Angst nach einem Sturz und Verletzungen

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Herbert Züst
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Angst nach einem Sturz und Verletzungen

Beitrag von Herbert Züst » 05.04.2006 15:44

Auf dieses Thema sind wir unter der Rubrik Fahrtechnik gekommen, da es dort nicht unbedingt hinein passt, möchte ich es hier nochmals aufgreifen.
Nicola hat geschrieben
was anderes ist es bei angst, die sich ohne verletzung tief eingegraben hat. diese angst entsteht wenn man einen grenzbereich überschritten hat, den man sich selbst nicht zumuten konnte. wenn der abstand zum grenzbereich gross ist, würde ich empfehlen, dass man sich langsam an die möglichen grenzen tastet. wenn man kann, ist natürlich die unmittelbare neue auseinandersetzung mit der situation, die beste "medizin" - also beispielsweise ist es günstig sofort nach dem man gestürzt ist nochmal den hang zu fahren. je länger man damit wartet, desto weniger bezieht sich die angst auf die reale situation.


Jch glaube nicht, dass Angst eine Folge des Überschreitens eines Grenzbereiches ist, insbesondere, wenn man besagten Hang schon duzende Male gefahren ist. Ich denke viel eher, dass die Angst aus der Erkenntnis kommt, dass man den Sturz ohne einen Haufen Schutzengel nich überlebt hätte. Als Bewältigung nützt auch das sofortige Befahren des besagten Hanges nichts, da diese Angst an jedem beliebigen Ort, an dem man steht und weiss, dass man hier einfach nicht fallen darf, da dies unter Umständen tödlich ist, auch nach Jahren wieder auftritt.
Meine Frage ist nun, wie wird man eine solche (nach dem Verstand)unbegründete Angst wieder los?

Gruss Herbert

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Hermes
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Beitrag von Hermes » 05.04.2006 17:35

Ich muss auch jeden Tag mit der Gefahr leben von einem Dachziegel erschalgen zu werden wenn ich aus dem Haus gehe. Ich denke dass es das beste ist nach einem Sturz gleich weiter zu fahren (außer man hat sich was gebrochen, dann lieber liegenbleiben!). Wenn ich dauernd daran denken würde dass ich gerade in einer Lebensgefährlichen Situation bin, würde ich ja verrückt! Ich bin mir zwar bewusst dass eine Gondel auch abstürzen kann wenn ich drinsitze aber deswegen hab ich doch nicht gleich Todesangst...
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Beitrag von Blomi » 05.04.2006 21:08

Nicht ganz einfach, die Frage.

Meine Erfahrung bezieht sich da auch mehr auf's Motorrad fahren.
Trifft es aber von der Situation ganz passend, wie ich meine:

Ich hatte vor ein paar Jahren mal einen ziemlich Crash, bei dem allerdings nichts schlimmes passiert ist. Viel Schrott an der Maschine und 'ne geprellt Hüfte. Gesundheitlich also nicht nennenswert....
2 Meter neben mir ragte aber ein 20 cm langer Rest eines Straßenschildes aus dem Boden (mit dem sich mein Moped auch angelegt hat) und der Gegenverkehr war auch nicht weit....
Es hätte also auch ganz beschissen werden können.

Unser Glück (da war noch einer beteiligt), dass wir beides verfehlt hatten.
Zurück ging es dann bei einem Anderen hinten drauf.
Und nach erfolgter Reparatur wieder auf's Moped.
Die ersten Fahrten (auch bei dem Kollegen als Sozius) waren schon "unangenehm". Und ich habe teilweise sehr angespannt und gestresst auf der Kiste gesessen. Allerdings hat es mich immer wieder auf's Moped gezogen und mit der Zeit hat sich dieser Stress dann gelegt.

Ich denke, dasss hat u.a. mit Routine und Selbstvertrauen zu tun, die/das man wiedererlangt. Und Vertrauen in Umgebung und Technik.

Wie gesagt, schwieriges Thema....
Manchmal gibt es einfach nichts anzuhängen...

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nicola
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Beitrag von nicola » 05.04.2006 21:20

Herbert Züst hat geschrieben: Jch glaube nicht, dass Angst eine Folge des Überschreitens eines Grenzbereiches ist, insbesondere, wenn man besagten Hang schon duzende Male gefahren ist.
doch ist es, finde ich - du hast jenen grenzwert überschritten, der für dich eine noch erträgliche situation darstellt, umso mehr als du ja vorher viel sicherheit dort aufgebaut hast. ein solcher sturz ist eine extrembelastung für die psyche, er hat aber (auch wenn keine verletzung passiert ist) mit gewalteinwirkung auf den körper zu tun. man fühlt sich hilflos, verletzlich etc.
Ich denke viel eher, dass die Angst aus der Erkenntnis kommt, dass man den Sturz ohne einen Haufen Schutzengel nich überlebt hätte.
genau - du hast todesangst gespürt oder später entwickelt und das ist eine ganz normale angst. sie ist ja ein zeichen von seelischer gesundheit, weil es um die selbsterhaltung geht. sie ist ein warnsignal, das dich vor etwas gefährlichem schützen will.
Als Bewältigung nützt auch das sofortige Befahren des besagten Hanges nichts, da diese Angst an jedem beliebigen Ort, an dem man steht und weiss, dass man hier einfach nicht fallen darf, da dies unter Umständen tödlich ist, auch nach Jahren wieder auftritt.
bist du denn nach deinem sturz sofort oder innerhalb sehr kurzer zeit wieder in den selben hang gefahren? was vielleicht wie eine sehr rohe methode aussieht, ist nichts anderes als die objektivierung der angst. kann diese objektivierung nicht geschehen, wird aus der ganz normalen vorsicht (z.b. ich darf in einem steilen couloir, an dessen ende felsen sind, nicht fallen. ich stelle mir selbstverständlich die frage ob ich mir 100%ig sicher bin sturzfrei abfahren zu können) eine scheinbar unbegründete angst (du weisst ja, dass du es kannst, zweifelst aber daran). die phantasie tut ein übriges dazu, man malt sich aus was alles pasieren hätte können wenn die schutzengel nicht da gewesen wären.
Meine Frage ist nun, wie wird man eine solche (nach dem Verstand) unbegründete Angst wieder los?
ich denke, du hast etwas wesentliches bereits getan - offen über deine angst zu reden. ich glaube, wenn du das auch beim skifahren mit freunden oder familie tust, hilft dir das, dich mit deinen eigenen gefühlen zu konfrontieren und dein objektives empfinden zurückzugewinnen.
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Beitrag von hauzi » 05.04.2006 21:49

Angst ist am besten durch die Konfrontation mit der gleichen Situation zu besiegen. Dies wird auch in der Psychologie zur Behandlung von Angstpatienten erfolgreich eingesetzt, sowohl z. B. bei Flugangstm als auch bei Spinnenphobie.

Und daß man mit der Konfrontation am besten fährt kann ich genauso wie Blomi nur bestätigen. Ich hatte im November 2 Tage nach dem ersten Schneefall einen Glatteisunfall, in dem ich auf abschüssiger Straße in eine Straße hineingerutscht bin und dabei einen anderen PKW gerammt habe.

Mir blieb aber nichts anderes übrig, als mich mit der Situation zu konfrontieren. Am nächsten Tag bin die gleiche Strecke wieder gefahren - vielleicht etwas bewußter in diesem Winter, aber ich hatte die anfänglichen Angst bereits im Keim überwunden.

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Beitrag von Skiameise » 05.04.2006 21:51

Insbesondere beim Skifahren entdecke ich bei mir auch ein etwas anderes Phänomen:

Je länger der letzte Sturz her ist, desto mehr Angst habe ich vorm Stürzen und desto vorsichtiger fahre ich.

Das vorsichtige Fahren geht dann auch mit 'verkrampftem' Fahren einher. Ich muß mich manchmal richtig zwingen, mal wieder zu fallen, um wieder locker auf dem Ski zu stehen.

Glücklicherweise ist das Fallen für mich noch nie mit ernsthaften Verletzungen einher gegangen (mal abgesehen von Stürzen aus dem Stand oder fast aus dem Stand), drum hab ich für mich daraus bisher immer die Erfahrung gezogen, daß das nichts ist, vor dem man Angst haben muß.

Je länger der letzt Sturz her ist, desto mehr verblasst aber diese Erfahrung und desto vorsichtiger werde ich wieder!

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Beitrag von nicola » 06.04.2006 00:11

hauzi hat geschrieben:Angst ist am besten durch die Konfrontation mit der gleichen Situation zu besiegen. Dies wird auch in der Psychologie zur Behandlung von Angstpatienten erfolgreich eingesetzt, sowohl z. B. bei Flugangstm als auch bei Spinnenphobie.
vorsicht, es gibt ganz viele ängste, eigentlich ist jede ganz einzig und man kann mit bestimmter sicherheit nicht jede angst durch direkte konfrontation mit der gleichen situation lösen. das ist in manchen fällen nicht möglich, in anderen vielleicht nicht gut. eine konfrontation über eine auseinandersetzung mit den eigenen gefühlen zur angst kann auch sanft sein. angst kann man nicht besiegen, nur auflösen, sonst könnte es lebensgefährlich werden.
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Beitrag von Herbert Züst » 06.04.2006 07:46

Nicola hat geschrieben
bist du denn nach deinem sturz sofort oder innerhalb sehr kurzer zeit wieder in den selben hang gefahren?
Nach drei Tagen als die Schmerzen der blauen Flecken und der gequetschten Rippe einigermassen verklungen waren, bin ich den Hang mit einem Arm in der Schlinge wieder gefahren, ist alles gut gegangen und ich hatte oben auch absolut keine Angst, die Angst ist erst nach ca. einem halben Jahr in einem Steilhang an einem ganz andern Ort wieder aufgetaucht und ich musste Anhalten und mir ganz bewusst sagen: wenn du hier vor Angst verkrampft runter fährst komm dies sicher nicht gut und du weisst, dass du es kannst. Mit solchen Überlegungen konnte ich bis jetzt diese Angst eindämmen, aber im Unterbewusstsein ganz weg, ist sie auch heute nach 6 Jahren noch nicht.
Mit der Familie darüber reden macht keinen Sinn, da die unisono der Meinung sind, dass man mit über 50 einfach keine solche Hänge mehr fährt und schön brav auf der Piste bleibt. 2 Freunde wissen von meinem Problem und dann kommt schon mal die Bemerkung geht es oder brauchst du einen Überwindungshalt.
Schön wäre es schon wenn, diese Angst irgendwie ganz weg gehen würde. Da ich mich aber auch an einen ähnlichen Steilhang- Sturz, den ich als 7 jähriges Kind erlebt habe, immer wieder erinnere, glaube ich, dass ein solches Erlebnis bei mir nie mehr ganz weg geht.

@ Skiameise
Die Stürze die ich hier beschreibe, kann man leider nicht üben.

@ bomi
auch bei dem Kollegen als Sozius) waren schon "unangenehm
Hintendrauf, das ist mir schon ohne einen Unfall unangenehm. Deine andern Erfahrungen sind aber durchaus den meinen ähnlich.

Gruss Herbert
Zuletzt geändert von Herbert Züst am 06.04.2006 08:14, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag von Cradle22 » 06.04.2006 07:47

Hi!

Ich hatte vor etwas über einem Jahr einen Unfall nach einem Sprung über den letzten Kicker der Medium Line des Burton Snowparks in Mayrhofen (im Nebel :-? ), Rippe angebrochen.

Bei meinem Sylvesterurlaub stand ich mehrfach vor der Frage: Springen oder nicht?... und habe es nicht getan...

Vor fast einem Monat dann oben im Funpark auf dem Tuxer Gletscher (hat nur zwei Lines) bin ich noch um den ersten Kicker der Beginner Line herumgefahren, habe mich dann aber gezwungen, die nächsten zu nehmen. Es hat Überwindung gekostet, aber wie schon oben gesagt, ich weiß ja eigentlich, "daß ich es kann", die äußeren Bedingungen waren sehr gut, die Line frisch geshaped etc.

Und es ging! Allerdings wurden nach dem Befahren der Line meine Knie weich, und ich merkte ganz schönen Adrenalinausstoß im Körper (soll ja Menschen geben, die danach süchtig sind, ich bestimmt nicht :o !)...

Mir hat das gezeigt, daß ich mich überwinden muß, und daß mit Übung wohl auch die Angst verschwinden sollte (ich erzähle allen immer, daß man beim Skifahren vor dem Hang oder den Sprüngen Respekt, aber keine Angst haben sollte, da Angst zu verkrampfter Haltung führt)...

Gruß,

Arndt
Dortmund
ab 24.05. Hintertux (Dengg)
EW Firnis 'ist da!'
RTC 28
Tec. Dragon 110/Strolz Innenschuh

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Beitrag von nicola » 06.04.2006 11:03

hallo herbert,
eins gleich vorweg - man kommt schön langsam in ein alter in dem man nicht mehr alles so unbeschwert angeht wie als junger hupfer :wink: allerdings bin ich der meinung, dass es absolut keine altersgrenze gibt, die einem vorgibt, dass man dinge lassen soll, die einem spass machen oder eine herausforderung sind. ganz im gegenteil. was mir auffällt, mit zunehmenden reifegrad kommen auch wieder dinge aus der kindheit und jugend hervor, die man zwischenzeitlich nicht mehr ganz so präsent hatte. bei unangenehmen erinnerungen, sehe ich das als hinweis, sich mit der sache nun doch gründlich auseinanderzusetzen. in deinem fall könnte sich ein frühes ereignis mit einem späteren überlagern. vielleicht wäre es gut, dein kindheitserlebnis in gedanken/gesprächen nochmals ganz heraufzuholen...

was war eigentlich die ursache für deinen kapitalcrash?
nicola

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