Pflug + Lehrvideos

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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Moorkuh
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Beitrag von Moorkuh » 22.06.2007 11:19

Martina hat geschrieben:Du schreibst:

"Leider erkenne ich den Mechanismus auf diesen Bildern ganz und gar nicht, der die Kurve auslöst" (betrifft die offiziellen CH-Bilder)

Das ist genau der Punkt:
Es braucht nur sehr, sehr wenig Bewegung, um eine Kurve im Pflug zu fahren.
Wenn ich nur genau so viel Bewegung ausführe, wie nötig ist (was ja das Ziel wäre), dann ist das von aussen praktisch nicht sichtbar. Ich kann aber dem Anfänger keine nicht-sichtbare Bewegung vorzeigen.
Deswegen übertreibe ich die Bewegung bei der Demonstration.(...)
Das verstehe ich nicht. Mir ist klar, dass ich eine Pflugkurve mit Minimalbewegungen auslösen kann, aber das verfehlt ja das Ziel aus zwei Gründen (aus meiner Sicht):
* Dem Anfänger wird nicht klar, was getan werden muß
* Der Anfänger lernt eine Minimalbewegung, die genau NUR für den Pflug hilft, dann aber nicht mehr (du sprichst da immer von "Sackgassentechnik")
Dh. es wäre ja sinnvoll, zu sehen, wie die Auslösung funktioniert, einerseits damit sie nachgemacht werden kann, andererseits, um dieselbe Bewegung dann später auch wieder anwenden zu können. Übrigens glaube ich, dass man auf der Bildserie im pdf nur aufgrund der wenigen Bilder und der Perspektive diese Auslösung nicht sieht, nicht weil der Fahrer einen "perfekten Pflug" zeigen will (der ja eben absolut sinnlos wäre).
Bei meiner Vorgehensweise reduziere ich die Anweisungen auf das, was als Minimum nötig ist.
Dass bedeutet aber nicht, dass nicht noch mehr "passiert".
Natürlich. Ums zu wiederholen: Was wir hier besprechen (besprochen haben), ist ja nicht das, was man einem realen Anfänger sagt! (Das betrifft alle besprochenen Formen des Pflugs)
Meiner Meinung nach wird das Thema Gleichgewicht im europäischen Skiunterricht sowieso sträflich vernachlässigt. Es wird höchstens davon gesprochen, wenn es verloren ging (z.B. "Rücklage"). Es wird aber kaum darauf hingearbeitet, ein sicheres im Gleichgewichtsgefühl zu entwickeln. Ich habe das hier nie gross angesprochen, aber ich finde, das ist häufig ein Grundproblem. Aber das wäre ein neues Thema...
Ich hatte bei meinen Ausbildungen (eigentlich bei ausnahmslos jeder davon) eigentlich den Eindruck, dass auf das Thema Gleichgewicht (und das Gefühl dafür) sogar sehr viel Wert gelegt wird -- sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis (und ich lege auch selbst im Unterricht eigentlich viel Wert darauf, mit verschiedensten Übungen für alle Könnensstufen und Situationen). Aber vielleicht verstehe ich einfach etwas anderes darunter.

So, jetzt hab ich noch eine Abschlußbemerkung:
Ich denke, die Pflugformen (ch, Martina, at) sind soweit abgehandelt (interessieren tut mich hier lediglich noch die Demonstration der Schweizer!), dh. ich glaube, mir ist klar, wer den Pflug wie fährt und warum das so getan wird (auch wenn ich nicht alles davon für sinnvoll erachte). Wenn's euch auch so geht, schlage ich vor, dass wir in den Lehrplänen ein Stück nach vor rücken ;)
(Es gibt natürlich noch einige mechanische Fragen/offene Punkte, aber die haben nicht unmittelbar mit dem Pflug/den Pflügen zu tun, finde ich.)

Martin

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Beitrag von Martina » 22.06.2007 12:45

Moorkuh hat geschrieben:Durch die rotierte Lage/das rotierte Becken (NICHT durch die Rotation = den Drehimpuls!) kantet der Außenski stärker auf als der Innenski. Einzig die statische Endposition spielt eine Rolle, nicht die Dynamik der Bewegung.
Hier steckt eigentlich eine schöne Begründung dafür drin, warum ich das Drehen für Anfänger sinnig finde:

Die Lage macht, dass der Aussenski stärker aufgekantet ist, einverstanden.
Wenn der aufgekantete Ski dann aber dreht, muss das Becken mitdrehen, sonst wird der Ski wieder abgekantet, oder?
Das wäre das perfekte Mitdrehen, oder?
Das wäre als Momentaufnahme statisch, es gibt durch das gedreht-sein keinen Impuls. Aber da der Ski sich ja fortbewegt, muss man sich mitbewegen, damit man relativ zum Ski statisch bleibt, oder?

Ich bin aber weiter der Meinung, dass der Anfänger den Ski vor allem dreht (eben: Fuss drückt gegen Schuh, Schuh drückt Ski herum) und nicht in erster Linie der Taillierung entlang gleiten lässt. Und das ist wohl schon ein Impuls, oder?
Hier hast du allerdings dahingehend recht, als dass für diesen Impuls die Drehung schon ein bisschen weiter fortgeschritten sein muss als der Ski gedreht (also: ganz leichtes Vordrehen).

Und: natürlich ist es schöner, wenn der Anfänger den aufgekanteten Ski überwiegend auf der auf der Taillierung gleiten lassen kann und ihn wenig "herumdrücken" muss. Nur ist diese feine Abstimmung eben sehr schwierig zu erspüren.

Aber grad deswegen schätze ich eben das Drehen als "Anfängerbewegung":
grob dosiert kann man den Ski so einfach drehen, also "herumdrücken"
fein dosiert stellt man mit dieser Bewegung den Ski nur auf die Kante und kann ihn gleiten lassen

Das heisst, man kann die Kurve schon mit einer recht groben Bewegung fahren, diese dann aber beim Weiterlernen so weit reduzieren, bis der Aussenski fein steuert

Bewegt man (als Anfänger) aber in erster Linie das Becken ins Kurvenzentrum , dann stellt man den Ski auch auf die Kante, aber
- man nimmt erst mal Druck vom Ski weg, was die Kontrolle schwieriger macht
- ist es wesentlich schwieriger, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten (da die Bewegung für das Tempo zu gross ist)
- muss der Ski der Taillierung entlang gleiten, was für Anfänger schwierig zu erspüren ist

(der oberste Punkt gilt nicht, wenn man sich - wie AU es verlangt - vom Aussenski wegdrückt, also das Bein mehr streckt)

Sorry, das war jetzt wohl etwas kompliziert, keine Ahnung ob das jemand nachvollziehen kann. Aber für mich ist das ein wesentliches fehlendes Puzzleteil, danke für die Denkanregung!

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Beitrag von Martina » 22.06.2007 12:56

Moorkuh hat geschrieben:Mir ist klar, dass ich eine Pflugkurve mit Minimalbewegungen auslösen kann, aber das verfehlt ja das Ziel aus zwei Gründen (aus meiner Sicht):
* Dem Anfänger wird nicht klar, was getan werden muß
* Der Anfänger lernt eine Minimalbewegung, die genau NUR für den Pflug hilft, dann aber nicht mehr (du sprichst da immer von "Sackgassentechnik")
Dh. es wäre ja sinnvoll, zu sehen, wie die Auslösung funktioniert, einerseits damit sie nachgemacht werden kann, andererseits, um dieselbe Bewegung dann später auch wieder anwenden zu können.
Wie gesagt: Demonstration muss übertrieben sein (deswegen auch das zu starke Drehen im Video).

Aber
die Minimalbewegung ist keineswegs eine Sackgassentechnik. Es ist genau die gleiche Bewegung, die man braucht, um eine Kurve mit parallelen Ski (in einfachem Gelände) auszulösen. Wenn der Lernende es so gering dosieren kann, dass es grad noch geht, dann ist das ideal, weil am kraftsparendsten.
(Natürlich übertreibe ich das im Unterricht nicht - die Bewegung wird von selber reduziert, wenn man mal 1000 Kurvengefahren ist und einer aufpasst, dass sich keine groben Fehler einschleichen)

Warum meinst du "dann aber nicht mehr"? Ich glaub, das ist jetzt grad eine Fehlüberlegung!

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"Im Lehrplan ein Stück weiterrücken" - gerne, allerdings kann ich nicht immer so viel Zeit zum Schreiben aufwenden wie grad jetzt.
Mich würde einerseits das Thema "angestrebte Fahrweise" (mit Hüftknick/möglichst vielseitig/in erster Linie Kurzschwünge/etc.) interessieren oder auch das Thema Gleichgewicht.

Ja, ich weiss, wie das Thema Gleichgewicht in Lehrgängen oft behandelt wird, allerdings natürlich nicht genau in deinen (kann sein, dass die Unis da anders arbeiten) und auch nicht wie in AU im Allgemeinen.
Ich habe aber auch erlebt, was für einen zentralen Stellenwert es in Übersee hat - nicht als "Thema", sondern eher als Hintergrund, um den sich letztlich alles dreht. Das ist etwas ganz anderes. Und wenn es in AU einen so zentralen Stellenwert hätte, dann würde die Pflugtechnik anders aussehen, behaupte ich.

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Beitrag von Moorkuh » 22.06.2007 14:14

Martina hat geschrieben:Wenn der aufgekantete Ski dann aber dreht, muss das Becken mitdrehen, sonst wird der Ski wieder abgekantet, oder?
Das wäre das perfekte Mitdrehen, oder?
Ja, und ich sehe, dass sich schon wieder eine kleine Missverständlichkeit in meinem Posting eingeschlichen hat. :(
Ich meine einmal mit Drehen eine Drehung gegenüber den Skiern (beim Drehen zum Auslösen). Beim Mitdrehen gehts aber darum, dass das Becken in gleichem Maße wie die Skier gedreht wird.

Das heißt: Genau, würde sich das Becken nicht mitdrehen (und im Bezugssystem Piste die Rotation beibehalten), würde der Ski wieder "abkanten".
Ich bin aber weiter der Meinung, dass der Anfänger den Ski vor allem dreht (eben: Fuss drückt gegen Schuh, Schuh drückt Ski herum) und nicht in erster Linie der Taillierung entlang gleiten lässt. Und das ist wohl schon ein Impuls, oder?
Ich bin auch dieser Meinung (auch der at-Lehrplan meint das ja, wie ich irgendwo zitiert habe), und alles, wo eine Drehung im Spiel ist, beinhaltet auch einen Drehimpuls. Woher der kommt, sei dahingestellt (das ist jetzt wenig interessant, denke ich).
Und: natürlich ist es schöner, wenn der Anfänger den aufgekanteten Ski überwiegend auf der auf der Taillierung gleiten lassen kann und ihn wenig "herumdrücken" muss. Nur ist diese feine Abstimmung eben sehr schwierig zu erspüren.
Deshalb carven Anfänger (üblicherweise) nicht gleich.
Das heisst, man kann die Kurve schon mit einer recht groben Bewegung fahren, diese dann aber beim Weiterlernen so weit reduzieren, bis der Aussenski fein steuert
Dem trägt man auch im at-LP Rechnung, indem es vom "Kurven im Pflug" zum "Carven aus der Winkelstellung" kommt (wobei C. hier im etwas eigenartigen Sprachgebrauch gemeint ist, wo zwar einigermassen entlang der Tailierung gefahren wird, aber eben auch nur einigermassen, eigentlich wird hier nach wie vor gerutscht). Dabei soll eben bewirkt werden, dass der Außenski langsam dazu kommt, die Steuerphase zu übernehmen.

So, langsam Schluß mit Pflug! ;)

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Beitrag von Martina » 22.06.2007 14:36

Die Diskussion hat jedenfalls gezeigt, dass auch in AU diese schreckliche nach-aussen-lehn-Kurve offiziell nicht mehr gelehrt wird.
Dann hoffe ich mal, dass sie möglichst rasch auch von der Piste verschwindet...

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Beitrag von Moorkuh » 22.06.2007 15:51

Martina hat geschrieben:Die Diskussion hat jedenfalls gezeigt, dass auch in AU diese schreckliche nach-aussen-lehn-Kurve offiziell nicht mehr gelehrt wird.
Dann hoffe ich mal, dass sie möglichst rasch auch von der Piste verschwindet...
Ich fürchte nicht, zumal der LP meiner Meinung nach zumindest in diesem Punkt schon einige Jahre lang unverändert geblieben ist. Dh. wenns bisher so war...
Anfängerunterricht übernehmen halt zumeist (jedenfalls in den meisten Skischulen; bei zB. Schulskikursen etc. siehts da anders aus) relativ schlecht ausgebildete Skilehrer (die für die Prüfung auch kaum Eigenkönnen brauchen und denen daher auch das Wissen fehlt, welche Funktion welches Element hat oder haben könnte). Ein staatlich geprüfter Skilehrer wird nicht unbedingt dafür herangezogen werden.

Ich werde nächsten Winter aber einmal meine Augen dafür öffnen (und nicht nur nach Buckeln und Tiefschneehängen ausschau halten ;) ).

Martin

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Beitrag von Martina » 22.06.2007 16:41

Ach, da würde ich doch lieber bei den Buckel und Tiefschneehängen bleiben :wink:

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