als ich ende november den tiefschneekurs buchte, konnten höchstens die wetterfrösche ahnen, dass das winterwetter durch ein ausgedehntes hochdruckgebiet geprägt wird. insgeheim hatte ich ja gehofft, der kurs würde abgesagt. tiefschneefahren konnte ich mir beim besten willen nicht so recht vorstellen. aber die anbieter und bergführer müssen ja auch leben und skifahren ist nun mal ein freiluftsport.
nachdem ich die letzten jahre mehrheitlich auf der piste verbracht hatte, wollte ich mein repertoir neben die piste erweitern. etwas skeptisch sass ich letzten donnerstag in der bahn, die mich gen disentis brachte. disentis gilt in normalen zeiten als attraktives freeridegebiet - aber was ist im moment schon normal

. am bahnhof wurden wir vom hotelbus und unserem bergführer manuel (mänu), einem kleinen, drahtigen mann, abgeholt. mit seinem witzigen optimismus vertrieb er schon mal meine erste skepsiswolke. kurze begrüssung der anderen teilnehmerInnen und dann ab ins hotel.
die übrigen teilnehmerInnen waren alle mehr oder weniger versierte tourengeherInnen, ich der einzige in "ollen" skischuhen unterwegs. aber wir hatten ja tiefschnee gebucht und nicht endlos hochstapfen. kaum hatte die vorstellungsrunde begonnen, befanden wir uns auch schon auf der piste. mänu war kein mann der grossen worte, er wollte taten sehen - gefiel mir. erstes einfahren auf der piste - dies war noch mein terrain, mit meiner erfahrung war ich ganz klar im vorteil. eine halbe stunde später befanden wir uns oberhalb eines zu steil geratenen "kartoffelackers"

. das war nun schon nicht mehr mein bevorzugtes terrain - aber schliesslich waren wir zum üben hier, pulver fahren ist ja pipifax

. in der ersten fahrt hat es uns alle kräftig durchgeschüttelt. diejenigen mit leichten, eher schmalen tourenskies hatten zusätzlich materielle nachteile. ich hatte zum glück einen stabilen leihski - mit 80mm zwar auch nicht überbreit aber schön gedämpft.
ein arbeitskollege, der häufig abseits der pisten unterwegs ist und in seinem club auch techniktrainings gibt, hatte mich gewarnt: "die wenigsten 'türeler' können gescheit skifahren". woher sollen sie es auch lernen bei dem dauernden hochstapfen

. einzelne waren noch mit umsteigen und leichter rücklage unterwegs - immerhin machten alle sichtbare fortschritte und stürzten sich mit jeder fahrt mutiger in den acker, so dass es "videoreif" wurde. die zauberwörter für die nächsten tage hiessen position und falllinie. zum abschluss gab es tatsächlich noch eine talabfahrt - so viel schnee, leider etwas schwer und zerfahren, hätte ich hier gar nicht erwartet.
am nächsten morgen erneut einfahren auf der piste. die stimmung in der gruppe war gut, meist auch spassig. auf der fahrt zur mittagspause in der mittelstation fanden wir gar noch einen schönen, videowürdigen hang. weiter unten querrutschen durch gebüsch und traversieren in einer schmalen, vereisten spur. hier gerieten einzelne leicht in die panikzone, was mit galgenhumor aufgefangen wurde.
für den nachmittag schlug uns der guide einen kleinen aufstieg vor, um danach im benachbarten val strem nach sedrun abzufahren. mänu war stark bemüht, für uns mit hilfe von (lokalen) kollegen das beste rauszuholen. der aufstieg mit den fellen gestaltete sich kurz und einfach, wäre da nicht am ende eine ca. 20m hohe leiter in der felswand gewesen

. skier auf den rucksack gebunden und ich als erster mit meinen skischuhen da hoch. die ersten stufen waren noch einfach, da ich die schuhspitzen schön an den fels lehnen konnte. bei der dritten stufe war mein fuss plötzlich zu "kurz" und ich stellte mich vorsichtig drauf, um nicht wegzurutschen. aber irgendwie ging es und urplötzlich befand ich mich auf der letzten stufe. aber was war denn das? fehlte hier nicht eine weitere stufe

? rechts befand sich eine kleine kerbe im fels, in welcher ich aber keinen halt fand. der tritt links überforderte meine hüftflexibilität bei weitem - ich musste wohl oder übel auf den knien da hoch robben. für einmal befand ich mich kurz in der panikzone

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die abfahrt entschädigte uns dafür doppelt. das erste stück toll steil - also zunächst mal position üben, das mit der falllinie kommt dann später

. weiter unten wurde der schnee erwartungsgemäss schwerer, liess sich aber mit genügend speed und angespannten bauch- und pomuskeln gut fahren. das flache stück talauswärts befand sich bereits im schatten, war schmal, mit steinen versetzt und leicht vereist. hier kamen einzelne wieder an ihren anschlag. leider verschnitt sich ein teilnehmer völlig doof und zog sich eine leichte wadenzerrung zu. er kämpfte sich mit uns noch nach sedrun, aber der kurs war für ihn leider zu ende

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für den nächsten tag einigten wir uns auf eine skitour - war zwar nicht so gebucht - richtung piz malèr. wir mussten relativ früh los, um mit einer transportbahn hochgebracht zu werden. der vierstündige aufstieg war zwar nicht wahnsinnig anspruchsvoll - er zeigte mir aber auf, dass auch spitzkehren und wenden im steilen gelände geübt werden müssen. und mein vernachlässigtes training im letzten jahr war auch nicht gerade förderlich. zum glück waren bis auf zwei der teilnehmerInnen alles keine durchtrainierten gemsen.
[ externes Bild ]
gruppenbild auf dem gipfel
die abfahrt begann dann wirklich hammermässig

. zunächst wieder ordentlich steil aber schön pulvrig. ich versuchte mich vermehrt in der falllinie und die kurven wurden immer runder. fahren wie auf dem motorrad war das thema. der durchgefrohrene, zuckrige schnee im mittelbereich bot sehr wenig widerstand und verlangte weit mehr feingefühl und balance. bis auf einen aushebler kam ich hier aber gut durch. zuunterst der schwere schnee sowie die obligaten steine und büsche. wir alle kamen wohlbehalten und gefüllt mit glückshormonen unten an

. so einen skitag hatte ich mir in den kühnsten träumen nicht ausgerechnet.
am sonntag gingen wir es leicht gemächlicher an, nachdem wir ein bisschen in der bar hängen geblieben waren. am frühen nachmittag immerhin noch einen kurzen aufstieg, um diesmal von der nordseite ins val strem abzufahren. noch einen letzten schönen pulver mitnehmen - wer weiss, wann der nächste schnee fällt

- bevor der kurs mit leichter wehmut ausklang.
gruss urs