Tiefentlastung - Variationen

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
chianti
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 12.09.2010 12:20

Moorkuh hat geschrieben:Bist du schon einmal in folgenden Situationen gefahren:

* Schwerer (nasser) Tiefschnee
* Dasselbe ohne Stöcke
* Schwerer Pistenschnee (im Frühjahr) auf einem Ski

Wenn das der Fall ist weisst du, dass entweder diese Versuche unter uns nicht bekannten Umständen ausgeführt wurden (schlechte Fahrer, schlechte Messung, eigenartige Fahrverhältnisse) oder dass du hier etwas falsch interpretierst.
Nur, weil bei diesen Fahrern und diesen Messungen etwas nicht vorgekommen ist, heißt das nicht, dass es nicht das Fahren erleichtert oder bei anderen Fahrern und anderen Umständen auftritt.

Ich werde aber gerne morgen etwas genauer drauf eingehen.

Martin
Versuchspersonen und Messung s.o. bzw. Skizze oben. Fahrverhältnisse des Versuchs: präparierte Piste, also die Schneeverhältnisse, die bisher im Thread Gegenstand der Diskussion waren. "Eigenartige" Fahrverhältnisse sind eher die von Dir angeführten Schneebedingungen (und jedenfalls nicht auf den Bildern/Videos von Vonn/Miller zu sehen). Bei solchen Bedingungen sieht man durchaus Skifahrer, die Hochschwünge machen, also direkt ins Auswärtsdriften auf die Innenkante umspringen. Die Fragen ist aber: ist eine derart kraftraubende Technik notwendig, um einen Schwung einzuleiten, insbesondere auf ebener, präparierter, griffiger Piste (die auch Carven erlaubt)? Ist also eine Entlastung, die den Druck auf die Ski verringert, zur Drehung der Ski notwendig oder erleichtert sie diese? Und die Messwerte ergeben eindeutig: eine Skidrehung unter Belastung (100% des Körpergewichts oder mehr) ist genauso schnell wie eine unter Entlastung (unter 100%). Wie soll eine "Erleichterung" denn anders zu verstehen sein? Als subjektive Einbildung nach dem Motto "ich hab's so gelernt, das wurde schon immer so gesagt, also glaube ich daran, dass es mir leichter fällt, wenn ich es so mache"?

Nimm mal die Situation "Nothalt" (alternativ "Einstauben"): dabei kommt es wirklich darauf an, die Ski so schnell wie möglich zu drehen -- und das schaffen gute Skifahrer ansatzlos durch Seitfallen oder "Fersenschub" durch Hüftknick, ohne jede klassische Hoch- oder Tiefentlastung (die beim Nothalt unnötig Zeit bis zum Druckaufbau auf die Kanten kosten würde und beim Einstauben die Absicht verraten würde).

* Schwerer Pistenschnee (im Frühjahr) auf einem Ski

Hast du dich noch nie gefragt, warum folgendes Phänomen auftritt: wenn man bei Geradeausfahrt in der Falllinie ein Bein anhebt und nicht sofort ausbalanciert, sondern den Körperschwerpunkt außerhalb des auf der Piste verbleibenden Ski lässt, kann man ansatzlos und ohne weiteren Kraftaufwand einen Schwung einleiten (der Ski dreht quasi von selbst, wenn man sich nach innen fallen lässt). Und das, obwohl keine Entlastung, sondern im Gegenteil eine Zunahme des Drucks auf den verbleibenden Ski auf 200% stattgefunden hat! Funktioniert auch bei Anfahrt außerhalb der Fallinie ...

Hier noch weitere Details zur Versuchsanordnung und den Messwerten:
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(Kassat G, Schein und Wirklichkeit parallelen Skifahrens, Münster 1985, S.126 ff.)
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 12.09.2010 12:33

chianti hat geschrieben:was Newton angeht, stimme ich mit dir überein. Was die Vergleichbarkeit von Badezimmerwaage und Kraftwirkungen während eines Skischwungs angeht, nicht :wink: Durch die Geschwindigkeit hat ein Skifahrer ja mehr Energie "gespeichert" als im Stillstand -- wie jeder weiß, der mal aus schneller Fahrt einen Not-Stopp gemacht hat: selbst wenn man beim Anhalten in die Knie geht (also "tiefentlastet"), verspürt man eine deutlich größere Kraft als das eigene Körpergewicht.
Aber halt -- sprechen wir über das Auslösen einer Kurve oder das Fahren im Kurvenverlauf?
Beim Auslösen einer Kurve komme ich aus der alten und bin im Begriff, in eine neue einzufahren, dh. ich fahre für einen kurzen Moment geradeaus, idealisiert (Reibung und ganz leichte Kurve etc. vernachlässigend) bin ich also in derselben Situation wie im ruhigen Stand (relativ zur Erde). Das ist genau die Situation, die ich auf der Personenwaage vorfinde.
Erst dann, wenn ich eine Kurve (wie auch immer) fahre, treten zusätzliche Kräfte auf, weil ja eine Beschleunigung (dh. eine Geschwindigkeitsänderung) auftritt. Insofern kann ich dieses Argument bzw. diese Aussage nicht nachvollziehen.
Für Schwünge gilt analog das Gleiche: die Trägheitskraft, die durch die Richtungsänderung wirkt, kommt ja zum Körpergewicht noch dazu (und wird beim gedrifteten Schwung durch die Reibung etwas abgemildert).
Im Moment des Auslösens gibt es keine Richtungsänderung. Das erfolgt erst kurz danach.
Aus dem gleichen Grund sollen im Rennsport Rocker ja nicht gerade selten sein...
Davon höre ich zum ersten Mal.
Moorkuh hat geschrieben:Ist die Kernaussage, dass man in einer Entlastungsphase nicht leichter dreht als in einer "normalen" Phase?
das trifft es ziemlich genau.
Dann darf ich dir sagen: Das ist Unsinn, weil Reibung existiert und Reibung proportional zur Normalkraft ist. Entlastung heißt, dass genau diese Normalkraft (auf den Hang) reduziert wird, dadurch reduziert sich die Reibungskraft, dadurch muss nur ein geringeres Drehmoment aufgebracht werden (dh. weniger Kraft angewandt werden), um den Ski "rutschend" zu drehen.
Das ist unmittelbar einleuchtend und ich habe den 100 kg Zementsack als Beispiel bereits angeführt.
Die Kernaussage ist, dass der Schwung dadurch eingeleitet wird, dass bei Schrägfahrt auf der Kante 1. der Kantenwinkel verringert wird bis zur Flachstellung und zum Kantenwechsel, dies führt mit 2. dem Aufbau seitlich auf die Ski wirkender Kräfte durch Verlagerung des Körperschwerpunkts zur Kurveninnenseite oder/und seitlichen "Drehmomentreaktionen" (durch Hüftknick, früher war der Begriff "Fersenschub" mal gebräuchlich) zum "Einwärtsdriften", also dem Abrutschen der Skispitzen in Richtung Falllinie (wie beim Carving auch) -- und dass dies nicht durch Entlastung, also weniger Gewichtskraft auf dem Ski, begünstigt wird.
Wenn das die Aussage ist, sollte man sich überlegen, ob der Herr Kassat wirklich ein Naturwissenschaftler ist/war.
Ich vermute, dass das unmöglich seine Aussage gewesen sein kann.
1) Man kann höchstens sagen, dass das bei den Fahrern in dieser Versuchsreihe so war.
2) Mit dieser Erklärung ist nicht verständlich, wie man im Flachen eine Kurve fahren kann. Ich kann aber im Flachen Kurven fahren, also muss da wohl irgendetwas falsch sein.
3) Dass sich die Reibung nicht durch Entlastung verringert, widerspricht dermaßen den grundlegendsten Grundgesetzen der Mechanik, dass mir kein Wort mehr dafür einfällt.

Kurzum vermute ich, dass du etwas falsch interpretierst.
In aktuellen Lehrplänen oder -schemata spielt die "Entlastung" bei der Schwungeinleitung daher auch keine Rolle mehr
Das stimmt zumindest nicht für den österreichischen Lehrplan. Das Thema "Entlastung" und "Entlastungsarten" wird hier sowohl in Theorie als auch Praxis gelehrt und demonstriert.

Martin

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 12.09.2010 12:51

chianti hat geschrieben: "Eigenartige" Fahrverhältnisse sind eher die von Dir angeführten Schneebedingungen (und jedenfalls nicht auf den Bildern/Videos von Vonn/Miller zu sehen). Bei solchen Bedingungen sieht man durchaus Skifahrer, die Hochschwünge machen, also direkt ins Auswärtsdriften auf die Innenkante umspringen.
Ich wollte dir damit beweisen, dass eine Entlastung erleichtertes Drehen bewirkt. Ohne diese Entlastung ist es teils unmöglich, selbst mit modernen Skiern Kurven einzuleiten/auszulösen. Da MUSS man entlasten!
Die Fragen ist aber: ist eine derart kraftraubende Technik notwendig, um einen Schwung einzuleiten, insbesondere auf ebener, präparierter, griffiger Piste (die auch Carven erlaubt)?
Nicht notwendig, nein. Von notwendig hat niemand gesprochen, aber von: Es macht die Sache leichter.
Ist also eine Entlastung, die den Druck auf die Ski verringert, zur Drehung der Ski notwendig oder erleichtert sie diese? Und die Messwerte ergeben eindeutig: eine Skidrehung unter Belastung (100% des Körpergewichts oder mehr) ist genauso schnell wie eine unter Entlastung (unter 100%).
Nein.
Die Messwerte zeigen nur, dass die Fahrer dort genauso schnell gedreht haben in beiden Fällen. Weiß man, was deren Anweisung war? "Spur halten" zB?
Ich wette, ich kann meine Ski schneller in Entlastung drehen als du in Belastung.
Ich kann zB. in der Geradeausfahrt in einem Flachstück einen 360er springen (Springen = 100% Entlastung). Dh. ich drehe von nichts weg in vielleicht 0,5 Sekunden um 360°. Zeig mir das bitte in derselben Zeit ohne jegliche Entlastung. Ich behaupte, das ist nicht möglich. (Videobeweis, sobald die Saison begonnen hat ;) )
Wie soll eine "Erleichterung" denn anders zu verstehen sein? Als subjektive Einbildung nach dem Motto "ich hab's so gelernt, das wurde schon immer so gesagt, also glaube ich daran, dass es mir leichter fällt, wenn ich es so mache"?
Nein. Eher:
F_R = mu * F_n (Reibungskraft = Reibungskoeffizient mal Normalkraft)
M = r kreuz F (Drehmoment = Radius kreuz Kraft)

Das sind ganz gut bekannte Gesetzmäßigkeiten der Mechanik.
Nimm mal die Situation "Nothalt" (alternativ "Einstauben"):
Ich kann den Zusammenhang nicht erkennen.
* Schwerer Pistenschnee (im Frühjahr) auf einem Ski

Hast du dich noch nie gefragt, warum folgendes Phänomen auftritt: wenn man bei Geradeausfahrt in der Falllinie ein Bein anhebt und nicht sofort ausbalanciert, sondern den Körperschwerpunkt außerhalb des auf der Piste verbleibenden Ski lässt, kann man ansatzlos und ohne weiteren Kraftaufwand einen Schwung einleiten (der Ski dreht quasi von selbst, wenn man sich nach innen fallen lässt).
Okay. Ich falle dabei um. Wenn du damit auf den Beinen bleiben kannst -- alle Achtung. Auch das widerspricht den Gesetzen der Mechanik, ich frage mich langsam, wie weit Skifahren sich außerhalb derselben abspielt. ;)
(Ich wechsle wohl mein Forschungsgebiet, hier ist mir wenigstens der Nobelpreis sicher ;) )
Und das, obwohl keine Entlastung, sondern im Gegenteil eine Zunahme des Drucks auf den verbleibenden Ski auf 200% stattgefunden hat! Funktioniert auch bei Anfahrt außerhalb der Fallinie ...
Das sind keine 200%, da der KSP ja nicht abgestützt wird, dh. dein Körper erfährt eine Beschleunigung in Richtung Erdmittelpunkt. Das musst du abziehen. (Auf gut Deutsch: Du kippst um!)

Martin

PS.: KEINER sagt, dass man OHNE Hoch/Tiefentlasten keine Kurven fahren kann.
Aber ich -- und ich denke auch Chris -- behaupte, dass es das Einleiten/Auslösen erleichtert und in extremen Fällen überhaupt erst möglich macht.
Schau auch einmal extreme Steilwandfahrer an: Würde der genauso schnell drehen, ob er hochentlastet oder nicht, dann würde er nicht dauernd springen. Nur: Tut er das nicht, dreht er zu langsam, die Kurve bekommt einen riesigen Radius und seine Geschwindigkeit tendiert in die Richtung des freien Falles mit Luftwiderstand (=Fallschirmspringen). Da es so recht schwierig ist, von den schnell näherkommenden Felsen genug Abstand zu halten, behilft man sich durch extremes Hochentlasten, schnelles Drehen etc.

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 12.09.2010 15:16

zuerst meine Antwort auf Chris' Posting:
LincolnLoop hat geschrieben:1. Wie Martin richtig erwähnt hat, ist ein isoliertes Beugen und Strecken der Gelenke für die Be- oder Entlastung irrelevant. Entscheidend ist die Veränderung des KSP.
Veränderung relativ zu welchem Bezugspunkt? Relevant für die auf den Ski wirkende Kraft (und um deren Veränderung kann es bei Belastung/Kraftzunahme und Entlastung/Kraftverringerung nur gehen) kann ja wiederum nur deren Ansatzpunkt sein, also die Skibindung. Dass bei gleicher Körperhaltung in Kurven, Kompressionen oder auf Kuppen durch Trägheit ("Fliehkräfte") Kraftveränderungen, also Be- und Entlastungen stattfinden, hat wohl jeder hier schon einmal erfahren. Ganz so einfach ist es also nicht -- oder was willst du unter Belastung/Entlastung verstanden wissen?.
LincolnLoop hat geschrieben:2. Die Messungen bzw. Ergebnisse (ich beschränke mich auf den Fall der "Hochentlastung") stehen in keinem Widerspruch zur "Theorie", werden aber IMO falsch interpretiert! Das isolierte Ergebnis ist: Ein (An-)Drehen der Ski findet bereits vor der Belastung statt.
Schau die bitte die Messergebnisse bzw. Grafiken (S. 2 dieses Threads unten) noch einmal richtig an: t0 ist immer zu Beginn der Skidrehung markiert (erste senkrechte gepunktete Linie). Das Ergebnis ist: das Drehen der Ski ist unabhängig von der Belastung.
LincolnLoop hat geschrieben:Dies wird insofern interpretiert, als dass die Vertikalbewegung keinen Effekt auf die Skidrehung hat. Das ist imo falsch. Richtig wäre auch eigentlich nicht der Begriff "Vertikalbewegung", sondern "Aufrichtbewegung".
Da sich die Bezeichnung Vertikalbewegung auf den Körperschwerpunkt bezieht: wo soll da der Unterscheid sein? Zum Effekt der Vertikal-/Aufrichtbewegung auf die Skidrehung: wie man an den gestrichelten Linien der Abbildungen A4, A5 und A6 sehen kann (Höhenverlauf des Körperschwerpunkts), sind die Aufricht- und Tiefgehbewegungen sehr unterschiedlich, bei Hoch- und Tiefschwung sogar entgegengesetzt. Dagegen ist der Verlauf der Skidrehung sehr einheitlich. Woher du da einen Effekt konstruieren willst, ist mir unklar. Hier zur Verdeutlichung noch einmal farblich gekennzeichnet für Tief- und Hochschwung:
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LincolnLoop hat geschrieben: Das Aufrichten bedingt ein Abkanten, Abkanten bedingt ein Andrehen der Ski, logischerweise findet das Aufrichten aber vor der Entlastung statt.
Dass das Abkanten ein Andrehen der Ski bewirkt, stimmt. Dies ist aber unabhängig vom Höhenverlauf des Körperschwerpunkts, also einem Aufrichten oder Tiefgehen -- hier die Grafiken zum Ab- und Umkanten (durchgezogene Linie: Winkel der Kante zum Hang, gestrichelte Linie: Winkelveränderung der Ski)
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(Kassat G, Schein und Wirklichkeit parallelen Skifahrens, Münster 1985, S.118 ff.)
LincolnLoop hat geschrieben: 3. Im Grunde kann man einen gedrifteten Schwung in 3 Drehphasen einteilen: Zuerst das Andrehen der Ski bedingt durch das Abkanten
jup, das wird auch als "Einwärtsdriften" bezeichnet, weil es ein Abrutschen der Skispitzen auf der Außenkante bedeutet. diese Schwungphase ist aber beim klassischen Hochschwung extrem kurz, sie wird sozusagen übersprungen (im Wortsinn).
LincolnLoop hat geschrieben:Als zweites das Drehen im entlasteten Zustand am Ende der Hochbewegung. Zuletzt ein Ausdrehen/-steuern im Zuge einer Tiefbewegung (sozusagen eine Tiefentlastung ausgangs der Hochentlastung, "Drehen im Beugen").
Die Messergebnisse zeigen, dass es wegen des fehlenden Einflusses der Be-/Entlastung keine separate "Drehphase" gibt, die Drehung erfolgt nach der Schwungauslösung gleichmäßig zur Fallinie (gestrichelte Linie in Abb. A1, A2, A3). Für das "Aussteuern" bzw. Auswärtsdriften (Skispitzen, -mitte und -ende rutschen seitlich auswärts relativ zur Kurvenrichtung) ist ebenfalls keine Vertikalbewegung/Aufrichten/Tiefgehen zwingen notwendig.
LincolnLoop hat geschrieben:4. Irgendwo in diesem Thread ist mal erwähnt, dass die Höhe des KSP sich auf den Druck und damit die Durchbiegung des Skis auswirkt.
ich habe geschrieben, dass ein hoher Körperschwerpunkt zu Kurvenbeginn folgenden Vorteil hat: Aufbau von Lageenergie, die durch anschließendes Tiefergehen als zusätzliche Kraft auf die Ski gebracht werden kann -> stärkeres Durchbiegen der Ski und engerer Kurvenradius bei höherer Geschwindigkeit möglich.
LincolnLoop hat geschrieben:5. Das von Chianti gepostete KS-Video ist kein Driften (Steuern), sondern Rutschen.
??? Driften ist Rutschen quer bzw. seitlich zur Kurvenrichtung. Entweder ich fahre auf der Kante und carve, oder ich lasse die Kante rutschen, dann drifte ich den Schwung. Welchen Kantenwinkel man dabei wählt, macht prinzipiell keinen Unterschied. Wo ist bei dir die Grenze zwischen "gerutschtem" ("ungesteuertem" = unkontrolliertem???) Schwung und "gesteuertem" Driften? Subjektiv in der Empfindung der "Kontrolle" über den Ski? In der Empfindung über Kraftausübung auf den Ski?
LincolnLoop hat geschrieben:Dazu benötigt man tatsächlich keine Vertikalbewegung, da der Ski in Vor-/Rückrichtung teilweise unbelastet ist und als "Richtungsänderung" sozusagen nur die Skienden hin- und hergeschoben werden.
was soll "unbelastet" bedeuten? Dass kein Gewicht auf dem Ski liegt? Ich sehen den Wedler weder springen noch schweben... Oder meinst du mit "in Vor-/Rückrichtung", dass er weder Vor- noch Rücklage hat?

Mit der Beschreibung "Skienden hin- und herschieben" hast du das Wesentliche für die Schwungauslösung beschrieben: eine seitlich wirkende Kraft, die ein Drehmoment erzeugt (da die Bindung hinter der Skimitte angebracht ist). Im Videobeispiel Wedeln wird sie durch Hüftknick (Drehmomentreaktion seitwärts) bewirkt, sie kann ebenfalls durch Seitverlagerung des Körperschwerpunkts erfolgen (Nach-innen-Fallenlassen -- oder Anheben des Innenski, s.o)
LincolnLoop hat geschrieben: Die von Dir gepostete Grafik ist (ein bisschen verschlimmbessert) eine isolierte Abbildung des Lehrplans und beschreibt sozusagen Funktionale des Skifahrens. Da eine Vertikalbewegung nur eine Aktion zur Ausführung eines Funktionals sein kann, steht sie dort natürlich nicht dabei.
Ich habe nicht auf die "Aktion zur Ausführung" Vertikalbewegung abgestellt, sondern auf das "Funktional" Entlastung. Wenn die Entlastung derart essentiell für die Schwungauslösung wäre wie von Dir behauptet, warum wird sie dann nicht aufgeführt? Ich lese da nur von "Druckaufbau auf der Innenkante des neuen Außenski" (was den Aufbau von Kraft seitlich auf den Ski bzw. Drehmoment zur Schwungauslösung bedeutet) und zur Kurvensteuerung ebenfalls nur "Kanten, Belasten".

Gruß, Ekkehard
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von LincolnLoop » 12.09.2010 18:07

chianti hat geschrieben:Veränderung relativ zu welchem Bezugspunkt? Relevant für die auf den Ski wirkende Kraft (und um deren Veränderung kann es bei Belastung/Kraftzunahme und Entlastung/Kraftverringerung nur gehen) kann ja wiederum nur deren Ansatzpunkt sein, also die Skibindung.
Logischerweise im Bezug zur Unterlage (in einer Größenordnung, die Trägheitsmomente im Vergleich zu einer komplett glatten Unterlage vernachlässigbar macht)! Oder waren die Druckmessplatten in dem Versuch zwischen Schuh und Bindung???
chianti hat geschrieben:t0 ist immer zu Beginn der Skidrehung markiert (erste senkrechte gepunktete Linie). Das Ergebnis ist: das Drehen der Ski ist unabhängig von der Belastung.
Ich sehe, dass das Drehen der Ski unter Belastung (aber im Aufrichten) beginnt. Das ist genau das, was ich gesagt habe. Dieses "(An-)Drehen unter Belastung" entspricht meiner Phase 1. Dass das Drehen der Ski (Sigma-Algebra-)unabhängig von der Belastung ist dagegen imo und im Allgemeinen eine falsche Schlussfolgerung und kann aus einem Versuch (der ja nur eine stochastische Unabhängigkeit abbilden kann) auch gar nicht gezogen werden, außer es ist eine Nullmenge (in diesem Fall: "keine Drehung fast-überall", was ja nicht Resultat des Versuchs ist).
chianti hat geschrieben:Da sich die Bezeichnung Vertikalbewegung auf den Körperschwerpunkt bezieht: wo soll da der Unterscheid sein?
Nennen kannst Du es wie Du willst, allerdings verdeutlicht der Begriff "Aufrichtbewegung", dass die Folge nicht isoliert in Richtung Hoch-Tief zu betrachten ist, sondern der Effekt, der sich aus der ganzheitlichen Bewegung ergibt. "Vertikal" kann ich mich - wie der Name schon sagt - nur vertikal bewegen, "aufrichten" kann ich mich auch in andere Richtungen (in diesem Fall ist das Abkanten und damit verbundene Andrehen im nicht-entlasteten Zustand z.B. relevant).
chianti hat geschrieben:Dass das Abkanten ein Andrehen der Ski bewirkt, stimmt. Dies ist aber unabhängig vom Höhenverlauf des Körperschwerpunkts
Es kann - wie bereits erwähnt - in einem bestimmten Versuch stochastisch unabhängig vom Verlauf des KSP sein. Es wurde z.B. von Martin erwähnt, dass es sich bei einer Vertikalbewegung um eine Erleichterung (also ein "Kann") handelt. Das wirst Du nicht widerlegen können (selbst wenn es stimmen sollte) und es stimmt auch sicher nicht.
chianti hat geschrieben:das wird auch als "Einwärtsdriften" bezeichnet, weil es ein Abrutschen der Skispitzen auf der Außenkante bedeutet. diese Schwungphase ist aber beim klassischen Hochschwung extrem kurz, sie wird sozusagen übersprungen (im Wortsinn).

Wer redet vom "klassischen Hochschwung". Keine Sau will das fahren! Aber die Welt ist nicht nur schwarz und weiß...
chianti hat geschrieben:Die Messergebnisse zeigen, dass es wegen des fehlenden Einflusses der Be-/Entlastung keine separate "Drehphase" gibt, die Drehung erfolgt nach der Schwungauslösung gleichmäßig zur Fallinie (gestrichelte Linie in Abb. A1, A2, A3). Für das "Aussteuern" bzw. Auswärtsdriften (Skispitzen, -mitte und -ende rutschen seitlich auswärts relativ zur Kurvenrichtung) ist ebenfalls keine Vertikalbewegung/Aufrichten/Tiefgehen zwingend notwendig.
Danke, dass Du das Wort "zwingend" verwendet hast. Wenn Du das wirklich so gemeint hast, hätten wir uns die Diskussion sparen können, denn seit einigen Seiten behauptest Du in letzter Konsequenz etwas anderes...
chianti hat geschrieben:Aufbau von Lageenergie, die durch anschließendes Tiefergehen als zusätzliche Kraft auf die Ski gebracht werden kann
Verstehe ich nicht, was Du damit meinst. Wie soll ich durch Tiefgehen Kraft auf den Ski bringen?
chianti hat geschrieben:Driften ist Rutschen quer bzw. seitlich zur Kurvenrichtung. Entweder ich fahre auf der Kante und carve, oder ich lasse die Kante rutschen, dann drifte ich den Schwung. Welchen Kantenwinkel man dabei wählt, macht prinzipiell keinen Unterschied.
Im Begriff "Driften" ("Steuern") steckt eine Kombination aus einer Bewegungskomponente in Falllinie, ggf. einer Rotationskomponente des Skis um eine Hochachse irgendwo in Bindungsnähe und einer Bewegungskomponente in Skilängsrichtung (dieser Teil ist das "Fahren" des Skifahrens). Beim "Rutschen" fällt letztere Komponente sehr stark weg - der Übergang ist natürlich fließend.
chianti hat geschrieben:was soll "unbelastet" bedeuten? Dass kein Gewicht auf dem Ski liegt? Ich sehen den Wedler weder springen noch schweben... Oder meinst du mit "in Vor-/Rückrichtung", dass er weder Vor- noch Rücklage hat?
Meinetwegen kannst Du "unbelastet" durch "entlastet" ersetzen, sollte es an dieser Begrifflichkeit scheitern.
chianti hat geschrieben:Ich habe nicht auf die "Aktion zur Ausführung" Vertikalbewegung abgestellt, sondern auf das "Funktional" Entlastung. Wenn die Entlastung derart essentiell für die Schwungauslösung wäre wie von Dir behauptet, warum wird sie dann nicht aufgeführt? Ich lese da nur von "Druckaufbau auf der Innenkante des neuen Außenski" (was den Aufbau von Kraft seitlich auf den Ski bzw. Drehmoment zur Schwungauslösung bedeutet) und zur Kurvensteuerung ebenfalls nur "Kanten, Belasten".
Okay, dazu nochmal ein paar Punkte, da Du anscheinend außer dieser Grafik den LP wirklich nicht kennst:
1. Wo habe ich dies hier behauptet (bitte Zitat)?
chianti hat geschrieben:Wenn die Entlastung derart essentiell für die Schwungauslösung wäre wie von Dir behauptet
2. "Entlastung" ist kein Funktional. "Belasten" ist die Grundfunktion, eine optimale Belastungsverteilung (incl. einer Einbeziehung von Entlastungen) bezeichnet implizit die Menge aller "guten" Zustände.
3. "Funktionale" (die Grundmerkmale, die neben der Grafik stehen) sind (nichtautomatische!) Aktionen, die in jeder "hochwertigen" Kurve auftauchen. Da es Kurvenformen mit automatischer Entlastung gibt, ist das Merkmal nicht allgemein gültig und damit nicht unter den "8 Merkmalen" aufgeführt.
4. Das bedeutet nicht, dass die Thematik irrelevant ist. Z.B. ist bei der Erklärung des Merkmals "Der KSP bewegt sich zum Kurvenwechsel nach vorn." explizit erwähnt:
Ein Strecken im Kniegelenk bewirkt zusätzlich, dass der KSP angehoben wird.
oder im Kapitel "Tieferer Schnee":
Man nutzt die am Kurvenende maximale Belastung und den dadurch aftretenden Verdichtungseffekt als Widerlager für den folgenden Kurvenwechsel. Auf diese Weise lassen sich unsere Ski in die neue Richtung steuern.
What do democrats actually want?

Democrats always want a majority.

chianti
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 12.09.2010 18:32

Moorkuh hat geschrieben:
chianti hat geschrieben:was Newton angeht, stimme ich mit dir überein. Was die Vergleichbarkeit von Badezimmerwaage und Kraftwirkungen während eines Skischwungs angeht, nicht :wink: Durch die Geschwindigkeit hat ein Skifahrer ja mehr Energie "gespeichert" als im Stillstand -- wie jeder weiß, der mal aus schneller Fahrt einen Not-Stopp gemacht hat: selbst wenn man beim Anhalten in die Knie geht (also "tiefentlastet"), verspürt man eine deutlich größere Kraft als das eigene Körpergewicht.
Aber halt -- sprechen wir über das Auslösen einer Kurve oder das Fahren im Kurvenverlauf?
du hast mit dem Verweis auf die Badezimmerwaage meine Beschreibung interessant T6: obwohl während der beschleunigten Skidrehung tiefgegangen wurde, erfolgt keine Entlastung, sondern die Kraft bleibt fast konstant bei etwa 1 g bzw. 100%. versucht zu entkräften. Ich habe von Anfang an vom Kurvenverlauf gesprochen.
Moorkuh hat geschrieben:Im Moment des Auslösens gibt es keine Richtungsänderung. Das erfolgt erst kurz danach.
OK, das ist eine Frage der Definition der "Schwungauslösung". Wenn nicht der Drehbeginn der Ski, dann kommt nur das Kippen des Schwerpunkts aus der Vertikalen in Frage:
[ externes Bild ]
(Kassat G, Schein und Wirklichkeit parallelen Skifahrens, Münster 1985, S.49)
.
Zitat aus Kassat:
Vor Drehbeginn (t0) erfolgt eine Verlagerung des KSP von +2cm auf +7cm (bezüglich der Vertikalen) schwungeinwärts (13a). Die Seitverlagerung des KSP wird über den ganzen Abschnittder beschleunigten Skidrehung (t0-t8) kontinuierlich fortgesetzt.
[...]
Die Werte der Seitverlagerung des KSP für die Gesamtheit aller Schwünge variieren uneinheitlich; das ist allein wegen der unterschiedlichen Körpergrößen und wegen der Vertikalbewegungen verständlich
(es wurden Tief-, Hoch- und Normalschwünge gefahren, E.). Ebenso erreicht der KSP die Hangnormale zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb des Abschnittes des beschleunigten Skidrehung. Festzuhalten ist jedoch: Die kontinuierliche Seitverlagerung des KSP gilt ohne Ausnahme für alle Schwünge über den ganzen Zeitraum der beschleunigten Skidrehung. Zu betonen ist, dass ein Seitfallen des Körpers bei allen Schwüngen, einschließlich der Hochschwünge, immer schon vor Drehbeginn erfolgt.
Moorkuh hat geschrieben:Ist die Kernaussage, dass man in einer Entlastungsphase nicht leichter dreht als in einer "normalen" Phase?
das trifft es ziemlich genau.
Dann darf ich dir sagen: Das ist Unsinn, weil Reibung existiert und Reibung proportional zur Normalkraft ist. Entlastung heißt, dass genau diese Normalkraft (auf den Hang) reduziert wird, dadurch reduziert sich die Reibungskraft, dadurch muss nur ein geringeres Drehmoment aufgebracht werden (dh. weniger Kraft angewandt werden), um den Ski "rutschend" zu drehen.
Das ist unmittelbar einleuchtend und ich habe den 100 kg Zementsack als Beispiel bereits angeführt.
1. ist die Gleitreibung von Ski auf Schnee sehr gering (µ etwa 0,03, je nach Quelle. Der Koeffizient einer seitlich auf Schnee abrutschenden Stahlkante ist zwar höher, aber ... egal, lies weiter :wink: ) und 2. berücksichtigst du nicht, was den Ski überhaupt zum Drehen bringt: die seitlich auf ihn wirkende Kraft (-Fs in Skizze 12b). Vom Entlasten/Hochspringen alleine dreht sich nämlich noch gar nichts.

vereinfacht, aber für die Verdeutlichung zutreffend, sieht es von oben so aus:

der Ski dreht bei gleichmäßigem Kantengriff um den Mittelpunkt der Kante (schwarz), die Kraft -Fs (rot), die durch die Verlagerung des Körperschwerpunkts (blau) wirkt, setzt am Knöchel an. So entsteht ein Drehmoment.
.
[ externes Bild ]
.
bei unterschiedlicher Belastung/Entlastung, also Kraft auf den Hang ist auch die seitliche Kraft unterschiedlich und damit das Drehmoment:

[ externes Bild ]

Bei einer höheren Belastung, also mehr "Kraft auf dem Ski" (FB) ist auch die Kraft größer, die seitlich auf den Ski wirkt (-FSB, rot). Eine Entlastung (FE) bedeutet auch immer geringere seitlich wirkende Kraft (-FSE, grün). Der Reibungskoeffizient ändert daran nur prozentual etwas, aber nicht absolut - wie du richtig festgestellt hast.

Nach deiner "Reibungslogik" müsste ja ein Ski umso leichter zu drehen sein, je weniger Last auf ihn wirkt - die leichtesten Skifahrer könnten dann Ski am einfachsten drehen und die schwersten hätten den stabilsten Geradeauslauf. Das ist aber nicht der Fall und physikalisch unsinnig, siehe das Kräfteparallelogramm oben.

Falls du eine andere Erklärung hast, wie ein Ski überhaupt dreht, bin ich auf deine Erklärung gespannt... woher kommt denn "dein" Drehmoment, das den Ski bei Entlastung "leichter" drehen lässt?
Moorkuh hat geschrieben: Mit dieser Erklärung ist nicht verständlich, wie man im Flachen eine Kurve fahren kann. Ich kann aber im Flachen Kurven fahren, also muss da wohl irgendetwas falsch sein.
auch im Flachen wird ein Ski immer auf der Kante gedreht, auch wenn der Winkel sehr gering ist. Wie ein Ski dreht: s.o.
Moorkuh hat geschrieben:3) Dass sich die Reibung nicht durch Entlastung verringert, widerspricht dermaßen den grundlegendsten Grundgesetzen der Mechanik, dass mir kein Wort mehr dafür einfällt.
das habe ich nicht behauptet, das hast du mit deiner Fixierung auf die Reibung daraus gemacht. Mit der Entlastung verringert sich aber nicht nur die Reibung, sondern auch alle anderen für die Skidrehung relevanten Kräfte um den gleichen Faktor. Da der Reibungskoeffizient zweifellos kleiner als 1 ist, bedeutet das aber auch weniger Drehmoment für den Ski (s.o.)
In aktuellen Lehrplänen oder -schemata spielt die "Entlastung" bei der Schwungeinleitung daher auch keine Rolle mehr
Das stimmt zumindest nicht für den österreichischen Lehrplan. Das Thema "Entlastung" und "Entlastungsarten" wird hier sowohl in Theorie als auch Praxis gelehrt und demonstriert.
Ich würde mich über entsprechende Originalzitate (oder Fotos der Passagen) sehr freuen. Steht da wirklich, dass Entlastung zur Schwungeinleitung notwendig sein soll? Oder geht es nur allgemein um ein Hoch-/Tiefgehen zur Verlagerung des Körperschwerpunkts?
Moorkuh hat geschrieben:Weiß man, was deren Anweisung war?
s.o.: die Anweisung war, "schulmäßige" Tiefschwünge und Hochschwünge zu fahren und Schwünge, die denen keine Vertikalbewegung ausgeführt werden sollte.
Moorkuh hat geschrieben:Ich wette, ich kann meine Ski schneller in Entlastung drehen als du in Belastung
da du dann zur Schwungauslösung nach deiner Denkweise zum Drehbeginn zuerst eine Vertikalbewegung machen musst, verlierst du die Wette :wink: (btw: es ging um Schwünge, nicht Sprünge) -- erst recht bei Hochentlastung, wo du quasi "Anlauf" nehmen musst. Außerdem hast du bei Entlastung ein geringeres Drehmoment zur Verfügung, s.o.
Nimm mal die Situation "Nothalt" (alternativ "Einstauben"):
Ich kann den Zusammenhang nicht erkennen.
schade. Hilft Weiterlesen nach dem Komma? :P
Moorkuh hat geschrieben:Ich falle dabei um. Wenn du damit auf den Beinen bleiben kannst -- alle Achtung. Auch das widerspricht den Gesetzen der Mechanik, ich frage mich langsam, wie weit Skifahren sich außerhalb derselben abspielt
Zuviel der Ehre. Bist du noch nie mit der "alten" Umsteigetechnik gefahren? Oder hast eine Kurve nur auf dem Außenski genommen? Das ist genau das, was ich beschrieben habe. Warum haben denn Rennläufer das Umsteigen genutzt? Weil sie dadurch mit einem simplen Wechsel des aufgesetzten Beines sofort den KSP auf der Kurveninnenseite hatten...
Und das, obwohl keine Entlastung, sondern im Gegenteil eine Zunahme des Drucks auf den verbleibenden Ski auf 200% stattgefunden hat! Funktioniert auch bei Anfahrt außerhalb der Fallinie ...
Das sind keine 200%, da der KSP ja nicht abgestützt wird, dh. dein Körper erfährt eine Beschleunigung in Richtung Erdmittelpunkt. Das musst du abziehen. (Auf gut Deutsch: Du kippst um!)
Da ich seitlich falle, gehen die 200% nicht sofort "verloren", sondern es entsteht eine seitliche Kraft auf den Ski und damit ein Drehmoment (s.o.). Durch die einsetzende Skidrehung, geänderte Fahrtrichtung (plus Bremswirkung durch Reibung) und die wegen der Masseträgheit gleichbleibende Fallrichtung bleibe ich im Gleichgewicht, weil sich der KSP bzw. seine Fallrichtung wieder auf den Ski "verschiebt" (oder, je nach Bezugspunkt: der Ski wieder unter den KSP ""Wandert" bzw. fährt). Und du auch, denn ich nehme dir nicht ab, dass du noch nie solch eine Kurve gefahren bist :wink:

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 12.09.2010 19:39

Okay, das ufert ein wenig aus und ich habe einfach nicht mehr die Zeit, alles im Detail durchzulesen. Aber ich versuche einmal kurz, die meiner Meinung nach wichtigsten Punkte klar auszuformulieren:

Einen Schwung kann man, muss man aber nicht zwingend, mit einer Entlastung einleiten. Die Entlastung dient dabei niemals dazu, die Ski/den Fahrer in Drehung zu versetzen, sondern lediglich, dies zu erleichtern.
Es gibt äußere Verhältnisse, unter denen eine solche Entlastung tatsächlich notwendig ist (schwerer Tiefschnee, Steilwandfahren,...), um einen Hang sicher zu bewältigen.
Es ist möglich, bei guten bis normalen Bedingungen, gänzlich ohne Entlastungsphase zu fahren.

Eine davon abgetrennte Frage, die ich nicht uninteressant finde, ist die (eigentlich rein akademische) Frage, was eigentlich Hoch- und Tiefentlastung ist, wann man von einer Hoch- oder Tiefbewegung des KSP sprechen kann.
Die vielleicht einfachste (allerdings auch nicht unmittelbar offensichtlichste) idealisierte Definition könnte man über den zeitlichen Verlauf der auf die Bindung wirkende Normalkraft finden: Ausgehend von einer im Gleichgewicht befindlichen Geradeausfahrt auf einer gleichmäßig geneigten Ebene (F=m*g) hat man zwei Möglichkeiten:
1) Hochgehen, abstoppen, tiefgehen, abstoppen, weiterfahren (Belastung steigt über m*g, sinkt im Anschluß unter m*g, steigt wieder kurz über m*g, ist am Schluß wieder m*g)
2) Tiefgehen, abstoppen, hochgehen, abstoppen, weiterfahren (Belastung sinkt unter m*g, steigt über m*g, sinkt kurz unter m*g, steigt wieder über m*g)

Dh. wenn wir von einer einfachen, gleichmäßig geneigten Ebene ausgehen, brauchen wir "nur" eine kontinuierliche Kraftmessung auf die Bindungsplatte oder den Ski und wir wissen, was los war. In diesem einfachen Fall ist es auch sehr leicht, die Bewegung des KSP nachzuvollziehen.

Schwieriger wirds bei Buckeln oder allgemein: Unebenheiten. Das lass ich aber jetzt weg. ;)

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 12.09.2010 20:27

LincolnLoop hat geschrieben:Wenn Du das wirklich so gemeint hast, hätten wir uns die Diskussion sparen können, denn seit einigen Seiten behauptest Du in letzter Konsequenz etwas anderes...
nope. Hier wird die Hypothese vertreten, dass ein Ski "entlastet" leichter dreht.
Die mir bisher einzig bekannte empirische Untersuchung kann diese Hypothese widerlegen. Auch aus theoretischen Überlegungen heraus (einfach formuliert: "dem Ski ist es in seinen Eigenschaften egal, wie viel Prozent des Körpergewichts des Skifahreres eine auf ihn ausgeübte Kraft von 500N ausmacht") lässt sich eine generelle Empfehlung für eine Entlastung zur Schwungauslösung nicht herleiten.
LincolnLoop hat geschrieben:Verstehe ich nicht, was Du damit meinst. Wie soll ich durch Tiefgehen Kraft auf den Ski bringen?
Durch Abbremsen des Tiefgehens zum Beispiel?? Ich will ja im Rennsport nicht auf dem Skiende sitzend ums Eck fahren, sondern für eine möglichst eng gecarvte Kurve den Ski möglichst stark durchbiegen -- und dazu kann ich diese zusätzliche Kraft nutzen. Sieht etwa so aus:

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 12.09.2010 21:03

Moorkuh hat geschrieben:Okay, das ufert ein wenig aus und ich habe einfach nicht mehr die Zeit, alles im Detail durchzulesen.
dann beschränke Dich auf den Teil von vereinfacht, aber für die Verdeutlichung zutreffend, sieht es von oben so aus: bis siehe das Kräfteparallelogramm oben. incl. Grafiken :wink:
Moorkuh hat geschrieben:... Frage, was eigentlich Hoch- und Tiefentlastung ist, wann man von einer Hoch- oder Tiefbewegung des KSP sprechen kann.
Die vielleicht einfachste (allerdings auch nicht unmittelbar offensichtlichste) idealisierte Definition könnte man über den zeitlichen Verlauf der auf die Bindung wirkende Normalkraft finden: Ausgehend von einer im Gleichgewicht befindlichen Geradeausfahrt auf einer gleichmäßig geneigten Ebene (F=m*g) hat man zwei Möglichkeiten:
1) Hochgehen, abstoppen, tiefgehen, abstoppen, weiterfahren (Belastung steigt über m*g, sinkt im Anschluß unter m*g, steigt wieder kurz über m*g, ist am Schluß wieder m*g)
2) Tiefgehen, abstoppen, hochgehen, abstoppen, weiterfahren (Belastung sinkt unter m*g, steigt über m*g, sinkt kurz unter m*g, steigt wieder über m*g)
ja, so wurden ja auch die "schulmäßigen" Hoch- und Tiefschwünge bei Kassats Messungen gefahren. "idealtypisch" sieht's so aus (oben Hochschwung, unten Tiefschwung):
[ externes Bild ]
bloß kam heraus, dass die Schwungauslösung nicht zuverlässig in das "optimale Zeitfenster" fiel, sondern auch bei Belastung von über 100% die Ski ebenso schnell gedreht werden konnten wie deutlich unter 100%. Grund ist, dass nicht die senkrecht zum Hang wirkende Normalkraft ausschlaggebend für die Skidrehung ist, sondern die seitlich auf den Ski wirkende Kraft.
Moorkuh hat geschrieben:Dh. wenn wir von einer einfachen, gleichmäßig geneigten Ebene ausgehen, brauchen wir "nur" eine kontinuierliche Kraftmessung auf die Bindungsplatte oder den Ski und wir wissen, was los war. In diesem einfachen Fall ist es auch sehr leicht, die Bewegung des KSP nachzuvollziehen.
und genau das war ja die Versuchsanordnung...

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 12.09.2010 22:58

chianti hat geschrieben:
Moorkuh hat geschrieben:Okay, das ufert ein wenig aus und ich habe einfach nicht mehr die Zeit, alles im Detail durchzulesen.
dann beschränke Dich auf den Teil von vereinfacht, aber für die Verdeutlichung zutreffend, sieht es von oben so aus: bis siehe das Kräfteparallelogramm oben. incl. Grafiken :wink:
Dein obiges Kräfte"parallelogramm" (ich seh gar kein Parallelogramm) verwirrt mich, weil ich nicht weiß, was du da alles eingezeichnet hast. Ich sehe irgendwelche Kräfte, die irgendwo angreifen aber keinerlei Ahnung, was was eigentlich ist, woher es kommt und warum sie da angreifen, wo du es eingezeichnet hast.
Kurzum: Ich bin beruflich bedingt sehr oft auf Graphiken und Graphen angewiesen und produziere sie selbst, aber das hier kann ich nicht entziffern.
bloß kam heraus, dass die Schwungauslösung nicht zuverlässig in das "optimale Zeitfenster" fiel, sondern auch bei Belastung von über 100% die Ski ebenso schnell gedreht werden konnten wie deutlich unter 100%.
Nochmal: Die Fahrer waren vielleicht nicht ganz firme Skifahrer. Die haben das so gemacht, gut, passt. 30 Jahre her.
Daraus kannst du aber nicht das ableiten, was du hier behauptest, nämlich, dass man nicht schneller drehen kann.
Mein Beispiel mit nassem Schnee, mit dem 100-kg-Sack, mit dem 360er, all das sollte dir doch bitte zeigen, dass ein deutlicher Unterschied in der Drehbarkeit von Skiern besteht, wenn sie stark belastet sind.

Wollen wir den vielleicht nicht so bekannten Begriff des Drehmomentes außer acht lassen und es so probieren:

Du hast 1,7 Meter lange Ski, Bindung montiert. Du stellst darauf einmal einen 140-kg-Mann und versuchst dann, 40 cm vor dem vorderen Bindungsbacken seitlich auf den Ski so zu drücken, dass sich der Ski samt Mann um 30° dreht.
Du merkst dir den dafür gebrauchten Aufwand.
Dann steigt ein 40-kg-Kind in die Bindung dieser Ski. Du machst dasselbe: 40 cm vor dem Bindungsbacken drückst du drauf und drehst das Kind auch um 30°.

Willst du mir, uns, hier wirklich weismachen, dass das gleichviel Aufwand bedeutet? Dass du dieselbe Kraft dafür brauchst (eigentlich dieselbe Energie)?
Wenn deine Antwort darauf "ja" ist, dann diskutieren wir in einem Grundlagen-der-Physik-Forum weiter, aber nicht hier.
Wenn sie "nein" ist, musst du mir und Chris zustimmen.
Grund ist, dass nicht die senkrecht zum Hang wirkende Normalkraft ausschlaggebend für die Skidrehung ist, sondern die seitlich auf den Ski wirkende Kraft.
Ich weiß nicht, welche Kraft das ist, aber:
NATÜRLICH brauchst du eine Kraft, die seitlich auf den Ski wirkt, um ihn zu drehen. Niemand hier, weder Chris (der, glaube ich, Techniker ist) noch ich bezweifeln das! Natürlich ist das die *Ursache* einer Drehbewegung. Aber wir behaupten -- und das ist physikalisch mehr als einleuchtend -- dass eine Entlastung bedeutet, dass mit gleicher Kraft du den Ski schneller drehen kannst, ums alltagstauglich zu sagen.
Moorkuh hat geschrieben:Dh. wenn wir von einer einfachen, gleichmäßig geneigten Ebene ausgehen, brauchen wir "nur" eine kontinuierliche Kraftmessung auf die Bindungsplatte oder den Ski und wir wissen, was los war. In diesem einfachen Fall ist es auch sehr leicht, die Bewegung des KSP nachzuvollziehen.
und genau das war ja die Versuchsanordnung...[/quote]

Nicht die, die du gepostet hast.

Denn da wird eine Kurve gefahren. In meinem Beispiel handelt es sich expressis verbis um eine Geradeausfahrt.

Martin

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