Waisteering

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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ivan
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Beitrag von ivan » 27.04.2005 14:36

nach einer pause (5 tage ski fahren) finde ich sooo viele beiträge, sogar zum thema schwimmen...
ich habe alle anderen threads verarbeitet und nun kämpfe ich mit dem freaking waisteering, das mir immer nicht klar ist
ich muss nochmals den original MSRT-text durchlesen, einige beoträge hier, mir die videos nochmals anschauen und versuchen, ein kommentar zu verfassen - wenn ich imstande bin, was vernünftiges zu sagen
eigentlich weiss ich immer noch nicht, was mit Nicolas analysen der neuesten technik zu tun (weniger laterale bewegungen mit weicheren ski usw.), die wir auch in privaten mails diskutiert hatten

ehrlich gesagt habe ich MSRT (als es neu auf nastar.com war) vier leuten geschickt:
1. Nicola
2. Milos Tichy, ein ex-Tscheche, nun kanadischer coach, vater und coach seiner kinder, beider ex-worldcupafahrer
3. Pavel Stastny, head coach at Stratton Mountain Ski School, der berühmteste coach der tschechoslowakischen skigeschichte
4. meinem freund Milan Stevens, ex-rennfahrer, coach und der qualifizierteste fachmann bei uns, der in den letzten 11 jahren immer alles richtig vorhergesagt hatte (nun aber nicht viel zeit hat, sich damit zu beschäftigen, denn er arbeitet zZ nicht als coach)
die einzige positive reaktion war von Nicola
2 hat es krass abgelehnt
3 mail nor delivered
4 abgelehnt

es gibt bei uns ende Juni ein trainerseminar mit u.a. eben dem Pavel Stastny, ich werde also versuchen, mit ihm bald kontakt aufzunehmen und mit ihm auch darüber zu reden

Biowolf

WS

Beitrag von Biowolf » 28.04.2005 03:01

Ivan:
Welcome back. Wie geht's deinem Computer. Kannst Du die WC videos sehen? Ohne die laesst sich schwer diskutieren.

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nicola
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Beitrag von nicola » 28.04.2005 06:46

Das Thema, denke ich, kann auf mehreren Ebenen miss- oder schwer verstanden werden:

Der erste Knackpunkt liegt in der Terminologie – „waist“ wird meistens mit Taille übersetzt, in unserem Empfinden sprechen wir eher von Bewegung initiiert mit dem Hüftgelenk, von Gesäß- Bauch- und Rumpfmuskulatur etc.. Ebenso kann das Wort „steering“ im deutschen Skisprachgebrauch Verwirrung stiften, „unsere“ Steuerphase setzt in der Regel erst nach der Kurveneinleitphase ein.

Um den Qi Ansatz der in die Erläuterungen zum „Waiststeering“ einfließt besser zu verstehen, hilft es vielleicht den Bauch im taoistischen Ansatz von Körperempfinden etwas zu betrachten. Im Taoismus wird die Nabelgegend, das untere Tantien, als Zentrum des Körpers bezeichnet und gilt als Generator und Speicher für die Lebenskraft. Hier befindet sich auch die Ur-Qi Energie. Die Taoisten glauben, dass die gesamte Qi-Energie, alle Organe und Drüsen sowie das ganze Gehirn und Nervensystem im Nabelbereich miteinander verbunden sind.
Ausgehend vom Tantien als „zentrale Bewegungsstelle“ (nicht zu verwechseln mit dem Bewegungszentrum – Cortex – im Gehirn) ist es konsequent, dass es immer den Körper als Ganzes in Bewegung setzt. Die Bewegungen der einzelnen Körpergebiete ergänzen sich nach dem Prinzip des Yin/Yang. D.h. vergröbert formuliert: Wenn der rechte Arm gehoben wird, folgt die rechte Körperhälfte und gleichzeitig sinkt die linke Körperhälfte. Auf diesem Prinzip beruht die Harmonie der Tai Chi-Bewegungen.

Zurück in die westliche Skiwelt. Ich möchte noch weniger auf die Technik und mehr auf die Bewegungsqualität eingehen, zumindest habe ich diesen Ansatz des Waiststeerings so mit meinen Erfahrungen in Einklang bringen können.

Bei der üblichen im Skilauf Perspektive sieht das Bewegung erzeugende muskuläre Zusammenspiel von Spieler- und Gegenspielermuskeln (Agonisten und Antagonisten) so aus: Bewegung wird primär eingeleitet durch ein Zusammenziehen (Erhöhung der Muskelspannung) der Agonisten. Bei diesem Ablauf sind die Antagonisten von nachrangiger Bedeutung, weil sie durch passive Verlängerung (Herabsetzung der Muskelspannung) lediglich der Initiative der Agonisten folgen. Und tatsächlich ist dieser Bewegungsstil bei den meisten Menschen vorherrschend.

Beobachtung, Erfahrung und beispielswqeise Ansätze von Rolfing und Feldenkrais zeigen aber, dass es eine andere Möglichkeit gibt, den Streckmodus. Bei diesem sieht der Ablauf von Bewegungsauslösung so aus: Das für die Einleitung von Bewegung erforderliche Ungleichgewicht der Kräfte wird bewirkt durch eine Herabsetzung der Muskelspannung bei den Antagonisten und der Muskulatur insgesamt. Schwerkraft und Fliehkraft können so viel besser mitwirken. Die Agonisten nehmen dann die Initiative der Antagonisten auf, verstärken sie durch geringstmöglichen Arbeitsaufwand und setzen die so begonnene Bewegung fort. Die Bewegungsinitiierung ist deshalb für einen ökonomischen Bewegungsablauf so wesentlich, weil entsprechend dem Trägheitsgesetz diese - wenn auch manchmal sehr kurze Phase - im allgemeinen den größten Energieaufwand erfordert.

Die elastische Kraft der Muskelfasern spielt beim Streckmodus eine entscheidende Rolle. Durch eine Dehnung der Faszien auf der Antagonistenseite kann nämlich die in den Faszien gespeicherte potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt werden.

Fortsetzung folgt in der nächsten freien Zeit...
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ivan
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Beitrag von ivan » 28.04.2005 19:21

Nicola, Nicola,

fühlt sich noch jemand neben mir so unwissend, begrenzt, ja fast dumm? wie soll ich überhaupt - geschweige vollwertig - mit jemand diskutieren, der solche sachen kennt und dazu noch ski fahren kann?

wann bist du in Mayrhofen und bereit, nach Tux zu fahren? wohl die einzige chance, das, was du schreibst, wirklich zu verstehen...

Biowolf

Beitrag von Biowolf » 29.04.2005 07:55

Herzlichen Glueckwunsch zum Tausender, Ivan. Haette mir eigentlich ein Aktions Photo als Avatar erwartet. :D

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ivan
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Beitrag von ivan » 29.04.2005 10:01

Biowolf hat geschrieben:Herzlichen Glueckwunsch zum Tausender, Ivan. Haette mir eigentlich ein Aktions Photo als Avatar erwartet. :D
du hans, ich verrate dir etwas, aber die leute im carving-ski.de dürfen das nicht erfahren, okay?
ich bin nämlich nur ein theoretiker, der sich eine skijacke, und einen helm mit brille ausgeliehen hat, um den schein zu erwecken, ich wäre ein echter skifahrer
deshalb gibt es auch kein action-foto - so was kann ich um gotteswillen nicht - die blöden ski rutschen ja immer und jeder der beiden will sich anders bewegen, und ich müsste meine armen füsse in die klotzigen stiefel reinschieben - nein, das ist nichts für mich!!! :evil: :cry:

aber, bitte, it´s just between you and me, please!!! :o

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Beitrag von Martina » 29.04.2005 10:23

Das ist sehr interessant, Nicola - allerdings fühle auch ich mich hier sehr unwissend und hoffe, ich frage nun nicht allzu naiv.


Mich interessiert bezüglich des Themas "Tai Qi" und "Waisteering" nun folgendes:
Wenn ich richtig verstanden habe, geht es darum, dass man von der "Waist", was ich mal so als "Beckengegend" titulieren würde aus "steuert", also mit dieser Körpergegend die "Ski führt"

Dazu würde ich gerne fragen:
Womit "steuert" ihr denn die Ski (gefühlsmässig)?
Habe ich das richtig verstanden, dass viele davon ausgehen, dass dies in den Beinen/Füssen geschieht?
Ich bin nämlich bisher immer davon ausgegangen, dass der "Ursprung der Bewegung" bei mir, wenn ich eine Kurve anfange, aus der Hüft/Körpermitte/Beckengegend kommt - egal, ob das nun eine Drehbewegung, Verschiebung des Körperschwerpunktes oder was auch immer ist.
Ich weiss nicht, ob das stimmt, es ist mir nicht klar, ob es hier eigentlich um etwas völlig anderes geht und keinesfalls möchte ich behaupten, dass ich "sowieso immer mit Waisteering fahre".
Deswegen würde es mich interessieren, "womit" ihr (gefühlsmässig) steuert - und zwar würde es mich auch von Gelegenheitsskifahrern interessieren. Ich bin wohl davon ausgegangen, dass es den meisten so geht wie mir!

Der Ansatz der Bewegungseinleitung durch Entspannung des Antagonisten ist nochmal ganz anders (für mich) und den kann ich so nicht nachvollziehen, aber das müsste ich wohl praktisch erfahren.



(so viele Anführungszeichen, weil viele der Begriffe entweder unpräzise sind oder oft anders gebraucht werden, als ich es hier meine).

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Beitrag von nicola » 29.04.2005 14:35

Martina hat geschrieben:Mich interessiert bezüglich des Themas "Tai Qi" und "Waisteering" nun folgendes:
Wenn ich richtig verstanden habe, geht es darum, dass man von der "Waist", was ich mal so als "Beckengegend" titulieren würde aus "steuert", also mit dieser Körpergegend die "Ski führt")

Countered hips ARE counter productive to the technique we have been describing and is the opposite of initiation with waist steering, the two simply do not work together.
Ich will zu diesem Thema ganz vorsichtig sein, zu vieles ist nicht eindeutig klar in der US Diskussion. So wie ich es verstanden habe geht es nicht nur um die Steuerphase, sondern auch um Kurveneinleitung. Meine Auffassung ist die, dass die Anhänger der waiststeering Technik der Meinung sind, dass generell eine Technik ohne seitliches Beugen des Oberkörpers und mit Innenskibelastung effektiver ist. Diese Meinung teile ich, wenngleich eine solche Fahrweise nicht immer möglich ist und ein kompletter Rennläufer flexibel reagieren wird.
Dazu würde ich gerne fragen:
Womit "steuert" ihr denn die Ski (gefühlsmässig)?
Habe ich das richtig verstanden, dass viele davon ausgehen, dass dies in den Beinen/Füssen geschieht?
Ich bin nämlich bisher immer davon ausgegangen, dass der "Ursprung der Bewegung" bei mir, wenn ich eine Kurve anfange, aus der Hüft/Körpermitte/Beckengegend kommt - egal, ob das nun eine Drehbewegung, Verschiebung des Körperschwerpunktes oder was auch immer ist.
Auch ich habe die selbe Empfindung
Der Ansatz der Bewegungseinleitung durch Entspannung des Antagonisten ist nochmal ganz anders (für mich) und den kann ich so nicht nachvollziehen, aber das müsste ich wohl praktisch erfahren.
Meine Ausführungen über Tai Chi und den Ansatz aus „Rolfing Movement“ (Bewegungseinleitung durch Entspannung der Muskulatur) wollte ich lediglich einfließen lassen um die Gedankengänge der Amerikanischen Diskussionsteilnehmer etwas nachvollziehbarer zu machen. Für mich selbst ist so eine Bewegungseinleitung sinnvoll und denkbar wenn ich mich mit dem Körper zum Kurvenmittelpunkt bewegen lasse und dadurch eine Streckung des Aussenbeins durch die Dynamik der Kurve entsteht. Das Gegenteil wäre eine Belastung des Aussenskis durch Beugen vom Kniegelenk und seitliches nach Außenneigen des Oberkörpers. Das bedeutet nach meiner Ansicht mehr Kraftaufwand. Aber wie schon gesagt, bin ich der Auffassung, dass sich nichts pauschalieren lässt und Skifahren im Allgemeinen und Rennlaufen im speziellen am Besten funktioniert, wenn man ein möglichst großes Repertoire an Bewegungsmöglichkeiten zulässt.

@Ivan – Du brichst hier ja wirklich alle Rekorde und noch dazu in einer unnachahmlichen Qualität. Thanx! Ich bin heuer bestimmt noch manchmal in Hintertux - über ein Treffen würde ich mich riesig freuen!
nicola

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Beitrag von ivan » 29.04.2005 18:42

Martina hat geschrieben:Womit "steuert" ihr denn die Ski (gefühlsmässig)?
Habe ich das richtig verstanden, dass viele davon ausgehen, dass dies in den Beinen/Füssen geschieht?
Ich bin nämlich bisher immer davon ausgegangen, dass der "Ursprung der Bewegung" bei mir, wenn ich eine Kurve anfange, aus der Hüft/Körpermitte/Beckengegend kommt - egal, ob das nun eine Drehbewegung, Verschiebung des Körperschwerpunktes oder was auch immer ist.
...
Deswegen würde es mich interessieren, "womit" ihr (gefühlsmässig) steuert -
wichtige und interessante fragen
was ich weiss und MHO:

1. wenn der fahrer ohne hüftknick (also "ohne seitliches Beugen des Oberkörpers", wie Nicola schreibt) fährt und kippt, dann ist der ursprung der bewegung NICHT in der waistgegend
(er lässt sich aber schwer lokalisieren, wenigstens ich kann es nicht)

2. wenn der fahrer "schweizerisch" zuerst in der passiven steuerung kippt und erst dann knickt = ??

3. wenn das kippen und knicken eine gemeinsame bewegung darstellen, ist die körpermitte wohl der empfundene "ursprung der bewegung"

4. wenn aber zugleich auch noch die kleinzehenkannte (LTE = little toe edge) aktiviert wird (kleinzehengriff) = ??

5. wenn nach Harald Harbs "Phantom Foot"-bewegung ZUERST LTE aktiviert wird und als "ursprung der bewegung" zielbewusst und absichtlich eingesetzt wird (die begründung: die bewegung möglichst "unten" am anfang der kinetischen kette anzufangen, nicht höher mit einsatz von grösseren körperteilen), ist es bestimmt nicht in der waist/beckengegend

es gibt also mindestens 5 möglichkeiten...
stimmt´s so? habe ich die frage richtig verstanden?

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ivan
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Beitrag von ivan » 29.04.2005 19:01

nicola hat geschrieben:Meine Auffassung ist die, dass die Anhänger der waiststeering Technik der Meinung sind, dass generell eine Technik ohne seitliches Beugen des Oberkörpers und mit Innenskibelastung effektiver ist. Diese Meinung teile ich, wenngleich eine solche Fahrweise nicht immer möglich ist und ein kompletter Rennläufer flexibel reagieren wird.
ja, so etwas zeigt der kerl in seinen zwei ersten fotos im MSRT-text (nastar.com) und es zeigt sich auch auf dem video im linksschwung
auf dem video ist aber eine lässige fahrt, die auf verschiedene weise klappen könnte, kein renntempo und keine typische vereiste rennpiste (das grosse 50 MB video habe ich nicht gesehen)
kurveneinleitung - bitte, aber -steuerung kann ich mir auf dem dominierend belasteten innenski + ohne knick kaum (nicht) vorstellen
nicola hat geschrieben:@Ivan – Du brichst hier ja wirklich alle Rekorde und noch dazu in einer unnachahmlichen Qualität. Thanx! Ich bin heuer bestimmt noch manchmal in Hintertux - über ein Treffen würde ich mich riesig freuen!
danke für deinen lob, den ich WIRKLICH hoch schätze

zum Tux: Harald Harb ist übernächste woche da (9-13/5 sind die skitage mit der gruppe)
ich habe zwar mein programm im Kaunertal, aber wer weiss...

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