Spricht man mit Skilehrern, stellt man oft fest, dass Tiefentlastung in der Lehre einen relativ geringen Stellenwert hat und von manchen sogar als Fehler angesehen wird. Meine persönliche Motivation, darüber nachzudenken, hat mit meinem eigenen Lieblingsfahrstil zu tun, den ich als eine Form der Tiefentlastung bezeichnen würde.
Früher habe ich immer geglaubt, er käme der Form nahe, die z.B. manche Rennfahrer in Flachpassagen zeigen (bestes Beispiel: Slalom). Prominenter Kandidat ist hier sicher Bode Miller. Der Körper richtet sich bei den kurzen, nahe der Falllinie gefahrenen Turns nicht auf und die Ski gleiten cross-under unter dem Körper her. Um an Geschwindigkeit aufzunehmen, findet eine Tiefentlastung statt. Video dazu: http://www.youtube.com/watch?v=QgE_dZRT95I (besonders zu Beginn).
Das, was er macht, ist aber nur eine Form der Tiefentlastung, nämlich die aktive Form. Er kontraktiert die Muskeln und zieht die Beine aktiv an. Sie sollen also aktiv unter dem Körper durch beschleunigt werden. Manche Fahrer schaffen das allein mit ihrer Muskelkraft in den Beinen, die meisten nehmen allerdings noch die Arme dazu und reißen diese nach vorne, damit das andere Ende des Körpers (die Beine) schneller nachkommt. Man könnte jetzt meinen, die Vorwärtsbewegung der Arme wäre ein Anzeichen für eine folgende Hochentlastung. Das ist m.E. aber ein Irrglaube, wenn man sich den Rest des Oberkörpers anguckt.
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Die andere Art der Tiefentlastung ist die passive Form. Der Skifahrer überlässt hier die Kurvensteuerung externen Kräften. Er benutzt den Drehimpuls der Carver und die bei der Tiefentlastung aufgestaute Kompression, um die Skier von selbst unter dem Körper herfahren zu lassen. Er bestimmt selbst, bis zu welchem Punkt er diese Energie laufen lässt, um zum richtigen Zeitpunkt (= bei vollständiger Tiefentlastung) dann lediglich eine Kippbewegung aus den Knien heraus zu initiieren. Die immer noch anhaltende Schwungenergie der Ski sorgt dafür, dass die Ski ohne nennenswerte aktive Einflüsse wieder zur Seite ausgestreckt werden, um die nächste Kurve einzuleiten. Diese Form der Tiefentlastung sieht man ebenfalls im Rennsport. Dort wird sie als "last escape turn" genutzt, wenn gar nichts mehr geht. Der Rennfahrer hat ein Tor zu weit genommen und muss nun unter voller Ausnutzung der Taillierung und Durchbiegung des Skis versuchen, das nächste Tor zu bekommen. Da es aber viel zu lange dauern würde, entweder Hochentlastung oder eine aktive Tiefentlastung zu fahren, verlässt er sich komplett auf den Rebound seines Skis, der in erst durch die Kurve zieht und dann auch noch in die andere Kurve hineinkatapultiert. Kanten- und Belastungswechsel geschehen blitzartig, sodass der Rennfahrer wieder "auf Linie" kommt und das Timing beim nächsten Tor wieder stimmt.
Um es kurz zu machen: bei der Tiefentlastung gibt es einen Unterschied zwischen der Form der konzentrischen Kontraktion (aktives Anziehen der Beine) und der exzentrischen Kontraktion (äußere Kräfte komprimieren die Hebel).
Die Definitionsgrundlagen habe ich der Erklärung des Users "vail snopro" entnommen. Er unterscheidet sogar zwischen drei Formen der Tiefentlastung. http://www.epicski.com/forum/thread/893 ... st_1163876. Die nachfolgenden Posts sind ebenfalls interessant.
An dieser Stelle sollte man dann vielleicht auch aufhören, über Tiefentlastung zu reden, denn Entlastung hat für mich eine Konnotation des aktiven Impulses. Ich weiß nicht genau, wie man vail snopros "flexion turn" übersetzen kann. Flexionsschwung? ^^ Vielleicht gibt es ja auch längst schon klare Unterscheidungen beider Formen und ich erzähle hier absolut nichts neues.
Was sagt ihr dazu? Helft mir bitte weiter. Sind die Annahmen so korrekt?
