Psaltis persönlicher Skikindergarten

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PK
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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von PK » 18.01.2010 19:21

Uuups Andreas,

da habe ich wohl Dein Posting im Gewühl der vielen anderen überlesen. Sorry.
Da Uwe derzeit in Kitzbühel auf der Piste ist, hier mal von mir eine Einschätzung...

Bei 75kg und deiner Könnensstufe sehe ich die 3,5 als Auslösewert absolut problemlos. Sobald Du aber die ersten "richtigen" Abfahrten beherrscht, solltest Du auf die "normalen" 4,5 hochstellen lassen.
Servus aus Bayern!
Peter.

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psaltria
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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von psaltria » 19.01.2010 09:23

PK hat geschrieben: Bei 75kg und deiner Könnensstufe sehe ich die 3,5 als Auslösewert absolut problemlos. Sobald Du aber die ersten "richtigen" Abfahrten beherrscht, solltest Du auf die "normalen" 4,5 hochstellen lassen.
Vielen Dank, Peter! So in der Art habe ich auch den (vielleicht doch etwas zu Unrecht so hart gescholtenen) Wartungsmenschen in dem Sportgeschäft verstanden.

Andreas

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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von psaltria » 23.01.2010 17:45

6. Das "Wunder von Braunlage"
claufi hat geschrieben:Hallo Andreas,

im Moment steht es zwar noch nicht 100%ig fest, aber ich würde gerne nächsten Mittwoch (20.1.2010) in den Harz fahren, um mir das Skigebiet dort mal anzuschauen.
Wenn Du Zeit und Lust hast, können wir uns dort treffen und ich würde Dir so ca. 2 Stunden lang auf dem Idiotenhügel mit Tipps und Tricks zur Seite stehen (natürlich kostenlos).
Diesem großzügigen, hier im Forum geposteten Angebot von Claudia folgte sogleich ein PN-Wechsel. Nachdem wir schließlich unsere Arbeitgeber hatten überzeugen können, doch mal einen Tag auf uns zu verzichten, kam es schließlich zur dingfesten Verabredung am besagten Tag in Braunlage. Kurz nach 14 Uhr trafen wir uns an der Talstation der Wurmbergseilbahn. Die angekündigte Frau in deutlich grüner Skihose war gar nicht zu verfehlen, und so waren wir wenige Minuten später mit meinem Auto am designierten Übungsgelände: der Rathauswiese.

Das Areal, das tatsächlich direkt neben dem eher an eine altmodische Jugendherberge denn ein Verwaltungsgebäude erinnernden Braunlager Rathaus liegt, zeigte sich am Mittwoch von seiner besten Seite. Während es im Flachland schon mächtig taute, war dort der Schnee bei -2°C Lufttemperatur selbst für meinen laienhaften Eindruck ausgesprochen gut, gleichmäßig und die Piste ohne nennenswerte Unregelmäßigkeiten. An einem Wochentag herrscht dort so wenig Betrieb, dass man das Auto unmittelbar am Fuß des etwa 500 m langen Hangs sprichwörtlich einfach fallen lassen kann.

Wir begannen damit, uns gemeinsam meinen bekanntermaßen schlecht funktionierenden Pflug anzuschauen. Im Stand probierte ich nach Claudias Anweisungen immer wieder, so etwas wie ein seitlich schräges Kanten hinzubekommen. Immer wieder bog sie an meinem störrischen Fahrgestell herum, das einfach nicht so wollte, wie das im Lehrbuch auszusehen hat. Ich glaube, ein von mir sehr häufig gebrauchtes Wort war "Zwangshaltung", und es kristallisierten sich drei Formen des Bremspflugs hinaus: 1. mit schmerzenden Knien, 2. mit schmerzendem Hüftgelenk, 3. eine Kombination aus 1. und 2. - selbstredend bei kaum messbarem Bremseffekt :-? Meistens war ein Ski immer noch in Falllinie und die Fahrversuche sahen auch nicht viel besser aus als die beschriebenen aus den Braunschweiger Stadtparks. Immer wieder stellte sich Claudia vor mich in den Schnee, hielt mich beherzt bei meinen Rutschern Richtung Schneefangzaun auf und kam zu der Erkenntnis, dass ich in Sachen Bremspflug wirklich nicht übertrieben hatte.

Doch Claudia hatte vorsorglich als kleine Überraschung für mich auch Snowblades eingepackt und auf meine Schuhgröße (letzte Raste!) eingestellt. Auf denen probierten wir nun dasselbe nochmal. Zwar konnten sich nun die Skispitzen nicht mehr kreuzen, aber das schräge Ankanten im Pflug zeigte nach wie vor eher bescheidene Wirkung. Wir beide schauten uns ratlos an. Um nicht in den rasch näher kommenden Zaun zur Straße zu fahren, hatte ich allerdings unwillkürlich damit begonnen, einfach zum Schluss eine Linkskurve zu fahren und damit bis zum Stillstand auszubremsen. Claudia fragte mich derweilen mit kaum noch zu verbergendem Stirnrunzeln, ob es mir denn überhaupt noch Spaß machen würde. Doch ich konnte nun antworten: "Der Pflug funktioniert zwar immer noch nicht gut, aber nun weiß ich doch, wie ich zuverlässig zum Stehen komme. Das ist doch schon ein Fortschritt. Es nimmt mir die Angst, irgendwo gegenzufahren." Claudia nickte und meinte, dann solle ich jetzt doch einfach mal anfangen, ein paar Bögen zu fahren, "damit Du heute überhaupt mal ein Erfolgserlebnis hast."

Unser gemeinschaftlich quasi aus der Verzweiflung geborener und möglicherweise etwas unorthodoxer Methodenwechsel sollte sich als Geistesblitz herausstellen. Praktisch auf Anhieb gelangen mir die ersten noch zaghaften, aber (meistens :P ) in die richtige Richtung laufenden Bögen. Mich packte so etwas wie neue Zuversicht und ich probierte immer wieder den Bremspflug aus. Und auf einmal griffen die Ski! "Du stehst ja! DU STEHST JA!!! Nochmal!", rief Claudia von weiter oben am Hang und zeigte mit beiden Daumen nach oben. Tatsächlich, ich konnte das Ergebnis meines Reinkniens mehrmals wiederholen. Sehr wahrscheinlich spielte bei diesem Überraschungserfolg eine Rolle, dass ich durch den wiederholten Hangaufstieg inzwischen die zuvor unterlassenen Aufwärm- und Dehnungsübungen "nachgeholt" hatte und ich dadurch beweglicher geworden war.

Als wir immer höher gestiegen waren, meinte Claudia: "Wenn Du magst, steigst Du jetzt auf Deine Ski wieder um und wir probieren die Bögen von ganz oben." Einen ganz kleinen Moment war mir etwas mulmig, aber dann fasste ich Mut. Der Start erfolgte einiges flotter, was mich kurz irritierte, aber die Ski lagen ruhiger und Claudia instruierte mich, meine Bögen wirklich bis zum Stillstand auszufahren. Wenn mir nicht gerade der eine undefinierbare Schnee-Dreck-Haufen am rechten Pistenrand zu nahe kam, bemühte ich mich auch redlich, es so zu machen. Nun fuhr Claudia vor und ich folgte ihr, so gut ich es schon vermochte. Ab und an wurde mein Tempo im Pflug so gering, dass ich die Ski mehr zusammennahm und parallel stellte, um wieder Fahrt aufzunehmen. Schließlich schloss ich einen Bogen an den anderen an. Claudia grinste: "Du baust ja den Pflug schon wieder ab und fährst Parallelschwünge..." Naja, und ich schaute wohl auch ganz zufrieden aus der Wäsche.

Zu guter Letzt drehten Claudia und ihr inzwischen vom Wurmberg zu uns gestoßener Freund einige kurze, jeden meiner Fahrfehler entlarvende Beweisvideos :-D Nebenbei sei bemerkt, dass ich in den zweieinhalb Stunden nicht einmal gestürzt bin, so dass wir "leider" das Aufstehen nicht mehr üben konnten. Auch den Schlepplift haben wir uns für ein andernmal aufgespart, auch wenn Claudia irgendwann der Meinung war, das Aufsteigen sei doch auf die Dauer etwas schweißtreibend.

Im Panorama-Café oberhalb der Rathauswiese ließen wir diesen schließlich doch noch sehr erfolgreichen ersten Pistentag bei einer leckeren Waffel mit heißen Himbeeren und Vanilleeis ausklingen.

***

Claudia hat am Mittwoch ein kleines Wunder vollbracht. Sie schrieb von unendlicher Geduld, die sie mit Lernenden hätte. Das kann ich nur unterschreiben. Aber sie ist eben auch ideenreich und so flexibel, dass uns das Pflugproblem nicht vollkommen blockiert hat. Bei unserem gemeinsamen Erfolg spielte aber wohl auch eine Rolle, dass wir beide unbedingt wollten, dass etwas aus unserem Treffen am "Idiotenhügel" herauskommt. Niemand wollte den anderen enttäuschen oder hängen lassen. So haben wir uns nach dem ziemlich deprimierenden Einstieg wohl so sehr gegenseitig mit Zweckoptimismus versorgt, dass letztlich doch noch diese erste Abfahrt auf einer "richtigen" Skipiste herausgekommen ist. Ganz herzlichen Dank dafür, Claudia! :P

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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von sabine » 25.01.2010 13:45

Hallo Andreas,

es freut mich sehr für Dich, daß da doch so ein Erfolgserlebnis für Dich rausgekommen ist. Ich bewundere Deine Fähigkeit, zäh Dein Ziel zu verfolgen, aber mit solchen Erlebnissen geht das sicher besser.

Weiter so!

Sabine

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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von claufi » 25.01.2010 14:51

psaltria hat geschrieben: ... Ganz herzlichen Dank dafür, Claudia! :P
Hallo Andreas,

gern geschehen. Ich hatte Mittwoch auch viel Spaß an der Sache. Letztenendes habe auch ich Mittwoch eine Menge gelernt. Vorher konnte ich es mir nur schwer vorstellen, dass die Pflughaltung für einen Anfänger zur Zwangshaltung werden kann. Wir haben uns echt eine zeitlang tüchtig gequält und trotzdem wollte der Pflug einfach keine Wirkung zeigen. Beim nächsten Mal würde ich viel früher auf alternative Anhaltetechniken - wie den Bögen fahren - eingehen. Wichtig ist ja schließlich, dass man anhalten kann. Wie ist zweitrangig.

Bei den Bögen fahren hast Du Dich richtig gut gemacht. Letztenendes glaube ich, dass Du wirklich nicht untalentiert bist. Du hattest nur einen fürchterlichen Start in Bispingen. Und das Du trotzdem dabei geblieben bist, Andreas, dass kannst Du Dir hoch anrechnen. Viele an Deiner Stelle hätten Skier vermutlich nicht wieder angefasst. Wenn Du dran bleibst, kannst Du diese Saison noch einiges erreichen.

psaltria hat geschrieben: Im Panorama-Café oberhalb der Rathauswiese ließen wir diesen schließlich doch noch sehr erfolgreichen ersten Pistentag bei einer leckeren Waffel mit heißen Himbeeren und Vanilleeis ausklingen.
Ja, die Waffeln waren wirklich oberlecker. Absolut empfehlenswert. Also wenn ich mal wieder in der Gegend bin, gehe ich garantiert wieder dort Waffeln essen :-)

Viele Grüße, Claudia

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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von Uwe » 25.01.2010 15:07

PK hat geschrieben:Bei 75kg und deiner Könnensstufe sehe ich die 3,5 als Auslösewert absolut problemlos. Sobald Du aber die ersten "richtigen" Abfahrten beherrscht, solltest Du auf die "normalen" 4,5 hochstellen lassen.
:zs:
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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von psaltria » 31.01.2010 02:06

Vorbemerkung: Nicht allzu häufig kommt es hier im Forum vor, dass ein und dasselbe Ereignis gleich in zwei Ski-Blogs gewürdigt wird. Meinem zweiten Harz-Ausflug auf Skiern vom Freitag, dem 29. Januar 2010, wird aber genau dies widerfahren. Hier gibt es die andere Version zu lesen:

viewtopic.php?f=54&t=11893&start=60

Der Anfänger, um den es in Beates Beitrag geht und den sie dort so gut wegkommen lässt, bin demzufolge ich :D

7. Privatstunde in der "Zeitmaschine": Mit Beate in Braunlage

Lange geplant war sie: Beates private Skilektion, die sie mir nach meinem "Bispingen-Blues" spontan aus einem impulsiven Gefühl professionellen Entsetzens heraus zugesagt hatte. Irgendwas kam uns seit April 2009 aber immer dazwischen, was uns freilich nicht hinderte, uns etliche Male in Braunschweig auf einen immer netten und ausführlichen Kaffeeplausch zu treffen. Da hatte ich also wirklich eine Skilehrerin gefunden, die Professionalität ausstrahlt, auf meiner Wellenlinie liegt und - ganz wichtig - zu der ich schon rasch großes Vertrauen aufgebaut habe. Dass Beate diesen Winter doch immer mal wieder für bestimmte Zeiten nicht in Arosa ist und wir gleichzeitig Berge von Schnee im Harz haben, öffnete uns endlich eine gut zu realisierende Möglichkeit, unser Vorhaben wahr werden zu lassen.

Kurz nach 10 Uhr holte Beate mich ab und wie stets munter plauschend ging es aus dem Schmuddelwetter der antauenden Ebene in den sich in immer dichtere Schneeflocken hüllenden Harz nach Braunlage zur Rathauswiese. Beate war wie Claudia von der Topologie und Ausstattung dieses Anfängerareals positiv überrascht. Der Zustand der sanitären Anlagen im nahen Rathaus versetzte ihr als an eidgenössische Standards gewöhnte Zeit-Gastarbeiterin allerdings einen Kulturschock. Zugegeben, die Toilettentür war verzogen, aber was man nicht schließen kann, klemmt wenigstens beim Öffnen nicht. Sauber und warm war´s auch, so what? :) Dass wir nicht nur zum Skilaufen hier hochgefahren waren, sondern uns auf einer Zeitreise in unsere Kindheit befanden, dämmerte uns erst später. Aber der Reihe nach.

Wir stiegen ein paar Meter zu Fuß auf, und als sich Beate davon überzeugt hatte, dass ich schon so etwas wie koordinierte Bewegungen auf meinen Skiern hinbekam, meinte sie: "Los, gleich zum Lift!" Dort erstanden wir Zehnerstreifen für erschwingliche 5 €, und sogleich folgte die theoretische Einweisung für den Ski-Novizen. Ich nickte, schob mir den nächsten schwarzen Pilz zwischen die Oberschenkel und kam - Anfängerglück! - problemlos oben an.

Auf dem Berglein wollte sich meine Lehrerin ale erstes mal den Bremspflug zeigen lassen. Ich nahm also wieder die sattsam beschriebene (Zwangs-)Haltung ein und rutschte recht hilflos auf sie zu. Die rückwärts vor mir herfahrende Beate rief nur: "Was machst Du denn da? So könnte ich auch nicht bremsen!" Nach dem händischen Ausbremsen bekam ich zu meiner großen Überraschung einen Pflug gezeigt, der durchaus großzügig Platz zwischen den Knien zuließ. Noch etwas ungläubig tat ich, wie mir gehießen - und ja, ich kam sofort zum stehen! Das quälende Problem, das mich über Monate an meiner grundsätzlichen Fähigkeit zum Skilaufen hatte zweifeln lassen, löste sich im Schneegestöber von Braunlage innerhalb weniger Momente auf. Ich war noch dabei, mir erleichtert die Nase zu putzen, als sich Beate talwärts wandte und mich aufforderte, ihr einfach mal zu folgen. Habe ich auch glatt gemacht und hing direkt an ihr dran. Zwischendrin ein paar Haltungskorrekturen und Tipps, wie man den Oberkörper besser zur Unterstützung der Kurvenfahrt einsetzen kann.

Die zweite Liftfahrt endete dann allerdings nach etwa 15 Metern infolge überkreuzter Ski. Beate war sogleich zur Stelle und zeigte mir, wie man sich vom Lift weg in eine idealere Ausgangslage fürs Aufsteigen bringt. Mit abgeschnalltem Bergski gelang es schließlich auch, wieder auf die Beine zu kommen. Der pappige Schnee klebte allerdings schon nach einmaligem Auftreten so dick unter den Stiefeln, dass einiges Treten, Ruckeln und Kratzen vonnöten war, um wieder in die Bindung zu finden. Dasselbe Spiel dann gleich nochmal wenige Meter nach dem Start: Zwar waren meine Ski noch parallel, aber ich rutschte mit dem Po nach hinten und ... naja auf den Skiern sitzend nach oben zu kommen erschien mir dann doch etwas unkomfortabel. Widerholung ist die Mutter des Wissens, sagt ein russisches Sprichwort, aber danach war das Thema Umfallen und Wiederaufstehen für diesen Tag auch abgehakt. Es hat sich einfach nicht mehr ergeben und absichtlich hinfallen mochte ich dann auch nicht mehr.

Nach der dritten Abfahrt kam von Beate: "Ich merke schon, dass Du anfängst, aus Langeweile parallel zu fahren und den Bergski anzuheben. Los, wir gehen auf die andere Seite des Lifts. Da ist zwar es etwas steiler, aber das bekommst Du hin." Aye aye Ma'am :D

Zunehmend hatte Beate derweilen mit ihren geliehenen Skiern zu kämpfen. Die Gleitflächen waren übersät mit tiefen Rissen, in denen sich große, harte Eiskristalle gebildet hatten. Noch von der Piste aus rief sie ihre Freundin im nahe gelegenen Maritim-Hotel an und schilderte ihr äußerst anschaulich die Misere mit den Latten. Dabei wurde ich unversehens als Kronzeuge bemüht: "Andreas meint auch, dass..." Dabei hatte ich nur mal zwischenzeitlich angemerkt, dass einseitig gehobelte Dachlatten aus dem Baumarkt, die man mit der Stichsäge tailliert und auf die man eine Skibindung aufgeschraubt hätte, sicher auch nicht schlechter liefen. Von Beates burlesken Zwischenfall mit den stehengeblieben Skiern am Liftstart erfuhr ich leider nur berichtsweise. Das wäre sicher ein Hit für die forumseigene Videosammlung geworden 8)

Mich brachte das in die für einen Anfänger etwas eigenartige Situation, auf die eingeschränkte Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit meiner Lehrerin Rücksicht zu nehmen. Beate rief mir nur von Ferne noch Dinge wie "Such Dir Deine Linie und fahr sie aus" und einige Hinweise zur Haltungskorrektur zu. Ansonsten war ich wohl oder übel schon ganz mein eigener Herr. Meine herumrudernden Arme beschloss sie schließlich, durch das Mitführen der Skistöcke zu bändigen. Ich bekam etwa auf der Mitte des Hangs bereits solche Geschwindigkeiten in der Kurve hin, dass mir Uwes Anmerkungen zu den zu schlapp eingestellten und selbst öffnenden Bindungen sofort in den Sinn kamen. Nach der Punktlandung vor dem Lift kommentierte Beate meinen schon recht zügigen Ritt mit den Worten: "Es wird Zeit, Deine Bindungen sofort nach unserem Ausflug wieder hochstellen zu lassen."

Beim Anstehen am Lift beobachteten wir derweilen eine Gruppe Anfänger auf der weniger steilen Hangseite, die von einem heftig gestikulierenden Instrukteur der lokalen Skischule domptiert wurden. Beate platzte sogleich temperamentvoll heraus: "Meine Güte, wenn ich das schon wieder sehe, bekomme ich Augenkrebs! Siehst Du, deshalb habe ich Dich hier vor den Skischulen gewarnt." Ich fand es auch nur grauenvoll und äußerte: "Da hätte ich es wohl auch nicht gelernt und nur durch Deine spezielle Betreuung..." Beate fiel mir ins Wort: "Was heißt hier spezielle Betreuung? Ich unterrichte Dich hier nach dem regulären schweizerischen Lehrplan."

Als unsere Zehnerkarten aufgebraucht waren und wir gute zwei Stunden auf der Rathauswiese zugebracht hatten, schlug ich meiner Lehrerin vor, trotz des erfolgreichen Verlaufs unserer gemeinsamen Stunde nun doch Schluss zu machen. Ich hatte deutlich merklich Hunger und Durst (und nahm dasselbe für Beate an), und meine Konzentration nahm dementsprechend ab. Die eigentliche Piste verschwand ohnehin immer mehr unter Massen von Neuschnee und angesichts der schlechten Verfassung von Beates Ski war ich inzwischen immer deutlicher früher im Tal als sie. Die gesetzten Ziele für diesen Tag waren erreicht und sogar meiner Meinung nach übertroffen worden, und es wäre sicher nicht mehr besser geworden.

Den Blutzuckerspiegel brachten Beate und ich in dem nunmehr bereits mit Claudia und Freund erprobten Panorama-Café oberhalb der Rathauswiese mittels leckerer Waffel mit allem Drum und Dran (diesmal mit heißen Kirschen) auf einen ordentlichen Wert. Hier ereilte uns der zweite nostalgische Flash (Beate: "Genau diesen roten Teppichboden hatte meine Oma auch!"), der sich bei unserem Spontanbesuch bei Beates Freundin auf dem Kongress der niedersächsischen Zahnärzte im Maritim-Hotel noch um einiges stärker wiederholen sollte. Wenn jemand mal irgendwo eine Location suchen sollte, an der man einen Spielfilm im unverfälschten Ambiente der mittleren 1970er Jahre drehen könnte, sollte sich unbedingt mal in Braunlage umschauen. Man müsste den Ort nur mit einigen zeitgenössischen Autos, Plakaten und Statisten in bonbonbunten Skiklamotten dekorieren. Auf der Rückfahrt auf ungeräumten Straßen sinnierten wir gemeinsam über die fast gespenstische Kulisse, die wir soeben erlebt hatten. Wir fühlten uns zurückversetzt in eine ferne Zeit, in der wir mit Eltern oder Großeltern im Harz gewesen waren. In Braunlage ist mein Wunsch, Skifahren zu können, tatsächlich einst entstanden. Ich war 12 Jahre alt und es sah alles schon so aus, wie es heute noch ist. Inzwischen bin ich 42, aber auf der Rathauswiese stand am Freitag irgendwie auch der Junge von damals. Es war für mich ein kindlich unbeschwertes Glücksgefühl, auf meinen Skiern endlich diesen kleinen Hang heruntergleiten zu können. Das war mehr als nur eine Skilektion - das war eine Zeitreise.

***

An dieser Stelle möchte ich Beate nochmals ganz herzlich danken für einen in jeder Hinsicht besonderen Tag und das viele, was sie für mich bisher getan hat! Diesen Dank möchte ich ganz ausdrücklich aber auch nochmals Claudia aussprechen, denn ohne ihre geduldige Vorarbeit wäre es bei uns am Freitag niemals so flott vorangegangen. Dass mit dem Bremspflug ist ein Detail, bei dem Beate als routinierte Skilehrerin klar punkten konnte. Ungeachtet dessen ist die Tatsache, dass ich Beate gleich ab der ersten Abfahrt problemlos folgen konnte und stabile, wenn auch gewiss noch nicht formvollendete Bögen fahren konnte, Claudias Verdienst.

Claudia und Beate, Ihr seid nun meine "Ski-Mütter" :wink: und habt, ohne Euch bisher persönlich zu kennen, aus meiner Sicht als perfektes Team gewirkt. Mein Erfolg war nur durch Euch beide so möglich. Ich fühle mich von Euch reich beschenkt und sichere Euch hiermit feierlich ein Dauerabo für heiße Waffeln mit allem Drum und Dran zu :-D Hoffentlich schaffen wir es bald mal, uns alle drei zu treffen. Ab jetzt natürlich gern auch auf Skiern...

Schließlich der Dank an Euch anderen wackeren Unterstützerinnen und Unterstützer hier im Forum. Ohne https://www.carving-ski.de wäre es zu alledem niemals gekommen.

Andreas

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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von r0sewhite » 31.01.2010 02:42

Hallo Andreas,

das freut mich riesig für Dich, zumal Dein ganzer Eifer nun auf so großartige Weise und in so unerwartet großen Fortschritten belohnt wird. Es belegt aber leider auch einmal mehr meine Ansicht, dass es unter den Dienstleistern aller Art viel zu viele schwarze Schafe gibt, die anderen für viel Geld wenig helfen. Was ein Glück, dass es ab und zu auch noch ein paar Beates gibt. :wink:
Wer ohne Ski im Tal ankommt, war auf einer zu steilen Piste

Martina
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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von Martina » 31.01.2010 14:10

Ich finde das auch ziemlich bedenklich.
Es gibt tatsächlich "schwierige Fälle", die aufgrund ihrer Anatomie oder sonstigen Problemen Mühe mit dem Pflug (oder sonst etwas) haben. Anscheinend gehörst du aber nicht dazu. Wenn einmal vorzeigen und kurz erklären reicht, dass es funktioniert, dann bedeutet dass, dass alle bisherigen Lehrer von ihrem Metier offenbar kaum Ahnung hatten.
Es ist ja nun nicht so, dass Beate hier (sie möge mir verzeihen) in dem Sinne Unglaubliches geleistet hätte, indem sie irgend einen "geheimen Trick" oder sowas angewendet hätte. Sie hat dir einfach einen normalen Pflug gezeigt und erklärt, etwas was jeder Skilehrer am ersten Ausbildungstag vermittelt bekommen sollte.
Da frage ich mich dann doch: Was haben die anderen gemacht? Was haben sie sich überlegt? Was haben sie gelernt? Haben sie sonst nur mit Naturtalenten zu tun?

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Re: Psaltis persönlicher Skikindergarten

Beitrag von beate » 31.01.2010 15:40

Hallo Andreas,
wie Martina schon schrieb und wie ich dir selbst auch mehrfach vorher versichert habe:
Es ist ja nun nicht so, dass Beate hier (sie möge mir verzeihen) in dem Sinne Unglaubliches geleistet hätte
@Martina: Was sollte ich verzeihen? Du schreibst nichts persönliches, es entspricht der Wahrheit!
Das war ganz normaler Unterricht, mit einem völlig normal begabten Anfänger.
Nicht unbedingt eine Herausforderung :oops: :wink: !
Diesen Satz
"Was heißt hier spezielle Betreuung? Ich unterrichte Dich hier nach dem regulären schweizerischen Lehrplan."
möchte ich doch gern kommentieren, da er so geschrieben wirkt, als seien wir in der Schweiz mit unserem Lehrplan allmächtig. Dem ist nicht so und deas vertrete ich auch nicht!
Es ging um die privat Lektion, ein mittelaltes Ehepaar und ein fürchterlich verkrampft vor fahrender, ewig gestikulierenden Lehrer in einer Uniform, die vor ca 10 Jahren leuchtend blau/rot war :-?
Er ist im Gegensatz zu mir normal vor den Gästen hergefahren und hat dabei mehr auf seine Skispitzen geschaut, als auf die hinter ihm fahrenden, sich fürchterlich abmühenden Gäste. Umdrehen ist auch super schwierig, wenn man unterhalb von Schrittempo demonstrativ Pflugkurven über nach aussen lehnen fährt :D
Deine Frage war, warum die sich so abmühen/verdrehen bzw die Kurven nicht so einfach gehen wie das, was ich dir gezeigt habe. Daraufhin habe ich dir gesagt, dass wir Schweizer Technik (was andres kann ich auch nicht, habe ich nicht gelernt) fahren.
Rückwärts vor dem Gast herfahren hat nichts mit spezieller Betreuung oder Akrobatik zu tun. Das ist ein wichtiger Bestandteil und Unterrichtsalltag. Es ermöglicht mir unmittelbar auf den Gast einzugehen und gerade bei ängstlichen oder verkrampften Gästen wirkt das sehr positiv auf ihren Gemütszustand, da ich ihnen eben nicht den Rücken zu wende und demonstriere:" Siehst du, total einfach zu fahren", sondern seine Angst/Probleme ernst nehme.
Beate

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