Wer kann helfen?

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Martina
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 27.01.2013 22:07

Ja, in der Schweiz habe ich die Skilehrer-Berufsausbildung und war selber Ausbildnerin.
Meine eigene Ausbildung war, als der neue Lehrplan geschrieben wurde weil die Carvingski aufkamen, also schon ewig her.

In der Schweiz wird zwischen Funktion und Bewegung unterschieden.

Funktion ist grob gesagt, was die Ski machen,
Bewegung, wie man dies erreicht (Kernbewegungen: drehen, kippen, beugen/strecken).

In den Prüfungen wird eine Funktion verlangt (z.B. gecarvter Schwung) und dass bestimmte Bewegungselemente sichtbar sein müssen (z.B. kippen). Überprüft wird primär die Funktion. Überspitzt gesagt, wenn ein gecarvter Schwung verlangt ist, dann kann der Prüfling auch mit den Stöcken jonglieren, solange er zwei "Striche" in den Schnee fährt.

Im Unterricht wird vergleichbar vorgegangen: Wir haben eine Funktion, die wir erreichen wollen (z.B. Richtungsänderung mit Ski im Pflug) und mögliche Bewegungen, mit denen man dies erreicht. Nun kann man eine Richtungsänderung im Pflug z.B. durch stärkeres Aufkanten des Aussenskis erreichen (Funktion). Mögliche Bewegungen dafür sind drehen des gesamten Körpers und kippen des Beines ("Fuss rollen"), ev. durch strecken. Man kann aber auch den praktisch flachgestellten Ski drehen (Funktion) -> Bewegung: drehen des Fusses. etc.
Je nachdem, wie der Fahrer fährt und welche Folgen eine Bewegungsinstruktion hat, wird die Instruktion ergänzt oder verändert. So kantet er möglicherweise beim Drehen des Körpers (Bewegung) den Ski prima auf (Funktion) und der Ski gleitet leicht um die Kurve. Vielleicht macht er dies aber so stark, dass er das Gleiten blockiert und den Ski überdreht. In diesem Falle ist es vielleicht nützlicher, er dreht den Körper nur wenig (taloffen) und streckt das Aussenbein etwas mehr etc.
Bei einigen Leuten funktioniert es gut, wenn man ihnen nur die Funktion nennt, die man braucht: Bsp "du rutschst in der Steuerphase, kante dort die Ski mehr auf" -> die Leute fahren mit stärkerem Hüftknick oder kippen weiter in die Kurve. Sieht man dann, dass es nicht funktioniert (z.b. Probleme mit Gleichgewicht bei geringem Hüftknick), dann kann man entsprechend instruieren ("hier, wo es steil und eisig ist, mehr Hüftknick")

So "trocken" ist das schwierig zu erklären, aber auf der Piste ist es logisch (so ist es ja oft). Der Knackpunkt ist, dass es viele funktionierende Möglichkeiten gibt anstelle von "korrektem" und "falschen" Fahren. Das Problem daran ist, es gibt kein Patentrezept. Deshalb fragen "wir" auch immer warum, wofür, warum?

Die Ausbildung beruht von Anfang an auf den Funktionen, die man anstrebt, und den Kernbewegungen, mit denen man sie erreichen kann. Am Anfang braucht mal viel Zeit, um sehen zu lernen, was ein Skifahrer macht und warum etwas (nicht) funktioniert. Noch mehr Erfahrung braucht es, um zu sehen, ob ein Fahrer etwas macht, das vielleicht im Moment funktioniert, aber in eine Sackgasse führt (z.B. es funktioniert nicht mehr im steilen Gelände).

(Ich habe auch noch eine französische Anerkennung, aber ich habe nie ganz überrissen, was deren Konzept genau ist. Dort musste ich dann auch nur noch diesen Renntest machen, nachdem ich einen Haufen Papier eingeschickt hatte...)

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von plateaucarver » 27.01.2013 22:48

Hm ... das ist von den ausformulierten Herangehensweisen vielleicht anders als in Österreich, aber so große Unterschiede in der Praxis gibt es nicht unbedingt.

Beispiel Richtungsänderung im Pflug: da gibt es die Möglichkeit des "Belastungswechsels" (damit ist das von dir beschriebene stärkere Aufkanten des Außenki gemeint) und alternativ den "Druckwechsel" (mehr Druck auf den Außenski ohne erkennbares Aufkanten, typisch bei Kindern). Wenn ein Erwachsener eine Pflugkurve im Flachen ohne erkennbares Aufkanten schafft, wird wohl kein Skilehrer versuchen, ihm das auch noch einzutrichtern - Hauptsache die Kurve klappt.

Auch die Österreicher wissen also, dass mehrere Wege nach Rom führen ;-)

Martina
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 28.01.2013 09:36

Wie gesagt, mein Eindruck kommt von dem, was ich auf der Piste (Training und Unterricht) beobachte.

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Herbert Züst
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Herbert Züst » 28.01.2013 13:21

Hallo Martina
Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen der Ausbildung zum Skiinstruktor Stufe III und der Ausbildung zum I+S Stufe Experte. Meine Nichte hat beide Ausbildungen absolviert und ich frage mich nun ob in der Schweiz hier Zweigeleisig gefahren wird. Wie siehst du das?

Gruss Herbert

Martina
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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 28.01.2013 13:56

Das ist kompliziert:

Skilehrer Stufe 3 ist eine Berufsausbildung (in D: staatl. geprüfter Skilehrer und Skiführer).
Es geht um Skiunterricht in der Gruppe und einzeln, Kinder, Jugendliche, Erwachsene.

J+S ist eine Ausbildung zum Jugendleiter, dh. es geht um den Hobbybereich, ausserdem ausschliesslich um Kinder- und Jugendgruppen.

Inhaltlich überschneiden sich die Ausbildungen in weiten Bereichen, da man skifahren ja nicht anders lernt, ob man nun in einer JO Gruppe ist oder in der Skischule.
Die Unterschiede sind vor allem beim organisatorischen Anteil: bei der Skilehrerausbildung geht es da um Tourismus und Marketing, Fremdsprachen, die Pflichten und Rechte etc.
Bei J+S geht es um die Organisation von Jugendlagern, den saisonalen Aufbau in einer Trainigsgruppe, ebenfalls Pflichten und Rechte, aber im ehrenamtlichen Bereich.
Weiter enthält J+S meines Wissens keinerlei Ausbildung für Variantenfahren, Skilehrer Stufe 3 schon.

Von der "Kompatibilität" her darf man, wenn man J+S-Leiter 2 (oder 3? bin nicht sicher) ist, direkt an die Prüfung für Skilehrer Stufe 1.
J+S 1 ist eine Art Übungsleiter. Davon gibt es viele, weil jede lokale JO und jedes Skilager mehrere davon braucht. Deswegen gibt es auch vergleichsweise viele Ausbildner, also J+S-Experten.
Skilehrer Stufe 2 erhalten den J+S-Leiter 3, wenn sie die dazugehörende theoretische Ausbildung (eben: Lager- und Trainingsorganisation etc.) absolvieren.

Ein J+S-Experte ist jemand, der J+S-Leiter ausbilden darf. Man kann es werden, wenn man J+S-Leiter 3 ist und eine Empfehlung erhält. Diese beruht, soweit ich weiss, auf Erfahrung: Man erhält sie z.B. wenn man als JO-Leiter eingesetzt wurde und sich bewährt hat.
Ein Skilehrer Stufe 3 ist ein Berufsskilehrer, der in einer Skischule oder selbständig alle Stufen unterrichten + freigegebene Varianten mit Gästen befahren darf, aber keine Ausbildungsverantwortung hat.

Alles ohne Gewähr, ich bin vielleicht nicht mehr auf dem neusten Stand.

Deine Nichte hat also möglicherweise die Skilehrerausbildung gemacht, dabei auch den J+S-Leiter 3 erhalten (der nötige Theorieteil kann normalerweise im Ausbildungskurs 2 absoltivert werden), hat dann eine lokale JO-Gruppe trainiert und so die Expertenempfehlung erhalten. So gesehen musste sie neben der Berufsausbildung nur den zusätzlichen Theoriekurs und den Expertenkurs absolvieren. Das ist gängig.

J+S (Jugend und Sport) ist ja eine sehr grosse Schweizerische Organisation, die auf die Förderung des Jugend-Freizeitsportes abzielt. Die Leiterausbildungen sind in allen Sportarten vergleichbar, mit anderen Inhalten natürlich. Es ist wichtig, dass die Bereiche, in denen Geld verdient wird, von den ehrenamtlichen getrennt werden. Es geht vor allem um die Finanzierung. Dass sich die Leute, die sich beruflich mit Skiunterricht befassen, auch gut für den ehrenamtlichen Bereich eignen, ist logisch. Erfreulich ist, dass sich recht viele tatsächlich engagieren!

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von moni.ski » 28.01.2013 14:30

Wieder mal die alte Diskussion über die verschiedenen Lehrwege... die hatten wir ja schon zur genüge...

ich will nur dazu sagen dass es so ist das bei der Prüfung in Österreich diese Idealschwünge so sitzen müssen, das kriegst du eingetrichtert, sonst schafst du die Prüfung nicht.

Was im Unterricht wichtig ist: Viel Übungen fahren lassen, gerade die Kinder... nicht sturheil vorfahren und von den Kindern verlangen dass sie genau das selbe nachfahren, das können sie nicht..

Martina ich hab früher schon verstanden dass du kein großer Fan des österreichischen Skilehrweges bist, wenn du es aber trotzdem gut machst lernst du den Kids doch skifahren so schlecht sind wir nicht...

Mich wundert nur ab und zu wie genau du auf Begriffe herumreitest. Pflugwedeln ist bei uns schon ein gängiger Begriff, das es mit dem klassischen Wedeln nichts zu tun hat ist auch klar, aber dass ich deswegen so einen Aufstand mache ... der Begriff ist für die Kinder selber: jedes Kind weiß das wedeln kurze Kurven sind, am Anfang können sie noch nicht parallel fahren also werden kurze Kurven im Pflug pflugwedeln genannt dann weiß jedes Kind das es kurze Schwünge fahren soll..

gerade weil ihr sonst mit der Technik relativ offen seit und dann reitet ihr auf den Begriffen so rum, dass verstehe ich nicht ganz..

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 28.01.2013 15:32

Die Frage in diesem Thread war: Was ist Pflugwedeln.
Warum? Weil die Threaderstellerin es nicht wusste!

Eine nützliche Reaktion von deiner Seite wäre gewesen:
"Pflugwedeln ist bei uns ein gängiger Begriff, der mit dem klassischen Wedeln nichts zu tun hat. Bei uns weiss jedes Kind, das wedeln kurze Kurven sind".

Damit hättest du erstens erklärt, was Pflugwedeln ist, und zweitens, dass man bei euch offenbar alle kurzen Kurven nach wie vor "Wedeln" nennt.

Mir war beides nicht bekannt. Und genau deswegen "reite ich auf den Begriffen herum": Es ist nur aus deiner Sicht klar und richtig so! Für mich ist es nicht klar und zweiteres ist sogar falsch.

Ich kann dir eine ganz eindeutige, klare Antwort auf die Frage nach dem Pflugwedeln aus Schweizer Sicht geben:
"Pflugwedeln gibt es als Fahrform nicht. Der Ausdruck Wedeln wird sei den 80er Jahren beim Skifahren nicht mehr verwendet".

Verstehst du, was ich meine?
Es gibt nicht nur eine einzige richtige Antwort. Was für dich klar ist, ist nicht jedem klar und auch nicht aus jeder Sichtweise richtig.

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moni.ski hat geschrieben:ich will nur dazu sagen dass es so ist das bei der Prüfung in Österreich diese Idealschwünge so sitzen müssen, das kriegst du eingetrichtert, sonst schafst du die Prüfung nicht.
Tja, eben, das ist es doch, was ich kritisiere: Trichtert man allen Skilehrern den ganzen Winter über einen Idealschwung ein, wie sollen sie dann andere, für den einzelnen Lernenden nützlichere Varianten erkennen und fördern?

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von moni.ski » 28.01.2013 15:42

Martina hat geschrieben:Die Frage in diesem Thread war: Was ist Pflugwedeln.
Warum? Weil die Threaderstellerin es nicht wusste!

Eine nützliche Reaktion von deiner Seite wäre gewesen:
"Pflugwedeln ist bei uns ein gängiger Begriff, der mit dem klassischen Wedeln nichts zu tun hat. Bei uns weiss jedes Kind, das wedeln kurze Kurven sind".

Damit hättest du erstens erklärt, was Pflugwedeln ist, und zweitens, dass man bei euch offenbar alle kurzen Kurven nach wie vor "Wedeln" nennt.

Mir war beides nicht bekannt. Und genau deswegen "reite ich auf den Begriffen herum": Es ist nur aus deiner Sicht klar und richtig so! Für mich ist es nicht klar und zweiteres ist sogar falsch.

Ich kann dir eine ganz eindeutige, klare Antwort auf die Frage nach dem Pflugwedeln aus Schweizer Sicht geben:
"Pflugwedeln gibt es als Fahrform nicht. Der Ausdruck Wedeln wird sei den 80er Jahren beim Skifahren nicht mehr verwendet".

Verstehst du, was ich meine?
Es gibt nicht nur eine einzige richtige Antwort. Was für dich klar ist, ist nicht jedem klar und auch nicht aus jeder Sichtweise richtig.
das haben aber andere vorher schon erklärt das da wahrscheinlich pflugwedeln gemeint ist damit ..

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von Martina » 28.01.2013 15:44

Ich wollte sagen, du hättest das gleich zu Beginn schreiben können.

Wenn man sich austauschen will, muss man ständig Begrifflichkeiten klären, vor allem wenn sich der Hintergrund der Diskutanten unterscheidet. Das ist nicht nur beim Skifahren so.

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Re: Wer kann helfen?

Beitrag von moni.ski » 28.01.2013 16:46

Nein man nennt nicht alle kurzen Kurven noch immer Wedeln.
Das ist nur ein unmgangssprachlicher alter Begriff der sich gehalten hat weil Kinder (zumindest in Österreich) oft leichter verstehen dass sie kurze Schwünge fahren müssen wenn du wedeln sagst...kommt wahrscheinlich von den Erwachsenen die diese Begriffe noch verwenden...

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