Pistenpräparierung für Weltcuprennen

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Alexandra

Pistenpräparierung für Weltcuprennen

Beitrag von Alexandra » 29.11.2004 21:01

Hallo!
Eine Frage habe ich noch an Euch. Zuminest an die Rennläufer unter Euch.
Könntet Ihr mir kurz erklären wie die Pisten für Weltcuprennen hergerichtet werden? Meine so für Abfahrt oder Slalom. Habe am Wochenende mal zugekuckt, das schaut ja aus als wenn die über pures Eis fahren. Oder ist da was dem Schnee beigemischt?

Aber nur weils mich für die Schule interessiert, es kann sein das wir bald ein Referat zum Thema Wintersport machen müssen. Der Lehrer hat da heute was angedeutet. Oder kann mir jemand Tipps geben wo ich übers Internet was dazu finde?

Danke und Tschüß!
Alex

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nicola
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Beitrag von nicola » 29.11.2004 21:42

Um auch für Läufer mit höheren Startnummern noch passable Pistenverhältnisse zu bieten ist es notwendig die Pisten sehr hart zu präparieren.

Herkömmlicherweise wurde (früher) Wasser auf die Schneeoberfläche aufgesprüht. Da das Wasser nach unten sickert, beginnt es von oben her zu vereisen. Dadurch würde eine brüchige Eiskruste entstehen, die für Skirennen nicht geeignet ist. Deshalb wird dem Wasser ein "Festiger" beigemischt, PTX 311, im Volksmund auch "Schneezement" genannt. Er besteht im wesentlichen aus Ammoniumnitrat und festigt den Schnee innerhalb von 15 Minuten. Die Verfestigung (Vereisung) erfolgt durch den Entzug von Schmelzwärme.

Ganz ohne Chemie kommt man mit der zunehmend immer mehr verwendeten Steinbachmethode aus. Hier wird Wasser unter die Schneedecke gebracht, das anschließend von unten nach oben friert und so die Piste stabilisiert. Dies erfolgt mit einem Sprühbalken der mit 45 Düsen Wasser in einem dünnen Strahl unter die Schneedecke spritzt. Auf diese Weise bleibt die Oberfläche trocken und vereist nicht. Die Pisten härten von unten nach oben, die Schneeschichten werden sozusagen mit Eisdübeln verbunden. Mit seiner revolutionären Erfindung rettete Steinbach die Olympia Abfahrt von Nagano 1998

Vor der Präparierung stellt man den aktuellen Pistenzustand fest. Man ermittelt Schnee- und Lufttemperatur, das Gewicht und die Feuchtigkeit der Schneemasse. Erst dann kann man die richtige Dosierung von Wasser und ggf. Schneefestiger festlegen.

mehr zur steinbachmethode >> http://www.seilbahn.net/mm/technik/spru ... echnik.htm
Zuletzt geändert von nicola am 30.11.2004 00:22, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitrag von Timo245 » 29.11.2004 21:49

Deswegen hat's Hermann Maier da auch so zerbröselt!

Der mag Herrn Steinbach sicher nicht :wink:

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Beitrag von PK » 30.11.2004 08:56

Wow, ist echt interessant! :o
Den Begriff "Zement" hab ich schon öfters mal gehört. Jetzt weiß ich wenigstens um was es da geht. Ehrlich, ich hab mal geglaubt das sei in der Richtung "echter" Zement. :oops:

Wenn ich das aber so lese, werd ichs mir verkneifen auf so einer präparierten Piste zu fahren. Nicht nur das ich auf so einer Unterlage mit meinen Ski bestimmt keinen Halt finden werde, wenn ich lese das "Beläge verbrennen können" wird mir da ganz anders. Gut bei meinem "Speed" zwar eher nicht, aber fürn Otto-Normal-Ski der etwas länger als eine Abfahrt halten soll, wird das bestimmt nicht gut sein.

btw.
Meine Kumpels und ich fahren dieses Jahr zum Hahnenkammrennen (Streif) und weil die Abfahrtsstrecke ja nach dem Rennen freigegeben ist (so meine Info) wolltmer die auch mal runter düsen... ähm :oops: rutschen. :D

Also Nicola: Super Infos!
Wird der Alexandra bestimmt ne fette "1+" einbringen. 8)
Servus aus Bayern!
Peter.

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Beitrag von Martina » 30.11.2004 09:09

Ich kenne mich nicht so gewaltig aus, weiss aber, dass Pisten für Weltcuprennen künstlich beschneit werden müssen. Die Verantstalter haben es am liebsten, wenn sie auf den Boden schneien könne, d.h. wenn darunter kein natürlicher Schnee liegt. Der Schnee, auch wenns im Laufe des Winters vor dem Rennen noch draufschneit, wird immer sehr stark verdichtet, d.h. immer und immer wieder mit Pistenmaschinen befahren.
Schneit es kurz vor dem Rennen, so wird der Neuschnee entfernt, d.h. herausgeschaufelt und -gefahren. Im Laufe des Rennens gibt es immer wieder Rutschkommandos, die allfälligen losen Schnee aus der Strecke fahren.
An heiklen Stellen werden manchmal auch auch "Eisnägel" gesetzt: Es werden Löcher gebohrt, die dann mit Wasser gefüllt werden, das dann gefriert. Somit ist der Schnee mehr oder weniger mit Eis armiert (wie Beton mit Eisen)

Alexandra

Beitrag von Alexandra » 30.11.2004 14:15

Hui, vielen Dank für die genaue Erklärung!
Darf ich das hernehmen, wenn ich das Referat halten muss?

Danke und Tschüß!
Alex

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Beitrag von rolf » 30.11.2004 14:50

Wenn Du noch genauere Informationen brauchts, so kann ich Dir das Buch
"Pistenpräparation und Pistenpflege
Das Handbuch für den Praktiker - Deutsch (ISBN: 3-905621-01-0)" empfehlen.
Das Buch kann auf der Page "http://www.slf.ch" in der Rubrik Publikationen bestellt werden. Speziell das Kapitel 4 "Präparation und Pflege von Rennpisten" könnte dich interessieren.
Allgemein ist dieses Buch für Schneebegeisterte zu empfehlen.
Neben der Pistepräparation ist vieles über die allgemeine Schneekunde inklusiv der meteorologischen Einflüsse zu lesen.

Gruss rolf

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Beitrag von BerlinSpion » 30.11.2004 15:12

nicola hat geschrieben: mehr zur steinbachmethode >> http://www.seilbahn.net/mm/technik/spru ... echnik.htm
Wirklich interessant!

Aber besonders faszinierend finde ich, das die mit der Technik tatsächlich Gletscher sanieren, bzw. NEU aufbauen:
http://www.seilbahn.net/mm/technik/spruehbalken/technik.htm hat geschrieben:Eine Methode, die Gletscher zu sanieren
In jüngster Zeit macht Christian Steinbach auch immer wieder Anläufe, Gletscher zu sanieren. "Es ist möglich (und auch vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF bestätigt), durch unser weiterentwickeltes Ger"t die Naturschneedecke homogen mit dem Urgletscher zu verschweißen", beteuert der Erfinder gegenüber MM-Chefredakteur Kalchgruber, "und zwar im Herbst bei den ersten Niederschlägen. Dadurch können wir die derzeit verschmutzten Oberflächen wieder weiß machen. Der Effekt ist ein besseres Reflektieren der Infrarot-Strahlung von den bereits schwer in Mitleidenschaft gezogenen Gletschern. (bei manchen flossen im heurigen Sommer z. B. 251 Sekundenliter Wasser ab!). Man kann also mit dem abgewandelten Sprühbalken auch Eis produzieren - ob nun Wasser vorhanden ist oder nicht. Es ist meines Erachtens allemal besser, anstatt die Ablagerungen aufwändig mit Pistenfahrzeugen wegzufräsen, gleich eine neue Schicht Naturschnee mit dem Urgletscher zu verschweißen."
Bei der Pasterze am Großglockner wird demnächst so eine Sanierung stattfinden. Und auch auf der Franz-Josefs-Höhe wird es ein Steinbach-Projekt geben. Hier soll für das Publikum ein neuer Gletscher aufgebaut werden. Es liegt auch eine Anfrage vom Kaunertaler Gletscher vor, in Argentinien und Chile existieren bereits Referenzen.

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Beitrag von Martina » 30.11.2004 15:34

@Alexandra
Wenn du etwas von meinem Beitrag brauchen kannst, darfst du es sicher benutzen, aber wie gesagt, alles ohne Gewähr. Ich war jahrelang dabei beim St.Moritzer Weltcuprennen und schreibe nur ,was ich dort so mitgekriegt habe.
Was hast du denn für ein Referatsthema?
Schliesst es die ganze Absicherung auch ein? Das wäre ja nochmals ein Thema für sich: A-, B-, C-Netze, Luftpolster, Sturzräume usw.usw....
Und bei der Präparierung ist das Rutschen eine "Kunst"für sich. Man muss (bei schnellen Disziplinen) schnell rutschen, d.h. im Pflug runterfahren entlang der Linie oder parallel dazu (mehr oder weniger in V-Formation). Das ist auf den harten Pisten sauanstrengend und braucht tägliches Kantenschleifen!

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Beitrag von nicola » 30.11.2004 15:40

Martina hat geschrieben:Ich kenne mich nicht so gewaltig aus, weiss aber, dass Pisten für Weltcuprennen künstlich beschneit werden müssen.
das ist mir neu, auch in der aktuellen iwo scheint darüber nichts auf:

REGLEMENT DES ALPINEN FIS SKI WELTCUP 2004/05
16. Homologation [...]Ebenso ist die Grundpräparierung der Weltcupstrecken durch ein Beschneiungssystem mit ausreichender Kapazität zu gewährleisten.

so wie ich das sehe, darf aber auch frau holle diese funktion übernehmen, der passus dient nur als backup wenn sie ferien macht.

@alex, natürlich kannst du meine texte übernehmen, ich war deshalb rlativ gut vorbereitet, da ich dieses thema für eine radiosendung gerade aufbereite :wink: good luck!
nicola

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