Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Fragen zu Kante Schleifen, Belag Wachsen, Belag ausbessern etc.
Siehe auch Bericht zur Skiservice selbst gemacht (mit Videos)
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nicokopf
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Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von nicokopf » 29.05.2018 14:11

Hallo zusammen,

hier im Forum wurde ja schon des öfteren und ausführlich über die Bedeutsamkeit der belagsseitigen Kante diskutiert. Dennoch hätte ich noch die ein oder andere Frage an die Experten.

Bisher habe ich es so gehalten, dass ich meine Ski anfangs der Saison zum Service gegeben habe, zum einen um den Belag planschleifen zu lassen und die Struktur aufzufrischen und zum anderen um mit einer exakten und sauberen Belagskante in die Saison zu starten. Dies ist meiner Meinung nach unabdingbar, wenn ich den Winkel von 0,5° (SL) beibehalten will, ansonsten feile ich ja bei gleichem Winkel in den Belag? Hat hier jmd Erfahrungen wie sich der Ski verhält? Im Prinzip wird dadurch ja der Belag konvex und der Kantengriff müsste leiden. Feilen geht also nur wenn ich den Winkel bspw. auf 0,7° erhöhe, was wiederum das Verhalten meines Skis beeinflusst (oder ist die exakt geschliffene Schneide für den Kantengriff entscheidender als der erhöhte Belagswinkel?).

Im Laufe der Saison nutzte ich nach jedem Skitag die lange Diamantfeile von Tooltonic inkl. Plastikwinkel, um die belagsseitige Kante zu schärfen (200er) und zu polieren (400er). Nutzt ihr bei diesem Vorgang jedes mal den 200er Diamant oder poliert ihr nur mit dem 400er und nutzt den 200er nur bei gröberen Kratzern?
Nach meinem Verständnis ist dies nicht spanabhebend und lediglich dazu da, um eventuelle Kratzer zu entfernen und den guten Zustand zu erhalten. Tooltonic schreibt, dass dadurch zudem der Abrundung der belagsseitigen Kante entgegengewirkt wird und dadurch auch an der Seitenkante weniger "Zustellung" nötig ist, um die Schärfe wieder herzustellen (Vgl. hierzu Grafik auf der Startseite von tooltonic.com unter "Die gute Methode"). Wenn der Kantenservice mit Diamantfeile nun aber doch nicht spanabhebend ist, dann kann doch rein von der Geometrie her bei gleichem Winkel der Abrundung direkt an der Schneide nicht entgegengewirkt werden? Falls nun durch die Diamantfeilen doch das Niveau der Belagskante verringert wird um eine Abrundung zu entfernen, dann bin ich ja bei einer sauber bis zum Belag geschliffenen Kante wieder im Belag (was auch in der Grafik von Tooltonic angedeutet ist). Oder sind diese wenigen μm vernachlässigbar?
Ist mit "Abrundung entgegenwirken" evtl. eher gemeint, dass die Standzeit einer weniger rauhen Belagskante höher ist, da die geringere Rautiefe weniger Angriffspunkte bietet?

Bei etwa 40-50 Skitagen in meistens eher niedrig gelegenen Skigebieten ist Steinkontakt eigentlich unvermeidbar. Wie oben beschrieben versuche ich mit der Diamantfeile den Zustand der Belagskante einigermaßen zu halten, was natürlich bei harten und steinigen Bedingungen nicht einwandfrei gelingt. So muss ich für eine wirklich exakte Schneide irgendwann entweder die Feile mit größerem Winkel benutzen oder von der Seitenkante recht viel Material wegnehmen um die Kante richtig scharf zu bekommen. Wie ist hier euer Vorgehen? Erhöht ihr im Laufe der Saison den Belagswinkel?
Durch den Maschinenservice und den doch häufigen Steinkontakt habe ich beim Feilen immer das Gefühl, dass die Kante doch sehr verhärtet ist und die Feile nicht den notwendigen Biss hat (Feile rutscht und nimmt keinen sauberen Span ab). Wielange arbeitet ihr hier mit Aluoxyd/200er Diamant bis die Kante wirklich weich und gut feilbar ist. Ist bin da doch noch etwas zaghaft um nichts zu verschlimmbessern.

Alternative Überlegung ist, die Ski beim Maschinenservice nur planschleifen und strukturieren zu lassen. Vorteil wäre, dass die Kante einfacherer und präzise feilbar ist, da sie nicht mit den Keramikdisks abgehärtet ist. Zudem könnte man auch Winkel wie bspw. 0,3° probieren (was maschinell meines Wissens nicht möglich ist). Dies würde mich rein der Erfahrung halber mal interessieren, wie aggressiv sich so ein Ski fährt. Danach kann man auf 0,5° und 0,75° hochgehen.
Schleift ihr beim händischen Feilen einer planen Belagskante durchgängig bis zum Belag oder lasst ihr evtl. noch "etwas übrig"? Dadurch könnte man bei Bedarf nochmals mit dem gleichen Winkel ansetzen und das Niveau verringern ohne direkt in den Belag zu kommen. Könnte mir aber auch vorstellen, dass sich eine nur über einen Teil der Breite der Belagskante geschliffene Kante negativ auswirkt ("konvex"). Werkzeug der Wahl wäre von SKS, da hier auch kleinere Winkel als 0,5° möglich sind und ich noch keinen Festwinkel mit weniger als 0,5° gesehen habe.

Da selbst der Servicemann von Svindal und Jansrud die Belagskante maschinell abhängt und dann nur noch vorne und hinten für die Drehfreudigkeit etwas mehr abhängt (Vgl.:hier und hier), bin ich doch etwas skeptisch, ob ich die Belagskante wirklich von Grund auf so präzise hinbekommen. Wie sind hier eure Erfahrungen? Lasst ihr nur Planschleifen und hängt selber ab oder bevorzugt ihr das maschinelle Abhängen?

Ihr würde mich über den ein oderen anderen Tipp bzw. Erfahrungsaustausch freuen.

Viele Grüße
Nico

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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von ingo#31 » 29.05.2018 18:48

Wenn du einen sauberen Belagwinkel von 0.5°-0.7° hast, dann bleibt der unverändert. Um die Abrundung der Kante wieder scharf zu bekommen, reicht es wenn du die Seitenkante mit dem gewünschten Winkel nach bearbeitest.
Ich verwende ebenfalls die Tooltonic 200-400. Um die Belagkante zu bearbeiten nehme ich jedoch von Toko den 0.75° Winkel ( den hier https://www.toko.ch/wax-tools/tools/pro ... 20ca03070f )
Der ist meiner Meinung nach präziser und kann etwa 200 Mal verwendet werden. Danach kann man ihn auch wegwerfen weil im Bereich wo das Tool die Stahlkante berührt, Material abgetragen wird. Er wird dann ungenau.
Den Belagseitigen Winkel würde ich nicht erhöhen, alles was mehr als 0.75° ist, dann geht erheblich Kantengriff verloren. Klar dreht der Ski dann besser und beisst/ verschneidet nicht so schnell, ich mag es nicht!
Um auf der Maschine einen "echten" 0.5° oder sogar 0.3° zu erzeugen, muss der Anpressdruck der Maschine stark reduziert werden. Ich hatte mal in einem anderen Thread etwas zu dem Thema geschrieben, finde es aber im Moment nicht wieder.

Und ja, je glatter und feiner eine Kante bearbeitet ist, desto länger bleibt sie scharf und hält einfach deutlich länger.

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elypsis
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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von elypsis » 30.05.2018 10:53

Grundsätzlich braucht es einen Maschinenservice, um den Kantenwinkel belagseitig zu verringern. Hierfür gibt es zwei Methoden: Du hast einen Service, der seine Maschine wirklich beherrscht, oder du lässt deinen Ski plan schleifen, was dazu führt, dass du zunächst keinen Kantenwinkel belagseitig hast. Demzufolge feilst du dir anschließend per Hand die Kante auf den gewünschten Winkel.

Nach Steinkontakt erfährt deine Kante eine Kaltverformung. Belagsseitig entsteht dabei eine Delle. Die Seitenkante bekommt eine erhabene Stelle, die problemlos beizuschleifen ist, ohne dabei den Kantenwinkel zu verändern. Belagseitig bekommst du das händisch nicht ausgebessert und man muss von Fall zu Fall entscheiden, welchen Einfluss diese Beschädigung hat. :wink:

Dass das direkte Nachziehen der Kanten mit einer Diamantfeile sinnvoll ist, kann ich nur bestätigen. Mit dieser Methode habe ich unseren Ski viele Vollservice ersparen können. Abgesehen davon, immer scharfe Kanten zu haben, eine rund gefahrene Kante ist ohne deutlichen Materialverlust nicht mehr zu retten!


nicokopf hat geschrieben:
29.05.2018 14:11
Wielange arbeitet ihr hier mit Aluoxyd/200er Diamant bis die Kante wirklich weich und gut feilbar ist. Ist bin da doch noch etwas zaghaft um nichts zu verschlimmbessern.
Mit dem Oxyd solltest du so lange die verformte Stelle bearbeiten, bis sie quasi wieder plan ist. Dabei aber darauf achten, dass du die Kante davor und danach nicht allzu sehr "verkratzt". Bevor ich mit dem Diamant arbeite, nehme ich noch eine 16 Hieb/cm Feile. Danach poliere ich mit einem 600er und 1200er Diamant.
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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von Tysk » 30.05.2018 15:14

Ich würde mal sagen beim normalen Maschinenservice wird die Kante nie genau bis zum Übergang Kante-Belag abgehängt.
Wenn man davon ausgeht das eine Ski z.B. noch 2,5mm Breite Kanten hat und der nächte nur noch 1mm Breite, kann das mit einer Maschine die mit ein und der selben Einstellung im Skishop 20 paar Ski am Tag schleift gar nicht funktionieren oder?



Was ich mich immer schon gefragt habe, welchen Einfluss hat es den wenn ich beim Abhängen bis "in den Belag komme".
skikante4.png
skikante2.png
skikante25.png
skikanteeinf.png
Theoretisch müsst bei ein Ski mit einer Kante wie in Bild 1 mehr Kantengriff haben wie ein Ski mit einer Kante wie in Bild 2 oder?
Und wo liegt der unterschied beim fahren zwischen Bild 1 und 3 ?











Was ich mir noch nie erklären konnte ist der Zusammenhang zwischen Belagswinkel und Kantengriff.
Man ließt auch immer nur ja 0,5° Winkel mehr kantengiff, 1,0° dreh freudiger weniger Kantegriff. Aber wieso? Lässt sich das überhaupt einfach erklären oder ist das so komplex?

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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von 11mousa » 30.05.2018 16:01

Tysk hat geschrieben:
30.05.2018 15:14
Was ich mir noch nie erklären konnte ist der Zusammenhang zwischen Belagswinkel und Kantengriff.
Man ließt auch immer nur ja 0,5° Winkel mehr kantengiff, 1,0° dreh freudiger weniger Kantegriff. Aber wieso? Lässt sich das überhaupt einfach erklären oder ist das so komplex?
Relativ Einfach: bei weniger Belagswinkel brauchst du weniger absoluten Winkel, um einen entsprechenden Winkel im Schnee zu erreichen. Sprich: wenn du 0° Winkel hast, "beißt" sich der Ski ab dem kleinsten Aufkanten bereits in den Schnee, hat also dahingehend einen Vorteil von 1° gegenüber 1° belagsseitig. Dies ist aber auch ein Nachteil, weil jedes nicht absolut plane Aufliegen auch einen Kanteneinsatz bedeutet.

Wenn du dagegen einen höheren belagsseitigen Winkel hast, simulierst du ein bisschen einen konvexen Belag. Der Ski "kippt" relativ schnell auf die geschliffene Kante. Dies hat aber den Nachteil, dass bei 1° erst ab diesem einen ° der Kantengriff beginnt, und du bei 45° absolutem Aufkantwinkel erst den selben praktischen Winkel hast wie bei 0° belag und 44° Aufkant.

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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von elypsis » 30.05.2018 16:11

Tysk hat geschrieben:
30.05.2018 15:14
Was ich mir noch nie erklären konnte ist der Zusammenhang zwischen Belagswinkel und Kantengriff.
Man ließt auch immer nur ja 0,5° Winkel mehr kantengiff, 1,0° dreh freudiger weniger Kantegriff. Aber wieso? Lässt sich das überhaupt einfach erklären oder ist das so komplex?
Der Kantengriff wird mit kleinerem Belagswinkel besser. Warum? Weil du weniger stark aufkanten musst, die Kante greift schneller und bei stärkerem Aufkanten auch heftiger. Damit ist auch klar, dass ein stärker abgehängter Ski drehfreudiger ist, denn seine Kante greift erst später.

:D
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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von elypsis » 30.05.2018 16:32

Tysk hat geschrieben:
30.05.2018 15:14
Was ich mich immer schon gefragt habe, welchen Einfluss hat es den wenn ich beim Abhängen bis "in den Belag komme".
Das ist nicht gut! Dadurch hätte dein Ski zwei Kanten, wobei jedoch nur die Äußere greift. Somit musst du erst einmal die "innere Kante" überwinden, um danach Kantengriff zu haben!
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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von NeusserGletscher » 30.05.2018 21:15

Zum Thema Nachschleifen habe ich schon mal ähnliches geschrieben: Gedanken zum Skiservice.

Das blöde an der belagseitigen Kante ist, dass offenbar niemand so richtig im wissenschaftlichen Sinn Bescheid weiß und sich dafür viele Mythen halten. Daher spiegeln folgende Aussagen auch nur meinen derzeitigen Kenntnisstand wieder:
  • Kanten werden immer im Wechsel bearbeitet. Einseitige Bearbeitung ist handwerklicher Murks
  • beim Abhängen der belagseitigen Kante reicht es, 1-2x mit der Feile (je Arbeitsschritt) drüber zu gehen. Ob man damit vor, bis oder in den Belag schleift? Keine Ahnung, mein Elektronenrastermikroskop ist gerade in der Werkstatt :wink:
  • Abhängen von 0,5° bedeuted bei einer 2mm breiten Kante ein Abtrag am äußeren Ende von 20 µm (zum Vergleich: ein menschliches Haar ist ca. 50-80 µm dick)
  • man kann aber auch mit 0.5° so tief in den Belag reinschleifen, dass die Kante gegenüber dem Belag um das selbe Maß zurückgesetzt wird wie wenn man mit einem größeren Winkel nur in Kantenbreite schleift
  • es ist aber technisch unmöglich, über den gesamten Belag eine mittlere oder grobe Struktur aufzubringen, dann lediglich die Kante um 0,5° in Kantenbreite abzuhängen und dabei die Spuren von der Struktur vollständig wegzuschleifen. Entweder wird dann stärker abgehangen und / oder tiefer in den Belag reingeschliffen. Profis bringen daher nur in der Skimitte die Struktur auf und schleifen am Rand nur fein, siehe auch die Bilder vom Waxmeister, vor allem das letzte Bild. Oder auch dieses Schulungsvideo von Toko ab 1:20.
  • der obligatorische Hieb gegen den Massenservice: die überwiegende Mehrzahl der "Servicezentren" schleift über die gesamte Skibreite bis über die Kanten die gleiche Struktur. Wie bekommen sie es dann hin, dass man in der Kante davon nichts sieht? Das geht entweder nur, in dem sie deutlich stärker als 0.5° abhängen und / oder so weit in den Belag schleifen, bis die Spuren von der Struktur verschwunden sind. Es ist natürlich mühseliger, für verschiedene Skitypen alle Strukturen in verschiedenen Breiten vorzuhalten und beim Schleifen individuell auszuwählen. Fabrikneue Ski, die ja ebenfalls meist maschinell geschliffen werden, haben dagegen meist eine sehr feine / kaum vorhandene Struktur.
  • es gibt aber auch Experten unter den Maschinisten, welche die Zusammenhänge begriffen haben und dann unter dem Begriff Rennservice eine saubere Arbeit liefern
  • bei kleinen Winkeln wird der Ski bissiger, der größte Unterschied ist so zwischen 0 und 0.5° zu spüren
  • das hat aber nichts damit zu tun, dass man "schneller" aufkantet, wie immer wieder behauptet wird. Sondern vmtl. eher damit, dass mit dem Abhängen im technischen Sinn eine Fase angebracht wird und die verhindert nun einmal überall im Maschinenbau, dass Werkstücke verkanten. Sonst wäre der Unterschied zwischen 0 und 0.5° genau der gleiche wie zwischen 0.5° und 1°.
  • durch das Abhängen (Anfasen) hat man auf jeder Seite logischerweise 2 Kanten, eine mit einem relativ stumpfen Winkel am Belag und eine weitere außen mit einem effektiven Kantenwinkel um die 90°
  • ich vermute, dass beim Schleifen per Hand die stumpfe Kante eher außen liegt und daher mehrfach im selben Winkel nachgeschliffen werden kann. Beim Massenservice auf der Maschine liegt die Kante alleine aufgrund der Steuerung über den Druck beim Schleifen eher im Belag (s.o.)
  • beim Wechsel zu einer feineren Feile sollte man auch die Richtung der Bearbeitung wechseln. Da dies bei einer schmalen Kante nicht einfach ist, erzielt man mit rotierenden Werkzeugen oft den gleichen Effekt
  • die Güte bei der Bearbeitung von Oberflächen hängt von den Faktoren Druck, Vortrieb und Drehzahl ab (je nach dem, was zutriff). Wenn man zuviel Material in einem Arbeitsschritt abnimmt oder zu schnell arbeitet erhöht sich zwar der Durchsatz, aber die Qualität leidet. Beim Feilen arbeite ich daher nur mit geringem Druck und mit langsamen Bewegungen
  • die Bearbeitung der belagseitigen Kante ist keine Präzisionsarbeit. Als Bezugsebene wird der beim Handschliff der Belag genommen, beim Maschinenschliff das Deckblatt. Bei der Maschine spielt der Druck eine Rolle, weil sich dabei auch der Ski "verbiegt", beim Handschliff eiert man mehr oder weniger stark mit dem Feilenhalter über den Belag. Die sich dabei ergebende Ungenauigkeit bei maschinellem oder händischem Schliff ist gerade bei kleinsten Winkeln in der Größenordnung vom Winkel selbst. Entscheidender sind IMHO die systematischen Fehler, die begangen werden (s.o.)
  • Kantentuning ist eine Frage von persönlichen Vorlieben und Material. Das optimale Setup für den jeweiligen Ski muss sich jeder selbst erarbeiten. Im Massenservice bleibt dafür keine Zeit, da wird für alle Anwendungsfälle, alle Stufen des Fahrkönnens und persönliche Vorlieben das gleiche Setup verwendet.
  • beim Planschleifen darf nicht mit zu großen Druck gearbeitet werden. Sonst wird der Belag gestaucht und kehrt anschließend in seine Ausgangslage zurück. Im Ergebnis steht dann der Belag über der Kante, was nicht gut für den Kantengriff ist
  • nach dem Schleifen müssen beide Kanten unbedingt noch mit einem Arkansas-Stein oder einem Schleifgummi entgratet werden. Egal ob mit der Feile oder dem Diamanten geschliffen wird, es bleibt in der Regel ein Grat, der die Kante zunächst sehr bissig macht, dann aber, wenn sich der Grat verrundet, schnell stumpf
Zu den Ausgangsfragen: Ich schleife die Ski immer im gleichen Winkel nach. Ja nach Abnutzung beginne ich mit einem feinen Diamanten oder halt mit einer feineren Race-Feile. Im Zweifel kommt halt die (handgeführte) Maschine zum Einsatz und wenn größere Schäden an der Kante oder im Belag vorhanden sind, wird halt im Service plangeschliffen + Struktur aufgebracht und das Spiel beginnt von vorne. Mit dem Oxydstein schleife ich nach Gehör und nur mit leichtem Druck. Man hört deutlich, wenn alle Verformungen in der Kante egalisiert wurden. Für den Materialabtrag ist es unerheblich, ob er spanabhebend (schneidend) oder schleifend erfolgt. In beiden Fällen wird Material abgenommen. Der SKS Vario-Winkel hat unterhalb von 0.5° eine weitere Raste, die ungefähr 0.25° entspricht. Ich habe damit mal experientiert und für mich entschieden, dass solche extrem kleinen Winkel für mich nichts sind.

Im Rennsport ist es dagegen durchaus üblich, unter der Bindung überhaupt nicht abzuhängen und nur an den Enden etwas stärker. Die Wahl der Winkel findet aber im persönlichen Ausstausch zwischen Servicemann und Sportler statt und ist ein iterativer Prozess. Außerdem werden je nach Disziplin und Ski die Winkel anders geschliffen, in den Speed Disziplinen halt bis zu 1.5° und drüber, um ein Verschneiden zu verhindern.

[Tante Edit hat noch ein paar Ergänzungen durchgeführt]
Zuletzt geändert von NeusserGletscher am 03.06.2018 08:51, insgesamt 1-mal geändert.
Was man selbst erledigt können andere nicht verkehrt machen.

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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von nicokopf » 31.05.2018 21:12

Danke für eure sehr ausführlichen Antworten!

Werde in Zukunft weiter versuchen mit 200er und 400er Diamant die Belagskante in Schuss zu halten. Ab und zu wird dann auch mal die Racefeile zum Einsatz kommen, im selben Winkel der schon eingeschliffen ist. Ich vermute wie von euch geschrieben, dass beim Maschinenservice sowieso schon bis in den Belag geschliffen wurde da die Kanten bei meinem SL ziemlich dünn sind (<1mm). Trotzdem war ich bisher eigentlich recht zufrieden mit dem Fahrgefühl. Nutzt von euch jmd die Unterkantenfeile von Tooltonic?

Allerdings werden ich dann einen stabilen Winkel nehmen, mit den festen Plastikwinkel hab ich irgendwie kein so gutes Gefühl.

Beim Stöbern im Internet bin ich auf den Diskman gestoßen (http://www.mbas.at). Dazu gibt es eine Vorrichtung, mit der auch die Unterkante geschliffen werden kann. Die Angaben zur Oberflächengüte hören sich recht gut an. Um die 500€ sind zwar viel Geld aber im Vergleich zu anderen elektischen Kantenschleifgeräten, mit denen auch die Belagskante geschliffen werden kann wie zB von Snowglide welche mittlerweile auch von vielen Serviceleuten im Weltcup genutzt werden, ist es noch günstig.
Habt Ihr mit sowas mal Erfahrungen gemacht?

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Re: Kantenfrage: Instandhaltung der belagsseitigen Kante

Beitrag von nicokopf » 31.05.2018 21:29

In diesem Video auch eine interessante Aussage, dass selbst bei fabrikneuen Ski bis zu 5mm in den Belag geschliffen wird.

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