Tiefentlastung - Variationen

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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axisofjustice
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Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von axisofjustice » 08.09.2010 13:22

Bin bei den Leuten von Epicski.com auf eine interessante Diskussion zum Thema Tiefentlastung (down-unweighting) gestoßen und würde gerne darüber sprechen. Es scheinen bei diesem Thema nämlich deutliche Definitionsunterschiede vorzuherrschen. Fast jeder meint zu wissen, wie "die Tiefentlastung" aussieht und auch Vergleiche mit Rennsportlern werden schnell gezogen. Dabei ist das Thema komplexer, als man denkt.

Spricht man mit Skilehrern, stellt man oft fest, dass Tiefentlastung in der Lehre einen relativ geringen Stellenwert hat und von manchen sogar als Fehler angesehen wird. Meine persönliche Motivation, darüber nachzudenken, hat mit meinem eigenen Lieblingsfahrstil zu tun, den ich als eine Form der Tiefentlastung bezeichnen würde.

Früher habe ich immer geglaubt, er käme der Form nahe, die z.B. manche Rennfahrer in Flachpassagen zeigen (bestes Beispiel: Slalom). Prominenter Kandidat ist hier sicher Bode Miller. Der Körper richtet sich bei den kurzen, nahe der Falllinie gefahrenen Turns nicht auf und die Ski gleiten cross-under unter dem Körper her. Um an Geschwindigkeit aufzunehmen, findet eine Tiefentlastung statt. Video dazu: http://www.youtube.com/watch?v=QgE_dZRT95I (besonders zu Beginn).

Das, was er macht, ist aber nur eine Form der Tiefentlastung, nämlich die aktive Form. Er kontraktiert die Muskeln und zieht die Beine aktiv an. Sie sollen also aktiv unter dem Körper durch beschleunigt werden. Manche Fahrer schaffen das allein mit ihrer Muskelkraft in den Beinen, die meisten nehmen allerdings noch die Arme dazu und reißen diese nach vorne, damit das andere Ende des Körpers (die Beine) schneller nachkommt. Man könnte jetzt meinen, die Vorwärtsbewegung der Arme wäre ein Anzeichen für eine folgende Hochentlastung. Das ist m.E. aber ein Irrglaube, wenn man sich den Rest des Oberkörpers anguckt.

[ externes Bild ]

Die andere Art der Tiefentlastung ist die passive Form. Der Skifahrer überlässt hier die Kurvensteuerung externen Kräften. Er benutzt den Drehimpuls der Carver und die bei der Tiefentlastung aufgestaute Kompression, um die Skier von selbst unter dem Körper herfahren zu lassen. Er bestimmt selbst, bis zu welchem Punkt er diese Energie laufen lässt, um zum richtigen Zeitpunkt (= bei vollständiger Tiefentlastung) dann lediglich eine Kippbewegung aus den Knien heraus zu initiieren. Die immer noch anhaltende Schwungenergie der Ski sorgt dafür, dass die Ski ohne nennenswerte aktive Einflüsse wieder zur Seite ausgestreckt werden, um die nächste Kurve einzuleiten. Diese Form der Tiefentlastung sieht man ebenfalls im Rennsport. Dort wird sie als "last escape turn" genutzt, wenn gar nichts mehr geht. Der Rennfahrer hat ein Tor zu weit genommen und muss nun unter voller Ausnutzung der Taillierung und Durchbiegung des Skis versuchen, das nächste Tor zu bekommen. Da es aber viel zu lange dauern würde, entweder Hochentlastung oder eine aktive Tiefentlastung zu fahren, verlässt er sich komplett auf den Rebound seines Skis, der in erst durch die Kurve zieht und dann auch noch in die andere Kurve hineinkatapultiert. Kanten- und Belastungswechsel geschehen blitzartig, sodass der Rennfahrer wieder "auf Linie" kommt und das Timing beim nächsten Tor wieder stimmt.

Um es kurz zu machen: bei der Tiefentlastung gibt es einen Unterschied zwischen der Form der konzentrischen Kontraktion (aktives Anziehen der Beine) und der exzentrischen Kontraktion (äußere Kräfte komprimieren die Hebel).

Die Definitionsgrundlagen habe ich der Erklärung des Users "vail snopro" entnommen. Er unterscheidet sogar zwischen drei Formen der Tiefentlastung. http://www.epicski.com/forum/thread/893 ... st_1163876. Die nachfolgenden Posts sind ebenfalls interessant.

An dieser Stelle sollte man dann vielleicht auch aufhören, über Tiefentlastung zu reden, denn Entlastung hat für mich eine Konnotation des aktiven Impulses. Ich weiß nicht genau, wie man vail snopros "flexion turn" übersetzen kann. Flexionsschwung? ^^ Vielleicht gibt es ja auch längst schon klare Unterscheidungen beider Formen und ich erzähle hier absolut nichts neues. :D

Was sagt ihr dazu? Helft mir bitte weiter. Sind die Annahmen so korrekt?
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 08.09.2010 22:54

axisofjustice hat geschrieben:An dieser Stelle sollte man dann vielleicht auch aufhören, über Tiefentlastung zu reden
finde ich auch -- dass Vertikalbewegungen, also Hoch- oder Tiefentlastung etwas mit der Einleitung von Schwüngen zu tun hat, hat Georg Kassat bereits in den 1980er Jahren durch biomechanische Messungen (u.a. Fahren über eine Druckmessplatte) widerlegt. Für die klassisch gedrifteten Schwünge wurden als Haupteffekte festgestellt: Seitlage (die durch Verlagerung des Körperschwerpunkts zur Schwunginnenseite bewirkt wird, aber auch durch Variation der Stützkraft - der Kraft, die man auf den Hang ausübt, beeinflussbar durch Hoch- oder Tiefgehen, s.u.), Kantenverhalten (Auf- und Umkanten der Ski) und Skiseitkräfte, die durch Seitfallen, Skiwechsel (z.B. das klassische "Umsteigen") und "Drehmomentreaktionen" (seitlicher Hüft- bzw. Körperknick und dessen Auflösung) entstehen. Gar nicht sooo unterschiedlich zu den Carving-Techniken...

Worauf du anspielst, ist die Beeinflussung der Skiseitkräfte durch Variation der Stützkraft:

Im oberen Bild wird (u.a. durch das Gewicht des Skifahrers) eine Kraft auf den Hang ausgeübt (hellgrün, der Einfachheit halber nur auf den Außenski dargestellt). Die Gegenkraft (dunkelgrün -- da war doch was im Physikunterricht...) "zerlegt sich" im Kräfteparallelogramm in die am Körperschwerpunkt (roter Punkt) ansetzende, senkrecht nach unten wirkende Gewichtskraft (besser: Schwerebeschleunigung, auch g-force genannt; brauner Pfeil) und die Zentripetalkraft (blau), die zur Kurveninnenseite wirkt.

Verstärkt man nun durch Belastung (also "Hochgehen" bzw. Körperstreckung) die Kraft auf den Hang, verstärken sich auch die anderen Kräfte entsprechend (unteres Bild). Dies ermöglicht stärkere Schräglage, höhere Kurvengeschwindigkeit oder stärkeren Drehimpuls auf den Ski (da die Bindung hinter der Skimitte angebracht ist).

[ externes Bild ]

Am Schwungende ist es natürlich angebracht, die Zentripetalkraft zu reduzieren, weil sonst kein Übergang ins Geradeausfahren oder zum nächsten Schwung in die andere Richtung möglich ist. Das erfolgt durch Reduktion der Stützkraft (das von Dir erwähnte Anziehen der Beine) und/oder mittels "Durchpendeln" der Ski unter dem Körperschwerpunkt zur Kurvenaußenseite des nächsten Schwungs, wobei der "Rebound"/"Flex" der Ski ausgenutzt wird (das wäre dann wohl der "flexion turn"). Auf die Grafik bezogen: der Ansatzpunkt des hellgrünen Pfeils wandert von der linken Seite des braunen Pfeils auf die rechte. Man kann dabei auch die Vorteile der Umsteigetechnik erkennen: es genügt bei genügend breiter Beinstellung ein Belastungswechsel vom einen auf das andere Bein, um durch Richtungsumkehr der Zentripetalkraft sofort den nächsten Schwung einzuleiten.

Die "Entlastung" ist also nur als Verringerung der Skiseitkräfte durch Reduktion der auf den Hang ausgeübten Stützkraft zu verstehen, nicht im traditionellem Sinn als "Gewichtswegnahme zur Schwungeinleitung aus der Geradeausfahrt heraus".
axisofjustice hat geschrieben:die meisten nehmen allerdings noch die Arme dazu und reißen diese nach vorne, damit das andere Ende des Körpers (die Beine) schneller nachkommt
das würde ich so interpretieren: je näher der Körperschwerpunkt zur Skimitte wandert, desto geringer ist der Drehimpuls, der auf die Ski ausgeübt wird und desto leichter ist es, den nächsten Schwung in die andere Richtung einzuleiten bzw. in die Geradeausfahrt überzugehen.
axisofjustice hat geschrieben: Um an Geschwindigkeit aufzunehmen, findet eine Tiefentlastung statt
das ist physikalisch gesehen keine sinnvolle Aussage: Entlastung bedeutet Wegnahme der Gewichtskraft, also der Schwerebeschleunigung und damit der einzigen Beschleunigungskraft, die dem Skifahrer zur Verfügung steht!

Ich hoffe, ich konnte es einigermaßen anschaulich erklären...

Übrigens: würden sich Carving und Driften wesentlich in den Einflussmöglichkeiten auf die Schwungauslösung und -steuerung unterscheiden, wäre auch ein so einfacher Technikwechsel zwischen den Schwüngen und sogar mitten im Schwung nicht so leicht und spielerisch möglich, wie man ihn häufig auf Skipisten sieht!
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von NeusserGletscher » 09.09.2010 09:20

Hallo Jan,

müssen die Ski auf einer gut präparierten Piste überhaupt "entlastet" werden? Beim modernen geschnittenen Fahren geht es doch in erster Linie darum, den Belastungswechsel im Kurvenübergang möglichst schnell auszuführen (bei kurzen bis mittleren Radien). Dazu wird am Ende der Kurve, mit oder ohne Rebound, der KS in Richtung neues Kurvenzentrum bewegt und die Ski folgen dieser Bewegung. Der Belastungswechsel findet dabei von hinten / mitte zu den Skispitzen und von altem zu neuen Aussenski statt (bei Schwungeinleitung über den Aussenski). Eine Entlastung in dieser wichtigen Phase, wo doch frühzeitig Druck auf dem neuen Aussenski aufgebaut werden soll, ist meiner Meinung nach nicht förderlich. Auf eine ausgeprägte Hoch- Tiefbewegung wird daher nach meiner Kenntnis im Unterricht für Fortgeschrittene Skifahrer gar nicht mehr Wert gelegt. Eher geht es darum, den OK möglichst ruhig zu halten, Körperspannung zu halten bzw. auf- und abzubauen um die Belastung und damit die Ski zu kontrollieren.

Gruß

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 10.09.2010 00:32

chianti hat geschrieben:Verstärkt man nun durch Belastung (also "Hochgehen" bzw. Körperstreckung) die Kraft auf den Hang, verstärken sich auch die anderen Kräfte entsprechend (unteres Bild).
Ich hab diesen Thread echt nur überflogen, weil meiner Meinung nach im Ausgangsposting einige Dinge nicht ganz korrekt sind und zum Kern des Themas gar nicht gekommen wird, aber eines soll hier schon klargestellt werden:
Durch "Hochgehen" (dh. eine Beschleunigung entlang meinetwegen der Längsrichtung des Körpers) vergrößert sich mit Sicherheit nicht die Gewichtskraft (braun eingezeichnet), die ist immer gleich F_g = m * g, wobei m deine (invariante) Masse und g=9,81... m/s^2 beträgt (dh. die Fallbeschleunigung). Auch die Zentripetalkraft, die betragsmäßig der nach außen gerichteten Zentrifugalkraft gleicht, ändert sich nicht, sie ergibt sich aus F_Z = m * v^2 / r, wobei v die gefahrene Geschwindigkeit und r der Kurvenradius ist. Solange du also nicht deine Masse während des Kurvenfahrens erhöhst, sich die Fallbeschleunigung abrupt und spontan wesentlich ändert, du schneller wirst oder den Radius verengst, wirst du durch "Hochgehen" mitnichten die Gewichtskraft oder die Zentripetalkraft erhöhen.
Was du damit schaffst ist, dass eine neue Kraft, die sich aus der Beschleunigung deiner Körpermasse entlang der Hochbewegungsachse auftritt, die eine entsprechende Gegenkraft bedingt, die sozusagen vom Untergrund, dh. dem Schnee, "geleistet" wird.
Dein Kräfteparallelogramm ist deshalb auch inkorrekt.

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von M.H. » 10.09.2010 07:45

axisofjustice hat geschrieben:... Er bestimmt selbst, bis zu welchem Punkt er diese Energie laufen lässt, um zum richtigen Zeitpunkt (= bei vollständiger Tiefentlastung) dann lediglich eine Kippbewegung aus den Knien heraus zu initiieren. Die immer noch anhaltende Schwungenergie der Ski sorgt dafür, dass die Ski ohne nennenswerte aktive Einflüsse wieder zur Seite ausgestreckt werden, um die nächste Kurve einzuleiten. ...
Was heißt eigentlich vollständige Tiefentlastung? Das meine Masse absolut keine Kraft mehr auf den Ski ausübt?

Was mit dem "Flexion Turn" gemeint ist, ist mir auch nicht ganz klar. Es hört sich für mich ein bischen nach dynamischen Carven (Stichwort: Spiel mit den Kräften, Kosti hat da früher glaube ich einiges dazu gepostet), aber auch ein bischen nach geländeangepaßtem Fahren wie z.B. beim Schwingen über Buckel oder Kuppen.
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von chianti » 10.09.2010 13:45

Moorkuh hat geschrieben:Dein Kräfteparallelogramm ist deshalb auch inkorrekt.
worauf ich hinaus will ist, dass durch ein "Hochgehen" in der Kurve (Körperstreckung bzw. entsprechender Kraftaufbau durch Muskeleinsatz) mehr Kraft auf die Kante(n) ausgeübt wird und dass diese Störung des labilen Gleichgewichts durch zwei unterschiedliche Reaktionen wieder ein Gleichgewicht hergestellt werden kann:
- tatsächliche Körperstreckung, dadurch Verlagerung des Körperschwerpunkts nach oben und Abbau der Zentripetalkraft (und analog dazu der "Fliehkraft", also der Trägheitskraft). Dadurch wird auch die Kraft geringer, die seitlich auf den Ski wirkt; der Kurvenradius wird weiter bis hin zur Geradeausfahrt. Wer schon einmal auf einer Waage aus der Kniebeuge aufgestanden ist, der hat gesehen, dass sich die Gewichtskraft (also das auf der Waage angezeigte Gewicht) deutlich nach oben bewegt.
- keine Körperstreckung, dafür stärkere Schräglage durch Nach-innen-Fallenlassen, um Zentripetalkraft/Fliehkraft zu steigern. Die auf den Ski wirkende Kraft wächst, der Ski biegt sich stärker durch und/oder dreht mehr (z.B. beginnt zu driften)

Da es labile Gleichgewichtszustände sind, gibt es dabei kein 1. und 2. im Sinne von "erst Druckaufbau, dann nach innen lehnen" (die subjektive Empfindung ist eher umgekehrt), sondern ein "Miteinander" der Aktionen.
M.H. hat geschrieben:Was heißt eigentlich vollständige Tiefentlastung? Das meine Masse absolut keine Kraft mehr auf den Ski ausübt?
ja. Durch das Tiefgehen bzw. Sichfallenlassen wird keine Gewichtskraft mehr auf den Untergrund ausgeübt (auch hier: überprüfbar auf der Badezimmerwaage). Die Differenzierung im von Jan verlinkten Post auf Epicski ist allerdings unsinnig:
vail snopro hat geschrieben:In a down unweighting movement, the source is INTERNAL, ACTIVELY using MUSCLES to abruptly move the CORE TOWARD THE FEET
In a retraction turn, again the source is INTERNAL,ACTIVELY using MUSCLES to aggressively pull the FEET TOWARD THE CORE.
Da weder die Ski am Boden kleben noch man sich irgendwo festhält, sind die beschriebenen Bewegungen genauso identisch wie ihre Wirkung(en).
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von axisofjustice » 10.09.2010 14:28

Hey Ekkehard,
Danke für deine Ausführungen. :P Hat mir sehr geholfen, auch wenn noch zwei Unklarheiten offen sind:
Die "Entlastung" ist also nur als Verringerung der Skiseitkräfte durch Reduktion der auf den Hang ausgeübten Stützkraft zu verstehen, nicht im traditionellem Sinn als "Gewichtswegnahme zur Schwungeinleitung aus der Geradeausfahrt heraus".
Das eine schließt, wenn ich das richtig verstanden habe, das andere doch gar nicht aus. :-?
das ist physikalisch gesehen keine sinnvolle Aussage: Entlastung bedeutet Wegnahme der Gewichtskraft, also der Schwerebeschleunigung und damit der einzigen Beschleunigungskraft, die dem Skifahrer zur Verfügung steht!
Hmm, dann habe ich mich falsch ausgedrückt. Das, was im verlinkten Thread als klassisches down unweighting beschrieben wird, ist m.E. jedenfalls das, was Bode im verlinkten Video fährt. Ohne Verwindungen im Oberkörper und rein aus einem cross-under bzw. cross-through gefahrenen Schwung die Beschleuningung holt. Man könnte natürlich auch sagen, dass er deshalb so stark an Geschwindigkeit zulegt, da der cross-under/through ein Maximum an Carving-Zeit ermöglicht.

@Peter:
müssen die Ski auf einer gut präparierten Piste überhaupt "entlastet" werden? Beim modernen geschnittenen Fahren geht es doch in erster Linie darum, den Belastungswechsel im Kurvenübergang möglichst schnell auszuführen (bei kurzen bis mittleren Radien). Dazu wird am Ende der Kurve, mit oder ohne Rebound, der KS in Richtung neues Kurvenzentrum bewegt und die Ski folgen dieser Bewegung. Der Belastungswechsel findet dabei von hinten / mitte zu den Skispitzen und von altem zu neuen Aussenski statt (bei Schwungeinleitung über den Aussenski). Eine Entlastung in dieser wichtigen Phase, wo doch frühzeitig Druck auf dem neuen Aussenski aufgebaut werden soll, ist meiner Meinung nach nicht förderlich.
Eine aktive, explosive Entlastung sorgt ja m.E. gerade dafür, dass viel eher Druck auf dem neuen Außenski aufgebaut werden kann, da der Kantenwechsel deutlich schneller erfolgen kann, als im Falle einer reinen KSP-Verlagerung.

@Michael:
Was mit dem "Flexion Turn" gemeint ist, ist mir auch nicht ganz klar. Es hört sich für mich ein bischen nach dynamischen Carven (Stichwort: Spiel mit den Kräften, Kosti hat da früher glaube ich einiges dazu gepostet), aber auch ein bischen nach geländeangepaßtem Fahren wie z.B. beim Schwingen über Buckel oder Kuppen.
Da ich jetzt nicht weiß, ob du den Ursprungspost bei Epicski gelesen hast, habe ich mal versucht, es sinngemäß zu übersetzen. Bitte nicht denken, ich zweifle an deinen Englischkenntnissen. *g* Mache das nur zur Sicherheit.
In a flexion turn, the source of energy is EXTERNAL, using the energy developing in the skis (ANGULAR MOMENTUM and GRAVITY) as they arc/carve through a turn. The skier then PASSIVELY allows the legs to flex (FEET TOWARD CORE) as much as necessary to manage the external energy at a degree which is functional. This allows the skier to very precisely determine how much energy is desired to affect the turn and the ensuing transition. Conversely, the skier is then capable of extending the legs (FEET AWAY FROM CORE) with a degree of precision necessary to maintain the desired pressure between the ski and snow in the top half of the turn.
Im Flexions-Turn ist werden äußere Kräfte genutzt - konkret die Energie, die sich in den Skiern im Laufe des Schwungs entwickeln (Drehimpuls, Gravitationskraft). Der Skifahrer erlaubt es dann der externen Energie, durch ein kontrolliertes Komprimieren der Beine diese bis zu einem bestimmten Punkt an den Körper heranzuziehen. Dadurch kann er ziemlich genau bestimmen, wie viel Energie er für den Schwung und den resultierenden Kantenwechsel benutzen möchte. Schließlich ist der Skifahrer in der Lage, die Beine präzise in Hinblick auf den gewünschten Druck der Skier auf den Schnee im oberen Schwungteil zu strecken.

@Ekkehard:
Die Differenzierung im von Jan verlinkten Post auf Epicski ist allerdings unsinnig
Jo, das hab ich auch nicht ganz verstehen wollen. :D Auf der nächsten Seite führt er seine Überlegungen anhand einer Analogie nochmal deutlicher aus.


Freue mich weiter über alle nicht-arroganten Beiträge. :)
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 10.09.2010 15:36

Ich mag diese cross-under- und cross-over-Begriffe nicht, weil sie nicht darstellen, was passiert.
Hochentlasten und Tiefentlasten sind physikalisch einleuchtende Begriffe:
Wenn der Körperschwerpunkt (KSP) auf einer bestimmten Ausgangshöhe (relativ zum Boden) h ist, bedeutet "Hochentlastung", dass sich der KSP zuerst nach oben beschleunigt (=Belastungsphase), diese Beschleunigung aufhöhrt und abgebremst wird (=Entlastungsphase, am stärksten am höchsten Punkt -> Hochentlastung).
Bewegt sich jedoch der KSP von der Ausgangshöhe h weg nach unten, gibt man quasi der Gewichtskraft nach und "verringert" diese, dh. man hat sofort eine Entlastungsphase. Das wird abgestoppt (Belastungsphase) und man bewegt den KSP wieder nach oben bis zur Ausgangshöhe.

Der Sinn darin ist in beiden Fällen, umgangssprachlich gesagt, dass die Ski sich für eine kurze Zeit nicht so stark in den Schnee drücken, um sie so leichter andriften zu können (das ist irgendwie logisch: Wenn man sich einen 100 kg Zementsack auf einem Ski stehend vorstellt und dann versucht, im Stand, diesen Ski am Schnee zu drehen, wird das nicht leicht sein; liegen nur 15 kg auf dem Ski, ist das leicht machbar).

Für rein gecarvte Schwünge (die man im Rennlauf gar nicht haben will!), müsste man gar nicht entlasten, weil hier ja nur der sogenannte "holomorphe Freiheitsgrad" des am Schnee gleitenden Skis auf der Kante beansprucht wird. Allerdings versuchen Rennfahrer, möglichst lange auf dem (schnellen!) Belag zu gleiten und nicht auf der (langsameren) Stahlkante, dazu kommt, dass der Radius der Ski meist größer als der zu fahrende Kurvenradius ist, weshalb man also andriftet, und für ein möglichst schnelles Andriften ist eine Entlastungsphase notwendig.

Am ersten Video von Miller übrigens seh ich keine Tiefentlastung. Das ist IMO relativ eindeutig eine Hochentlastung:
[ externes Bild ]

Wenn du gerne diese Form der Tiefentlastung fährst, fährst du Hochentlastung.

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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von axisofjustice » 10.09.2010 15:47

Für mich ist das eindeutig Tiefentlastung. Kann aber auch sein, dass ich da einem Missverständniss aufsitze. Vielleicht sollte man es eher als retraction turn bezeichnen?
Für rein gecarvte Schwünge (die man im Rennlauf gar nicht haben will!)
In dem Bereich, den ich z.B. oben angesprochen habe, braucht man exakt NUR rein gecarvte Schwünge. Und es gibt genug Fahrer, die auch in den Geschwindigkeitsdisziplinen den Stivot-Anteil sehr gering halten.
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Re: Tiefentlastung - Variationen

Beitrag von Moorkuh » 10.09.2010 16:12

axisofjustice hat geschrieben:Für mich ist das eindeutig Tiefentlastung.
Definiere bitte, was du unter "Tiefentlastung" verstehst.
Nach allgemeiner Sprachregelung im österreichischen Skilehrwesen (und ich vermute auch im deutschen, schweizer und allen anderen) kann ich dir versichern: Das nennt man Hochentlastung.
Für rein gecarvte Schwünge (die man im Rennlauf gar nicht haben will!)
In dem Bereich, den ich z.B. oben angesprochen habe, braucht man exakt NUR rein gecarvte Schwünge. Und es gibt genug Fahrer, die auch in den Geschwindigkeitsdisziplinen den Stivot-Anteil sehr gering halten.
Das mag in der Abfahrt und für weite Teile des Super-G gelten, das gilt definitiv NICHT für RTL und Slalom. Ansonsten bestünde der Belag einfach aus unwachsbarem Edelstahl ;)

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