der Fokus des "aktiven" (=aktiv gefahrenen) Teils der Kurve ganz klar auf der Kurveneinleitung liegt.
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Re: Kurzschwung Martina

Beitrag von Martina » 05.02.2010 16:29

Danke für die ausführlichen Erläuterungen. Zumindest ist mir jetzt klar, was bei der Grundstufe gefragt ist, den Rest blicke ich noch nicht so ganz, aber ich habe eine Ahnung, worum es geht.

Sag mal, wie kapieren das bei euch die "Otto Normalskilehrer" (also durchaus die mit Ausbildung - eben in der Ausbildung)? Bei uns ist (war) es jeweils schon schwierig zu vermittlen, dass man Funktionen (also das, was die Ski machen) und Bewegungen (also das, was der Körper macht) unterscheiden muss. Gibt es bei euch nie Beschwerden "dass sich die an der Uni das alles so ausdenken und dann so schreiben, dass es keiner mehr versteht"? Bei uns ist das ständig Thema...

Die Idee, dass man nicht nur carven/driften unterscheidet, sondern das "geführte driften" auch noch irgendwie qualifiziert, finde ich nachvollziehbar.

Dass aber soviel Wert auf die Gleichmässigkeit gelegt wird, erschliesst sich mir nicht so ganz, weil ich es nicht für einfacher halte. Dass könnte allerdings daran liege, dass ich es anders kenne und mache. Ich finde es - zumindest im Moment -schlicht und ergreifend unwichtig. Wenn es am einfachsten ist, dann machen es die Lernenden "von selber" so (sofern sie es nicht anders aufgedrückt kriegen, aber das ist bei uns auch nicht der Fall, vom "progressiven Druckaufbau" wird erst viel später gesprochen).
Von der Demonstration her finde ich, dass es leicht mal "lasch" ausschaut und für den Lernenden z.T. die Bewegungen nicht nachvollziehber (sichtbar) sind.
Ökonomisches Fahren ist in der CH auch sehr wichtig (nicht unbedingt in der Demonstration, dort ev. auch Übertreibungen, um Bewegungen sichtbar zu machen), aber Gleichmässigkeit habe ich noch nie als Kriterium dafür gehört.

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