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von reinhard_wien » 02.03.2013 18:05
Puh, ein langer thread...
Nach Vermessung eines Hanges mit barometrischem Höhenmesser und Geodreieck (ich hab das schon vor ca. zehn Jahren hier beschrieben) geht sich der "Hunderter" rechnerisch auf einem konkreten, nicht übermäßig spektakulären, voll einsichtbaren Steilhang mit anschließendem großzügigem Auslauf im Schuß in Hocke leicht aus, die geäußerten Zweifel an der Richtigkeit der fraglichen GPS-basierten Messungen halte ich daher für unbegründet. Zu jener Zeit standen mir allerdings nicht so genaue Angaben über den CW-Wert zur Verfügung wie heute - vielleicht finde ich meine Simulation noch und kann ihre Parameter jetzt genauer einstellen, bei Gelegenheit. Allgemein ergab sich, daß die Geschwindigkeit neben dem Gelände vor allem vom Luftwiderstand (also genauer gesagt vom Luftwiderstand im Verhältnis zum Gewicht) abhängt, die Mischreibung Ski zu Schnee (halb Festkörper, halb Flüssigkeitsreibung) ist, sobald es halbwegs so steil wird, daß es überhaupt schnell wird ("Steilhang"), übrigens ziemlich bedeutungslos für die Geschwindigkeit bzw. deren Größenordnung, da müßte man schon hundertstel Sekunden auf ein paar Minuten auswerten ... etwas, das ja in der Praxis durchaus vorkommt, obwohl es für den skifahrerischen Alltag ziemlich bedeutungslos ist, selbst wenn es nur darum geht, ob man nun noch einen Sessel am Sessellift vorher erwischt oder nicht.
Mit ebenfalls im Nachhinein rechnerisch ermittelten 80 km/h hatte ich vor ca. 17 Jahren auf diesem Hang meinen letzten schweren - aber verletzungsfreien - Sturz. Eine klare Absage ist jenen zu erteilen, die behaupten, es könnte ja immer jederzeit irgendwer oder irgendwas aus dem Nichts auftauchen. So lange Teleportation oder "Beamen" technisch nicht beherrscht wird, gibt es sehr wohl einzelne Strecken, die man samt ihrer seitlichen Umgebung gut genug einsehen kann, um sie - wenn sie oben und unten leer ist - mit kalkuliertem Risiko auch als Hobbyfahrer mit 100 km/h, zwar nicht mit der vollkommenen Kontrolle eines Rennfahrers, sondern mit pochendem Herzen, höchster Konzentration und Vorsicht, aber auch nicht völlig unkontrolliert oder zu überhaupt keiner Reaktion mehr fähig herunterzufahren. Schließlich ist so ein Teilstück einer "abgesperrten Strecke" de facto in Sachen Hindernisse äquivalent oder bei fehlenden Torstangen oder Publikum am Pistenrand sogar überlegen. Bei Trainingsfahrten hätte man dann zwar kein Publikum, aber auch keinen Rettungshubschrauber parat und besonders entscheidend ist der Unterschied zu einer ordentlichen Rennstrecke natürlich der, daß es gerade um solche Hänge geht, die das genaue Gegenteil einer interessanten, technisch anspruchsvollen Rennstrecke sind.
Bei Dämmerung oder Nacht ist allerdings die Umgebung der Piste nicht so gut zu sehen wie tagsüber, den Vorschlag, solche Fahrten auf Nachtskipisten durchzuführen, halte daher auch ich nicht für wertvoll, außerdem gibt es dann noch eine zusätzliche Gefahr: Wildwechsel.
Das Gefühl für Geschwindigkeit täuscht beim Skifahren interessanter Weise wirklich sehr, auf dem Fahrrad kommen einem gleiche Geschwindigkeiten höher vor, vielleicht weil man auf dem Fahrrad meist weniger vermummt und mit freien Ohren unterwegs ist, während man beim Auto sehr lange gelernt hat, das Geschwindigkeitsgefühl mit dem Tachometer zu korrelieren. Die Physik und auch die Güte von GPS-basierten Geschwindigkeitsmessungen ist davon aber unabhängig.
Zur ursprünglichen Frage... hm, mit Weg pro Zeit läßt sie sich nicht gut beantworten, langsame oder schnelle Fahrweise würde ich eher daran fest machen, wie viele Carvingbögen, wieviele gedriftete Schwünge auf verschieden steilen Hängen gemacht werden. In gewisser Weise - und dort liegt neben der schieren Faszination der Geschwindigkeit, z.B. bei Kompressionen oder Entlastungen, bei Sprüngen, die sich ergeben, obwohl man eine Welle durchzudrücken versucht die praktische Bedeutung des "Schnell-/Schußfahrens" - könnte man sogar den Kehrwert der notwendigen Stockeinsätze auf Ziehwegen bei gegebenem Gelände vor Beginn des Schiebestücks heranziehen.
Gruß, Reinhard