Gegenrotation im alpinen Ski-/Rennlauf

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
urs
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Beitrag von urs » 09.01.2008 21:14

Erwin hat geschrieben:also bestimmt aus deiner und einiger anderer Sicht allein der Winkel der Hüftpositon zur Fahrtrichtung/ den Füssen, ob taloffen gefahren wird, oder nicht?
hallo erwin

in etwa schon, wobei ich, um verwirrungen zu vermeiden, nicht mehr von taloffen sondern der hüftposition sprechen würde. die hüftposition hat starken einfluss auf die beinstellung. eine position mit zurückgezogener äusserer hüfte, wie sie stenmark zeigt, würde heute wohl als fehlerbild beurteilt (was nicht heisst, dass stenmark nicht fahren konnte, elan baute einfach noch keine so tollen skies :wink:). ich würde sogar etwas präzisierend von der hüfte in relation zur schrittstellung sprechen, da die ansichten über schrittstellung nicht einheitlich sind und sowohl grössere wie kleinere schrittstellungen vor- wie nachteile haben. bei einer grösseren schrittstellung geht die äussere hüfte anatomisch bedingt nach hinten.

gruss urs

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LincolnLoop
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Beitrag von LincolnLoop » 09.01.2008 22:02

Puh, ich glaube, die Diskussion wurde mit von mir neuentfacht, weil ich nicht mit kartnerbua agree gegangen bin. Deshalb noch ein kurzer Comment:
- Thema taloffen: IMO ist "taloffen" unglücklich gewählt, da es von meinem Skiverständnis her etwas bedeutet, was tief im Ski-Archivkeller liegt. Das es der ÖSV ausgegraben hat, ist etwas zweischneidig. Es kann durchaus etwas richtiges meinen. Das merke ich teilweise an Martins Beiträgen, wobei ich persönlich "natürliche Schrittstellung" nicht mit "taloffen" gleichsetzen würde. Bei uns (DVS-Lehrplan) meint "taloffen" eher, dass der Oberkörper in "Richtung Tal" ausgleicht. Das finde ich zwar auch semiglücklich gewählt, aber na gut: Begriffs-Wirrwarr... :wink: Auf der anderen Seite sieht man aber an Österreichs Hängen genug Beispiele einer offensichtlichen Fehlinterpretation des Wortes "taloffen". Ich denke da an eine bestimmte Sorte Skilehrer ("Und uuuuuuuume...." gefolgt von einer Vor-Seit-Beuge, die einem die Tränen in die Augen treibt), was aber nicht pauschal gemeint ist.
- Thema Achsparallelität (das war eigentlich mein Anstoßpunkt in kartnerbuas Posting): Das ist meiner Meinung nach ein fadenscheiniger Begriff aus den 90ern, um Herrmann Maiers Fahrweise zu einem Technikleitbild zu formen. In Deutschland wurde das etwas hirnlos übernommen, ist aber glücklicherweise inzwischen wieder ein bisschen ins Hintertreffen geraten. Wer die ganze Zeit über (und das ist wichtig, da +- in der Falllinie eine Achsparallelität normal ist) mit parallelen Achsen fährt, der fährt verdreht. Darüber kann man streiten, aber IMO ist das Fakt. Es gibt sicher Leute, bei denen das funktioniert, aber ein Leitbild - geschweige denn ein Dogma - daraus zu schmieden, ist fahrlässig. Da dürft ihr Euch gerne den DSV (Rennbereich) als Negativbeispiel nehmen, bei denen wirklich alle gleich fahren, aber fast keiner gut.
Gruß, Chris

P.S.: Da von Avataren gesprochen wurde: mein Avatar würde ich nicht als taloffen bezeichnen. Darüber kann man streiten. Man sieht aber, dass man Achsen einzeichnen kann, wie man will - da wird nix parallel werden (und ich will anmerken, dass ich O-Beine habe...)...
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Moorkuh
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Beitrag von Moorkuh » 09.01.2008 22:50

LincolnLoop hat geschrieben:P.S.: Da von Avataren gesprochen wurde: mein Avatar würde ich nicht als taloffen bezeichnen. Darüber kann man streiten. Man sieht aber, dass man Achsen einzeichnen kann, wie man will - da wird nix parallel werden (und ich will anmerken, dass ich O-Beine habe...)...
O-Beine tun aber nichts zur Sache ;)
Dein Avatar erscheint, warum auch immer, Slalom *ohne* Hüftknick zu sein und kann daher niemals auch nur annähernd Achsenparallel sein. (Die Frage ist allerdings, warum du hüftknicklos in den Stangen unterwegs bist, das ist langsam, ineffizient und funktioniert nur bei sehr, sehr griffigen Bedingungen, wie sie an sich bei Rennen kaum herrschen)

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Beitrag von Yeti » 09.01.2008 23:06

Hm, so langsam kommen wir der Sache näher 8) .

Also, den Begriff "Gegenrotation" im Kontext dieser Diskussion habe
ich vergraben...

"Taloffen": Hüftachse ist gegenüber der Fuss- bzw. Skiachse nach hinten gedreht.

"Natürliche Schrittstellung" gefällt mir am besten. Während der
Schrittstellung ist die Aussenhüfte hinten, Aussenarm und Aussenschulter leicht nach vorn
orientiert. Der Rumpf ist somit leicht verdreht.
Zum Schrittwechsel hin (Kurvenende) kommt die Aussenhüfte dann nach
vorn. Es beginnt die neue Schrittstellung (Kurve).

Es bleibt natürlich nicht bei "einem" Schritt, sondern der Schritt geht über
einen Standbeinwechsel zum nächsten Schritt über, was eine entspechende Hüftverdrehung
bedingt. Es gibt also nicht nur "eine" Hüftposition. Die Hüfte dreht sich ständig ;-).

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Moorkuh
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Beitrag von Moorkuh » 09.01.2008 23:06

Zum gezeigten Bild:
Das ist für mich schwierig zu entscheiden; kann taloffen sein, muß aber nicht. Die Schwierigkeit liegt in der Beurteilung der Perspektive. (Übrigens kann man "taloffen" und "Hüftposition" schon alleine deshalb nicht synonym verwenden, weil "Hüftposition" ein Substantiv ist, während es sich bei "taloffen" um ein Adjektiv handelt; jeder Fahrer, der eine Hüfte besitzt (und ich hoffe, das ist jeder), hat eine Hüftposition, aber nicht jeder Fahrer fährt taloffen!).
Eine taloffene Position liegt für mich dann vor, wenn die Hüfte nicht exakt in Fahrtrichtung, sondern davon abweichend etwas (oder ganz, was in den meisten Fahrsituationen übertrieben wäre) ins Tal schaut.

Ich hab wieder einmal eine kleine Skizze gezeichnet:
[ externes Bild ]
Das soll ein in meiner Definition taloffener RTL-Schwung (oder zwei davon) sein. Leicht taloffen, aber taloffen.

Und in genau so einer Situation ist meiner Meinung nach Berthod auf dem gezeigten Bild, gerade bei einer Torstange. (Das ist, aus perspektivischen Gründen, schwierig auszumachen und ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber es erscheint mir fast zwingend, es sei denn er hat einen Fahrfehler begangen).

Versucht doch bitte einmal, euch gerade hinzustellen. Und dann versucht, wie auch immer, am flachen Boden einen möglichst großen Aufkantwinkel hinzubekommen, ohne euch aufzustützen und ohne hinzufallen und beschreibt mir dann, ob ihr eine Vor-Seit-Beuge dabei gemacht habt (dh. im wesentlichen, ob ihr "taloffen" gestanden seid, dh. ob eure Hüfte in exakt dieselbe Richtung wie eure Füße geschaut haben). Ich wette, niemand von euch, der sich redlich bemüht, schafft es, die Hüfte in Fahrtrichtung zu halten UND stark "aufzukanten". Das ist doch eigentlich Biomechanisch völligstens klar.

Martin

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Beitrag von LincolnLoop » 09.01.2008 23:09

Moorkuh hat geschrieben:Die Frage ist allerdings, warum du hüftknicklos in den Stangen unterwegs bist, das ist langsam, ineffizient und funktioniert nur bei sehr, sehr griffigen Bedingungen, wie sie an sich bei Rennen kaum herrschen
Oh weh, oh weh.......!!
Das meinte ich mit "Dogma aus manchen Dingen machen"...
Bevor ich kommentiere, beantworte bitte einige Fragen: :wink:

- Wieso sollte das Fahren mit einem Kantmechanismus langsamer sein als mit einem anderen?
- Wieso sollte ein Fahren ohne Hüftknick nur bei griffigen Bedingungen funktioneren? (Ich sag's jetzt - auch wenn das nicht 100% richtig ist - mal ganz pauschal: Aufkantwinkel ist Aufkantwinkel...)
- Wieso ist ein Hüftknick "effizient"? (Hierzu eine praktische Übung: Stell Dich auf den Boden, einmal aufrecht und einmal so, dass Deine Hüfte seitlich gebeugt ist (und der Oberkörper in die Gegenrichtung ausgleicht). Dann lässt Du Dir von einer Person Deiner Wahl einen 50kg Sack auf die Schultern legen. Dann wird das Gewicht nacheinander in 5kg-Schritten erhöht (z.B. durch einen Ski incl. Bindung). Lass die Dir vertraute Person mitzählen und schau dann am Ende, mit welcher Haltung Du mehr geschafft hast. Das zum Thema "Effizienz"...)

Gruß, Chris

P.S.: Auch wenn Du es nicht glauben magst: Da ist ein Hüftknick! (Nur vielleicht nicht so stark, wie er im Lehrplan abgebildet ist... :wink: )
Zuletzt geändert von LincolnLoop am 09.01.2008 23:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Moorkuh » 09.01.2008 23:09

Yeti hat geschrieben:"Natürliche Schrittstellung" gefällt mir am besten. Während der
Schrittstellung ist die Aussenhüfte hinten, Aussenarm und Aussenschulter leicht nach vorn
orientiert. Der Rumpf ist somit leicht verdreht
Während ich mit der Hüfte völlig einverstanden bin -- genau davon spreche zumindest ich den ganzen lieben Tag lang ;) --, kann ich das von der Außenschulter nicht behaupten. Die soll auch ruhig ein bissl hinten bleiben, was bringts, die Schulter mitzurotieren, der OK sollte meiner Meinung nach unverwunden bleiben, dh. ist die Hüftaußenseite hinten nach, ist das auch die Außenschulter.

Martin

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Beitrag von Moorkuh » 09.01.2008 23:30

LincolnLoop hat geschrieben:Bevor ich kommentiere, beantworte bitte einige Fragen: :wink:
Aber gerne, ich will ja, dass wir uns alle verstehen und von denselben Dingen sprechen (um dann vielleicht festzustellen, dass wir zwar *wirklich* andere Dinge meinen, aber wenigstens verstehen wir uns dann! ;) ):
- Wieso sollte das Fahren mit einem Kantmechanismus langsamer sein als mit einem anderen?
Das ist einfach: Weil du den gesamten Körper kippen mußt und, kurz gesagt, viel mehr Masse viel weiter bewegen mußt. Dein Oberkörper wiegt einiges, und du mußt ihn nach links, dann nach rechts, dann nach links, dann nach rechts, .... kippen, und die Massenträgheit bedingt, dass du dafür viel Kraft brauchst (da du jedes Mal neu beschleunigen mußt und Kraft ja bekanntlich Masse mal Beschleunigung ist!).
Bewegst du deinen OK nur wenig, brauchst du die Trägheit nicht bei jedem Schwung neu zu überwinden, was viel schneller geht. Das ist, hoffe ich, physikalisch völlig einleuchtend.
- Wieso sollte ein Fahren ohne Hüftknick nur bei griffigen Bedingungen funktioneren? (Ich sag's jetzt - auch wenn das nicht 100% richtig ist - mal ganz pauschal: Aufkantwinkel ist Aufkantwinkel...)
Das ist auch einfach beantwortet:
Bei gleicher Fliehkraft kannst du mit Hüftknick einen höheren Aufkantwinkel fahren (und damit sogar den Kurvenradius verengen und damit noch mehr Fliehkraft erzeugen, wodurch du noch ein Stück mehr aufkanten kannst, ...).
Das ist aus folgender Skizze ersichtlich:
[ externes Bild ]

Ich denke, auch das ist physikalisch und geometrisch jetzt einleuchtend.
- Wieso ist ein Hüftknick "effizient"?
Weil man eben den Oberkörper nicht (so weit) hin- und herneigen muß. Du mußt jedes mal Arbeit in das Neigen des OK stecken, bei jedem Schwung. Das kostet Zeit UND Energie!
(Hierzu eine praktische Übung: Stell Dich auf den Boden, einmal aufrecht und einmal so, dass Deine Hüfte seitlich gebeugt ist (und der Oberkörper in die Gegenrichtung ausgleicht). Dann lässt Du Dir von einer Person Deiner Wahl einen 50kg Sack auf die Schultern legen. Dann wird das Gewicht nacheinander in 5kg-Schritten erhöht (z.B. durch einen Ski incl. Bindung). Lass die Dir vertraute Person mitzählen und schau dann am Ende, mit welcher Haltung Du mehr geschafft hast. Das zum Thema "Effizienz"...)
Das ist kein sehr einleuchtendes Beispiel, denn es steigt ja keineswegs die Gewichtskraft (es sei denn, du ißt während du Ski fährst), sondern die Fliehkraft, dh. die Kraft, die zur Seite wirkt.

Deine praktische Übung ist also fürs Skifahren relativ irrelevant.

Martin

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Beitrag von Yeti » 09.01.2008 23:40

Moorkuh hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:"Natürliche Schrittstellung" gefällt mir am besten. Während der
Schrittstellung ist die Aussenhüfte hinten, Aussenarm und Aussenschulter leicht nach vorn
orientiert. Der Rumpf ist somit leicht verdreht
Während ich mit der Hüfte völlig einverstanden bin -- genau davon spreche zumindest ich den ganzen lieben Tag lang ;) --, kann ich das von der Außenschulter nicht behaupten. Die soll auch ruhig ein bissl hinten bleiben, was bringts, die Schulter mitzurotieren, der OK sollte meiner Meinung nach unverwunden bleiben, dh. ist die Hüftaußenseite hinten nach, ist das auch die Außenschulter.

Martin
[ externes Bild ]

Ok, das Bild ist vielleicht ein Spezialfall, da mit der Hand die Slalomstange
weggeschlagen wurde, aber im Prinzip entspricht das Bild dem, was ich
oben ausdrücken wollte.

Ich experimentiere und suche schon lange nach einer optimalen Arm-
und Handhaltung. Durch die nach vorne unten orientierte äussere
Armhaltung positioniere ich den KSP genau dort, wo ich ihn haben möchte.
Ausserdem ist der Stock dann auch gleich dort, wo ich ihn beim nächsten
Kurvenwechsel haben möchte. Gerade im steilen Gelände ist das optimal.

Im Prinzip baue ich so eine Art "stabiles" Dreieck auf. Das (statische)
Dreieck besteht aus der zurückgedrehten Hüfte, der nach vorne orientierten
Hand und der "imaginären" Verbindung der äusseren Hand und dem
Innenknie. Ich gebe zu, das hört sich sehr komisch an, ist bei mir aber so.
Dieses "Dreieck" gibt mir Spannung und Stabilität. Zum Kurvenwechsel hin
löse ich das Dreieck auf und es geht in die neue Kurve mit einem neuen
Dreieck.

So was gibt's natürlich in keinem Lehrplan ;-).
Grüsse Yeti

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Beitrag von Moorkuh » 09.01.2008 23:43

Yeti hat geschrieben:Ok, das Bild ist vielleicht ein Spezialfall, da mit der Hand die Slalomstange
weggeschlagen wurde, aber im Prinzip entspricht das Bild dem, was ich
oben ausdrücken wollte.
Gut, gut, okay -- das ist wirklich Rennlaufspezifisch, um eben der Torstange auszuweichen bzw. sie wegzuschlagen, speziell im Slalom, wo das ja mit der Außenhand getan wird, die zu diesem Zweck natürlich nach vorne geführt werden muß.
Ich experimentiere und suche schon lange nach einer optimalen Arm-
und Handhaltung. Durch die nach vorne unten orientierte äussere
Armhaltung positioniere ich den KSP genau dort, wo ich ihn haben möchte.
Geht mir genauso ;)

Martin

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