Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Alles rund ums Tourengehen, Freeriden und Sicherheit abseits der Pisten. Siehe auch Bericht Freeriding - Sicherheit abseits der Pisten
Ausrüstungsfragen siehe z.B. Forum SICHERHEITS-Ausrüstung
latemar
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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von latemar » 06.02.2015 08:33

Th3oran hat geschrieben:
latemar hat geschrieben: Eines ist immer klar:
Der gesunde Menschenverstand und der Mut "nein" zu sagen ist noch immer die beste Sicherheitsausrüstung.
Den Satz kann man meiner Meinung nach so nicht stehen lassen. Gesunder Menschenverstand hilft beim Risikomanagement im alpinen Gelände aber eine fundierte Ausbildung läßt sich dadurch nicht ersetzen. Letztere bildet die Grundlage dafür, dass aus guten Freeridern auch alte Freerider werden.
Ausbildung und richtige Ausrüstung gehören für mich immer zum gesunden Menschenverstand. Gesunder Menschenverstand hilft auch beim Auto fahren. Genauso wie die Ausbildung.
Das überhaupt explizit hervorheben zu müssen, zeigt, dass oft eben der Verstand nicht gebraucht wird.
Ich gebe Dir zu 100% Recht. Aber es sollte eine Selbstverständlichkeit sein.


Gruß!
der Joe
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Poldy
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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von Poldy » 06.02.2015 09:05

der gesunde Menschenverstand sagt (wohl den meisten, aber zumindest mir ) : Wenn es lawinös ist, bleib ich auf der Piste oder beim Kaffee. Wenn ich einen Teil des gesunden Menschenverstandes ausschalte, gehe ich flache, als lawinensicher bekannte Touren oder fahre solche Hänge ab. Wenn ich den gesunden Menschenverstand ganz ausschalte, gehe ich in steiles Gelände. Denn der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass ich nicht im Schnee ersticken sollte, weil das bestimmt sehr unangenehm ist. Nur hören wir oft nicht auf ihn, den Verstand. Es wird ja schon nichts passieren. Ist ja bisher auch nichts passiert. In allen größeren Gebieten wird nach Schneefall alles oder fast alles gefahren. Das, was Ihr als Selbstverständlichkeit anseht, ist daher scheinbar für viele schlicht kein Kriterium. Ich persönlich wundere mich ganz oft, dass nicht mehr schwere Unfälle passieren. Es ist schlicht zu einfach. Man "hikt" 10 Min oder quert aus, und steht ohne die leistete Anstrengung im potentiell gefährlichen Gelände, das aber offen und einladend aussehen kann. Eine subjektiv und objektiv gefährliche Situation.
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Willi1957
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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von Willi1957 » 06.02.2015 11:12

@ latemar
Sorry, aber das kann man so nicht stehen lassen.
"Die Theorien, die er da aufstellt sind so alt wie die Schilder der alten Perser."
Munter war derjenige, der die 3x3-Filtermethode & Reduktionsmethode erfunden hat und die seit Jahren Standard ist und viele Leben gerettet hat. Vorher hat man Löscher gebuddelt und Profile gemacht. 5 Meter daneben war ein Hotspot, der dann abgegangen ist.

"Mein Vorschlag:
Die Rettung einstellen. Das erspart zumindest den Tod der Retter."
So ein Blödsinn. Es gibt auch viele hauptberufliche Retter, Hel-Piloten etc.. Willst Du die alle arbeitslos machen?
Servus,
Wilhelm

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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von saschad74 » 06.02.2015 11:44

Th3oran hat geschrieben:Nämlich Thesen aufstellen, die er in keinster Weise (wissenschaftlich) belegen kann.
Das weisst Du doch gar nicht, ob er das kann. Du könntest allenfalls sagen, dass er sie in diesem Interview nicht belegt hat (oder die Belege nicht abgedruckt wurden), aber Du kannst aus diesem Interview nicht folgern, dass er es nicht kann. Oder hast Du ihn schon angeschrieben und er hat Dir bestätigt, dass er das nicht kann?
latemar hat geschrieben:Die Theorien, die er da aufstellt sind so alt wie die Schilder der alten Perser.
Durch ständiges wiederholen wird das nicht besser. Und erst recht nicht wahrer.
Naja, wenn's schon wahr ist, braucht's ja auch nicht mehr "wahrer" zu werden, oder? ;)
latemar hat geschrieben:Als ich Jugendlicher war gab es diese Diskussion über ABS, dann über Quattro. Vorher über Sicherheitsgurte.
Auch wenn im Einzelfall mehr Sicherheitsausrüstung zu mehr Risiko verleitet, so sind das eben doch Ausnahmen.
Gerade ABS ist ja einer der Klassiker des Nachweises der real existierenden Risiko(über)kompensation. Siehe bspw.:
http://trid.trb.org/view.aspx?id=1016024
http://www.sueddeutsche.de/wissen/vernu ... .1127740-2
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 448-2.html
latemar hat geschrieben:Statistik:
http://www.slf.ch/praevention/lawinenun ... k/index_DE
Die Lawinentoten nehmen nicht zu. Obwohl vermutlich immer mehr Menschen in Lawinen gefährdetem Gelände unterwegs sind.
Das mag auf den ersten Blick überraschen, aber gleichzeitig sollte man beim Betrachten dieser Statistik nicht vergessen, dass noch bis in die 80er Jahre hinein recht regelmäßig Lawinen auch Wohnhäuser oder Dorfteile verschütteten (und dabei zahlreiche Todesopfer forderten), etwas, was durch bessere Erforschung und mehr Lawinenverbauungen fast komplett gestoppt worden ist. Außerdem sind durch moderne Kommunikation und Helikopter die Retter heutzutage deutlich schneller zur Stelle als noch vor 20 Jahren.

Gruß,
Sascha

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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von latemar » 06.02.2015 11:54

Willi1957 hat geschrieben:@ latemar
Sorry, aber das kann man so nicht stehen lassen.
"Die Theorien, die er da aufstellt sind so alt wie die Schilder der alten Perser."
Munter war derjenige, der die 3x3-Filtermethode & Reduktionsmethode erfunden hat und die seit Jahren Standard ist und viele Leben gerettet hat. Vorher hat man Löscher gebuddelt und Profile gemacht. 5 Meter daneben war ein Hotspot, der dann abgegangen ist.

"Mein Vorschlag:
Die Rettung einstellen. Das erspart zumindest den Tod der Retter."
So ein Blödsinn. Es gibt auch viele hauptberufliche Retter, Hel-Piloten etc.. Willst Du die alle arbeitslos machen?
@ Willi
Kannst oder willst Du mich nicht verstehen?
Begreifst du nicht, dass ich mit meinen Kommentaren das auf die Schippe nehme.
Für alle, die das nicht begreifen, habe ich doch sogar einen entsprechenden Smilie gesetzt.
Ich bin dann mal raus hier, wenn man das hintersinnige Hinterfragen nicht versteht oder verstehen will.


Gruß!
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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von saschad74 » 06.02.2015 12:27

latemar hat geschrieben:Für alle, die das nicht begreifen, habe ich doch sogar einen entsprechenden Smilie gesetzt.
Ich bin dann mal raus hier, wenn man das hintersinnige Hinterfragen nicht versteht oder verstehen will.
Schön, dass Du so eindrücklich beweist, dass Du selbst offensichtlich auf Smileys angewiesen bist, wenn es darum geht, nicht ganz ernst gemeinte Nachfragen zu erkennen. :)

Gruß,
Sascha

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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von zuUnkreativ » 06.02.2015 12:47

Also rein vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet: Für den Wahrheitsgehalt oder die Glaubwürdigkeit einer Aussage darf es keine Rolle spielen, wer diese Aussage getroffen hat. Es geht nur darum, welche Belege und Argumente man vorbringen kann. Die Diskussion entzündet sich dann ggf. daran, wie diese Belege zu bewerten sind. In dem hier verlinkten Interview bringt der gute Mann, dessen (wissenschaftliche Lebens-)Leistung hier überhaupt nicht zur Debatte steht, keinen Beleg sondern nur Behauptungen. Das ist unwissenschaftlich, eine fundierte Beleuchtung dieser Fragestellungen war aber bestimmt auch nicht das Ziel des Interviews. Es ging wohl mehr darum, eine polarisierende Einzelmeinung zu bekommen, das ist gelungen. Nur darf man, ist man an einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt interessiert, Aussagen nicht anders bewerten, nur weil sie jemand getroffen hat, der für bestimmte Dinge steht oder stand. Es gibt unzählige Beispiele, wo Leute, die sehr große Forschungsleistungen vollbracht haben, später vollkommenen Unsinn behauptet haben. Und bestimmt auch umgekehrt.

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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von Willi1957 » 06.02.2015 12:53

Den Smiley hab ich übersehen, liegt wohl an dem inflationären Gebrauch dessen.
:oops: :oops: :oops: :oops: :oops: :oops: :lol: :lol: :lol: :roll: :roll: :roll: :roll:
Oder an der hier oft benutzten Argumentationskette: Wie zu Trenkers Zeiten sind alle Bergretter ehrenamtlich und riskieren permanent stündlich Ihr Leben. Ich meine die Alpen, nicht den Himalaja.
Bevor das jemand falsch versteht: Ja ich bin ein Fan der Bergwacht und schätze deren Arbeit über alle Maßen (ohne Smiley).
Servus,
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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von ingo#31 » 06.02.2015 15:29

Frei nach B. Franklin:
Wer seine Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgibt, hat beides nicht verdient!

Risiko ist ein Teil der Freiheit, so zumindest meine Meinung.

#31

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Re: Risiko ist ein Menschenrecht - Bericht TagesAnzeiger

Beitrag von Pancho.Ski » 09.02.2015 14:26

... Und die Freiheit des einzelnen findet dort ihre Grenze, wo sie die Freiheit der anderen einschränkt....

Oder anders ausgedrückt, ein Aspekt, der hier vollständig fehlt:

In wie weit ist es überhaupt möglich, ein Risiko nur für mich selbst einzugehen? Erhöhe ich durch eine erhöhte Risikobereitschaft nicht automatisch das Risiko für andere, ob die nun wollen oder nicht?

...und sei es für die Rettungskräfte, die am Ende für mein in die Hosen gegangenes Risikomanagement ihrerseits Risiken eingehen müssen...

Die Gedanken zur Risikokompensation kann ich nachvollziehen, das Menschenrecht auf Risiko als Forderung ist etwas schwierig.

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