Ich möchte eingangs nur erwähnen, dass mir diese Diskussion ziemlichen Spaß bereitet und ichs eigentlich schade finde, das alles nicht gleich ausprobieren zu können, wozu ich hier angeregt werde und was ich mir dazu denke. Ich hoffe, dass wir nicht allzu viel von dem, was bereits tausende Male hier diskutiert wurde, wiederholen.
Martina hat geschrieben:Den Unterschied zwischen einer Drehung und einer Rotation hat Kosti vor langer Zeit hier mal sehr schön beschrieben (sprich: sogar ich Physikdepp habs kapiert). Ich werde mich hüten, diesen Unterschied darzulegen... Vielleicht mag es ja jemand im Forum suchen gehen...
Ich habs versucht, wurde aber nicht wirklich fündig.
Von meiner (naturwissenschaftlichen) Ausbildung her ist mir aber ein Unterschied zwischen Drehung und Rotation noch nie untergekommen. Es kann aber durchaus sein, dass man beim Skifahren oder in der Biomechanik hier einen Unterschied macht.
Ich glaube, ich habe verstanden, wie in AU die Kurvenauslösung im Pflug gedacht ist:
Man fährt im Pflug geradeaus.
Dabei sind beide Ski aufgekantet. Von der Taillierung her würden sie nun aufeinander zu gleiten. Das kann man aber mittels leichter Muskelanspannung verhindern.
Korrekt; in meiner Terminologie wuerde ich vom "Rutschen" beider Skier sprechen: Die Ski sind (ganz leicht) auf der Kante und bewegen sich dabei nicht in die Längsrichtung der Skier.
(Anm.: Meine Terminologie bez. Rutschen, Driften etc. deckt sich nicht unbedingt zu 100% mit der aus der Literatur oder sonst gebräuchlichen)
Will man nun eine Kurve fahren, so wird der Talski/werdender Innenski flachgestellt. Den immer noch aufgekanteten Bergski/Aussenski lässt man nun der Taillierung entlang gleiten -> er beginnt eine Kurve.
Diese Anweisung gibt man zwar nicht, aber es entspricht der Beobachtung des Vorgangs, mit einer kleinen, aber wichtigen Ergänzung: Der Außenski gleitet nicht wirklich entlang der Taillierung, sondern er rutscht nach wie vor (dh. er ist leicht aufgekantet, bewegt sich aber nicht wirklich genau entlang der Taillierung (wohl aber weiter entlang derselben als davor!)). Der Innenski hingegen wird durch die Hochbewegung und das Neutralisieren (-> Auflösen des Knie- und Sprunggelenkswinkels!) flachgestellt und geht vom Rutschen ins Driften über. (Dabei ist es klar, dass man am Innenski, der nunmehr auf der Lauffläche driftet, eher am Skiende Druck geben muss, damit er in die Kurve driftet, dh. man arbeitet mit leichtem Fersenschub)
Dh. es gibt beim Kurven im Pflug keine geschnittene Komponente! Alles ist gerutscht oder gedriftet (in meiner Terminologie).
Vermutlich funktioniert das. Allerdings müsste dann so eine Kurve eigentlich gecarvt sein (vom Aussenski her).
Ich halte diese Technik für den Anfänger zu kompliziert, vor allem in der Kombination mit der beschriebenen Vertikalbewegung und Gewichtsverlagerung.
Dies ist wiederum nur ein privater Erfahrungswert.
Diese Einschätzung teile ich teilweise. Also zuerst ist es freilich so, dass die Kurve eben nicht gecarvt ist (man kann ja auch auf der Kante stehen und nicht carven, wie uns rund 90% der Skifahrer auf der Piste täglich demonstrieren ;) ). Die Technik ist für komplette Anfänger sicher zu kompliziert, für einigermaßen motorisch begabte Halbwegsanfänger allerdings ist sie sehr gut erlernbar, glaube ich, zumindest was die Grundelemente (Belastung des Außenskis, Hochgehen und Neutralisieren) angeht.
Ausserdem ist auch das eine "Sackgassentechnik", weil sie nicht dem entspricht, was man beim parallelen Fahren machen muss.
Das sehe ich allerdings etwas anders: Die wesentlichen Elemente nämlich sind genau dieselben und das ist ja auch die Idee dahinter.
Außenskibelastung bleibt (lt. at-LP), Hochbewegung bleibt bzw. wird später zur Vor-Hoch-Einwärtsbewegung ausgebaut (schon beim Carven in der Grundstufe, dh. dem alten Stemmbogen), Neutralisieren bleibt, Drift- bzw. Rutschkomponenten bleiben vorerst. Der wesentliche Unterschied zum parallelen Skisteuern ist ja nur mehr, dass die Skier paralleler werden sollten, alle anderen Elemente bleiben gleich. Und das Schneiden baut man dann so auf, dass in der zweiten Schwungphase, dh. zum Zeitpunkt des Belastungswechsels, noch stärker aufgekantet wird, wodurch automatisch gecarvt wird (oder: werden sollte ;) ).
Überleg mal, welche Anweisung ist für den Anfänger wohl einfacher:
1. Dreh deinen ganzen Körper in die Richtung, in die du fahren möchtest.
oder
2. Mach eine leichte Hochbewegung. Stell den inneren Ski flach, lass den äusseren aufgekantet. Dreh das Knie des äusseren Beines in die gewünsche Richtung, den Rest des Körpers aber nicht.
Die Anweisung 2. wird ja nicht gegeben, denn durch die Hochbewegung wird ja der Talski automatisch flachgestellt, der Bergski automatisch aufgekantet, dh. der gesamte zweite Satz ist obsolet.
Die Anweisung, das Knie in irgendeine Richtung zu drehen, wird auch nicht gegeben, es wird einzig gesagt, dass man wieder tiefgehen und die Belastung auf das Außenbein bringen sollte. Selbst nach diesen Modifikationen ist die erste Anweisung natürlich einfacher, aber im Sinne des at-LP nicht zweckmäßig, da man ja ohne Rotation fährt, dh. das wäre, im Rahmen des at-LP, eine absolute Sackgasse: Die Kurvensteuerung wäre komplett anders als bei allen weiteren Kurvenformen.
Meine Idee bei 1: Ich bringe dem Schüler erst mal nur das bei, was er braucht, um eine Kurve im Pflug zu fahren.
Es soll aber eine Bewegung sein, die er beim parallelen Fahren weiterhin brauchen kann.
Beuge-/Streckbewegungen, Auf-/Abkanten, Gewichtsverlagerungen - das brauche ich auch, aber erst später. Eins nach dem anderen, vom Einfachen zum Komplizierten.
Die at-Idee ist wohl ähnlich: Ich bringe dem Schüler eine sehr einfache Form der Richtungsänderung bei, die hauptsächlich Elemente enthält, die bei allen anderen späteren Schwungformen auch gebraucht werden und die keine Elemente enthält, die später wieder "wegtrainiert" werden müßen (außer der Pflugstellung, das bedingt die Natur der Sache ;) ).
(Aber wie gesagt: Diese AU Pflugform halte ich für diskutierenswert, aber unbedenklich. Hier ist der Unterschied von einem guten zu einem schlechter Lehrer wesentlich grösser als der der skitechnische Unterschied.)
Mein persönlicher Eindruck ist der, dass der at-LP an sich für relativ begabte Schüler geschrieben ist (mit Ausnahme des Carvens in der Grundstufe, und das ist IMO für wirklich Unbegabte auch nicht wirklich erlernbar).
Aus der Sicht des weiteren LP ist der at-Pflug um vieles sinnvoller als eine andere Pflugform mit Rotation.
Du hast geschrieben, dass es einfacher sei, aus dem Knie zu drehen als aus dem ganzen Körper, weil man so weniger Masse bewegen muss.
Das stimmt nicht:
Es ist in fast jedem Fall so, dass eine isolierte Bewegung (d.h. nur ein Teil des Körpers wird bewegt) schwieriger zu lernen ist, als eine Bewegung des ganzen Körpers.
Hier müßen wir unterscheiden:
Es mag koordinativ schwieriger sein, eine isolierte Bewegung auszuführen/zu erlernen. Ich sprach aber von "effizienter", im Sinne von "weniger Energieverschwendend" (meinetwegen: kraftsparend).
Dh. es ist für den Anfänger ganz eindeutig einfacher, den ganzen Körper in die gewünschte Fahrtrichtung zu drehen als nur den Unterschenkel des äusseren Beines (das ist nun ein Erfahrungswert).
Diese Anweisung wird nie gegeben: Wenn du in Pflugstellung stehst und versuchst, deinen Schwerpunkt (um das Wort "Hinterteil" zu vermeiden ;) ) tiefer zu bringen, brauchst du nur anschauen, was dann passiert...
Thema Kniegelenk: Das Knie ist dafür gedacht, dass man den Unterschenkel anwinkeln kann. Nach vorne ist die Bewegung klar begrenzt (bis Bein gestreckt). Den Unterschenkel kann man auch nicht isoliert nach links oder rechts drehen. Dort ist die Bewegung aber nicht so klar beschränkt, ich glaub das sind da nur Bänder (Beate??). Und die sollte man ja eher nicht überlasten... :roll:
Völlig korrekt. Aber ich denke, eine seitliche Belastung des Kniegelenks ist (bei normaler Ausführung) kaum gegeben; das ist aber ein generelles Problem des Pflugs, denn bei unsachgemäßer Anwendung kanns hier sicher zu Zerrungen der Seiten- und Kreuzbänder kommen.
Soll heißen: Bei dieser at-Pflugform gibt es keine (planmäßige) seitliche Abwinklung des Kniegelenkes (das wäre ja tatsächlich äußerst ungesund...).
Sollte es hier Fragen geben, kann ich gerne einige Graphiken dazu produzieren, um das zu illustrieren.
Was mich aber nach wie vor interessieren würde und was immer noch nicht beantwortet wurde:
Durch welche mechanischen Effekte fährst du bei dem von dir demonstrierten Pflug die Kurve? Was passiert mit dem Körper, welche Effekte hat das im Einzelnen auf die Ski und deren Verhalten?
Martin