Fahrkönnen und Skimodell

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ivan
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Beitrag von ivan » 20.09.2006 22:19

dass dem ski manchmal eine unagemessene aufmerksamkeit geschenkt wird ist ja bekannt. viele leute werden endlos über ski diskutieren, millimeter der schaufeln vergleichen, die ski mit experten-look shopflexen, aber paradoxerweise in alten ausgelatschten schuhen fahren, in denen sie schwimmen und keine richtige kontrolle haben.

es stimmt, es ist aber so und bei weitem nicht nur bei ski. es stimmt, dass oft der eindruck erweckt wird, das material wäre das allerwichtigste, alpha und omega des skifahrens.
ich bin nicht sicher, was ursache und was folge ist: wird so viel über material geschrieben, weil es leute interessiert, oder interessiert es leute hauptsächlich weil so viel darüber geschrieben wird?
(gottseidank ist es so, ich lebe ja auch davon... :D)

wenn aber die leute so materialbesessen und die männer solche materialfreaks sind, dann brauchen sie ihr futter und sie sollten gutes futter bekommen.
die methode bzw. methodik des DSV skitests ist eine ziemlich radikale im sinne der standardisierung und formalisierung, vgl. schon die tatsache, dass sie mit DIN-fahrversuchen operiert. so wie sie ist passt sie, wie du auch schreibst, zum deutschen charakter und zum analytischen geist.
(wenn wundert, dass diese „verteidigung“ von einem mann kommt, dessen beitrag als nummerierte thesen konzipiert ist? :D)

ich habe schon vor 10 jahren in einem artikel über verschiedene tests geschrieben, dass der amerikanische bilderreiche stil bei uns manchmal fast lächerlich wirken würde, während eben die formalisierung des DSV skitests unmöglich in Amerika wäre.

btw, alle ski derselben kategorie sind bezüglich der fahrertypologie meist identisch eingestuft, manchmal fällt zB A2 aus, oder sind einige S2 und andere auch noch S3, aber grundsätzlich decken natürlich die ski einer kategorie dieselbe fahrertypen.

es stimmt, man sollte auch im rahmen eines tests betonen, was Martina hier schreibt und skiingman unterstützt.

otoh, „Alle Hefte wegwerfen (oder lesen und vergessen“ wäre IMHO unnötig radikal, obwohl ich verstehe, wie es Martina meint und warum sie so formuliert. die tests enthalten nicht nur die A2s und S3s, sondern auch gute begleittexte, die wertvolle infos bringen und das ski-knowhow des lesers erweitern. der belehrte kunde fällt ja nicht so leicht dem halbwissenden verkäufer (sorry, skiingman, nicht persönlich nehmen, du kennst ja die pappenheimer) zum opfer.

es gibt schliesslich auch mehr und mehr leute, die ski online kaufen. auch wenn es uns vielleicht nicht gefällt, so ist der trend und auch dem wird durch die testvermittelte aufklärung rechnung getragen.

natürlich weiss ich, dass viele leute in den laden kommen mit dem finger auf dem ausgewählten ski im testmagazin und wollen nur ihn, weil er so gut abschneidet und auf dem papier zum kunden so gut passt...
usw. usf.

ein weiteres kapitel wäre die objektivität der tests als solche, aber dazu haben wir bereits hunderte von beiträgen geschrieben und ich will nicht, dass die originalfrage sich total verliert.
JMO

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Cradle22
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Beitrag von Cradle22 » 21.09.2006 08:37

Hi!
Guido hat geschrieben:Mit Sicherheit kann man, wenn man Lern- und Wissbegierig ist, dass Skifahren schon nach 11 Tagen erlernen. Allerdings merkt man erst, wenn man ca (sag jetzt mal eine Zahl) 50 Tage fährt, wie schlecht man an Tag 11 die gleiche Piste gefahren ist. Von daher sind diese Selbstauffassungen nach 11 Tagen doch sehr schwammig.

Man unterschätzt häufig am Skifahren den Faktor "Erfahrung" und "Gefühl".

Als Beispiel: Man fährt nach 30 Skitagen insgesamt eine Piste in einem Gebiet, kommt sie ohne Fehler, man möchte selber sagen "perfekt" :D runter.

Dann ist man drei Jahre später, mit 60 - 80 Skitagen auf dem Buckel im selben Gebiet und fährt dieselbe Piste. Wieder fährt man sie "perfekt". Doch irgendwo bei dem "run" gab es auf der Piste einen recht derben Schlag, der einen vor drei Jahren bestimmt ein wenig Schnee hätte "fressen" lassen... 8) Aber jetzt gehen die Knie nach oben, man wirft den Körper in eine Richtung, die eine Kante greift noch, und weiter gehts.

Genau diese (in dem Fall ja richtige) unbewußte Reaktion ist eine Mixtur aus Erfahrung und Gefühl.

Und Erfahrung bekomme ich nur durch stetiges Fahren, während das Gefühl für die Ski ja auch von äußeren Faktoren wie die Ski selber abhängig sind.

Von daher muß ich auch immer etwas lächeln wenn man Texte wie "schnell und sicher alle schwarzen Pisten nach 11 Tagen" höre. Falls das mit dem "schnell" nämlich ehrlich ist, so glaube ich nicht, daß man nach 11 Skitagen dazu in der Lage ist, beim Fahren unter eh schon schwierigen Bedingungen (Steilheit, Schnelligkeit) auf unvorhergesehene Dinge angemessen zu reagieren. Dazu gehören auch Faktoren wie Gelassenheit (nicht in Panik verfallen, falls etwas nicht ganz richtig läuft) und Übersicht.

Und etwas (kann mich selber nicht davon ausnehmen) wozu vor allem die "Herren der Schöpfung" in Gruppen neigen ist immer zu versuchen, alles den anderen in der Gruppe nachzutun, selbst wenn die wirklich besser als man selbst sind (echtes High-Speed Carven auf schwarzer Piste z.B., oder Buckelpisten, Skirouten etc.).

Wenn ich mir neues Material leihe, fahre ich damit zunächst einmal nur normale und mir bekannte Pistenabschnitte. Wenn mir mein Popometer (aus dem Rennsport entliehen) sagt: "Jau, dieser Ski scheint immer so zu reagieren, wie ich es erwarte", dann kann ich auch mal ausgefallenere Dinge wie Tiefschnee, Funpark o.Ä. probieren.

Also, wie immer, Probieren (auf der Piste) geht über Studieren (von Katalogen)!

Gruß,

Arndt
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Tec. Dragon 110/Strolz Innenschuh

Martina
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Beitrag von Martina » 21.09.2006 08:38

Natürilich ist nichts dagegen zu sagen, sich auch mit dem Material zu beschäftigen. Mich stört nur die Relation im Verhältnis zur Beschäftigung mit der eigenen Fahrtechnik.

Nur ein ganz kleines Beispiel:
Es gibt in diesem Forum 7 Seiten mit Beiträgen zum Thema Fahrtechnik.
Es gibt aber allein 13 Seiten mit Fragen zum Thema "Ski- allgemein" - die Seiten zu den einzelnen Marken und weiterem Material noch gar nicht eingerechnet!

Ich staune immer wieder darüber, wie viel gewisse Skischulgäste über Material wissen - und wie wenig sie im Verhältnis dazu sie damit anfangen können! (Ich weiss, das ist jetzt etwas böse)
Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass man sich mit dem Thema Material gut auch daheim beschäftigen kann, wenn man keine Gelegenheit dazu hat, auf die Piste zu kommen.

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ivan
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Beitrag von ivan » 21.09.2006 09:22

Martina,
mit dem vergleich hast du eigentlich recht.
und vielleicht hat es auch damit zu tun, dass jedes jahr hunderte von neuen (sehr oft nur quasineuen) ski- und schuhmodellen erscheinen, nicht aber neue fahrtechniken... :D
und es ist natürlich leichter, über ski mit allen subjektiven urteilen zu diskutieren als über die richtige fahrtechnik.
vielleicht sollte man hier öfter fotos oder sogar videos posten, die als prima diskussionsstoff dienen.
die materialfragen und die folgende beratung sind zwar wichtig, aber auch ich würde mehr beiträge zum thema fahrtechnik begrüssen, um da was zu erfahren und lernen.

Jinn

Beitrag von Jinn » 21.09.2006 09:26

Liebe Martina
Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass man sich mit dem Thema Material gut auch daheim beschäftigen kann, wenn man keine Gelegenheit dazu hat, auf die Piste zu kommen.
Ich glaube sogar, dass es damit sehr, sehr viel zu tun hat!
So, wie Du auch absolut recht damit hast, dass es (fast) ur-typisch deutsch ist, alles und jeden in Klassifizierungen stecken zu wollen (von A-Mann bis B-Frau ...), während "man" im selben Atemzug dann schon wieder über die Klassifizierungen des DSV lästert.

Klar, "Materialkunde" kann im Grunde genommen auch jeder beherrschen - und jeder mitreden. Das kann man sich anlesen oder durch Diskussionen mit anderen aneingnen. Fahrtechnik und Fahrkönnen - dazu bedarf es halt Berge, Schnee - Winter. Und das komplette Zusammenspiel von Geist, Körper, Gefühl. Theorie ist allemal leichter. :D

Andererseits: auch wieder "ja"! Was bleibt so einem Flachlandtiroler in den Schneefreien Monaten anders übrig, als sich "wenigstens" auf diese Art und Weise mit den Skiern zu beschäftigen?

Guido
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Beitrag von Guido » 21.09.2006 09:48

Liebe Leute, mal ganz ehrlich: Wie viele gute bis sehr gute Skifahrer haben null Anhung vom Aufbau Ihrer Ski? Sehr wahrscheinlich mehr als 80% (getippt).

Es ist, wie die meisten hier auch sagen, völlig egal, welche Bauweise der Ski hat, hauptsache man kommt damit klar. Es wird bestimmt welche geben, die sagen, mit dem Radius komme ich nicht klar, Sandwichbauweise ist Mist etc pp.

Ich komme da gerne auf die Beispiele der Tennisschläger zurück: Es gibt X-Modelle, aber ich z.B. kann nach ein paar Schlägen mit fast jedem Spielen, in dem ich meine Spielweise anpasse. Nun gut, ich habe natürlich auch den, der mir am besten liegt, nur selbst der ist noch mal total different zu sehen, wenn ich diesen anders bespanne oder einen anderen Belag spiele.

Was ich sagen will: Man muss von Feeling ein gutes Gefühl haben (frei nach Lodda M.). der Rest kommt doch von alleine.

Und die DSV Einstufung halte ich wie Ivan für reine Promotion der großen Marken.

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Herbert Züst
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Beitrag von Herbert Züst » 21.09.2006 10:04

Guido hat geschrieben:
Liebe Leute, mal ganz ehrlich: Wie viele gute bis sehr gute Skifahrer haben null Anhung vom Aufbau Ihrer Ski? Sehr wahrscheinlich mehr als 80% (getippt).
Viele wissen aber sehr wohl, was ihr Ski gekostet hat und wenn das 1000€ sind muss man damit doch besser fahren können als mit einem Paar à 200€ oder?

Gruss Herbert

Guido
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Beitrag von Guido » 21.09.2006 10:06

Herbert Züst hat geschrieben:Guido hat geschrieben:
Liebe Leute, mal ganz ehrlich: Wie viele gute bis sehr gute Skifahrer haben null Anhung vom Aufbau Ihrer Ski? Sehr wahrscheinlich mehr als 80% (getippt).
Viele wissen aber sehr wohl, was ihr Ski gekostet hat und wenn das 1000€ sind muss man damit doch besser fahren können als mit einem Paar à 200€ oder?

Gruss Herbert
Na klar. Wenn ich mit einem € 1.000 Ski fahre, fahre ich ja auch besser als der Herminator mit nem € 200 Ski :o :roll: :lol: :lol:

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Beitrag von carlgustav_1 » 21.09.2006 10:12

also die vorfreude auf die saison spielt beim material-shoptalk auf jeden fall eine zentrale rolle!!! ich finde, es macht einfach spass, also ... warum nicht? ohne ski kann man nunmal nicht skifahren, und skikauf ist nicht zuletzt immer eine durchaus substantielle geldausgabe, und daher diskussionswürdig.

@martina: ob es fruchtbarer ist, wenn in der sektion "fahrtechnik" des forums anhand von unscharfen und wackligen mickymaus-handyvideos die fahrtechnik der einsender verhandelt wird und laien mit (ober)lehrern der verschiedenen skischul-national-richtungen und -philosphien in absurder weise aneinander vorbeischwafeln bzw. selbsternannte gurus erklären mit welchem zehennagel/welcher augenbraue man den einzig richtigen, vom xyzSV-Lehrplan vorgeschriebenen Carvingschwung einleiten MUSS....

...das möchte ich mal lautstark bezweifeln :P
(man verzeihe mir an dieser stelle die polemik 8) )

@arndt: erfahrung & gefühl :zs: ich fahre wenn dann meist & gerne mit leuten die eher besser fahren als ich. und zwar in der regel, weil sie deutlich mehr gelegenheit zum fahren haben bzw. in ihrem leben hatten. deswegen sind sie nun keine besseren MENSCHEN, aber es ist ganz klar, dass diesen leuten die ERFAHRUNG eine sicherheit gibt, die einen uneinholbaren vorsprung darstellt. darüber sich zu grämen bringt einem ja nun nix; wems nicht passt der muß halt sein leben umstellen und mit 40 noch skibum werden :D AAABER: diese leute haben oft auch keinen so großen diskussionsbedarf, vieles ist für sie einfach selbstverständlich. leute, die gerne skifahren, aber eben leider nciht so oft "dürfen" wie sie wollten (da schließe ich mich ein) die REDEN halt gerne drüber, das ist ja bekanntlich auch bei vielen anderen dingen im leben so ;-)

grüße, martin
krypton rulez!

beate
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Beitrag von beate » 21.09.2006 10:21

Aber ich finde die Relation zwischen Skiwahl und Beschäftigung mit der Technik oft unangemessen.

Nach dem ich diesen ganzen langen thread durchgelesen habe, meine ich, dass dieser Satz den Kern des Problems gut beschreibt!
Egal ob crack oder Anfänger,geht einfach mal in euch und überlegt, wieviel Geld und Gedanken ihr in euer Material investiert und hofft so besser / sportlicher / schneller / radikaler etc Ski fahren zu können bzw wie oft ihr zu diesem Zweck in einen Skischule gegangen seit und habt einen Kurs oder eine privat Stunde gebucht, um dem Problem auf den Grund zu gehen.
Um ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern, kann ich allen Hobbyskifahrern versichern, dass es unter Skilehrern absolut nebensächlich ist, was für Ski / Material der jeweils andere fährt. Ich kann mich an keine Diskussion im Kollegenkreis in den vergangenen 3 Jahren zu diesem Thema erinnern.
Das Thema Selbstein - bzw überschätzung hatten wir ja schon oft genug hier im Forum. Wie schon oft gepostet: Ein Forum ist geduldig! Auf der Piste muß man dann der Wahrheit ins Gesicht schauen :D . Genial hierzu geeignet ist das jährliche carving camp! Dort erlebt man immer wieder große Überraschungen, was die Selbseinschätzung der Teilnehmer angeht!
Ich freu mich übrigens aufs Camp 07! :wink:
@carlgustaf
Gott sei Dank schreiben hier im Forum Leute mit unterschiedlichen Voraussetzungen (was das Ski fahren betrifft), unterschiedlichen Meinungen und aus verschiedenen Ländern. Wenn dir shop + Materialtalk mehr Freude mach als wackelige Videos und Unterrichtsphilosophien, dann finde ich das prima!!!! Weil Material mich nämlich nicht die Bohne interessiert und ich somit keine kompetente Antwort geben könnte!!!
Ich finde es toll, wenn ich von eurem Wissen über GFK Stöcke, Poly...bei Schuhschnallen, Titanaleinlagen, Carbonröhrensysteme mit Bremsflüssigkeiten oder Geleinlagen, profitieren kann.
Beate

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