Nötige und überflüssige Bewegungen

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
freeriderin
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Beitrag von freeriderin » 02.03.2007 13:02

Herbert Züst hat geschrieben: (...) Wieso kann Freeriderin in Neuss keinen Unterricht mehr geben wenn sie die momentan offizielle gültige Version des Lehrplanes nich mehr kennt ? (...)
Hi Herbert & werte Mitlesende,
Nur kurz zur Erklärung: da habe ich mich beim "Parallelschwung" wohl missverständlich ausgedrückt, Entschuldigung.
Ich kann natürlich schon dort Unterricht geben, wenn ich will (nehme ich mal an) - aber ich gehe meistens lieber selber skifahren.
Natürlich sind alle Skilehrer dort in der Halle (wie auch vermutlich bei den meisten Skischulen) angehalten, regelmäßige Fortbildungen zu besuchen, um auf dem neuesten Stand (ob dieser jeweils sinnvoll ist, ist natürlich eine andere Frage :wink: ) zu sein & um ein insgesamt einheitliches Unterrichtsprogramm zu unterstützen.
Diesbezüglich bin ich persönlich hin und wieder ein wenig faul - und bilde mich lieber auf meine eigene Weise im Schnee fort :wink:

Insgesamt finde ich es übrigens ganz schön schwierig, eine Angelegenheit wie das Skifahren in ein Schema, das man z.B. Lehrplan nennt, zu packen.
Andererseits brauchen Skilehrer (vor allem Lehranfänger) irgendein Konzept, an dem sie sich wenigstens am Anfang orientieren können. Und die wenigsten (da schließe ich mich natürlich ein) sind didaktisch und skitechnisch so gut, dass sie ohne einen solchen Leitfaden für alle Situationen die passenden Wege, Methoden und Techniken finden.

Grüße!
Kati

PS Sorry, zu "parasitären Handlungen" passt mein Beitrag leider nur sehr mittelbar. Bin schon wieder weg

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nicola
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Beitrag von nicola » 02.03.2007 13:10

uwe da hast du mich jetzt gründlich missverstanden, natürlich ist es äusserst sinnvoll die sprunggelenke beim skifahren zu beugen aber kein mensch kann auf unverkrampfte art gleichzeitig die sprunggelenke beugen und "satt" auf der ganzen sohle stehen. beim kurvenfahren belaste ich mal die ballen, mal die fersen mal die fussaussenseite mal die innenseite. man könnte sagen die druckverteilung bewegt sich ständig. der satte stand auf der ganzen sohle ist nur für gleitpassagen wichtig, damit der druck über die gesamte auflagefläche des skis gleichmässig verteilt wird.

ich habe es ja hier schön öfter erwähnt, dass ich nichts davon halte in den unterricht termini wie haltung oder position einzubringen. selbst der "anfängerschuss" am übungshang ist bewegung und nicht haltung. wenn es dem lernenden "erlaubt" ist ohne starre grundhaltung zu fahren, wird er ganz von selbst, die für ihn notwendigen bewegungen entdecken, mit denen er balance halten kann. beraubt man ihn dieser wichtigsten basis erfahrung, dann wird schon der nächste schritt, nämlich bremsen, egal auf welche art, zur unnötigen tortur.

in der methode eine skihaltung zu vermitteln, liegt einfach ein ganz dicker hund begraben, der ungeheuer viel überflüssige bewegung hervor ruft. der ski ist ja kein fahrzeug, das von alleine kurven fährt, steuern kann ich nur durch körperbewegung, egal ob sie durch muskelkraft oder die umgebungskräfte zustande kommen. letzteres kann ich zulassen oder verhindern und so gesehen sind alle bewegungen, welche die wirksamkeit von material und umgebungskräften einschränken unnötig oder kontraproduktiv, egal ob es einem gemütlichen skifahrer um weniger kraftaufwand oder einem rennläufer um die bestzeit geht.
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Beitrag von Herbert Züst » 02.03.2007 13:27

Nicola :zs: :zs:

Ich sehe und fühle, dass eine solche Grundhaltung verkrampft ist, du kannst es sogar begründen.
Eine Grundhaltung an sich IST wichtig. Wie stehen wir denn aufm Ski? Locker lässig, neutral und leicht gebeugt in den Gelenken. Endpositionen sind Gift, Bewegungsbereit sein ist wichtig.


Klar ist eine Grundhaltung nötig, irgendwie muss man ja in der Gegend stehen :wink: , aber nicht so wie im Lehrgang gezeigt.
Ein Skischüler der sich voll auf so eine komische Haltung konzentrieren muss ist ganz sicher nicht reaktions und bewegungsbereit.

Gruss Herbert

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Beitrag von lynne » 02.03.2007 13:46

Nicht nur damit wir nicht umfallen, sondern damit sich die Lernenden auch an etwas orientieren können.

Es kann nicht sein dass ich Unterrichte und dabei die Hände lustlos am Körper baumeln lasse und aufm Ski steh wie ein nasser Sack. Visuell lernende Menschen brauchen ein optisches Vorbild.

Ich muss dazu sagen mir ist auf keinem meiner Lehrgänge diese "typische Haltung" eingetrichtert worden, wir waren in unserer Haltung immer frei solange keine essentiellen Dinge falsch waren. So hat man nach 2-3 Tagen jeden Teilnehmer schon anhand seines Styles erkannt.

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Beitrag von Herbert Züst » 02.03.2007 14:04

Es kann nicht sein dass ich Unterrichte und dabei die Hände lustlos am Körper baumeln lasse und aufm Ski steh wie ein nasser Sack. Visuell lernende Menschen brauchen ein optisches Vorbild
Dann steh doch einfach so da wie wenn du mit Freunden Skifahren gehst, oder machst du das auch lutlos?

Diese im Lehrgang gezeigte Grundstellung erinnert mich irgendwie an die Achtungsstellung im Militär ist auch verkrampft, demotivierend und absolut überflüssig.

Gruss Herbert

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Beitrag von nicola » 02.03.2007 14:29

@lynne - ich glaube wir haben schon in mehreren beiträgen das thema des visuellen lernens gestreift, ich weiss allerdings nicht wo. deshalb jetzt etwas off topic: in der westlichen kultur ist das visuelle lernen sehr stark präsent und so ist es auch nicht verwunderlich, dass in den meisten skilehren die methodische übertreibung einen grossen stellenwert einnimmt. ich bin der meinung, dass dadurch jedoch ein manko entsteht, nämlich dort wo bewegungslernen ursprünglicher ist, nämlich im bewegungssinn. nur dort sind nämlich auch die auswirkungen der umgebungskräfte direkt erfassbar.

lehre ich jemanden verstärkt über den visuellen sinn, so beginnt er bewegungen zu kopieren aber gleichzeitig setze ich auf der ebene der empfindung über die propriozeption (gelenklagesinn - also das feedback wie meine körperteile zu einander stehen) eine einschränkung ein. diese wahrnehmung ist durch das zusehen und nachmachen nicht besonders bewusst. je mehr menschen über gezielte fokussierung auf visuelles lernen geprägt sind, desto geringer ist der direkte zugang zum bewegungssinn, deshalb ist das nachmachen von bewegungen für kleine kinder noch kein problem oder sogar wichtig, für gar nicht so wenige erwachsene aber oft nicht der günstigste lernweg.

als ausgangspunkt für das entdecken des eigenen stils halte ich übrigens das "wie ein nasser sack" auf dem ski stehen gelegentlich für eine sehr adäquate methode und die methodisch übertriebene fahrweise für nichts anderes als einen ziemlich überflüssigen ausdruck von repräsentationsgetue auf dessen boden das unnötige beste wachstumsbedingungen findet.
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Beitrag von nicola » 02.03.2007 14:42

Herbert Züst hat geschrieben:
Es kann nicht sein dass ich Unterrichte und dabei die Hände lustlos am Körper baumeln lasse und aufm Ski steh wie ein nasser Sack. Visuell lernende Menschen brauchen ein optisches Vorbild
Dann steh doch einfach so da wie wenn du mit Freunden Skifahren gehst, oder machst du das auch lutlos?

Diese im Lehrgang gezeigte Grundstellung erinnert mich irgendwie an die Achtungsstellung im Militär ist auch verkrampft, demotivierend und absolut überflüssig.
allein schon der arrogante ausdruck wie ein nasser sack kommt wohl aus dem feldwebel erziehungsjargon. wenn jemand einen anderen als nassen sack bezeichnet wird er wohl wenig über die ursachen für eine passive körperhaltung wissen. leider geht es in vielen sportausbildungen immer noch recht rau zu und der schwächere gerät oft genug in einen kontraproduktiven zugzwang, der sich nicht selten in überflüssigen bewegungen ausdrückt (womit wir wieder beim thema wären :wink: )
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Beitrag von Uwe » 02.03.2007 14:46

Sicherlich beschränkt man vielen Lernenden wenn man ihnen "starre Vorgaben" macht ... viele brauchen aber Vorgaben, um erstmal einen (An-) Halt (-spunkt) zu finden.

Hier haben wir wieder das Problem mit eigenem, autodidaktischen Lernen / Weiterlüben und dem Lernen unter Anleitung.
Wenn ein Schüler immer einen Lehrer an seiner Seite hat, kann man vieles viel individueller / besser aufbauen, als wenn er dann alleine weiterlernt.

Und wenn man sich viele gute Skifahrer ansieht, so erkennt man zwar viele eigene Styles (und kann Fahrer daran unterscheiden), trotzdem haben sie alle eine mehr oder weniger gleichartige - weil funktionale - (Grund-)Haltung, von der aus sie variieren ... je nach persönlchen oder geländebedigten Voraussetzungen.

Also einfach zu sagen, es gibt keine funktionale Grundposition ist auch nicht die Lösung. Eine Lösung wäre eher zu sagen, dass es eine funktionale Grundposition zwar gibt (wie sie wohl jeder Skifahrer praktiziert), dass diese aber KEINE starre Haltung, sondern nur Ausgangs- oder Orientierungspunkt für eigene Bewegungsabläufe ist.
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Beitrag von lynne » 02.03.2007 15:07

daraus folgt aber übertrieben gesagt ... ich nehme einen schüler , sag ihm da ist der hang, ich seh dich in 3 tagen...

ich weiß das ist bewusst provozierend! Ich hab mich mal eine weile mit den unterschiedlichen wahrnehmungen befasst die es beim menschen so gibt - auditiv, visuell und kinästhetisch .... ein stark auditiver oder visueller schüler bei dem kinästhetische schwächen bestehen, wird schwierigkeiten haben auf dem von dir genannten weg vorwärts zu kommen.
westlichen kultur ist das visuelle lernen sehr stark präsent
was ja auch in ordnung ist wenn ein großteil der menschen mit dieser wahrnehmung am besten lernt.

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Beitrag von Herbert Züst » 02.03.2007 15:13

Uwe ich habe überhaupt nichts gegen eine funktionelle Grundhaltung aber etwas gegen die unzweckmässige Grundhaltung in den Lehrplänen, welche noch für sich Inanspruch nimmt die einzig richtige zu sein, und für Anfänger aus den schon genannten Gründen absolut unzweckmässig wenn nicht sogar hinderlich ist. Was mich weiterhin stört, ist dass gestandene Skilehrer diese komische Haltung annehmen sobald sie jemandem vorfahren, sei dies nun ein Anfänger oder einer der besser fährt als sie selbst, denn dies zeigt eindeutig wie tief verwurzelt diese Haltung auch in vielen Ausbildnern ist. Auch ist es ein Phänomen, dass diese oder eine ähnliche Haltung landesunabhängig, seit vielen Jahren durchs Band gelehrt wurde und wird.

Gruss Herbert

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