Vater & Sohn
Verfasst: 25.02.2008 23:15
Vorgeschichte
Der Winter kam heftig und es hat so viel geschneit wie nie zuvor in meinem damals noch jungen Leben. Wir hatten Ausnahmezustand und aus den Erzählungen weiß ich, dass es ein paar Tage dauerte, bis sich das Leben wieder normalisierte und an Spaß im Schnee zu denken war. Schon weil ich gerade erst drei Jahre alt war habe ich an all das kaum eine Erinnerung, durch ein Foto verstärkt nur die eine. Wir drei, das heißt mein Vater, mein älterer Bruder und ich stehen an einem schmalen abschüssigen Weg in die schneebedeckten Wiesen unter uns. Mein Bruder in alten Lederstiefeln auf altertümlichen Holzski mit Bambusstöcken in der Hand. Unsere Piste war nicht allzu lang, wenn ich sie mit heutigen Augen sehe. Damals war es die Unendlichkeit. Er bekam das Kommando loszufahren und setzte sich in Bewegung. Selbst wenn er gewusst hätte wie es geht, die Enge des Weges und die langen Latten hätte ihm für Richtungswechsel keine Chance gelassen. Mit Mühe hielt er sich auf den Brettern bevor er stürzte. Ich brannte darauf größer zu werden, um auch in den Genuss des Skifahrens zu kommen. Die folgenden Winter waren jedoch wie gewöhnlich schneearm, die Berge weit und unsere Eltern hatten andere Prioritäten.
40 Jahre später. Mein eigener Sohn wird bald drei und beobachtet interessiert das Treiben auf der Piste. Ein Blick in seine Augen sagt alles. Ich frage ihn besser nicht, was er will. Es ist ein verregneter Winternachmittag. Wir sitzen im Restaurant der Skihalle in Neuss und wollten eigentlich Rodeln. Leider ist die Piste von einer Kindergeburtstagsgesellschaft gebucht und uns bleibt nur das Zusehen. Der kleine Junge ist ruhiger als sonst. Ich erkläre ihm was er da beobachtet und hänge ansonsten meinen eigenen Gedanken nach. Sehe mich mit Vater und Bruder auf dem Hügel stehen und habe mein erstes und einziges Skierlebnis genau vor Augen. Wie heute fand es nicht in den Bergen statt, sondern im Herzen des Ruhrgebiets. Unser Haus stand nicht weit von dem Fluss, der Synonym für Industrialisierung und Schwerstarbeit wurde, dessen bewaldete Hänge und Wiesen für uns Kinder aber ein Paradies waren, das sogar den Traum vom Skifahren wecken konnte. Manchmal jedenfalls. Welche Erinnerungen sich meinem eigenem Sohn wohl heute ins Gedächtnis brennen?
Ich denke darüber nach, wie gerne ich als Kind Ski gefahren wäre und warum daraus nichts wurde. Ich sehe, wie ich später als Jugendlicher in die Berge fahre, zum Klettern und Bergsteigen. Das schöne Allalinhorn über Saas Fee war mein erster Viertausender und über die Jahre stiefelten wir immer wieder hoch um uns für andere Berge an die Höhe zu gewöhnen. In meinen Gedanken kommt der unendliche Zorn zurück, als die Metro-Alpin schließlich ihren Betrieb aufnahm und die ersten Sommerskifahrer auftauchten und meinen wunderschönen Gletscher entweihten, banal mit rot weißem Baustellenflatterband in zwei Welten geteilt. Derart schockiert konnte Skifahren mein grünes Herz nicht mehr reizen. Sehr zum späteren Leidwesen meiner Freunde. Während sie Richtung Alpen zogen bevorzugte ich es, in meinen vielen studentischen Wintern mit Freundin nach Süd-Frankreich zum Klettern zu fahren und wollte von Pisten-Gaudi ganz einfach nichts wissen. Die Abneigung hat sich bis heute gehalten.
Wir sehen uns noch ein wenig in den alpenländisch gestalteten Räumen der Halle um, werden brav von einem niedlichen Eisbären begrüßt, den wir zu Jagdzwecken noch ein Weilchen verfolgen und gehen schließlich betrübt über die misslungenen Rodelpartie, aber erhobenen Hauptes durch den grauseligen Januarregen wieder zum Auto. Ich denke noch, gut, dass du mit dem Zirkus nix am Hut hast, als ich schon im nächsten Augenblick meinem Sohn die Frage stelle, ob er auch mal gerne Skifahren möchte. Was folgt ist natürlich ein klares, gequält sehnsüchtiges, trockenes Ja. Das hasst du nun davon denke ich, warum kann ich Depp nicht einfach mal die Klappe halten. Während wir weiter gehen rechne ich kurz nach und denke, wann und wie immer auch er das erste Mal auf Skiern stehen wird, wenn ich jetzt anfange, dann gibt mir das ein, vielleicht auch zwei Jahre Vorsprung. Besser als nichts rät mir meine sportliche Eitelkeit. Wir drehen um und stehen keine zehn Minuten wieder an der Rezeption. Vor einer Woche noch hätte ich jedem erklärt, um was es sich bei Skihallen angesichts der benötigten Kälteleistung für einen elektro-ökologischen Schwachsinn handelt, aber jetzt, Metro-Alpin hin, Klimawandel her, wenn mein Sohn Skifahren möchte, dann soll es an der Inkompetenz und graugrünen Borniertheit seines Vaters nicht scheitern. Und blöd aussehen möchte ich ja schließlich auch nicht. Der nächste freie Skikurs ist Sonntag in einer Woche. Mein dreijähriger Sohn scheint Gedanken lesen zu können und lächelt, den Blick in die Zukunft gerichtet, wie immer...
Tageskurs 1
Alles klappt prima. Es macht riesig Spaß. In der Mittagspause melde ich mich für den Tageskurs 2 nächsten Woche an. Am Ende des Tages „bremse“ ich mich im Skipflug vom oberen Ende der Halle runter und fühle mich unterfordert. Sehr wahrscheinlich bin ich ein Shootingstar.
Tageskurs 2
Irgendwann zwischen Anfang und Mitte des Kurses bin ich mit den Nerven und mit Skifahren fertig. Im Skipflug durch Gewichtsverlagerung Kurven fahren will einfach nicht klappen. Nix geht, irgendetwas fehlt und ich finde, dass es einfach nur s..blöd aussehen muss. Nachdem der Kurs endlich vorbei ist setze ich mich in eine Ecke und fange an zu grübeln. Ich entscheide mich. Entweder nie wieder einen Gedanken daran verschwenden oder es noch einmal alleine probieren. Ich schaue mir die besseren Fahrer an, lifte wieder hoch, vergesse den Skipflug, stelle die Ski so parallel wie möglich und probiere durch Herumwürgen des Körpers es besser zu machen. Es klappt. Leidlich, aber es klappt.
Abends zu Hause angekommen lese ich mich in diesem Forum durch verschiedene Beiträge und stelle zufrieden fest, dass die heute erlernte Methode nicht unstrittig ist. Wie es besser geht verstehe ich allerdings auch nicht, verliere das Vertrauen in die Neusser Skilehrer und bin ratlos. Tags drauf kaufe ich einen Ski-Lehrplan und bin noch ratloser.
Karnevalsonntag
habe ich frei und fahre nach Winterberg. Ein herrlicher Wintertag mit unglaublich viel Spaß auf den blauen Pisten. Auf den roten nicht. Die Menschenmengen haben dort im Schneepflugverfahren den Schnee zu riesigen lockeren Haufen zusammengeschoben und nur ganz wenige trauen sich da überhaupt noch durchzufahren. Ich meide alles Rote und genieße begeistert meine „Fortschritte“ auf den blauen Pisten des Bremberg. Am Ende eines wunderschönen Tages fahre ich die sehr flache Piste „Rauher Busch“ mehrfach mehr oder weniger im Schuss runter. Technisch gesehen wird mir schnell klar, dass das Herumwürgen des Körpers nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann und versuche durch Bewegungen abwärts der Hüfte meine Richtung zu steuern. Es klappt immer besser und ich glaube, dass es sogar ganz passabel ausgesehen haben könnte. Ich bin jedoch nicht so vermessen, davon überzeugt zu sein.
Rosenmontag
in Bottrop … ohne Worte.
Aschermittwoch
bin ich in Landgraaf. Eine geniale Halle. Nur die beiden Einstiegsrampen der steileren Piste traue ich mich nicht zu fahren. Überhaupt nervt mich meine Angst vor zu hoher Geschwindigkeit.
Zurück in Neuss
Den ganzen Abend geht mir meine Geschwindigkeitsangst auf den Geist. Ich starte oben immer sehr vorsichtig, den Hang quer fahrend und bin am Ende so langsam, dass ich keinen Richtungswechsel mehr hinbekomme. Ich frage mich, ob das was mit meinem fortgeschrittenen Alter zu tun haben könnte.
Die folgenden Abende
1. Ich beobachte zwei Skifahrer, die sogar noch mit ihren Stöcken nachhelfen Gas zu geben, wenn sie oben losfahren und falle in eine Krise.
2. Ich erinnere mich ans Bungee-Jumping und beschließe mich oben selbst zu vergessen und das erste Stück so weit wie nur irgend möglich im Schuss zu fahren. Es klappt und ich bin mächtig stolz.
3. Ich konnte 14 Tage lang am Stück nicht in die Halle. Dennoch, heute klappt es immer noch und sogar besser als zuvor. Ich hab jetzt eigene Ski dabei. Tolle Teile, die prima in die Kurve gehen und ein völlig anderes Gefühl vermitteln, als die langweiligen Leihski. Im oberen Teil konzentriere ich mich darauf, Schwünge ohne viel Oberkörperrotation zu fahren, im weniger steilen Teil hingegen auf das Kanten der Skier. Ich spüre dabei so was wie Carving Feeling, bin aber immer noch nicht vermessen genug daran zu glauben.
Die Gegenwart
Ich fange an zu genießen und denke, dass nun der richtige Moment gekommen ist, wieder einen Skilehrer einzuschalten. Mir macht es Spaß, abends in die Neusser Halle zu fahren und denke, dass das noch ein Weilchen so gehen wird. Wenn jemand Lust und Laune hat, sich dort auf ein Schwätzchen im Lift zu treffen, bin ich gerne dabei.
Wie auch immer, in drei Wochen wird mein Sohn drei Jahre alt. Einen Tag nach seinem Geburtstag werden wir nach Neuss fahren und ich werde ihn in die Obhut der dortigen Kindergruppe geben. Zu viel verspreche ich mir nicht. Er hat nur Flausen im Kopf und ist motorisch sicherlich noch nicht weit genug. Außerdem hab ich mittlerweile Bedenken wegen der anderen Skifahrer. Ich selbst bin bis jetzt noch nicht ernsthaft geflogen, außer ein Mal, abgeschossen durch jemand anderen.
Dennoch, was ich zu Beginn ausgelassen habe, er wollte an dem verregneten Nachmittag natürlich sofort auf die Piste, zu den anderen Kindern. Ich hab ihm geantwortet, dass er dazu noch einmal Geburtstag haben muss und er hat es verstanden. Wir werden sehen, was daraus wird. Ob er nun mit drei, vier oder 50 Jahren Skifahren lernt oder auch nie, entscheidet alleine er. Was auch wird, ich werde berichten.
Ach so, hätte ich fast vergessen. Ich mag Internet Foren an sich, bin aber total begeistert von diesem hier. Während der letzten Wochen habe ich mich durch so einiges hilfreiches gelesen. Vielen herzlichen Dank an Uwe und die vielen Mitglieder, die mir sehr geholfen haben, ein paar Dinge besser zu verstehen.
Der Winter kam heftig und es hat so viel geschneit wie nie zuvor in meinem damals noch jungen Leben. Wir hatten Ausnahmezustand und aus den Erzählungen weiß ich, dass es ein paar Tage dauerte, bis sich das Leben wieder normalisierte und an Spaß im Schnee zu denken war. Schon weil ich gerade erst drei Jahre alt war habe ich an all das kaum eine Erinnerung, durch ein Foto verstärkt nur die eine. Wir drei, das heißt mein Vater, mein älterer Bruder und ich stehen an einem schmalen abschüssigen Weg in die schneebedeckten Wiesen unter uns. Mein Bruder in alten Lederstiefeln auf altertümlichen Holzski mit Bambusstöcken in der Hand. Unsere Piste war nicht allzu lang, wenn ich sie mit heutigen Augen sehe. Damals war es die Unendlichkeit. Er bekam das Kommando loszufahren und setzte sich in Bewegung. Selbst wenn er gewusst hätte wie es geht, die Enge des Weges und die langen Latten hätte ihm für Richtungswechsel keine Chance gelassen. Mit Mühe hielt er sich auf den Brettern bevor er stürzte. Ich brannte darauf größer zu werden, um auch in den Genuss des Skifahrens zu kommen. Die folgenden Winter waren jedoch wie gewöhnlich schneearm, die Berge weit und unsere Eltern hatten andere Prioritäten.
40 Jahre später. Mein eigener Sohn wird bald drei und beobachtet interessiert das Treiben auf der Piste. Ein Blick in seine Augen sagt alles. Ich frage ihn besser nicht, was er will. Es ist ein verregneter Winternachmittag. Wir sitzen im Restaurant der Skihalle in Neuss und wollten eigentlich Rodeln. Leider ist die Piste von einer Kindergeburtstagsgesellschaft gebucht und uns bleibt nur das Zusehen. Der kleine Junge ist ruhiger als sonst. Ich erkläre ihm was er da beobachtet und hänge ansonsten meinen eigenen Gedanken nach. Sehe mich mit Vater und Bruder auf dem Hügel stehen und habe mein erstes und einziges Skierlebnis genau vor Augen. Wie heute fand es nicht in den Bergen statt, sondern im Herzen des Ruhrgebiets. Unser Haus stand nicht weit von dem Fluss, der Synonym für Industrialisierung und Schwerstarbeit wurde, dessen bewaldete Hänge und Wiesen für uns Kinder aber ein Paradies waren, das sogar den Traum vom Skifahren wecken konnte. Manchmal jedenfalls. Welche Erinnerungen sich meinem eigenem Sohn wohl heute ins Gedächtnis brennen?
Ich denke darüber nach, wie gerne ich als Kind Ski gefahren wäre und warum daraus nichts wurde. Ich sehe, wie ich später als Jugendlicher in die Berge fahre, zum Klettern und Bergsteigen. Das schöne Allalinhorn über Saas Fee war mein erster Viertausender und über die Jahre stiefelten wir immer wieder hoch um uns für andere Berge an die Höhe zu gewöhnen. In meinen Gedanken kommt der unendliche Zorn zurück, als die Metro-Alpin schließlich ihren Betrieb aufnahm und die ersten Sommerskifahrer auftauchten und meinen wunderschönen Gletscher entweihten, banal mit rot weißem Baustellenflatterband in zwei Welten geteilt. Derart schockiert konnte Skifahren mein grünes Herz nicht mehr reizen. Sehr zum späteren Leidwesen meiner Freunde. Während sie Richtung Alpen zogen bevorzugte ich es, in meinen vielen studentischen Wintern mit Freundin nach Süd-Frankreich zum Klettern zu fahren und wollte von Pisten-Gaudi ganz einfach nichts wissen. Die Abneigung hat sich bis heute gehalten.
Wir sehen uns noch ein wenig in den alpenländisch gestalteten Räumen der Halle um, werden brav von einem niedlichen Eisbären begrüßt, den wir zu Jagdzwecken noch ein Weilchen verfolgen und gehen schließlich betrübt über die misslungenen Rodelpartie, aber erhobenen Hauptes durch den grauseligen Januarregen wieder zum Auto. Ich denke noch, gut, dass du mit dem Zirkus nix am Hut hast, als ich schon im nächsten Augenblick meinem Sohn die Frage stelle, ob er auch mal gerne Skifahren möchte. Was folgt ist natürlich ein klares, gequält sehnsüchtiges, trockenes Ja. Das hasst du nun davon denke ich, warum kann ich Depp nicht einfach mal die Klappe halten. Während wir weiter gehen rechne ich kurz nach und denke, wann und wie immer auch er das erste Mal auf Skiern stehen wird, wenn ich jetzt anfange, dann gibt mir das ein, vielleicht auch zwei Jahre Vorsprung. Besser als nichts rät mir meine sportliche Eitelkeit. Wir drehen um und stehen keine zehn Minuten wieder an der Rezeption. Vor einer Woche noch hätte ich jedem erklärt, um was es sich bei Skihallen angesichts der benötigten Kälteleistung für einen elektro-ökologischen Schwachsinn handelt, aber jetzt, Metro-Alpin hin, Klimawandel her, wenn mein Sohn Skifahren möchte, dann soll es an der Inkompetenz und graugrünen Borniertheit seines Vaters nicht scheitern. Und blöd aussehen möchte ich ja schließlich auch nicht. Der nächste freie Skikurs ist Sonntag in einer Woche. Mein dreijähriger Sohn scheint Gedanken lesen zu können und lächelt, den Blick in die Zukunft gerichtet, wie immer...
Tageskurs 1
Alles klappt prima. Es macht riesig Spaß. In der Mittagspause melde ich mich für den Tageskurs 2 nächsten Woche an. Am Ende des Tages „bremse“ ich mich im Skipflug vom oberen Ende der Halle runter und fühle mich unterfordert. Sehr wahrscheinlich bin ich ein Shootingstar.
Tageskurs 2
Irgendwann zwischen Anfang und Mitte des Kurses bin ich mit den Nerven und mit Skifahren fertig. Im Skipflug durch Gewichtsverlagerung Kurven fahren will einfach nicht klappen. Nix geht, irgendetwas fehlt und ich finde, dass es einfach nur s..blöd aussehen muss. Nachdem der Kurs endlich vorbei ist setze ich mich in eine Ecke und fange an zu grübeln. Ich entscheide mich. Entweder nie wieder einen Gedanken daran verschwenden oder es noch einmal alleine probieren. Ich schaue mir die besseren Fahrer an, lifte wieder hoch, vergesse den Skipflug, stelle die Ski so parallel wie möglich und probiere durch Herumwürgen des Körpers es besser zu machen. Es klappt. Leidlich, aber es klappt.
Abends zu Hause angekommen lese ich mich in diesem Forum durch verschiedene Beiträge und stelle zufrieden fest, dass die heute erlernte Methode nicht unstrittig ist. Wie es besser geht verstehe ich allerdings auch nicht, verliere das Vertrauen in die Neusser Skilehrer und bin ratlos. Tags drauf kaufe ich einen Ski-Lehrplan und bin noch ratloser.
Karnevalsonntag
habe ich frei und fahre nach Winterberg. Ein herrlicher Wintertag mit unglaublich viel Spaß auf den blauen Pisten. Auf den roten nicht. Die Menschenmengen haben dort im Schneepflugverfahren den Schnee zu riesigen lockeren Haufen zusammengeschoben und nur ganz wenige trauen sich da überhaupt noch durchzufahren. Ich meide alles Rote und genieße begeistert meine „Fortschritte“ auf den blauen Pisten des Bremberg. Am Ende eines wunderschönen Tages fahre ich die sehr flache Piste „Rauher Busch“ mehrfach mehr oder weniger im Schuss runter. Technisch gesehen wird mir schnell klar, dass das Herumwürgen des Körpers nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann und versuche durch Bewegungen abwärts der Hüfte meine Richtung zu steuern. Es klappt immer besser und ich glaube, dass es sogar ganz passabel ausgesehen haben könnte. Ich bin jedoch nicht so vermessen, davon überzeugt zu sein.
Rosenmontag
in Bottrop … ohne Worte.
Aschermittwoch
bin ich in Landgraaf. Eine geniale Halle. Nur die beiden Einstiegsrampen der steileren Piste traue ich mich nicht zu fahren. Überhaupt nervt mich meine Angst vor zu hoher Geschwindigkeit.
Zurück in Neuss
Den ganzen Abend geht mir meine Geschwindigkeitsangst auf den Geist. Ich starte oben immer sehr vorsichtig, den Hang quer fahrend und bin am Ende so langsam, dass ich keinen Richtungswechsel mehr hinbekomme. Ich frage mich, ob das was mit meinem fortgeschrittenen Alter zu tun haben könnte.
Die folgenden Abende
1. Ich beobachte zwei Skifahrer, die sogar noch mit ihren Stöcken nachhelfen Gas zu geben, wenn sie oben losfahren und falle in eine Krise.
2. Ich erinnere mich ans Bungee-Jumping und beschließe mich oben selbst zu vergessen und das erste Stück so weit wie nur irgend möglich im Schuss zu fahren. Es klappt und ich bin mächtig stolz.
3. Ich konnte 14 Tage lang am Stück nicht in die Halle. Dennoch, heute klappt es immer noch und sogar besser als zuvor. Ich hab jetzt eigene Ski dabei. Tolle Teile, die prima in die Kurve gehen und ein völlig anderes Gefühl vermitteln, als die langweiligen Leihski. Im oberen Teil konzentriere ich mich darauf, Schwünge ohne viel Oberkörperrotation zu fahren, im weniger steilen Teil hingegen auf das Kanten der Skier. Ich spüre dabei so was wie Carving Feeling, bin aber immer noch nicht vermessen genug daran zu glauben.
Die Gegenwart
Ich fange an zu genießen und denke, dass nun der richtige Moment gekommen ist, wieder einen Skilehrer einzuschalten. Mir macht es Spaß, abends in die Neusser Halle zu fahren und denke, dass das noch ein Weilchen so gehen wird. Wenn jemand Lust und Laune hat, sich dort auf ein Schwätzchen im Lift zu treffen, bin ich gerne dabei.
Wie auch immer, in drei Wochen wird mein Sohn drei Jahre alt. Einen Tag nach seinem Geburtstag werden wir nach Neuss fahren und ich werde ihn in die Obhut der dortigen Kindergruppe geben. Zu viel verspreche ich mir nicht. Er hat nur Flausen im Kopf und ist motorisch sicherlich noch nicht weit genug. Außerdem hab ich mittlerweile Bedenken wegen der anderen Skifahrer. Ich selbst bin bis jetzt noch nicht ernsthaft geflogen, außer ein Mal, abgeschossen durch jemand anderen.
Dennoch, was ich zu Beginn ausgelassen habe, er wollte an dem verregneten Nachmittag natürlich sofort auf die Piste, zu den anderen Kindern. Ich hab ihm geantwortet, dass er dazu noch einmal Geburtstag haben muss und er hat es verstanden. Wir werden sehen, was daraus wird. Ob er nun mit drei, vier oder 50 Jahren Skifahren lernt oder auch nie, entscheidet alleine er. Was auch wird, ich werde berichten.
Ach so, hätte ich fast vergessen. Ich mag Internet Foren an sich, bin aber total begeistert von diesem hier. Während der letzten Wochen habe ich mich durch so einiges hilfreiches gelesen. Vielen herzlichen Dank an Uwe und die vielen Mitglieder, die mir sehr geholfen haben, ein paar Dinge besser zu verstehen.