Moorkuh hat geschrieben:Allerdings würde ich gerne die zugehörigen Aufnahmen der Fahrer sehen.
ich auch -- da das Ganze in dem zitierten Werk aber methodisch sauber beschrieben ist und der gute Herr Kassat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Professor für Biomechanik und Bewegungslehre war (
http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Kassat), glaube ich den Messergebnissen.
Moorkuh hat geschrieben:Die Graphiken zeigen, dass bei diesen Messungen das herausgekommen ist. Mit damaliger Fahrtechnik (die nicht einmal gezeigt wird), damaligen Fahrern (wer?) und damaligem Material.
Diese Info kann ich nachliefern:
So erfolgte aus der Vielzahl möglicher Schwünge für diese Untersuchung eine Beschränkung auf Grundausführungen von Tief- und Hochschwüngen [nach dem DSV-Skilehrplan von 1981/82, E.]
sowie auf Schwünge, bei denen ohne weitere Anweisung auf Vertikalbewegungen verzichtet werden sollte (Kurzbezeichnung: Normalschwung). Die Schwünge wurden von 13 Sportstudentinnen bzw. Sportstudenten ausgeführt. Alle besaßen eine langjährige Skierfahrung und hatten dann im Rahmen des Sportstudiums eine Grund- und Schwerpunktfachausbildung auf der Grundlage des Skilehrplans absolviert. Vor der Untersuchung wurde von einer erfahrenen Skilehrkraft, die von der Untersuchung unabhängig war, nochmals eine spezielle Schulung nach den Ausführungsbestimmungen des Lehrplans vorgenommen. [...] Markierung der Versuchspersonen: zugrundegelegt wurden die Erkenntnisse von Kalfhues (Die Projektion von Gelenkachsen auf die haut, DSHS Köln 1970) [...] Die Versuchsausführungen erfolgten in Badebekleidung (Kassat G, Schein und Wirklichkeit parallelen Skifahrens, Münster 1985, S. 127)
Zum Material: die Tatsache, dass alle Skifahrer, die auf den alten 2-Meter-"Bleistiften" Parallelschwünge und/oder Wedeln gelernt haben und die Schwünge technisch sauber bzw. sicher beherrschen, ohne Probleme oder Umstellung der Technik bzw. Bewegungsmuster die gleichen Schwünge mit Carvingski ebenso problemlos beherrschen, zeigt, dass es bei gedrifteten Schwüngen nicht darauf ankommt, ob man stark taillierte Ski fährt oder nicht (andernfalls wäre auch der Umsteig auf/von Powder-Ski nicht so einfach). Und die Tatsache, dass man während eines Schwungs sehr einfach vom Driften zum Carven wechseln kann und umgekehrt ("eindriften" und "auscarven" ebenso wie "eincarven" und "ausdriften") zeigt, dass auch bei Carven und Driften die grundsätzlichen physikalischen Prinzipien und Vorgänge dieselben sind und sich die Schwungsteuerung eigentlich nur im Grad des Auswärtsdriftens unterscheidet (Carving = 0).
Moorkuh hat geschrieben:interessant T6: obwohl während der beschleunigten Skidrehung tiefgegangen wurde, erfolgt keine Entlastung, sondern die Kraft bleibt fast konstant bei etwa 1 g bzw. 100%.
Ich frage mich hier, wo Newton sich geirrt hat.
Wenn der KSP tief geht -- what the f***?
Wie du selbst (glaub ich) bemerkt hast: Probier es auf der Waage aus. Geh tief und sag mir, was du siehst.
Ich verstehe diese Messungen irgendwie nicht und ich verstehe nicht, was ich da sehe. Ich vermute, dass ich nicht ganz verstehe, was da wirklich gemessen wurde, andernfalls machen die Messergebnisse keinen Sinn. Und ich glaube nicht, dass Skifahren nicht der Newtonschen Mechanik gehorcht.
was Newton angeht, stimme ich mit dir überein. Was die Vergleichbarkeit von Badezimmerwaage und Kraftwirkungen
während eines Skischwungs angeht, nicht

Durch die Geschwindigkeit hat ein Skifahrer ja mehr Energie "gespeichert" als im Stillstand -- wie jeder weiß, der mal aus schneller Fahrt einen Not-Stopp gemacht hat: selbst wenn man beim Anhalten in die Knie geht (also "tiefentlastet"), verspürt man eine deutlich größere Kraft als das eigene Körpergewicht. Für Schwünge gilt analog das Gleiche: die Trägheitskraft, die durch die Richtungsänderung wirkt, kommt ja zum Körpergewicht noch dazu (und wird beim gedrifteten Schwung durch die Reibung etwas abgemildert). Ist das gleiche Prinzip wie die Querbeschleunigungen von über 3 g in der Formel 1 in manchen Kurven oder Steilwandfahren -- oder wie hier beim Eisschnellauf
http://mulack-aufgaben.de/P11/Kreisbewegung.pdf Aufgabe 10: Kurvenradius ca. 32m und Geschwindigkeit ca. 50 km/h ergibt ca. 1,2 g (s. auch den bereits geposteten Link zu WDR Quarks). Natürlich bewirkt ein Tiefgehen bei Geradeausfahrt eine Entlastung auf unter 1g (das zeigen ja auch die Messergebnisse von G. Kassat), aber es ging ja um die Belastung während des Schwungs.
Moorkuh hat geschrieben:Alle Fahrer im WC, EC etc. fahren so. Wäre das denn gänzlich unsinnig, würde man sich diese Arbeit sparen, immerhin hebt man seine geschätzten 80 kg bei jedem Schwung um sagen wir 40 cm. Da kommt in einem RTL schon etwas zusammen, die Kraft könnten sich Miller und Co dann ja besser sparen.
die Antwort, warum Rennläufer zwischen den Schwüngen trotz des höheren Luftwiderstands mit dem Körperschwerpunkt hochgehen, wurde schon gegeben:
Math hat geschrieben:jeder rennläufer baut in der kurve geschwindigkeit ab (im steilen RTL ca. 20km/h bei jeder Kurve) man beschleunigt dafür wie verrückt zwischen den Kurven. D.h. [es] werden extreme Kurvenlagen gefahren und Radien verkürzt damit man so schnell wie möglich wieder gerade fahren kann
chianti hat geschrieben:Vorteil: Aufbau von Lageenergie, die durch anschließendes Tiefergehen als zusätzliche Kraft auf die Ski gebracht werden kann -> stärkeres Durchbiegen der Ski und engerer Kurvenradius bei höherer Geschwindigkeit möglich.
Aus dem gleichen Grund sollen im Rennsport Rocker ja nicht gerade selten sein...
Moorkuh hat geschrieben:Ist die Kernaussage, dass man in einer Entlastungsphase nicht leichter dreht als in einer "normalen" Phase?
das trifft es ziemlich genau. Die Kernaussage ist, dass der Schwung dadurch eingeleitet wird, dass bei Schrägfahrt auf der Kante 1. der Kantenwinkel verringert wird bis zur Flachstellung und zum Kantenwechsel, dies führt mit 2. dem Aufbau seitlich auf die Ski wirkender Kräfte durch Verlagerung des Körperschwerpunkts zur Kurveninnenseite oder/und seitlichen "Drehmomentreaktionen" (durch Hüftknick, früher war der Begriff "Fersenschub" mal gebräuchlich) zum "Einwärtsdriften", also dem Abrutschen der Skispitzen in Richtung Falllinie (wie beim Carving auch) -- und dass
dies nicht durch Entlastung, also weniger Gewichtskraft auf dem Ski, begünstigt wird. (Bei einem klassischen Hochschwung überspringt man quasi das Einwärtsdriften, man springt sozusagen auf die Innenkante des eingeleiteten Schwungs und setzt ihn mit dem Auswärtsdriften fort. Die Skidrehung ist dadurch aber nicht schneller als beim Tiefschwung oder Normalschwung, s. Grafiken.)
In aktuellen Lehrplänen oder -schemata spielt die "Entlastung" bei der Schwungeinleitung daher auch keine Rolle mehr:
[ externes Bild ]
(Zitat aus SnowSport 4/2006-07 S.11,
http://jkarl.de/sportarten/Fahrphilosophie_aktuell.pdf)
Gruß, Ekkehard
P.S.: mir fällt auf, dass skilehrende Forumels, die sonst gerne was zur Skitechnik schreiben, in diesem Thread auffällig zurückhaltend sind. Woran liegt's? Zu akademisch/physikalisch? Zu wenig relevante Diskussion? Zu großer Widerspruch zu dem, was man gelernt hat oder lehrt? Sonstiges?