Es herrsche Diskord

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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nicola
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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von nicola » 20.11.2008 09:54

danke martin! es ist klar, dass gleiten und carven schneller sein müssen als driften und rutschen. sind sich hierin wenigstens alle einig?
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Moorkuh
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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von Moorkuh » 20.11.2008 10:05

nicola hat geschrieben:es ist klar, dass gleiten und carven schneller sein müssen als driften und rutschen. sind sich hierin wenigstens alle einig?
Ich denke, daran kann eigentlich kein Zweifel bestehen.

Es geht in Wahrheit "nur" darum: Wie kann man durch Driften bzw. Rutschen den Weg so verkürzen, dass die gegenüber dem Gleiten/Carven erhöhte Reibung so wenig ausmacht, dass die benötigte Zeit von A nach B geringer ist als durch reines Gleiten/Carven.

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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von Martina » 20.11.2008 10:20

Hatten wir diese Diskussion (was ist schneller?) nicht schon mal in aller Ausführlichkeit? Nicht, dass man es nicht trotzdem wieder diskutieren soll/kann/darf, aber vielleicht wäre es interessant, mal nachzulesen.

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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von nicola » 20.11.2008 10:29

Moorkuh hat geschrieben:Es geht in Wahrheit "nur" darum: Wie kann man durch Driften bzw. Rutschen den Weg so verkürzen, dass die gegenüber dem Gleiten/Carven erhöhte Reibung so wenig ausmacht, dass die benötigte Zeit von A nach B geringer ist als durch reines Gleiten/Carven.
ich würde die frage mit _wo_ formulieren, denn beim skifahren ist ja nicht die linie von a nach b von ausschliesslicher bedeutung, sondern von a nach b nach c. das heisst beim fahren eines vorgegebenen kurs ist es sehr wichtig, die linie vorausschauend auf die nächsten kurven zu wählen. dabei ist ein drift - bspw. im steilhang - oft schlau, wenn damit am ende des steilhangs gewährleistet ist, dass man möglichst viel geschwindigkeit in einen flacheren streckenabschnitt mitnehmen kann.
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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von Martina » 20.11.2008 11:03

Bei mir ist er oft notwendig, damit ich das nächste Tor noch erwische... :roll:

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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von nicola » 20.11.2008 11:13

Martina hat geschrieben:Bei mir ist er oft notwendig, damit ich das nächste Tor noch erwische... :roll:
ja klar - das ist die häufigste form und oft eben die notlösung. anja pärson ist eine grossmeisterin im gezielt dosierten andriften
http://www.ronlemaster.com/images/2004- ... -2-wm.html
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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von urs » 20.11.2008 11:53

Moorkuh hat geschrieben:Es geht in Wahrheit "nur" darum: Wie kann man durch Driften bzw. Rutschen den Weg so verkürzen, dass die gegenüber dem Gleiten/Carven erhöhte Reibung so wenig ausmacht, dass die benötigte Zeit von A nach B geringer ist als durch reines Gleiten/Carven.
hallo martin

danke für die aufschlüsselung in die "fahrarten". für mich gibt es aber noch einen zweiten aspekt. wenn ich davon ausgehe, dass carven langsamer als gleiten ist, ergibt sich die zweite gleichung:

-> gleiten + driften = schneller/langsamer als carven

dies kann ich mir gerade in steilen, pickelharten bereichen gut vorstellen. diese komplexität der möglichen varianten hebt top-fahrerInnen ab und hält den wc spannend.

gruss urs

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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von lynne » 20.11.2008 12:28

Wie ich schon anführte, ein (An)Driften am Anfang ist oft entscheidend für Zeit und Linie, ein Driften oder Rutschen am Ende der Kurve ist nur eine Notlösung um doch noch wo hinzukommen wo man eigentlich schon längst sein sollte.

Gleiten ist mir in dieser Diskussion viel zu vordergründig. Wo fährt der Ski im SL und RS genau auf dem Belag, höchst selten. Natürlich ist Gleiten die mit schnellste Fortbewegung auf Skiern, aber das geht ja nur relativ gerade bergab. Man kann nicht in einer Schrägfahrt gleiten, die Hangabtriebskraft würde einen nach unten ziehen.

Und mit Gleiten und Driften alleine kommt man sicher nicht schnell einen RS runter :-)

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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von karntnerbua » 22.11.2008 15:38

Da muss ich in meinen verstaubten Physik-Kenntnissen stöbern. Bei den Eisenbahnern ist es, glaube ich die "Klotoide", das heißt die Zunahme der Radialbeschleunigung ist konstant. Sonst würde es Züge aus der Kurve wutzeln.

Ein Konzept zum Schifahren? Hat sicherlich physikalisch Vorteile. Das würde physikalisch bedeuten, dass der Druck konstant zunimmt und die Kurve am Anfang enger sein muss und dann der Radius zunimmt. Das ist auch genau die Kurve, die gefahren wird.

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Re: Es herrsche Diskord

Beitrag von Moorkuh » 23.11.2008 17:39

Ich habe mich jetzt ein wenig mit der Sache beschäftigt, ein wenig gerechnet, nachgelesen, programmiert und mit Mathematica gespielt und komme zu folgendem Schluß:
Es ist alles sehr kompliziert ;)
Ich habe aber auch einige konkretere Gedanken dazu:

Fall 1. Wir ignorieren alle auftretenden Reibungen (dh. hauptsächlich Ski-Schnee und Luftwiderstand). Auf einem Hang mit gleichmäßiger Neigung will man (vom Stand aus) möglichst schnell von Punkt A nach Punkt B, die einzige Kraft, die dabei wirkt, ist die Schwerkraft. Eine Möglichkeit ist, die kürzeste Strecke zu wählen, also die direkte Verbindungsgerade. Es gibt beliebige andere Wege, einschließlich jenen mit Einkehrschwung in der nächsten Hütte, der überraschende aber ist, dass der schnellste Weg einer ist, der in einer Kurve von A nach B führt und dabei sogar am Ende ein Stück "bergauf" nach B fährt. (Das ist eben jene Brachistochrone.) Dieser Fall ist mathematisch und physikalisch interessant, löst aber die in diesem Thread aufgekommenen Fragen nicht (es ist auch genau jener Fall, der in Nicolas link beschrieben wird). Die Endgeschwindigkeit, wenn man also bei B angekommen ist, ist klarerweise in beiden Fällen exakt dieselbe.

Fall 2. Wir ignorieren die Luftreibung, nicht aber die Reibung der Ski mit dem Schnee. Dieser Fall ist in etwa das, worüber wir hier diskutieren.

Fall 2.1 Wir ignorieren das Faktum, dass sich die Reibung Schnee-Ski ändert, wenn wir "irgendetwas" mit den Skiern machen (gleiten/rutschen/driften/carven und alles dazwischen), dh. wir nehmen an, dass diese Reibung konstant ist. Dann ändert sich die Form dieser Brachistochrone nur geringfügig (für mathematisch Interessierte (und Ambitionierte) empfehle ich http://mathworld.wolfram.com/Brachistoc ... oblem.html ), im Wesentlichen bleibt die Form und die Aussage von Fall 1. gleich. Aber auch das ist eigentlich nicht, was wir diskutiert haben. Hier wird die Endgeschwindigkeit am Punkt B nicht mehr für jeden Weg dieselbe sein.

Fall 2.2 Wir berücksichtigen, dass sich die Reibung Schnee-Ski verändern kann. Ich habe dazu nur mehr grobe Abschätzungen und Überlegungen angestellt (basierend auf Fall 2.1), weil mir die Zeit fehlt, das genauer zu analysieren. Jedenfalls bin ich mir sehr sicher, dass ein Verkürzen des Weges zugunsten einer etwas erhöhten Reibung (und damit verminderter Beschleunigung, dh. im Endeffekt: Verminderter Geschwindigkeit) einen Zeitvorteil bewirken kann (natürlich nicht in jedem Fall, es hängt ab, wie stark die Reibung verändert und der Weg verkürzt wird).

Das reale Problem eines Riesentorlaufes (etc.) ist natürlich viel komplizierter als das; man will ja nicht aus dem Stand nur von A (zB. Punkt zwischen zwei Toren) schnell nach B (Punkt genau neben dem Tor), sondern es ist auch wichtig, dass dort dann die Richtung der Geschwindigkeit brauchbar ist (dh. man ist zwar schnell beim Tor, B, dafür aber umso langsamer beim nächsten Punkt zwischen den Toren etc.). Außerdem kann man nicht jeden Radius fahren, den man vielleicht fahren sollte etc.

Dh. zusammenfassend würde ich sagen: Das Andriften im RTL führt sicher zu erhöhter Reibung (gegenüber dem Gleiten und dem Carven) und damit zu verringerter Beschleunigung, aber auch zum Verkürzen des Weges und auch der Vorbereitung des Carvens in eine "günstige" Richtung, sobald man die Kanten etwas härter einsetzt. Das System ist aber so komplex, dass sich da durch analytische Rechnung genau nichts sagen läßt. Interessant wäre allenfalls, unter gewissen Randbedingungen (Carvbarer Radius, die Reibungsbeiwerte der verschiedenen "Fahrarten", Einbeziehung des holonomen Freiheitsgrades (dh. dass man die Ski nicht beliebig schnell drehen kann) etc.) eine numerische Simulation von vielleicht 2-3 Toren durchzuführen und so zu sehen, was da raus kommt. Dh.: Welche Linie ist die schnellste, wo wird da gecarved/gedriftet etc. (man könnte das zB. einmal durch einen genetischen Algorithmus optimieren lassen).

Ehrlich gesagt reizt mich das gerade ziemlich, vielleicht finde ich irgendwann Zeit dazu, mir das genauer zu überlegen und ggf. auszuprogrammieren.

Martin

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