Ist Carven wirklich einfacher als Driften?

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
urs
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Ist Carven wirklich einfacher als Driften?

Beitrag von urs » 14.11.2006 10:26

hallo

ich eröffne hier mal einen neuen thread, mit einem thema, welches im pflug-thread aufgetaucht ist.
KOSTI hat geschrieben:Daher: carven = einfach, driften = schon komplexer (vgl. Auto, Motorrad)

für diese aussage bekam kosti noch applaus von nicola. beide beschäftigen sich schon lange umfassend mit vielen aspekten der skitechnik auf einem m.e. sehr hohen niveau. und wenn ich von mir aus schliesse, kann ich diese aussage zumindest bis zu roten pisten unterschreiben.

auf der anderen seite sieht die realität im alltag etwas anders aus. gg und kosti hatten in früheren threads auch betont, dass in der hochsaison nur der kleinere teil der skifahrerInnen sauber auf der kante unterwegs ist (gg sprach von ca. 5%). dies stimmt auch mit meinen beobachtungen überein.

ich möchte nun die frage aufwerfen, wie sich dieser (vordergründige) widerspruch erklären lässt. ich hab auch schon ein paar aspekte aufgeschrieben, die mir dazu in den sinn kommen:
- fehlende tempokontrolle?
- falsches timing?
- zuviel "kraftfahrer"?
- unsaubere koordination beider beine?

ich bin mir aber alles andere als sicher, was davon wirklich zutrifft.

gruss urs

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Hosky
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Beitrag von Hosky » 14.11.2006 10:47

Zunächst glaube ich nicht, daß man diese Aussage pauschal treffen kann.

Durch die Breite des Ski müssen die Ski erst einmal parallel aufgekantet werden, und zwar in einer stabilen Position. Geschieht das nicht oder fehlerhaft, weichen die Ski durch die große Auflagefläche sofort seitlich ins Driften aus. Der Fahrwiderstand in andere Richtungen als die "Kantenrichtung" ist erstmal gering, es sei denn, der Ski ist stark aufgekantet.

Daher hinkt imho der Vergleich mit Inlinern oder Schlittschuhen (oder auch Auto und Motorrad), wo die Auflagefläche um ein vieles kleiner ist bzw der Widerstand in alle anderen Richtungen außer der Kantenrichtung wesentlich größer ist.

Die Praxis auf der Piste zeigt offensichtlich, daß für den Großteil der Skifahrer Carven schwieriger ist als Driften. Wenn ich mich völlig unkonzentriert auf eine blaue Piste stelle (zB in schräger Position) und einfach nichts tue, komme ich nicht ins Carven, sondern ins Driften. Insofern - wenn ich meinen Körper nicht richtig positioniere und die Ski aufkante, drifte ich (eigentlich rutsche ich, denn driften wäre ja schon kontrolliert). Ich habe auch schon die Beobachtung gemacht, daß Anfänger, wenn sie durch die Kante geführt wurden, dies als unangenehm und "außer Kontrolle" empfunden haben, da die Bewegungsfreiheitsgrade eingeschränkt sind (klar, geht ja nur in eine Richtung). Wenn dann der Schwerpunkt/die Körperposition nicht stimmt, haben sie weniger Korrekturmöglichkeiten als beim Rutschen/Driften - und gefühlt weniger Korrekturmöglichkeiten als beim Inlinen, da die Ski um einiges länger sind.

Was das Lernen angeht, kann es aber für manche durchaus einfacher sein, erst Carven und dann Driften zu lernen, insbesondere für geübte Inliner oder Schlittschuhläufer, da da ein ähnliches Bewegungsmuster bereits verinnerlicht ist.

Was mich anbetrifft, würde ich sagen, bis zu einer gewissen Steilheit ist Carven einfacher, danach Driften. Insofern glaube ich daß diese Frage gar nicht pauschal zu beantworten ist, da sie von der "Bewegungsvorbildung" eines jeden Einzelnen abhängt.

Grüße,
Hosky
Zuletzt geändert von Hosky am 14.11.2006 10:49, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Herbert Züst » 14.11.2006 10:48

Auf die Frage wieso sowenig Leute Carven (ich meine hier reines auf der Kante Fahren) gibt es verschiedene Antworten wie zB: - Nicht Können, - Piste ist zu voll, -Sie fahren einfach gerne ganz kurze Schwünge am Pistenrand, - Die Geschwindigkeit wird zu hoch, -Sie beherschen die Technik nicht vom Carven blitzschnell auf Kurzschwingen zu wechseln und fühlen sich dadurch unsicher.

Gruss Herbert
Zuletzt geändert von Herbert Züst am 14.11.2006 11:38, insgesamt 1-mal geändert.
Herbert

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Beitrag von Perfectdark » 14.11.2006 10:55

Naja die Technik ist ja noch relativ neu und viele der langjährigen Skifahrer haben halt ihre Technik nicht verändert. Das könnte auch eine Erklärung sein.
Tempokontrolle sicher auch. Ich finde es auch auf roten Pisten schon eher kritisch, zumindest wenn sie nicht "leer" sind.


Was einfacher ist, dürften aber die Anfänger selbst besser beantworten können als die Profis hier. :)

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Beitrag von Uwe » 14.11.2006 10:58

Hi Urs,

gute Frage! Diese Aussage hat mich auch etwas "verwirrt"!

JA, mit Sicherheit ist "bewusstes" Driften zur Geschwindigkeitskontrolle in eine bestimmte Richtung schwierig, weil Aufkantwinkel, Druck und Anstellwinkel der Ski zur Fahrtrichtung stimmen müssen.
JA, für Anfänger ist das, was wir als "Driften" bezeichnen, erstmal ein "ungewohntes seitliches wegrutschen" ... beängstigend ... auch weil sie es in der Art weder vom Inlineskaten oder Schlittschuhlaufen noch sonstwo her kennen.

Trotzdem Driften die meisten ...

Vielleicht weil "bewusstes" Carven doch schwieriger ist?
Weil man sich an diese - anfangs unbekannte und ungewohnte - "seitliche" Fortbewegung recht schnell gewöhnt hat?

Vielleicht sollten wir uns vorab noch auf die Zielgruppe (das Fahrkönnen) verständigen, auf die diese Aussagen zutreffen sollen. Ich gehe mal von Anfängern bis leicht Fortgeschrittene aus, ok?

PS: Es geht - wenn ich das richtig verstanden habe - nicht darum, warum machen die einen dies oder das, sondern was ist einfacher ... und warum.
Uwe

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Beitrag von Christoph-Wien » 14.11.2006 11:11

Sauberes Carven ist wesentlich schwieriger, insbesondere wenn das Gelände schwieriger, eisiger und steiler wird. Ich würde saubere Carver auch nur mit 5% ansetzen.

Schon im Bereich von roten Pisten (wobei da die Bewertung auch von Gebiet zu Gebiet verschieden ist), schaffen nur noch die wenigsten einen sauberen Carve, weil es technisch anspruchsvoll ist und das Tempo einfach sehr hoch wird.

Die meisten Carver denken zu carven, driften aber, schmieren die Schwünge aus. Ist auch gut so, denn sonst wird es auf den Pisten lebensgefährlich.

So Long
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Beitrag von Martina » 14.11.2006 11:13

Ich würde jetzt mal behaupten:

sauber carven:
(relativ) einfach

sauber driften, d.h. eine gedriftete Kurve fahren, die aber trotzdem rund und gleichmässig ist und ohne übermässigen Kraftaufwand gefahren wird:
schwierig

irgendwie driften, also die Ski irgendwie um die Kurve kriegen, egal ob mit Kraft, Fersendrücken oder übermässigem Schwung etc. :
sehr einfach, vermittelt aber kein besonders schönes Fahrgefühl und ist ev. auf die Dauer anstrengend.

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Beitrag von freeriderin » 14.11.2006 11:13

Hm, ich versuche auch, diese Fragestellung irgendwie einzuordnen...meine ersten Gedanken dazu waren:
- Wirklich für alle einfacher? Schwer für mich zu glauben. Das passende Gelände spielt auf jeden Fall eine entscheidende Rolle.
- Auf jeden Fall gibt es beim Driften viel mehr Freiheitsgrade als beim geschnittenen Fahren (auf der Geige kann man ja auch viel schiefer spielen als auf dem Klavier... ok, der Vergleich hinkt wirklich. 'tschuldigung).

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Beitrag von Christoph-Wien » 14.11.2006 11:29

Also das saubere Carven, auch wenn es nur rote Pisten sind (@Freeriderin: Du kennst z.B Heiligenblut auch gut. Hochfleiß ist als rot deklariert, oder auch Schareck mittlerer Bereich wo es steiler wird) schau ich mir an. Da steigen dann mindestens 95% unter Garantie aus. Maximal 2 Schwünge und der dritte geht dann quer über die ganze Piste bis man steht.

Oder die Methoden in der Schweiz sind ausgefeilter, kann auch sein...

Christophe-Vienne

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Beitrag von Hosky » 14.11.2006 11:32

Martina hat geschrieben:Ich würde jetzt mal behaupten:

(...)

sauber driften, d.h. eine gedriftete Kurve fahren, die aber trotzdem rund und gleichmässig ist und ohne übermässigen Kraftaufwand gefahren wird:
schwierig

irgendwie driften, also die Ski irgendwie um die Kurve kriegen, egal ob mit Kraft, Fersendrücken oder übermässigem Schwung etc. :
sehr einfach, vermittelt aber kein besonders schönes Fahrgefühl und ist ev. auf die Dauer anstrengend.
:zs: , deswegen habe ich oben auch Rutschen geschrieben.

aber sauberes Carven = relativ einfach finde ich nicht. Das würde ich wie oben geschrieben von den Koordinationsfähigkeiten des Fahrers abhängig sehen. Würde sogar sagen relativ schwierig, wie sonst erklärt sich, daß es den meisten nicht so leicht fällt vom angestammten einigermassen ordentlichen Driften das saubere Carven zu lernen, oder daß man selbst auf blauen Pisten so wenige Leute trotz geeigneten Materials sauber Carven sieht? :roll:

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