Expertenthema Belastungswechsel Innen-Außen

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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Hosky
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Beitrag von Hosky » 01.12.2006 09:29

Herbert, also irgendwie verstehe ich Dich nicht. Am Kurvenende habe ich so oder so eine hauptsächliche Außenbeinbelastung (die Zentrifugalkraft trägt mich ja nach außen, wozu gegenwirken?), egal ob ich die Kurve über den Innenski oder den Aussenski eingefahren bin. Außerdem stehe ich am Schwungende mit dem Schwerpunkt etwas weiter hinten, was zum zusätzlichen Druckaufbau auf dem Außenbein führt, ein leichtes "Zumachen" der Kurve. Das braucht gar nicht extrem gefahren zu sein, um das nötige Moment für das Umkippen zu erzeugen:

Den zusätzlichen Druck beim Zumachen kann man nun entweder mit dem Aussenbein aufnehmen und mit stärkerer Kurvenlage wieder ins Gleichgewicht kommen, dann fährt man die Kurve eben weiter. Oder man korrigiert eben nicht mit zusätzlicher Schräglage, dh der Schwerpunkt wandert automatisch über den Ski nach außen und führt zum Umkippen. Dies kann ich mit Aufstehen über dem (alten) Innenbein am Kurvenende unterstützen (cross over), muß es aber gar nicht unbedingt, da das Zumachen mich automatisch nach außen und damit in Richtung der neuen Kurve trägt. Dann lasse ich die Beine ohne mich aufzurichten unter mir durchwandern (cross under).

In jedem Fall muß ich beim Umkippen meine Lage wieder korrigieren, um von der Fersenbelastung am Kurvenende zu einer Ballenbelastung am Kurvenanfang zu kommen, damit die Schaufel frühzeitig greift. Dies ist mit Aufrichten imho einfacher als beim cross under.

Unabhängig davon kann ich aktiv einen Belastungswechsel auf den kommenden Außenski durchführen oder eben nicht, also die neue Kurve über den Außenski oder über dein Innenski einleiten. Und das ist das Thema des threads, wie ich es verstanden habe :wink:

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Beitrag von Hosky » 01.12.2006 09:36

nicola war schneller :D

aber in der letzten Einstellung ihres clips sieht mans ganz gut. Die Frage ist: steht der Fahrer hier außen oder innen?

Nicola, als jemand, der das Aussenbeinfahren automatisiert hat, finde ich es schwer vorstellbar, daß die Einleitung über den Innenski für einen Lernenden einfacher ist. Ich finde sie reizvoller bzw die gefahrene Kurve dann perfekter (gibt´s eine Steigerung von perfekt? :wink: ), aber eben nicht einfacher, da sie viel mehr Gleichgewichtsgefühl verlangt.

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Beitrag von nicola » 01.12.2006 09:51

Hosky hat geschrieben:Nicola, als jemand, der das Aussenbeinfahren automatisiert hat, finde ich es schwer vorstellbar, daß die Einleitung über den Innenski für einen Lernenden einfacher ist. Ich finde sie reizvoller bzw die gefahrene Kurve dann perfekter (gibt´s eine Steigerung von perfekt? :wink: ), aber eben nicht einfacher, da sie viel mehr Gleichgewichtsgefühl verlangt.
hm - wie wir ja wissen ist der gleichgewichtssinn unter anderem ganz eng mit reflexen verbunden, jemand der sich stabilisierungsreflexe zur aussenbeinbelastung angeeignet hat, tut sich viel schwerer als jemand der diesbezüglich noch unbedarft ist.
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Beitrag von nicola » 01.12.2006 09:59

meine ansicht von dynamischem skifahren aus einem von mir verfassten paper zu unseren biomechanischen forschungen:

Dynamische Fahrweise
Grundlage ist die Betrachtung einer ausgereiften modernen Fahrweise, die im Kurvenverlauf dem Spiel mit Umgebungskräften den Vorzug vor Einsatz hoher Körperkraft gibt. In dieser modernen Fahrweise erfolgen Kernbewegungen eher gewandtheits- als geschicklichkeitsorientiert. Gewandtheit bedeutet durch Rumpfbewegungen geführte Ganzkörperbeweglichkeit, unter Geschicklichkeit versteht man Bewegungen der Extremitäten, wie der Arme, Beine, Hände, Finger und Füße, sowie peripherer Körperteile, zum Beispiel Kopf, Schulter und Hüfte.

Kernbewegungen des Skifahrens sind im Wesentlichen Drehen, Beugen, Strecken, Kippen, Knicken, Federn, Halten. Diese Bewegungen stehen im Umfang (Raum), im Rhythmus (Zeit) und in der Energie (Kraft) mit den Gegebenheiten (Radius, Geschwindigkeit, Hangneigung, Schneebeschaffenheit und Material) in Wechselwirkung. Vereinfacht kann man sagen, eine dynamische Fahrweise entspricht nicht dem Beherrschen von Material und Techniken, sondern sucht auf jedem Könnenslevel einen Bewegungsspielraum innerhalb der eigenen Möglichkeiten und äußeren Gegebenheiten. Selbstverständlich spielen dabei die dynamischen Eigenschaften des verwendeten Skimaterials im Hinblick auf ökonomische Kernbewegungen eine wichtige Rolle.
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Beitrag von Herbert Züst » 01.12.2006 10:00

@ Hosky
Also wenn du das Kurvenende kurz vor dem Umkanten meinst, dann solltest du den Druck auf dem bisherigen Innenski haben über dessen Schaufel du nun die neue Kurve einleitest, umkantest und dann kontinuirlich den Druck auf den bissherigen Aussenski, der nun zum neuen Innenski wird leitest.

@ Nicola
Letztes Jahr wurde jedenfalls bei uns in der Schweiz an den Walliser-Skischulen, den Anfängern noch das Carven mit Belastung auf dem Aussenski gelehrt. Ich weiss schon wir hinken den Österreicher bezüglich Skitechnik gewaltig hintennach aber Hansruedi wird dies nun schon ändern.

Die physikalischen Grundlagen bleiben sich immer gleich und wie du nun carvst.

Gruss Herbert
Zuletzt geändert von Herbert Züst am 01.12.2006 10:07, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag von Hosky » 01.12.2006 10:04

nicola hat geschrieben:hm - wie wir ja wissen ist der gleichgewichtssinn unter anderem ganz eng mit reflexen verbunden, jemand der sich stabilisierungsreflexe zur aussenbeinbelastung angeeignet hat, tut sich viel schwerer als jemand der diesbezüglich noch unbedarft ist.
Das ist sicher richtig. Und die Reflexe sitzen tief!

Andererseits sehe ich neben den Reflexen noch einen weiteren Grund für die bessere Stabilität beim Einfahren übers Aussenbein: wenn ich hier zu weit nach innen kippe, kann ich mich mit dem Innenbein noch abstützen. Diese Möglichkeit gibt's nicht beim Einleiten über den Innenski. :roll:

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Beitrag von nicola » 01.12.2006 10:10

@herbert - ich spreche nicht für die österreichische methodik, sondern einzig und allein von meinen erfahrungen.

@hosky - natürlich steht dir beim nach innen kippen kein bein mehr zur korrektur zur verfügung, dafür aber die fliehkraft.
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Beitrag von Herbert Züst » 01.12.2006 10:13

Hosky wenn du die Kurve über das Aussenbein einleiten willst, musst du zuerst einen Belastungswechsel auf dieses Bein machen. Dies gibt nach meiner Meinung einen Unterbruch in den Ablauf und wirkt einfach nicht so harmonisch rund. Als einer aus der älteren Generation habe ich auch Mühe damit, manchmal gelingt's, manchmal eben nicht.

Gruss Herbert

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Beitrag von Bewegungsfreund » 01.12.2006 10:16

Hallo...

@Hosky
der Fahrer steht innen zu dem von Dir beschriebenen Zeitpunkt der Kurve....wenn er es will. Ist ja auch fantastisch (schon geklärt).

@Nicola
Meine Frage kam ja nicht von ungefähr...;-)
Der Clip ist sehr schön. Schöner Kurvenwechsel.

Jetzt sind wir aber wieder bei den Aktionen die dazu führen das man die Einleitung auf dem Innenbein erreichen kann.
Und meine Frage bleibt bestehen.
Wenn wir so etwas wie Belastungswechsel, Abkanten-Umkanten-Aufkanten, Einnehmen von Kurvenlage zum Kurvenwechsel bestimmen kann....muss ich es auch zeitlich sortieren können.
Meiner Meinung nach führt der frühzeitige Belastungswechsel auf den kommenden kurvenäusseren Ski erst dazu das wir die Möglichkeit bekommen, entscheiden zu können auf welchem Ski wir dann in die Kurve auch wirklich einfahren.
Das wäre dann der Beginn von Nicolas Clip.

Gruß

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Beitrag von Herbert Züst » 01.12.2006 10:42

Nicola schreibt:
Kernbewegungen des Skifahrens sind im Wesentlichen Drehen, Beugen, Strecken, Kippen, Knicken, Federn, Halten
:zs: nur müssen diese Bewegungen explizit auf das Skifahren bezogen im Menschen drin sein und dies braucht nach meiner Erfahrung eine längere Übungszeit. Dass Gleichgewicht, welches ja aus vielen kleinen reflexartigen Muskelbewegungen besteht, nicht so ohne weiteres von einer Tätigkeit zur anden übertragen werden kann, sehe ich gerade jetzt bei meiner Krankengymnastik, denn wenn ich sehe wie tolpatschig ich mich beim Ballspiel auf dem Wackelbrett anstelle, frage ich mich wieso ich überhaupt skifahren kann.

Grus Herbert

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