Pflug + Lehrvideos

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 11.06.2007 20:40

Das finde ich gut und leicht verständlich beschrieben, Urs! Danke!

Benutzeravatar
Moorkuh
Beiträge: 471
Registriert: 02.03.2007 22:48
Vorname: Martin
Skitage pro Saison: 90

Beitrag von Moorkuh » 12.06.2007 01:07

Martina hat geschrieben:Wie und warum soll "bei mir" der Ski drehen?

Banal gesagt: indem er gedreht wird.

Genauer: Beim Fahren im Pflug sind beide Ski aufgekantet.
Wenn ich nun meinen ganzen Körper in die gewünschte Richtung drehe, so machen das auch die Füsse.
(...)
Dadurch "drückt" der Fuss gegen den Skischuh und somit den Ski in die Kurve. (...) Da ich es aber wie oben beschrieben für sinnvoll halte, die Belastung auf möglichst viele Körperteile zu verteilen und ich es für einfacher + kraftsparender halte, den ganzen Körper zu bewegen als nur einen Teil, drehe ich den ganzen Körper.
Das ist glaub ich nur die halbe Wahrheit ;)
Wie urs ja festgestellt hat, passiert das, was ich von Anfang an vermutet habe: Durch die Hüftdrehung wird aufgekantet, was einen wesentlichen Teil der Einleitung und Steuerung der Kurve darstellt.
Der Anteil des "aktiven" Skidrehens durch das Hüftdrehen halte ich für vernachläßigbar (es wäre wohl kraftmäßig auch keine sehr günstige Alternative).
Übrigens halte ich auch das Drehen des ganzen Körpers, nur um eine relativ kleine Bewegung zu bewirken (das Aufkanten der Skier) nicht unbedingt für die kraftsparendste bzw. effektivste Variante. Man läuft beim Klavierspielen ja auch nicht auf und ab, um an die Tasten zu kommen, sondern bewegt nur Finger und Hände (um einen soeben von mir erfundenen Vergleich anzubringen ;) ). So ähnlich seh ich das beim Kurvenfahren auch, wenngleich ich zugeben muss, dass die Hüftdreh-Variante sicherlich einfacher zu erlernen ist.
Meine Frage: Wie kommt "bei euch" die Kurve zustande?
Moorkuh hat geschrieben:Der Innenski hingegen wird durch die Hochbewegung und das Neutralisieren (-> Auflösen des Knie- und Sprunggelenkswinkels!) flachgestellt und geht vom Rutschen ins Driften über.
Diese Hochbewegung, bzw. Neutralisieren hat man in der CH auch angewendet. Habe ich also auch unterrichtet und war wenig begeistert:
Meine Beobachtung ist, dass Anfänger durch die Hochbewegung keineswegs "automatisch" den Innenski flachstellen und den Aussenski aufgekantet lassen!
Dann machen sies falsch/zu wenig. Wenn man hochgeht und neutralisiert, kann das eigentlich gar nicht passieren.
"Automatisch" flachgestellt wird der Innenski meiner Erfahrung nach am ehesten bei der Körperdrehung
Offensichtlich besteht in at die Auffassung, dass man dadurch eine Technik (Aufkanten durch Hüftdrehung) erlernt und automatisiert, die unerwünscht ist.
Der Anfänger streckt oft die Beine und lässt trotzdem beide Ski aufgekantet! (Vor allem, wenn er zusätzlich den Aussenski belasten soll)
Folge: Es gibt keine Kurve!
Das hast du falsch verstanden: Den Außenski soll er ja erst ab/nach der Falllinie belasten, da ist die halbe Kurve ja schon fertiggefahren!
Und wie kommt dieser "Fersenschub" zustande? Indem man den Fuss dreht!
Und wie oben beschrieben bin ich eher dafür, gleich den ganzen Körper zu drehen etc. etc.
Dagegen. ;)
Erstens ist der Mechanismus hinter dem Hüftdrehen ja ein anderer (es soll zum Aufkanten führen) und zweitens finde ich, dass eine Bewegung dann kraftsparend und effizient ist, wenn sie so klein/gering wie nötig ist (siehe Klavierspieler oder auch das Tippen auf einem Keyboard).

Martin

Benutzeravatar
Moorkuh
Beiträge: 471
Registriert: 02.03.2007 22:48
Vorname: Martin
Skitage pro Saison: 90

Beitrag von Moorkuh » 12.06.2007 01:24

urs hat geschrieben:vor nicht allzu langer zeit hatte kosti einen thread über die unterschiede old-/newschool initiiert. seine quintessenz, die ich weitgehend teile, war, dass für kurven mit taillierten skies in erster linie lage inkl. aufkanten notwendig sind. dies steht auf den ersten blick etwas im widerspruch zur anweisung, den pflug über eine drehung von oberkörper/hüfte in die neue fahrtrichtug auszulösen.
Das sehe ich ganz genauso.
Und auch den Mechanismus, der von der Hüftdrehung zum Aufkanten führt, habe ich ja ganz am Anfang schon dargestellt.
der blick in die neue richtung hat m.e. einen zusätzlich vorteil, da sich damit die falllinie leichter überwinden lässt. (...)
Das Problem ist bekannt. ;)
ich lass die gäste auch die ersten parallelschwünge mit einer orientierung fahren und rede kaum gross über das aufkanten. wichtig ist, dass die drehung bereits aus der hüfte erfolgt.
Genau das wäre hier eine Todsünde, und damit bestätigt sich das, was ich schon im Startposting gemeint habe:
Hier wird diese Art des Pfluges tunlichst vermieden, um nicht in weiterer Folge bei anderen Schwungformen dieses (aus at-Augen) "falsche" (oder zumindest: unerwünschte) Aufkanten zu forcieren. Ich denke, damit haben wir diesen Teil fertiganalysiert, ich werde ggf. noch in den nächsten Tagen ein Resume-Posting schreiben, in dem ich die Unterschiede der Ideen und der Ausführung zusammenfassen werde (oder selbiges versuche ;) ).
sicherlich führt auch ein lehrweg mit reinem aufkanten zum ziel. was ich jedoch nicht nachvollziehen kann, ist das "nach-aussen-lehnen", wie ich es oft in einem kleinen tiroler skiort feststellen kann. eigentlich bewegt sich der körper dadurch in die genau falsche richtung, was einem spätestens (so wie von martina demonstriert) beim parallelschwung aus der bahn wirft. ich weiss nicht, wie repräsentativ diese skischule ist. immerhin ist der leiter staatlicher ausbildner und martina scheint ähnliche beobachtungen zu machen.
Ist der Leiter staatlicher Skilehrer (das muß er ja sein) oder Ausbildner für die staatliche Skilehrerausbildung?
Jedenfalls habe ich mittlerweile noch eine Quelle mehr angezapft ("Carven -- Skilauf perfekt" von Hermann Wallner, das "offizielle Lehrbuch der österreichischen Skiinstruktoren", zusammen mit Wörndle und vielen anderen Kapazundern), in der ebenfalls weder etwas zu sehen noch zu lesen ist in diese Richtung. Und auch das von mir verlinkte pdf (der "Kurzlehrplan") spricht sogar explizit davon, sich NICHT hinauszulehnen; es geht einzig um (ungefähre) Achsenparallelität, dh. der OK ist (etwa) aufrecht, wie aus meinem Bildchen zu sehen ist.
Wie gesagt, aus rechtlichen Gründen will ich keine gescannten Bilder posten...

Martin

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 12.06.2007 09:36

Moorkuh hat geschrieben:Es passiert das, was ich von Anfang an vermutet habe: Durch die Hüftdrehung wird aufgekantet, was einen wesentlichen Teil der Einleitung und Steuerung der Kurve darstellt.
Der Anteil des "aktiven" Skidrehens durch das Hüftdrehen halte ich für vernachläßigbar (es wäre wohl kraftmäßig auch keine sehr günstige Alternative).
Fährt man von Anfang an im Pflug, so ist der Ski bereits aufgekantet! Das ist ja das schöne am Pflug: man muss dem Anfänger nichts übers Aufkanten erzählen.
Durch die Drehung erhält er nur den Input, jetzt die Kurve anzufangen.
Das funktioniert nur, wenn man mit dem Innenski nicht "dagegenhält", da hast du schon recht.
Bei "meiner" Methode wird dies erreicht, indem man sich in die gewünschte Richtung dreht (Innenski wird tendenziell flacher gestellt und erhält auch Drehinput).
Bei der AU Methode will man es erreichen, indem man eine Hochbewegung macht.
Wie gesagt: Meiner Erfahrung nach funktioniert das für den Anfänger nicht besonders gut, weil er eben "hochgehen" kann, ohne den Ski flachzustellen. Aber meine Erfahrung ist keine empirische Untersuchung! Die Österreicher sind offenbar der Meinung, dass es gut funktioniert.

Moorkuh hat geschrieben:Ich halte das Drehen des ganzen Körpers um eine relativ kleine Bewegung zu bewirken nicht unbedingt für die kraftsparendste bzw. effektivste Variante. Man läuft beim Klavierspielen ja auch nicht auf und ab, um an die Tasten zu kommen, sondern bewegt nur Finger und Hände.


Für meine angestrebte Technik ist es durchaus kraftsparend und effektiv, weil ich erreichen möchte, dass der Körper grundsätzlich in Fahrrichtung ausgerichtet ist. Sprich, ich will sowieso, dass der Körper am Ende der Kurve wieder in Richtung der Ski gedreht ist, deswegen mache ich das von Anfang an.

Das ist der grundsätzliche Unterschied, den wir schon am Anfang gefunden haben: Die AU Technik strebt offenbar nur das Fahren mit Hüftknick an und will deswegen nicht mit der Hüfte arbeiten. Dann ist es konsequent, dies auch beim Anfänger nicht zu tun (weil es sonst eine Sackgasse wäre, wenn er es sich später wieder abgewöhnen müsste).

Das hast du ja auch geschrieben:
Moorkuh hat geschrieben:Offensichtlich besteht in at die Auffassung, dass man dadurch eine Technik (Aufkanten durch Hüftdrehung) erlernt und automatisiert, die unerwünscht ist.


zu deinem Klaviervergleich: es ist sicher sinnvoll und effizient, nur die Hände von sich wegzubewegen, wenn diese gleich drauf wieder in die Mitte oder gar auf die andere Seite sollen.
Wenn ich aber vorhabe, bis zum Ende des Stückes auf der einen Seite zu spielen, dann wäre es kraftsparender, den ganzen Körper dorthin zu bewegen.
Schauen wir nun eine Kurve als ein Musikstück an und ich möchte, dass die Hüfte immer in Fahrrichtung der Ski "schaut", dann ist es effizienter und krafsparender, gleich den ganzen Körper zu drehen.
Will ich das aber nicht, so hast du recht.

Das ist wohl genau der Punkt: das Ziel ist ein bisschen ein anderes.

Es ist so, dass in der Schweiz eine Zeit lang auch in den höheren Formen so stark über das Drehen gearbeitet wurde, dass die Leute überdreht haben! Das heisst, sie haben den Körper so stark gedreht, dass sie Ende der Kurve fast bergauf geschaut haben. Somit sind die Ski auch nicht mehr gecarvt, sondern gerutscht, aber diesmal, weil sie einen zu starken Drehinpunt bekommen haben.

Ich halte es fast immer für belastend und ziemlich kompliziert, den Körper zu verwinden. Wenn die Hüfte "taloffen" sein soll, dann ist der Körper verwunden. Hier ist die AU Methodik offenbar anderer Meinung, was ich für legitim halte. Gegehdrehen unterrichte ich persönlich schon lange nicht mehr, meiner Meinung nach ist es ein alter Zopf. Die leicht "taloffene" Position beim Fahren mit Hüftknick entsteht aus anatomischen Gründen von selbst und muss nicht schon dem Anfänger kompliziert beigebracht werden - aber dies nur meine Meinung, hierzu habe ich überwiegend Beobachtungserfahrungen.

Deswegen finde ich: Hüfte drehen, aber nur in Fahrtrichtung. Ziel ist, dass der Körper in die (gewünschte) Fahrtrichtung gerichtet ist, was auch eine natürliche Haltung und somit einfach ist.


Ich mache es deswegen so:
Kurve im Pflug -> Instruktion ausschliesslich über Drehen, Fokus auf wohldosierte Bewegung und weite, runde Kurven, also kraftsparendes Fahren.
Der Anfänger fährt im einfachen Gelände so bald "von selber" parallel.
Im steileren Gelände sind höhere Aufkantwinkel erforderlich, um das Tempo gut kontrollieren zu können. Das erreiche ich, indem ich vermehrt mit beugen/strecken arbeite. Weil dann schon ein gewisser "Fluss" vorhanden ist, ist es einfacher, damit sinnvoll auf/abzukanten.
Wenn das einigermassen klappt, dann befasse ich mich verstärkt mit dem kippen (Gewicht verlagern), um den Ski dazu zu bringen, der Kante entlang zu gleiten.


Das klingt sehr schematisch ist selbstverständlich nur der grobe Rahmen. Auf der Piste mache ich das, was mir im Moment am sinnvollsten erscheit und das ist je nach Gast ein bisschen etwas anderes.
Aber meiner Erfahrung nach ist im Moment dies der sinnvollste, effzienteste, einfachste und zielführenste Rahmen für das Skifahren, das ich gerne vermitteln möchte.

-------------------------------------------------------------------------------------

Du hast geschrieben, dass die Anfänger das hochgehen/neutralisieren eben falsch machen, wenn sie dabei nicht den Innenski flachstellen und den Aussenski aufkanten.
Da hast du sicherlich recht.

Hier kann ich nur wieder anmerken, dass es meiner Erfahrung nach für den Anfänger schwierig ist, dies richtig zu machen (ich habe recht lang so unterrichtet)-> die Technik ist schwer erlernbar oder ich war damals zu doof, das sinnvoll zu vermitteln.
Ich finde, dieses Flachstellen/Aufkanten passiert nicht "automatisch" bei der Streckbewegung.

-------------------------------------------------------------------------------------

Was Urs zu seinen Beobachtungen in dem AU Skigebiet schreibt stimmt - ich habe dort auch wirklich üble Übungen (die auch in deinem Sinne übel sein müssen) gesehen.
Leider beobachte ich das aber sehr oft in AU. Und ich "erbe" auch sehr oft Skischüler, die es so nicht gelernt haben (dafür müsste ich ja dankbar sein:wink: ) .
Ich finde es deswegen beruhigend, dass mindestens die Idee dahinter nicht gar so absurd ist - weil skifahren können die Österreicher ja, das sieht jeder immer wieder.

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 13.06.2007 08:48

Jetzt habe ich aber noch eine Anschlussfrage, nachdem ich dem Ganzen gestern noch "nachgehirnt" habe:

Mir ist letztendlich immer noch nicht klar, warum es die AU Methodik für nötig befindet, den Aussenski zu belasten?

Wie du schreibst, ist die Idee nicht, dass man den Aussenski belasten soll um eine Kurve zu machen. Das ist ja schon mal beruhigend, denn das wäre ein 80er-Jahre-Umsteigeschwung.
Du schreibst aber auch klar und deutlich, dass ab der Fallinie der Aussenski belastet werden soll - mittels Gewichtsverlagerung.
Warum? Welchen Vorteil bringt das dem Fahrer?

Meines Erachtens kommt durch die Fliehkraft automatisch im Verlauf der Kurve mehr Druck auf den Aussenski (da beim Pflugfahren sind die Tempi noch sehr tief sind, ist dieser Druck hier aber praktisch noch nicht spürbar). Diesen Druck muss man meiner Meinung nach halten, aber nicht erzeugen.

Bewegungsfreund
Beiträge: 249
Registriert: 27.08.2006 11:09
Vorname: Bewegungsfreund
Wohnort: Engelberg

Beitrag von Bewegungsfreund » 13.06.2007 10:30

Hallo...

ich konnte da jetzt unmöglich alles lesen...

Nur soviel:
Bei einem modernen Pflug,
- Becken bewegt sich zum Kurvenmittelpunkt
- Oberkörper gleicht, achsensymmetrisch zur Unterlage, aus
- beide Ski werden gekantet geführt,

spricht man von einem dominierenden Aussenski (nicht von einem mehr belasteten Aussenski).

Der Grund warum man von dieser nach-aussen-lehn-vertikal-bewegungs-Variante abgekommen ist, ist die Tatsache, daß die Kids uns vorgemacht haben wie einfach so ein Pflug ohne Verknickung und Verdrehung und auch mit geringer Körperkraft bei modern taillierten Skiern zu fahren ist.

Gruß

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 13.06.2007 11:19

Wir führen hier grad eine interessante Diskussion. Bekanntlich legt jedes Land eigene skitechnische Schwerpunkte. Aus den Unterschieden und ihren Begründungen kann man viel lernen, finde ich.

Du sprichst vom "deutschen Pflug". Deine Aussage über den "modernen Pflug" gilt höchstens für die Deutsche Methodik!

Das "sich zum Kurvenmittelpunkt bewegende Becken" gibt es bei der Pflugkurve weder in der Schweizer, noch der Canadischen noch in der Österreichischen Methode - und in "meiner Privaten" auch nicht (weil ich es hier noch nicht für nötig halte).

Den "ausgleichenden Oberkörper" gibt es - soweit ich verstanden habe - so ähnlich in AU, in der CH aber nicht. Warum haben wir andiskutiert.

"Man" spricht meines Wissens höchstens in Deutschland von einem "dominierenden Aussenski".
In der CH belastet man 50:50, in AU wird von "Aussenskibelastung" gesprochen. Wie ich es sehe habe ich im vorletzten Beitrag auseinandergelegt.

Aussagen nach bestem Wissen und Gewissen!


Endlich schreibt hier mal jemand (Martin), der sich damit befasst, was hinter dem Österreichischen Konzept steckt!

-------------------------------------------------------------------------------------

Für den Skischulgast ist diese Diskussion nicht relevant, er muss den Hintergrund nicht kennen (ausser er möchte das gerne).
Für jemanden, der unterrichtet, kann es jedoch bereichernd sein, sich mit den Konzepten anderer Länder auseinanderzusetzen.

-------------------------------------------------------------------------------------

Thema "man hat bei den Kindern gesehen, wie es einfacher geht":
Anfang neunziger Jahre wurde in der Schweiz (ich kann nur von dort berichten) angefangen, intensiv zu beobachten, wie Kinder und Rennfahrer fahren. Man hat - wie auch du schreibst - einiges gefunden, was in der "Schultechnik" überflüssig ist.
Anfangs, mit der "Schwungsteuerung 90" ist man aber ein wenig in eine falsche Richtung gegangen. Da sich die kindliche Anatomie von der erwachsenen unterscheidet (z.B. ist die Hüftgelenkspfanne noch offener, Schwerpunkt liegt anders), ist für Kinder eine etwas andere Fahrweise ideal. So ist bei ihnen z.B. "hinten hocken" im Pflug normal und sinnvoll - bei Erwachsenen jedoch nicht.
Auf von Rennfahrern kann man nicht alles 1:1 für den Skischüler übernehmen.

Diese Beobachtungen werden weitergeführt und es wird ständig diskutiert, was von der Technik der genannten Gruppen für den Skiunterricht sinnvoll ist.

Benutzeravatar
Moorkuh
Beiträge: 471
Registriert: 02.03.2007 22:48
Vorname: Martin
Skitage pro Saison: 90

Beitrag von Moorkuh » 13.06.2007 14:29

Martina hat geschrieben:Mir ist letztendlich immer noch nicht klar, warum es die AU Methodik für nötig befindet, den Aussenski zu belasten?

Wie du schreibst, ist die Idee nicht, dass man den Aussenski belasten soll um eine Kurve zu machen. Das ist ja schon mal beruhigend, denn das wäre ein 80er-Jahre-Umsteigeschwung.
Du schreibst aber auch klar und deutlich, dass ab der Fallinie der Aussenski belastet werden soll - mittels Gewichtsverlagerung.
Warum? Welchen Vorteil bringt das dem Fahrer?
Meines Erachtens kommt durch die Fliehkraft automatisch im Verlauf der Kurve mehr Druck auf den Aussenski (da beim Pflugfahren sind die Tempi noch sehr tief sind, ist dieser Druck hier aber praktisch noch nicht spürbar). Diesen Druck muss man meiner Meinung nach halten, aber nicht erzeugen.
Ich bin auf Mutmaßungen angewiesen, weil es mir nie erklärt wurde und weil ichs auch nirgends wirklich gelesen habe, dh. was ich jetzt schreibe ist auf meinem Mist gewachsen:

1) Für Anfänger ist die Falllinie (bzw. das Durchfahren derselben) oft mit Angst verbunden. Wenn man jetzt die Anweisung hat, den Außenski stärker zu belasten, hat das mehrere Effekte:
* Man ist geistig zu beschäftigt, um sich um die Angst zu kümmern.
* Durch das stärkere Belasten des (stärker aufgekanteten) Außenskis wird dieser stärker durchgebogen, man durchfährt also die Falllinie schneller, was psychologisch wertvoll ist und
* Dadurch wird die Kurve runter und besser gesteuert

2) Du meinst, dass durch die Zentrifugalkraft ohnehin der Außenski stärker belastet würde. Das bestreite ich. Das mag ein psychologischer Effekt bei manchen (oder vielen) sein, aber physikalisch ist es keineswegs zwingend. Ich kann auch am Innenski fahren, mit derselben Geschwindigkeit, dh. mit derselben Zentrifugalkraft. Aber: Das Außenbein ist stärker gestreckt, dadurch ist es kraftsparender, die Zentripetalkraft eher mit dem gestreckten Außenbein abzufangen als mit dem Innenbein (wer versucht, in einer Hocke 10 Minuten lang zu hocken, weiß das dann aus guter Erfahrung ;) ). Aus "Zentrifugalkraft" folgt NICHT (physikalisch zwingend) "Außenbeinbelastung"!

3) Das Außenbein ist nicht nur aufgrund der Durchgestrecktheit stabiler, sondern auch durch folgenden Effekt: Wenn das Außenbein "gestört" wird (zB. durch eine schlechte Piste, Knollen, ...), "fällt" man auf das Innenbein und bleibt stabil. Der umgekehrte Fall würde in einer erhöhten Instabilität enden.

Wie gesagt, das sind keine zwingenden Gründe für die Außenskibelastung. Ich glaube, hauptsächlich soll den Schülern (ich mag nicht von Gästen sprechen; Gast ist meinem Verständnis nach jemand, der von mir eingeladen wird, ich nehme aber Geld dafür ;) ) das Kurven leichter gemacht werden, die Kurve runder und besser gesteuert werden und die Angst vor der Falllinie genommen werden. Wenn man in der Falllinie einen Ski stärker belastet, macht man automatisch eine Kurve in die andere Richtung.

Je höher das Können eines Fahrers wird, desto gleichmäßiger wird die Belastung dann ohnehin, aber einem guten Fahrer braucht mans ja auch nicht mehr leicht machen, um die Kurve zu kommen.

Just my 2 Euro-Cents

Martin

Benutzeravatar
Moorkuh
Beiträge: 471
Registriert: 02.03.2007 22:48
Vorname: Martin
Skitage pro Saison: 90

Beitrag von Moorkuh » 13.06.2007 14:40

Jetzt hab ich noch ein kleines Bildchen ausgegraben (und ein wenig verändert), das ich bei einer Ausbildung gemacht habe (leider ist die Qualität nicht besonders), daneben noch einmal Martinas Bild:
[ externes Bild ] [ externes Bild ]
Seht ihr das als "nach außen lehnen" an? Die Fahrerin ist bereits aus über die Falllinie (blauer Pfeil) gefahren (roter Pfeil ist die momentane Bewegungsrichtung), dadurch steht das (von uns aus gesehen) linke Bein höher als das rechte.
Die Achsenparallelität bedingt, dass der OK leicht in Richtung Tal/Außenseite geneigt (nicht aber verdreht) ist, die Achsen (grün eingezeichnet) durch Schultern, Hüfte, Knie und Sprunggelenke sind (auch dreidimensional, nicht nur am Bild) annähernd parallel. Das ist allerdings die Situation nach dem Queren der Falllinie!
In Martinas Video hingegen neigt sie den OK schon vor der Falllinie nach außen und tut das in einer Weise, die bewirkt, dass nicht einmal die Achsen durch Hüfte und Schultern parallel sind.

Was ich damit sagen will ist: Auch, wenn diese Stellung hier am Bild "verwunden" oder "verdreht" aussieht, sie ist das genaue Gegenteil davon: Es existiert eben keine Verwindung, weil alle Achsen ja parallel sind. Eine Verwindung würde dann existieren, wenn die Achsen gegeneinander Verwunden sind (das klingt wie eine Tautologie -- ist auch eine, aber vielleicht muß man es einmal explizit ansprechen ;) ).

Martin

Martina
Beiträge: 4659
Registriert: 11.06.2001 02:00
Vorname: Martina
Ski: Elan
Wohnort: St. Moritz / Regensburg D

Beitrag von Martina » 14.06.2007 09:14

Zu deinen Überlegungen bezüglich Aussenskibelastung:

zu 1) dass die Aussenskibelastung weniger Angst macht:
Meiner Erfahrung nach ist genau das Gegenteil der Fall. Alle verängstigten Schüler, die ich aus AU Skischulen übernommen habe, hatten genau wegen der Aussenskibelastung Angst. Es unterbricht den Bewegungsfluss.
Obwohl das nicht empirisch ist, glaube ich, dass man dieses Argument vergessen kann.

zu 2) dass durch die Zentrifugalkraft der Aussenski nicht automatisch stärker belastet wird:
Ist es nicht so, dass die Zentrifugalkraft nach aussen hin stärker wird?
Meines Wissens schon.Kann das mal jemand physikalisch Gebildeter kommentieren, bitte?
Natürlich kann ich auf dem Innenski fahren. Das bedingt aber, dass ich das Gewicht auf diesen verlagere (Anmerkung: Wenn man den KSP so weit innen hat, wie du auf deinem Bild mit gestrecktem Bein,dann ist das Gewicht natürlich erst mal auf dem Innenski - doch dazu weiter unten...). Ich plädiere aber dafür, die Gewichtsverteilung 50:50 zu lassen - KSP in der Mitte, wodurch meiner Meinung nach automatisch mehr Druck auf das Aussenbein kommt .

zu 3) sorry, das verstehe ich nicht. Ich finde, es ist sogar eher so, dass der Innenski dann in einem "Störungsfall" besser aushelfen kann, wenn er gleich belastet ist wie der Aussenski.


Auch deine Aussage: "Je höher das Können eines Fahrers wird, desto gleichmäßiger wird die Belastung dann ohnehin" ist fragwürdig, finde ich. Ist es so gemeint: Ein besserer Fahrer muss den Aussenski nicht absichtlich mehr belasten? Das halte ich für zutreffend, weil bei höheren Tempi eben die Zentrifugalkraft grösser wird und der Aussenski somit von selber mehr Druck kriegt.
Aber: Wenn du recht hast, dann ist diese Aussenskibelastung eine Sackgassentechnik, sprich, etwas was man lernen und sich dann wieder abgewöhnen muss! (sag ich doch schon die ganze Zeit, dass es überflüssig ist :wink: )

Ich habe den Eindruck, beim Thema "Aussenskibelastung" wird einfach nicht sauber zwischen "Gewicht verlagern" und "entstehenden Druck halten" unterschieden.
Meines Erachtens entsteht aussen mehr Druck (eben: Zentrifugalkraft), den muss man natürlich halten und dafür seine Muskeln einsetzen. Dies wurde mit "belasten" gleichgesetzt, was aber nicht präzise ist.
Hinzu kommt, dass man den Aussenski "schon immer" belastet hat, so waren vielleicht einige Alteingessessene zufrieden, wenn dieser alte Zopf nicht abgeschnitten wurde...

Könnte das deiner Meinung nach sein?

-------------------------------------------------------------------------------------

Weitere Frage zu deinen Bildern:

Strebt ihr wirklich an, mit gestrecktem Aussenbein und dem Körperschwerpunkt so weit innen zu fahren?

Das Bild von dir (rote Jacke) sieht genau aus wie die "Schwungsteuerung 90" in der Schweiz - eben die Technik, von der man dann gemerkt hat, dass sie nicht ideal ist.
Warum?
Wenn man das Aussenbein so streckt, dann liegt der Schwerpunkt über dem Innenski, der somit stärker belastet ist als der Aussenski. Der Aussenski kann so nicht gut kontrolliert werden.
Ausserdem kann das gestreckte Bein Schläge schlecht abfedern.

Kann es sein, dass ihr diese "Innenskihockposition" einnehmen sollt und das oben beschriebene Problem dann behebt, indem ihr den Aussenski "belastet"? Hier wäre es wirklich nötig, den Aussenski mehr zu belasten - um eine 50:50-Belastung zu bekommen! Aber warum wird dann der Körperschwerpunkt nicht einfach in der Mitte gelassen (wie man es in meinem Bild sieht, abgesehen vom abgeknickten Oberkörper)?

Natürlich hat der fortgeschrittene (schnelle) Skifahrer den Schwerpunkt wesentlich weiter im Kurvenzentrum, aber der muss ja eben der Zentrifugalkraft entgegenhalten. Hier gilt ganz einfach: je schneller, desto weiter innen ist der KSP.

Wird hier, um das Ideal "Achsenparallelität" durchzusetzen, eine Position in Kauf genommen, die meiner Meinung nach alles andere als einfach und sinnvoll ist?

-------------------------------------------------------------------------------------

Achsenparallelität:

Jetzt verwirrst du mich ziemlich: Auf deinem Bild, rote Jacke, sind die eingezeichneten Achsen parallel, stimmt.
Aber das bedeutet doch, dass die Hüfte in die Fahrtrichtung gedreht ist, oder? Und du hast doch klar geschrieben, dass man die Hüfte nicht mitdrehen darf, oder?
Wenn du die Hüfte tatsächlich nicht mitdrehst, dann entsteht eine Verwindung des Körpers( "taloffen"). Ich habe das mal versucht zu zeichnen, es ist eine Aufsicht, man sieht also von oben auf den Fahrer:

[ externes Bild ]

grün sind die Ski, schwarz die Füsse, blau die von dir eingezeichnete Achse durch Füsse/Knie, rot die Position der Hüfte, wenn man sie eben nicht mitdreht.
Auf deinem Bild ist die Hüfte aber durchaus mitgedreht!

Das mit der Achsenparallelität hat mir aber eh noch nie eingeleuchtet. Wenn ich bei einem guten Fahrer die Achsen einzeichne, sind die doch auch nicht parallel?
[ externes Bild ]
Dieses Thema habe ich noch nie verstanden. Vielleicht kannst du mir es erklären?

-------------------------------------------------------------------------------------

Ich muss vielleicht mal anfügen, dass ich den Thread hier wirklich spannend finde. Martin, ich finde du erklärst verständlich und vor allem sachlich. Vermutlich ist es zwar allen anderen "too much", aber egal :wink: . Hoffentlich ist es ersichtlich, dass ich nicht so viel Rückfrage, weil ich alles, was Martin schreibt, irgendwie daneben finde. Es geht mir darum, zu verstehen, was für eine Idee dahinter steckt und was eben wirklich gemeint ist.
Ich schreibe meine Antworten auch nicht schnell, schnell hin, sondern muss mich mit dem Ganzen ziemlich auseinandersetzen, um nachvollziehen zu können und dann eben die Punkte, die mir nicht einleuchten, anzusprechen.

Antworten