Pflug/Stemmschwung oder Carvingschwung/Stöcke Ja oder Nein?

Spezifisches rund um Kinderski und Skiurlaub mit Kindern.
Fragen zu SkiSCHULEN für Kinder siehe separates Forum SKISCHULEN
Christoph/Wien

Pflug/Stemmschwung oder Carvingschwung/Stöcke Ja oder Nein?

Beitrag von Christoph/Wien » 12.11.2004 08:53

Meine Tochter wird im Dezember 5 Jahre alt und steht seit dem 3 Jahr auf Skiern. Das erste Jahr war reine Gewöhnung an die Skier mit ein bißchen rutschen und spielen. Letztes Jahr sind wir es dann wirklich angegangen und sie kann mittlerweile Babylift fahren und unter guten Bedingungen einen Carvingschwung ohne Stöcke. Meine Frage: Ich werde mit ihr heuer etwa 3 Wochen auf Skiern schaffen, davon eine Woche Skikurs (Heiligenblut). 2 Wochen fahre ich mit ihr. Nur muß ich ihr schon vor dem Kurs eine geeignete Technik beibringen. Pflug/Stemmschwung oder Carvingschwung? Bis jetzt fahrt sie einen Carvingschwung, nur unter erschwerten Bedingungen nutzt ihr der nichts. Ich muß ihr also auch konventionelle Technik beibringen, auch um stehen zu bleiben.Was bring ich Ihr jetzt bei? Beides? Und verwendet sie Stöcke oder nicht?
Danke für Hinweise

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 12.11.2004 11:57

Also, einmal mehr:
Der Pflug ist nicht der entscheidende Punkt, ob jemand eine "Carvingtechnik" fährt oder nicht,
insofern man unter "Carvingtechnik" funktionelles Fahren mit taillierten Ski versteht - wenn man also die Form seiner Ski ausnützt, um leichter Kurven zu fahren.

Kinder muss man auf gar keinen Fall zwei unterschiedliche Techniken beibringen (allerdings auch Erwachsenen nicht).
Ich finde es aber äusserst hilfreich, den Kindern den Pflug beizubringen. Sie sind damit in der Lage, auch in schwierigen Situationen zum bremsen und ihre Geschwindigkeit zu kontrollieren.
Wenn es z.B. plötzlich sehr steil wird oder wenn ein anderer Fahrer heranschiesst, ist dies für eine Lernende einfach eine sehr sichere Variante.
Man kann im Pflug mit der genau gleichen ("Carving"-)Technik Kurven fahren wie mit parallelen Ski!

Ich würde deiner Tochter den Pflug als Möglichkeit zum bremsen und zum verlangsamen, wenn´s schwierig wird, zeigen. Da sie schon fahren kann, wird sie ihn sofort beherrschen. Du kannst sie darauf hinweisen, dass sie immer parallel ("die Ski nebeneinander" - 5jährige kennen normalerweise das Wort parallel noch nicht) fahren kann, wenn sie mag, wenn es ihr aber zu schnell/schwierig wird, kann sie sich mit dem Pflug behelfen.
Ansonsten würde ich ihr nicht viel "beibringen", sondern möglichst variationsreich fahren. Aber das hat bei euch ja bis jetzt anscheinend prima funktioniert!

Der Übergang vom Pflug zum parallelen Fahren ist bei Kindern noch fliessender als bei Erwachsenen. Sehr oft fahren sie in einer Art "halbparallelen" Position. Kurven werden so oder so mit der gleichen Technik gemacht (automatisch). Du solltest also keine Anweisungen im Stil "hier ohne Pflug", "hier im Pflug" geben. Nach und nach verschwindet der Pflug immer mehr, d.h. sie sind fähig, immer schwierigere Situationen in paralleler Skistellung zu bewältigen.

Ich hoffe, dir leuchtet nach diesen Ausführungen ein, dass eine unterschiedliche Technik für Pflug und paralleles Fahren kontraproduktiv und Fortschritte hemmend wäre.
Pflugschwung und Stemmschwung musst du bei Kindern sowieso nicht unterscheiden.
Wer heute zeitgemässen Skiunterricht anbietet, sollte keine grundsätzlich unterschiedliche Technik für Pflug und paralleles Fahren mehr lehren!
Vor allem das nach-aussen-lehnen im Pflug ist meiner Meinung nach wirklich abzulehnen, da es mit dem heutigen Material überflüssig ist und das weitere Lernen hemmt, da kein Mensch so zügige, parallele Kurven fährt.

Ich würde mit ihr ohne Stöcke fahren. Wenn sie aber mal Stöcke haben will (weil die "Grossen" auch mit Stöcken fahren), dann würde ich sie auch das probieren lassen.

Beantwortet das deine Fragen?
Solche Anfragen sind jeweils etwas schwierig zu beantworten, da nicht immer klar ist, was jemand unter einer "Carvingtechnik" und unter "konventioneller Technik" genau versteht. Soll aber kein Vorwurf sein, wie wir hier schon oft diskutiert haben, herrscht ein gewisser Begriffswirrwarr!

Christoph/Wien

Merci für die Antwort/Noch eine Frage

Beitrag von Christoph/Wien » 12.11.2004 13:08

Unter Carving Schwung verstand ich eine mehr oder minder parallele Skiführung und den Versuch, den Schwung nicht anzudriften, sondern "durchzuziehen". (Übrigens etwas, was ein Großteil der Skifahrer, Carving Ski hin oder her sowieso nicht beherrschen.) Sorry noch eine Frage: Das Problem ist der Innenski. Besteht eine gewisse Pflugstellung, kann sie ja den Innenski nichtmehr aufkanten (Außenkante/bergseitig) und dann kommen wir zur Problematik, daß sie natürlich das Gewicht nach außen verlagert, um den Druck auf den Außenski zu bekommen. Der Schwung wird dann nichtmehr parallel gezogen (was sie jetzt oft hinbekommt).Wie soll ich das verstehen, daß ein Schwung in Pflugstellung immer noch gecarvt werden kann? Kann er ja garnicht.....

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 12.11.2004 16:39

Der Schwung muss im Pflug nicht gecarvt werden, sondern nur mit der gleichen Technik gefahren werden wie die gecarvten Schwünge. Das heisst, sie soll nicht betont nach aussen lehnen, sondern den Schwung in erster Linie durch ein Drehen des Körpers auslösen.
Wenn du ihr nichts zu dem Thema sagst, macht sie es bestimmt richtig! Kinder machen das in den allermeisten Fällen!

Du hast recht, der Innenski carvt im Pflug natürlich nicht. Der Aussenski kann, muss aber nicht gecarvt werden.
Es ist nicht nötig, den Aussenski extra zu belasten. Steht sie auf beiden Ski, dann klappt es im Pflug und parallel. Und wenn du ihr nichts anders "andressiert" hast (was ich nicht glaube), dann steht sie sowieso auf beiden Ski und verlagert das Gewicht nicht bewusst. Der Druck auf den Aussenski ist etwas, das beim Carven eigentlich entstehen sollte - durch die Zentrifugalkraft.
Natürlich kann man die Kurve beim Carven durch Kippen (verlagern des Körperschwerpunktes) auslösen - der Ski wird umgekantet. Vermutlich macht das deine Tochter sogar, kombiniert mit einer leichten Drehung in die gewünschte Richtung.
Fährt sie nun im Pflug, so wird sie instinktiv die gleiche Bewegung ausführen, dabei aber nur den äusseren Ski umkanten. Der innere Ski ist zwecks der grösseren Stabilität in den Pflug "ausgestellt" (es sind natürlich eigentlich beide Ski "ausgestellt").

Der Pflug ist ja in erster Linie für "heikle Situationen" gedacht, also zum Beispiel steilere Hänge. Die könnte sie ja so oder so (noch) nicht carven!
Es ist gut, wenn Kinder Pflug, Drift und Carven als Fahrvarianten zu Verfügung haben. So können sie sich je nach Gelände passend verhalten. Es ist aber nicht nötig, ihnen zu sagen "etwas mehr Drift", "mehr schneiden". Sie machen von selber, was möglich ist! Man muss also z.B. nicht extra driften üben. Man sollte aber auch nicht allzu viel Wert darauf legen, dass sie die Kurven geschnitten fahren.
Sehr hilfreich ist es, den Kindern eine schöne Linie vorzufahren. Sie lernen sehr viel, wenn sie dies kopieren! Zu beachten dabei ist, dass die Kinderski einen sehr kleinen Radius haben.

Ich lehre jeweils zuerst den Pflug zum bremsen und anhalten. Dann Kurven. Bei diesen unterscheide ich nicht, ob es Pflug oder parallel gefahren wird. Bald fahre ich nur noch parallel vor. Die Kinder kopieren es automatisch. Wird es schwierig, kehren sie automatisch zum "sicheren", langsameren Pflug zurück.

Ist das verständlich?
Sonst einfach weiterfragen!

Christoph/Wien

Merci

Beitrag von Christoph/Wien » 12.11.2004 16:57

Danke für die Info, muß mich selber erst drauf einstellen, auch zu lehren. Hab keine Skilehrerausbildung, denk aber, daß ich doch ziemlich konkurrenzfähig fahre, allerdings natürlich (38Jahre) bin ich mit konventioneller Technik aufgwachsen und erst vor einem Jahr auf Carver umgestiegen (Gelber Salomon V2 197cm auf 162 Nordica k10 slc). Bin sowieso der Meinung, daß ein kompletter Fahrer wesentlich mehr beherrschen sollte, insbesondere im Gelände....
Liebe Grüße aus Wien
Christoph

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 12.11.2004 18:37

Wie schon erwähnt ist es nicht sinnvoll, bei kleinen Kindern viel technisch zu arbeiten. Sie lernen am besten, indem man sie an Situationen heranführt, in denen sie bestimmte Dinge tun müssen. Kinder haben noch ein so "unverdorbenes Bewegungsgefühl", dass sie meist von selbst einen optimalen Bewegungsablauf "erfinden". Es ist selbstverständlich wichtig, dass man die Kinder mit solchen Situationen nicht überfordert (aber durchaus fordert).
Die andere kindtypische Lernart ist das Kopieren. Sie lernen enorm viel, wenn sie einfach hinter einem guten Fahrer herfahren können - am besten hinter jemandem, den sie bewundern!

Noch etwas zum Thema "carven" vs. "konventionelle Skitechnik":
"Carven" ist ein geschnittener, also von Anfang bis Schluss auf der Kante gefahrener Schwung. Das heutige Material erleichtert uns das Carven sehr. Deswegen ist der geschnittene Schwung (in Europa) mehr oder weniger zum zentralen Lernziel der Skitechnik geworden.
Jegliche (anfangs) gelernte Technik sollte daraufhin abzielen, einen solchen Schwung fahren zu können.
Auf der Basis dieses geschnittenen Schwunges können dann die weiteren Spielarten des Skifahrens entwickelt werden: fahren in Tiefschnee, Kurzschwingen, Stangen fahren usw. usw.
All diese Formen haben aber die gleiche "Technik" als Basis - nämlich das möglichst funktionelle Fahren mit taillierten Ski.
So gesehen ist Carven nicht eine Spielart des Skifahrens, sondern die dafür benötigte Technik eher die Basis - oder das Zentrum.
Das bedeutet natürlich nicht, dass man sich erst an den erwähnten Spielarten versuchen sollte, wenn man perfekt Carven kann! Gemeint ist nur, dass grundsätzlich die gleichen Bewegungsideen angewendet werden.

Um das Carven zu erlernen gibt es verschiedene Wege. Je nach Situation (Lehrende, Lernende, Zeit, Wetter, Material, Gelände,...) ist der eine oder andere Weg mehr oder weniger sinnvoll.

Das "konventionelle Skifahren" oder vielleicht eher die Umsteigetechnik, die auf den Pflugschwung mit betonter Aussenskibelastung aufgebaut wurde, ist heutzutage überholt, da es komplizierte Bewegungsabläufe beinhaltet, die mit dem heutigen Material ganz einfach überflüssig geworden sind.

(Wie immer ist dies meine Auffassung von Skifahren, Carven, Lehren und Lernen - es muss nicht jeder meiner Meinung sein)

Christoph/Wien

Carving-Konventionelle Technik

Beitrag von Christoph/Wien » 13.11.2004 12:13

Was mir immer mehr auffällt ist, daß viele Fahrer zwar bei guten Verhältnissen und mäßig steilen Autobahen ihre Skier einigermaßen unter Kontolle haben und unter Ausnutzung der ganzen Piste "Carven" oder das, was man sich halt gemeinhin als Carven vorstellt. Hier gibts ja auch viele, viele Beispiele und auch Videos. Ohne Stecken 180° Turns und High Speed Carving. Find ich auch toll, wenn sich aber die Verhältnisse verschlechtern, es steiler wird, verspurt, Tiefschnee oder Routen ist es dann aus mit dem Carven, zumindest für 95% aller dieser Pistenakrobaten. Es ist ja auch unter vielen Bedingungen garnicht möglich, einen geschnittenen Schwung zu fahren, z.b sehr steile Hänge oder verspurtes Gelände. Was ich nicht so toll finde ist, daß durch die Pistenbearbeitung der technische Anspruch nicht gerade gefördert wird. Mir sind jedenfalls Autobahnen zuwider und suche auch das Gebiet danach aus. Übrigens können die Kinder auch nur so variantenreiches Fahren lernen. Wenn ich mich zurückerinnere habe ich als Kind und Jugendlicher fast die ganze Zeit auf Waldbahnen, im Tiefschnee oder Rinnen verbracht, meist in relativ kleinen Gebieten in Kärnten.

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 14.11.2004 14:39

Klar, den Kiddies gefällt das! Und es ist auch die beste "Schule".
Von den erwachsenen Gästen werden halt immer mehr "Autobahnen" gefordert. Klar, dass die Gebiete das dann auch anbieten! Es gab hier im Forum kürzlich eine lange Diskussion zu diesem Thema.
Mit dem heutigen Material und den Pisten ist es nicht mehr so schwierig, einen geschnittenen Schwung zu fahren. Das ist schön, weil es vielen Leuten das Skifahren erleichtert. Trotzdem sind deswegen nicht alle bessere Skifahrer geworden!

Antworten