Carvende Kinder

Spezifisches rund um Kinderski und Skiurlaub mit Kindern.
Fragen zu SkiSCHULEN für Kinder siehe separates Forum SKISCHULEN
Papa
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Beitrag von Papa » 31.10.2001 21:09

Ich habe eine knapp 4-jährige Tochter, die ich letzte Saison erstmals für 9 Tage (verteilt auf 2 Aufenthalte in den Bergen) auf Ski gestellt habe.

Ein Skikurs im Skikindergarten kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Da ich ein ganz passabler Skiläufer bin, dem die eigenen Anfänge (vor nur ca. 20 Jahren) noch gut in Erinnerung sind, habe ich Ihre Ausbildung selbst in die Hand genommen.

Gegen Ende des 2. Aufenthaltes konnte sie dann auf leichten Pisten im Pflug Bögen fahren und anhalten. Auch mit dem Tellerlift des Anfängerhanges konnte sie zum Schluß - wenn man ihr beim "Aufsitzen" half - alleine fahren.

Meine Tochter war die ganze Zeit mit Spaß bei der Sache, sonst wären wir auch kaum bis dahin gekommen. Und natürlich waren Mama und Papa stolz.


Vorhin aber habe ich in einem Beitrag von "Martina" gelesen von "Kinder[n, die] mit Carvingskis intuitiv "richtig", d.h. funktionell fahren (ausser die Kids wurden vorher schon verbogen) ..."
Da kommt man natürlich ins Grübeln.

Ist meine Tochter jetzt "verbogen"? In den Skikindergärten wird allerdings nach meinen Beobachtungen auch nichts anderes gelehrt. Überhaupt habe ich noch nie irgendein Kind im Vorschulalter anders als im Pflug fahren sehen, auch nicht die einheimischen, die die Startnummern wohl auch nachts über ihren Pyjamas tragen.

Darüber hinaus spricht gegen Carving im Vorschulalter - wenn es denn motorisch funktioniert - die hohe erreichbare Geschwindigkeit. Das wäre doch etwa so als würde ich meiner Tochter statt ihres Fahrrades ein Kleinkraftrad zur Verfügung stellen.

Wenn Carven die einzig wahre Skitechnik ist und alles Andere ein "Verbiegen" darstellt, dürfte man Kinder also allerfrühestens auf (Carving-)Ski stellen, wenn sie zu alt sind, um auf dem Bürgersteig Rad zu fahren. Oder?


Nach dieser nicht in aller Teilen ernst gemeinten Einleitung meine eigentliche Frage:

Wie sollte man heutzutage als "Flachlandtiroler" (ca. 10 Skitage pro Saison) seine Kindern ans Skifahren heranführen?

Was kann man selber machen? Was sollte man den Profis (Skilehrern) überlassen? Wie erkenne ich einen guten Skilehrer? Wann sollte man die Kids ohne Anleitung fahren lassen?

Ab wann braucht das Kind Carving-Ski? Wann geht's dann "richtig los" mit dem Carven? Gibt's irgendwo im WWW, im Buchhandel oder sonstwo einen modernen Ski-Lehrplan für Kinder?



Freundliche Grüße und vielen Dank im Voraus für jegliche Tipps und Erfahrungsberichte.

Martina
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Beitrag von Martina » 01.11.2001 09:40

Da du dich auf mein Posting beziehst, antworte ich natürlich gerne. Auch sind Kinder und Carving eines meiner liebsten Themen.

Allerdings habe ich mich offenbar etwas unklar ausgedrückt: Carven bedeutet schnitzen = geschnittene Schwünge ziehen. Allerdings meine ich damit nicht, dass Kinder von Anfang an parallel fahren und Gräben ziehen sollten.

Ich meine damit, dass es meiner Überzeugung nach (und der des schweizerischen Skilehrerverbandes - vor allem die Österreicher, z.T. aber auch die Deutschen wären da teilweise etwas anderer Meinung - aber das ist ein anderes Thema) keine Extra-Carvingtechnik gibt, sondern, dass die Technik vom Pflugdrehen, gerutschtem Parallelschwung bis zum geschnittenen PArallelschwung grundsätzlich die gleiche bleibt. Deshalb auch:
CARVINGSKI BEI KINDERN VON ANFANG AN!!

Natürlich fange ich mit den Kindern mit dem Pflug an (bei Erwachsenen kann dass Anfangen mit parallel fahren Sinn machen, muss aber nicht).
Mit "nicht verbiegen" meine ich u.a. folgendes (einige wichtige Punkte):
- sie sollen im Pflug nicht mühsam den Aussenski belasten, sondern die Kurve durch Körperrotation auslösen.
- sie sollen keinen Umsteiger lernen
- sie sollen nicht "geschlossen" fahren müssen - also kein Füsse zusammendrücken
- man darf ihnen nicht zu früh die Rücklage abgewöhnen. Kinder fahren recht stark in Rücklage a)aufgrund ihres Körperbaus b)wegen ihres Materials, d.h. des Verhältnisses ihres Körpers zu den Skis (das ist ein interessantes Thema, ich kann dir gern mehr dazu schreiben, wenn du magst).

Du kannst deinen Kindern ALLES selber beibringen, wenn du magst! Meist ist es nicht ein Problem des Könnens, sondern mehr des Zusammenspiels Eltern/Kind. Wenn du lieber selber fahren willst, als deinem Kind etwas beibringen, dann schickst du es lieber in die SKischule. Bist du aber motiviert und geduldig - dann sofort! Es ist nämich toll, zu sehen, wie die Kinder lernen!!

Ein paar Punkte zum Vorgehen:
Du hast nicht geschrieben, wie weit dein Kind genau ist.
Kann es im Pflug bremsen, so bring ihm die ersten Kurven mittels Rotation bei. Das heisst ganz einfach, es soll in die Richtung schauen (und dabei dein Körper in diese Richtung drehen) in die es fahren will. Mit Carvern funktioniert das problemlos (Achtung: mit konventionellen Skis funktioniert es aber kaum oder nicht!!!).
Kann es die Kurven, so lass es überall im Pflug fahren. Kinder kommen im Pflug ÜBERALL runter. Bring ihm keine Parallelschwünge bei, die entstehen von selbst mit der Zeit - zuerst natürlich im einfachen Gelände. Kinder lernen enorm viel durch zuschauen.
Fährt ein Kind dann einmal einigermassen Parallel, so ist es toll, wenn es mal hinter richtig guten Fahrern fahren kann. Das muss kein Skilehrer sein - wie wäre es z.B. mit einem jugendlichen Rennfahrer? Vielleicht kennst du ja jemandem mit dem nötigen Gefühl dafür, wie schnell etc. es gehen soll. Ich weiss nicht, wie gut du selbst fährst, aber es ist auch mal gut, mit jemand anders zu fahren, ev. jemand, der bewundert werden kann!

Ja, und wenn die Kinder dann mal Parallel so einigermassen überall runter kommen, dann wirds erst richtig spannend... dann kann man all die Carvingsachen mit ihnen machen...

Woran erkennt man einen guten Skilehrer? Das ist extrem schwierig zu sagen. Das allerwichtigste scheint mir schon, dass er dem Kind sympathisch ist und dass es GERN in die Skischule geht. Welche Technik er vermittelt... ein relativ sicherer Tipp ist jeweils, dass die Skilehrer, die grad in Ausbildung sind, zumindest up to date sind. Aber eben, auch da sind die Vorgaben von Land zu Land verschieden.

Das war zwar ein langes Posting, trotzdem sind meine Angaben natürlich knapp und pauschalisierend. Wenn du noch genauere Fragen hast, so stell sie mir nur... und vielleicht sind ja andere ganz anderer Meinung als ich. Zum Schluss noch etwas:

AM ALLERWICHTIGSTEN IST, DASS DIE KINDER SPASS AM SKIFAHREN HABEN!!!!

Viel Spass und melde dich mal, wies so läuft!
Ich bin als Kind 2 Wochen pro Winter Ski gefahren und bin trotzdem Skilehrerin geworden (wenn auch nicht die beste Technikerin unter der Sonne) - es lässt sich so durchaus lernen.

Martina
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Beitrag von Martina » 01.11.2001 09:49

Entschuldige, du HAST natürlich geschrieben, wie weit deine Tochter schon ist. Ich muss es im Laufe des Schreibens vergessen haben... (ja, ja auch nicht mehr die Jüngste...).
Dann wäre jetzt also an der Reihe, dass sie im Pflug überall runter fahren kann. Steigere im einfachen Gelände nach und nach das Tempo ein wenig. Fahre weite, runde Schwünge, immer flüssig, keine "Ecken" (kein "Hopp" bei der Schwungauslösung). Hat sie Carver an den Füssen, so wird sie mehr und mehr parallel fahren. Zwing sie aber nicht dazu!

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Beitrag von Ikarus » 11.11.2001 21:31

Hi Papa,

mein Sohn war letztes Jahr 7 Jahre. Er hatte zum ersten Mal Carving Ski an den Beinen, weil er sich unbedingt welche zu Weihnachten wünschte (Die Jahre zuvor musste er die Non-Carver, der älteren Schwester aufbrauchen).
Nachdem er schon seit einigen Jahren bei meinem FunCarving zusieht, und schon immer mit mir mitgefahren ist (im klassischen Stil)weil er den Skikurs nicht wollte, wusste er zumindest wie Carving in etwa auszusehen hat.

Ich suchte für ihn einen SEHR flachen Hang. So, dass er auch beim SChussfahren keine Panik bekommt. Dann wie in den ersten Tagen: Stöcke weg. Hände auf den Knie abstützen (nicht ablegen) und dort lassen (erleichert die Vorlage). Parallel in Carvingstellung anfahren und NICHTS ausser die Knie seitlich neigen = Ski auf die Kante stellen. Aus. Dann auf die andere Kante. Immer die Hände am Knie abstützen. Innerhalb eines halben Tages carvte er den SEHR flachen Hng hinunter. Die Hänge wurden dann von selbst steiler. Seither carvt er (immer ohne Stöcke). Ich sehe im gerne zu und bin stolz auf ihn. Wenn ich so aussehe wie er beim Carven, bin ich auch stolz auf mich. (ich konnte mich noch nie selbst beobachten).
Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang: Auch für Kinder. Carver mit möglichst KLEINEN Radien!!! Sonst werden sie viel zu schnell und fürchten sich. Mein Sohn fährt mit 8,5m.
So, nun aber SChluss.
PS: ich bin auch kein Skilehrer, wir fahren aber ca. 15 - 20 tage pro Jahr
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Beitrag von Martina » 12.11.2001 08:05

Na also, es geht! Danke Ikarus, das ist wirklich toll! Es ist wirklich unglaublich, wie Kinder das selbst rausfinden.
Pass nur auf, dass dein Sohn nicht nur mit Knien reinkippt, sondern mit dem ganzen Körper, das ist sonst nicht so gesund. Aber so wie du schreibst, nehme ich an, er hat das längst selbst gemerkt, dass man auch mit dem ganzen Körper in die Kurve liegen kann.
Wie gross ist dein Sohn? 8,5m Radius scheint mir nämlich nicht besonders wenig zu sein. Aber das ist ja nicht so wichtig, Hauptsache, es macht Spass - und das scheint es zu machen!

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Beitrag von Ikarus » 12.11.2001 22:12

Hi,

mein Sohn ist dzt. 123cm, letztes Jahr entsprechend kürzer. Ski sind 110cm.
Was ich noch vergessen habe:
zu Beginn musste ich bei jder Kurve einschärfen: Kurve zu Ende fahren! Weil die Kinder (zumindest mein Sohn Florian) immer dazu neigte, die Kurve viel zu früh abzubrechen, und dann einfach zu schnell wurde.
Übrigens: Meine Tochter Kathrin, 11 Jahre, tut sich viel schwerer mit dem Umstieg zum Carven, weil sie offensichtlich schon viel zu lange den klassischen Stil fuhr. Facit: Je früher Carving, umso leichter tun sich die Kids.

Was kleineres als 8,5m Radius hab ich bis jetzt kaum gesehn. Minimum war 7,5m. Weisst du etwas kleineres?

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Beitrag von Martina » 13.11.2001 08:16

Für einen 110cm ist es wohl schon in Ordnung. Ich hatte irgendwie einen 75cm oder 80cm Ski im Kopf, ohne zu überlegen, wie gross dein Sohn in diesem Alter wohl ist.

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Beitrag von Papa » 14.11.2001 14:40

Hallo Martina,


vielen Dank für Deine ausführliche(n) Antwort(en).
Ende vorletzter Woche wollte ich meinerseits ausführlich reagiert haben, doch dann ist mein Browser mit dem fast fertigen Text abgestürzt...
Da ich seitdem reichlich zu tun hatte, hat's noch etwas länger gedauert.


Vielleicht sollte ich vorab noch kurz etwas über mich erzählen:

Ich habe mit 14 erstmals auf Ski (Lederschuhe, Seilzugbindung, geschraubte Kanten) gestanden und bin damit die Rodelpisten des Vordertaunus raufgelaufen und runtergerutscht.
Erst mit 18 bin ich zum ersten Mal mit einem Skilift gefahren.

Im Studium habe ich dann neben Maschinenbau im Zweitstudium auch einige Sportkurse belegt, darunter alle verfügbaren Skikurse.
Durch die Schwerpunktkursprüfung bin ich dann aber leider doch knapp durchgefallen.
Damit bin ich auf dem Papier jetzt befähigt, Schulklassen im Skifahren zu unterrichten (hab' ich auch schon mal gemacht),
aber für die Ausbildung von Studenten habe ich mich disqualifiziert.

Als autodidaktischer Spätstarter mit ausgeprägter technisch-theoretischer Vorbelastung will ich auch beim Skifahren immer ganz genau wissen,
wie alles funktioniert. Ich sag' das nur, damit Du Dich nicht wunderst, wenn ich alles Mögliche hinterfrage.
Ich will damit niemanden ärgern, mir geht's ums Verständnis.


Das mit "Kurve durch Körperrotation auslösen" finde ich einen prima Ansatz.
Durch das damit einhergehende Eindrehen der Hüfte [ausprobier] kantet man automatisch den "anderen" (bei Rotation nach rechts den linken und umgekehrt) Ski stärker auf.
Ich glaube, meine Tochter fuhr zum Schluß so, obwohl ich's ihr "natürlich" anders gezeigt hatte. Ist mir eben erst klar geworden.
Ich weiß noch wie ich zu meiner Frau sagte, daß ich nicht wüßte wie unsere Tochter eigentlich um die Kurve fährt.

Gestaunt habe ich auch über die eine oder andere Spur, die sie im Schnee hinterlassen hat.
Da waren deutlich sichtbare (geschnittene?) Bögen dabei mit einem Radius von vielleicht 70cm.
Theoretisch unmöglich, selbst mit dem kleinsten Carver und mit den alten "Brettern" meiner Tochter schon gar.
Ich erkläre mir das so:
Die Kanten der Anfänger-Kinderski sind so etwa auf dem ersten und letzten Drittel durch "Brechen", "Abhängen" und/oder eine nachgiebige Skikonstruktion weitgehend am
"Eingreifen" gehindert und gestatten so das Fahren von beliebigen Radien.
So gesehen würde sich die Notwendigkeit einer starken Tallierung für den allerersten Ski relativieren.

Was die "richtig guten Fahrer" zum hinterherfahren anbetrifft, so zähle ich mich nicht dazu, zumal ich das Carven selbst noch lernen muß.
Auch unter meinen Freunden und Bekannten befindet sich keine potentielle(r/s) Vor(fahrer/bild).
Also müssen wir uns wohl irgendwann mal einen Skilehrer suchen. Aber vorerst bin ich als Vorausfahrer wohl noch zu gebrauchen (ich kann Pflugbögen in fast jedem Gelände fahren!).

So, das soll's jetzt erstmal gewesen sein. Schöne Grüße

Papa
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Beitrag von Papa » 14.11.2001 14:44

Hallo Ikarus,

vielen Dank für Deinen Bericht aus der Praxis. Dein Sohn ist zwar ungefähr doppelt so alt wie meine Tochter, aber jetzt ist mir trotzdem deutlich klarer, wo ich mit ihr hin muß.

Schöne Grüße

Papa
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Beitrag von Papa » 14.11.2001 15:01

Was mich noch beschäftigt:

Kann man einer 2-Jährigen schon das Skifahren beibringen oder ist das Blödsinn? Ich habe nämlich noch eine Tochter, und die ist demnächst so alt. Motorisch ist sie ein Stück weiter als ihre ältere Schwester im gleichen Alter, aber natürlich ist sie nicht auf dem Niveau einer 3-Jährigen.

Skischuhe in ihrer Größe (22) und entsprechende Ski (ich dachte so an 60cm) gibt es angeblich.

Kennt Ihr irgendwelche Kriterien, nach denen man die "Skireife" eines (sehr jungen) Menschen beurteilen kann? So in der Art: Kann Roller fahren und länger als 10 Sekunden auf einem Bein stehen?


Schöne Grüße und vielen Dank im Voraus.

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