Ich würde sagen früher war alles "anders", aber jede Zeit hat(te) ihre Glanzlichter und Schattenseiten. Was sich jetzt in den Skigebieten abspielt ist auch nur ein Spiegelbild unserer kommerzialisierten und überdurchökonomisierten Gesellschaft. Aber "abheben" von der Masse wollten Menschen/Skifahrer/Snowboardfahrer sich immer, nur die Art und Weise verändert sich.
Aus meiner Sicht und Erinnerungen der Anfang 80er: Man konnte noch besser erkennen wer ein guter Skifahrer war. Wenn ich als Teenager mit 20-30 cm grösseren Ski in der Gondel stand hat das auch respektvolle Blicke der Erwachsenen eingeheimst. Und wer wedeln konnte, der wurde neidvoll und mit Ehrfurcht bewundert, man brauchte eine Menge an Skikursen und Übung um das Skifahren so zu perfektionieren. Als Einheimischer aus einem Skigebiet mit 13/14 Jahren war man stolz wie Oskar und fühlte sich richtig erhaben
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Wie haben wir uns als Kinder auch über den Touristen-"Fischkopfstil" lustig gemacht, Skifahrer deren Füsse wie zusammengeklebt aussahen und Bauchtänzerbewegungen vollzogen. Man es den "Touris" zeigen konnte und die "Käsköppe" als menschliche Torstangen missbrauchte.
Jetzt wirkt das Fahrniveau auf einmal, zumindest "optisch", gravierend besser als damals und Anfänger machen in 3 Tagen Trainingsschritte wie manche in 3 Skisaisons nicht. Wenn ich jetzt den Hang runtercarve oder über Wechten und Kanten springend in den Tiefschneehang eintauche, dann reißt das keinen mehr vom Hocker, zumal man aus den Skipornos ganz andere Dinge visuell gewohnt ist. Natürlich geht es vor allem um den Spaß und das eigene Gefühl beim Fahren, aber ein klein wenig will man für das kleine Ego in uns für seinen Fahrstil belohnt werden
Aber abgesehen von meiner etwas egoistischen Sicht, dass ich mein Privileg verloren habe mich fahrtechnisch abzuheben von der Masse, bin ich ganz froh, dass ich meiner Freundin das Skifahren in knapp einer Woche so beibringen konnte, dass ich schon fast erschrocken bin. Denn Carving-Ski, Lifte, Pistenpräparation, Ausrüstung und örtliche Gegebenheiten haben das Skifahren so komfortabel gemacht, dass ich bei vielen Dingen der guten alten Zeit nicht mehr nachtrauer, sofern ich vieles der im Artikel beschriebenen Dinge nur aus meiner Kindheit noch kenne, und da ist eh alles romantisiert
. Ich kann mich sogar noch erinnern, dass es Lifte in meiner alten Heimat gab, da standen Schilder in der Warteschlange am Lift: "ab hier 1 h Wartezeit". So etwas kennt man heute vielleicht noch aus dem Europa Park oder Disneyland.
Leider fahren viele der Fahranfänger und Fortgeschrittenen etwas zu schnell und über ihre Fähigkeiten, genauso tummeln sich auch viele in Tiefschneehängen, die dort fahrtechnisch nichts verloren haben. Aber auch hier muss ich sagen: das gab es damals auch schon, nur nicht so frappierend und häufig. Eventuell vermittelt die sehr gute Ausrüstung heutzutage und auch die Aufrüstung mit Helmen und Protektoren und ABS Rucksäcken ein falsches Sicherheitsgefühl und man geht unnötige Risiken ein oder neigt zu Fehleinschätzungen. (Aber auch das füllt ganze Threads).
Und um, als eingefleischter Skifahrer und Freerider, eine Lanze für die Snowboarder zu brechen: erst sie haben dem Skifahren in den 90ern und 2000ern wieder Leben eingehaucht, als die Zahlen im Tourismus schon eine Weile zurückgingen: Rocker, Taillierung, Freeriding, breite Ski, coole Klamotten, usw... sind alles (teilweise) auch Errungenschaften der Snowboarszene. (Mal abgesehen von der gesellschaftlichen Entwicklung, dass die Mittelschicht langsam wegbricht und Skifahren für die breite Masse nicht mehr so leicht finanzierbar ist, aber das füllt einen eigenen Thread). Mittlerweile haben sich die Skifahrer an die Boarder gewöhnt und es ist egal mit welchem Wintersportgerät man die Piste genießt und ich habe die letzten Jahre erlebt, dass es nicht mehr solche Feindschaften und Grabenkämpfe gibt wie zur Anfangszeit.
Wenn wir alle in den Erinnerungen schwelgen, dann geht es glaube ich eher um Anekdoten und gemeinsam Erlebtes, als wirklich um die Tasache, ob früher wirklich alles besser war. Es macht glaube ich einfach Spass darüber zu berichten, was man damals erlebt hat und dass es Leute gibt, die genau so oder ähnliche Dinge in Erinnerung haben. Das verbindet.