Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
schisepp
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Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von schisepp » 25.01.2010 12:24

Hallo, da bin ich mal wieder!

Hätte da ne Frage bezüglich der Linienführung im Riesentorlauf!
Wenn man bei den sog. Trainern auf der Piste daneben steht und genauer zusieht, hört man immer wieder folgende Aussagen:
Ihr müsst weiter vorfahren! Den Schwung weiter ausziehen etc.
Die Kinder können damit meist nicht sehr viel anfangen!!
Gibt es da irgendeine Richtlinie, wie man ihnen die Linienführung bei einem eher drehenden Lauf erklären könnte!?
Gibt es da Anhaltspunkte, wo man sich da orientieren kann!
Wer weiß da eine Antwort!

Und eine weitere Frage: Wie schaut das wirklich aus, mit der Innenschibelastung im Schwung! Ich höre immer wieder, dass die Jugendlichen heute zu früh im Schwung am Innenschi stehen und dabei keinen "Zug" mehr aus dem Tor mitnehmen!?
Danke
schisepp!!

Martina
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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von Martina » 25.01.2010 13:10

schisepp hat geschrieben:Ihr müsst weiter vorfahren! Den Schwung weiter ausziehen etc.
Um ehrlich zu sein, das verstehe nicht mal ich!
Was ist mit "vorfahren" gemeint?
"Schwung weiter ausziehen" heisst wohl: Schwung mehr fertig fahren?

"Linie lernen" ist ein recht anspruchsvolles Thema. Einige Talente haben das im Gefühl- die können es einfach, ohne es je lernen zu müssen. Vielleicht muss es so sein, wenn man richtig gut werden will?
Vielleicht aber auch nicht.
Auch ich habe beobachtet, dass viele Kinder/Jugendlichen nicht lernen, eine sinnvolle Linie zu fahren, wenn sie einfach mehrmals pro Woche einige Läufe fahren (sie lernen so übrigens auch nicht besonders gut Skifahren, aber das ist ein anderes Thema).

Möglichkeiten:
- Verschiedene Läufe und mögliche Linien auch Papier zeichnen (direkt <-> drehend) und erklären
- Mal nur wenige Tore stecken, gleichmässig, dann verschiedene Linien ausprobieren (ganz früh drehen, ganz spät, sehr nah am Tor, eher weit) - > und dies dann besprechen.
- Andere Fahrer beobachten: dreht er früh, spät, nah am Tor, weit? (Ev. nur an ein bis zwei Toren, dann kann man besser vergleichen).
- Läufe bewusst drehend oder direkt stecken und beim Besichtigen die "Taktik" besprechen, die Umsetzung nachher ebenfalls besprechen
- usw.

Sehr hilfreich ist hier VIDEO! Allerdings habe ich auch bemerkt, dass die "Videoanalysen", die Trainer z.T. bieten, den Kindern nichts bringen.
Ich würde den Fokus ganz auf die Linie legen (also nicht auf Bewegungen etc.), diese vergleichen, typische Folgen einer Linie anschauen (zu spät dran sein etc.). Interessant ist es, wenn man den gleichen Lauf mit unterschiedlicher "Taktik" fährt und beides filmt.
Wichtig ist, dass beim Video anschauen nicht nur der Trainer redet, sondern die Kinder einbezogen werden: Ist das eine enge Linie? Eine weite? Zu früh dran? Zu spät? Wie im Vergleich mit anderen? Warum? Woran erkennt man es?

Alles in allem: Man müsste sich vorbereiten, eine Art "Lektion" gestalten, einige Trainings unter das Thema "Linie" stellen, alles vor- und nachbereiten ("Theorie", Besichtigung, verschiedene Varianten ausprobieren, verschiedene Läufe, Beobachtungsgruppen bzw. -paare, Auswertung (mit Video) etc.).
Es reicht nicht, einen Lauf auszustecken, mit den Händen in den Hosentaschen dazustehen und den Kindern etwas zuzurufen.
Ich weiss natürlich nicht, ob das bei euch so ist, aber es ist eine Praxis, die ich immer wieder beobachte.

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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von LincolnLoop » 25.01.2010 13:25

Hi!
Martina hat geschrieben:Was ist mit "vorfahren" gemeint?
"Schwung weiter ausziehen" heisst wohl: Schwung mehr fertig fahren?
Mit "Vorfahren" (eigentlich besser: "(Tor) hinterfahren") und "Schwung weiter ausziehen" ist der wirklich sehr häufig zu beobachtende Sachverhalt gemeint, dass der Läufer den Schwung zu früh ansetzt. D.h. die Linie passt eigentlich bis ca. 1-2m vor dem "richtigen" Kurvenwechsel. Viele kanten zu früh um, was zwar bedeutet, dass sie sicher eng am Tor sind. Auf der anderen Seite ist ein Resultat dieses verfrühten Kurvenwechsels, dass der Läufer bis zum Tor nur "lasch" auf dem Ski steht, d.h. entweder 2x ansetzt oder bis zum Tor quer laufen lässt (wäre er auf Zug, würde er durch das Tor durchfahren). Resultat ist, dass man zwar einerseits nahe am Tor, andererseits die Fahrtrichtung zu spitz (d.h. zu wenig Richtung auf's neue Tor) ist. Abgesehen davon braucht es sehr viel Gefühl, um den zu "lasch" eingefahrenen Ski dann am Tor noch auf Zug zu bringen.
Ziel wäre also, dass der Läufer auf seiner alten Linie noch 1-2m weiter (~geradeaus) fährt, um dann direkt nach dem Kantwechsel voll auf Zug fahren zu können. Das bedingt einerseits einen besseren (bzw. eigentlich "sichereren") Zug, zweitens mehr Richtung aufs neue Tor.

Klassische Hilfestellung wäre eigentlich, (je nach Kurssetzung) eine Netzstange ca. 2m überhalb und ca. 50cm innerhalb der äußeren Stange zu setzen, die außen umfahren werden muss bzw. die den Punkt des Richtungswechsels signalisieren soll.
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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von Martina » 25.01.2010 14:42

Danke für die Erklärung! Diesen Ausdruck habe ich wirklich noch nie gehört.

Mich wundert allerdings, dass dies ein Problem vor allem in stark drehenden Läufen sein soll, oder habe ich da Skisepp falsch verstanden?

LincolnLoop hat geschrieben:Klassische Hilfestellung wäre eigentlich, (je nach Kurssetzung) eine Netzstange ca. 2m überhalb und ca. 50cm innerhalb der äußeren Stange zu setzen, die außen umfahren werden muss bzw. die den Punkt des Richtungswechsels signalisieren soll.
Ja, stimmt, daran habe ich nicht gedacht, dass ist eine sehr gute "Linienlernhilfe". Kann ja auch eine Ministange oder ein Pilz sein, dann kommen die Fahrer (grad wenn es Kinder sind) nicht so durcheinander.

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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von LincolnLoop » 25.01.2010 14:48

Martina hat geschrieben:Danke für die Erklärung! Diesen Ausdruck habe ich wirklich noch nie gehört.

Mich wundert allerdings, dass dies ein Problem vor allem in stark drehenden Läufen sein soll, oder habe ich da Skisepp falsch verstanden?

LincolnLoop hat geschrieben:Klassische Hilfestellung wäre eigentlich, (je nach Kurssetzung) eine Netzstange ca. 2m überhalb und ca. 50cm innerhalb der äußeren Stange zu setzen, die außen umfahren werden muss bzw. die den Punkt des Richtungswechsels signalisieren soll.
Ja, stimmt, daran habe ich nicht gedacht, dass ist eine sehr gute "Linienlernhilfe". Kann ja auch eine Ministange oder ein Pilz sein, dann kommen die Fahrer (grad wenn es Kinder sind) nicht so durcheinander.
Stimmt, ist eigentlich eher ein Problem von Läufen mit großem Torabstand (unahängig von "drehend" oder nicht). Eine "Netzstange" ist übrigens eine Ministange (ca. 30-40cm hoch)! :wink: Einen Pilz würd ich nicht unbedingt nehmen, wenn da einer im GS mit dem Ski drauffährt, dann gibt's in der Regel einen sauberen Crash... :wink:
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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von Martina » 26.01.2010 10:50

LincolnLoop hat geschrieben:Eine "Netzstange" ist übrigens eine Ministange (ca. 30-40cm hoch)! :wink: Einen Pilz würd ich nicht unbedingt nehmen, wenn da einer im GS mit dem Ski drauffährt, dann gibt's in der Regel einen sauberen Crash... :wink:
Schon wieder ein Begriff gelernt - andere Länder, andere Wörter??
Mit dem Pilz hast du natürlich recht.

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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von Math » 26.01.2010 17:15

Gibt mittlerweile für den Zweck auch so genannte "Pinsel" wobei die Pinselhaare in rot oder blau aus dem schnee ragen... Auch die blaue Farbe erfüllt diesen Zweck...

Vorfahren wird als positver Ausdruck für nicht zu gerade bzw. direkt aufs Tor zufahren verwendet d.h. eine runde Linie fahren. In der Sportpsycholgie hat man mittlerweile herausgefunden das eine Bewegungsanweisung ("weiter vorfahren") immer besser ist als eine negative Anweisung wie "nicht zu direkt fahren" , da das wort direkt beim fahrer hängen bleibt... Häufigstes Beispiel ist auch "vorne bleiben" bzw. "setz dich nicht hinten rein"...
Beispielweise wenn ich jemanden sage bei dem roten tor darfst du auf keinen fall zu tief sein von der linie ist es fast 100%ig sicher das er zu tief ist. Richtig wäre zu sagen bei dem Tor hochzubleiben...

Worauf ich hinaus möchte... ...das ist einer der Gründe warums mittlerweile soviele fachausdrücke gibt.
Was ich allen Trainern Skilehrern ans Herz legen möchte ist diese "positive Ausdrucksweise" bei Bewegungsmustern bewusst zu verwenden... (mit positiv mein ich ohne verneinung)

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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von Martina » 26.01.2010 19:51

Deine Anregung, Math, ist völlig richtig und betrifft ja nicht nur den Sport, sondern Lernen im Allgemeinen und wird auch "Fehlerfokussierung" genannt. So kenne ich es zumindest in der Schule (und ich sollte mich - nebenbei - diesbezüglich wohl auch mal selber bei der Nase nehmen).

Allerdings nützen die schönsten positiven Begriffe nichts, wenn sie für die Betroffenen nicht mit Inhalten gefüllt sind. Mir ist das beim Rennsport (eher in den "unteren" Bereichen, Skiclub etc.) oft aufgefallen: Es wird mit sehr vielen Ausdrücken gearbeitet, mit denen die Kinder nicht wirklich etwas anfangen können -> siehe Ausgangsposting von Schisepp.
Wir hatten in der Skischule sogar mal ein Video mit solchen Beispielen gemacht (Skiunterricht und Training, Trainer/Lehrer erzählt etwas, Teilnehmer haben offensichtlich kaum einen Plan, worum es geht) - gefilmt haben wir jeweils unverdeckt und mit Ankündigung und trotzdem
Deswegen meine Anregung oben für die sehr grundlegende Herangehensweise.

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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von schisepp » 28.01.2010 10:36

Danke für die vielen Antworten!
Aus denen kann ich herauslesen, dass oft wirklich "Fachausdrücke" verwendet werden, mit denen die Kinder nichts anfangen können!

Da wäre auch noch ein weitere "Befehl" der Trainer, der da lautet: [b]"Beweg dich mehr im Schwung!"[/b]
Was soll das nun wieder sein? Man hört doch immer wieder, dass mehr Bewegung eher kontraproduktiv ist!

schisepp!

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Re: Linienführung und Innenschibelastung im Riesentorlauf

Beitrag von Martina » 28.01.2010 11:39

Das sollte ich vielleicht meiner Tochter mal sagen: Bei ihr schaut es aus, als ob man oben den Knopf "Skifahren an" drückt, dann fährt sie total stoisch und von aussen fast bewegungslos bis unten, wo man dann "skifahren aus" drücken muss :wink: (sie fährt aber keine Rennen, ausser dem Skischulrennen, wenn sie in die Skischule geht).

Aber im Ernst: Wenn jemand sich "mehr im Schwung bewegen" soll, dann muss er auch wissen wie er sich bewegen soll. Oberkörper mehr in die Kurve drehen? Aussenski vorschieben? Beine mehr strecken in der Auslösung? Ein paar fröhliche Hüpfer? "Mehr bewegen" ist ja nun wirklich eine etwa so weiterführende Aussage wie "fahr schneller", finde ich.
Ausser es ist etwas Bestimmtes damit gemeint, das mir mal wieder nicht bekannt ist.

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