Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Alles rund ums Tourengehen, Freeriden und Sicherheit abseits der Pisten. Siehe auch Bericht Freeriding - Sicherheit abseits der Pisten
Ausrüstungsfragen siehe z.B. Forum SICHERHEITS-Ausrüstung
skifossil
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von skifossil » 28.12.2012 17:51

Ach Poldy, jeder, der Tote und Halbtote aus der weißen Pracht gebuddelt hat, bekommt spätestens dann ein "Gefühl für die Natur".

Ignorant heißt unwissend und man kann es den unbedarften Freeridern nur wünschen, dass sie es bleiben.

racecarver
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von racecarver » 29.12.2012 08:49

Dass heute noch nichts von Lawinentote in der Zeitung steht wundert mich schon. Gestern war die Sicht schlecht, Lawinengefahr hoch und es wurde überall gefahren sobald ein Skilift aufging. Es weiss jeder was passieren kann aber jeder geht voll Risiko und hofft nicht der nächste zu sein..

skiingman
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von skiingman » 29.12.2012 10:09

Ich stimme Poldy zu. Auch ich finde Sprüche in der Art einfach nur ein Armutszeugnis. Interessanterweise und zum Glück treffen solche Aussagen nie die einzigen Leute, die ein Recht dazu hätten (nämlich die professionellen Helfer). Leider oder eigentlich zum Glück fehlt mir diese in vermeintlichem Sarkasmus gehüllte Geschmacklosigkeit, sonst würde man sich fast wünschen, dass auch ihr mal auf Hilfe angewiesen seid in einer Situation, in die Euch nur Eure eigene, aber doch menschliche Dummheit gebracht hat. Hey aber vielleicht, stirbt ja mal eines Eurer Kinder in ner Lawine, ich bin mir sicher, da spendet Euch Euer Darwin-Ansatz dann sicherlich viel Trost. Ich bin kein professioneller Helfer, aber seit fünfzehn Jahren Rettungstaucher bei der Feuerwehr und habe mich mit dem Thema Eigengefährdung sehr intensiv auseinandergesetzt. Was leistet Ihr für die Gesellschaft, was ist Euch dabei zugestoßen, dass ihr so denkt. Ich versteh es einfach nicht :-(

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saschad74
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von saschad74 » 29.12.2012 14:45

skiingman hat geschrieben:Auch ich finde Sprüche in der Art einfach nur ein Armutszeugnis.
Danke, stimme Dir ebenfalls voll zu!

Gruß,
Sascha

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plateaucarver
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von plateaucarver » 30.12.2012 22:14

racecarver hat geschrieben:Dass heute noch nichts von Lawinentote in der Zeitung steht wundert mich schon.
Vielleicht mal die Google-News-Suche benutzen?

Oder hier nachschauen: http://www.alpinforum.com/forum/viewtop ... 3#p4881703

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lazyboy
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von lazyboy » 02.01.2013 10:04

Kurz zu meinem Hintergrund, ich hab ja schon seit einiger Zeit nichts mehr gepostet. Ich bin seit ca.
12 Jahren als Freerider unterwegs, gehe seit 6 Jahren Skitouren und bin seit 3 Jahren auch im Sommer
Alpin aktiv (Bergwandern, Klettern, Bergsteigen/Hochtouren). Ich bin hauptsächlich in Graubünden unterwegs, erhebe darum keinen Anspruch auf die Gültigkeitet meiner Beobachtungen für den ganzen Alpenraum.

Mich hat die grosse Anzahl der Unfälle sowie auch die Tatsache das diese schon früh in der Saison passiert sind ebenfalls erstaunt. Ich möchte hier meine persönliche Sichtweise der Situation wiedergeben, statistisch belegt ist sie nicht.

In den letzten Jahren hat die Menge der Leute die sich im Gelände bewegen stark zugenommen, dadurch steigt meiner Ansicht nach auch der Druck einen (noch) nicht sicheren Hang zu befahren, dazu kommt das man so früh wie möglich in der Saison damit beginnen will. Dies kann zu folgenden Situationen führen, die allerdings immer zutreffen können, ob es jetzt Dezember oder März ist:

- Ein Hang der an sich oft befahren[1] wird, wird zu beginn der Saison als "der ging immer" eingestuft, obwohl er anfang Saison kaum schon stark befahren ist. Wenn es dann noch ein Steilhang, wennmöglich mit Exposition Nord bei Stufe 3 ist hat man im Prinzip schon den Unfall.

- Viele Leute am Berg, was zur folge hat das der Druck zu fahren enorm ist. Kurzer Check des Hangs ist nicht möglich, da dann eh schon ein anderer drin ist. Wer schon mal in Engelberg in der Hochsaison war weiss von was ich rede. Potenzial für Kollisionen ist dadurch natürlich auch vorhanden, einzel befahren wird auch nicht.

- Es wird spuren gefolgt in unbekanntes Gelände führen um dann einen "neu" entdeckten Hang zu fahren den die Spurenleger nicht gefahren sind. Ob es dann gut ausgeht oder nicht ist halt Schicksal. Lustig wird es auch wenn besagte Spuren an einer Abseilstelle enden...

Zur mangelnden Skitechnik möchte ich nur sagen das die Skitechnik keinen Einfluss auf die Risikobeurteilung haben darf. Es ist möglich das sie in der Abfahrt darüber entscheiden kann ob man davon kommt oder nicht, allerdings wurde dann schon ein viel zu hohes Risiko eingegangen. Man muss sich immer hinterfragen ob der Hang auch im Aufstieg OK ist, falls nein, sollte er auch nicht gefahren werden. Mir ist allerdings klar das dieser Gedanke vielen Leuten fremd ist, da sie ja sowieso nicht Aufsteigen.

Bisher hatte ich immer den Eindruck das die Anzahl der Bergunfälle (Sommer wie Winter!) mit der Ferienzeit einhergeht und hauptsächlich Leute betroffen waren nicht in bzw. in der nähe der Berge
wohnen. Dies aus folgenden Gründen:

- In der Ferienzeit sind mehr Leute unterwegs, deshalb auch mehr Unfälle. Nicht wirklich überraschend.
- Viele Leute haben in der Ferienzeit ein sehr kleines Zeitfenster (1 Woche, 2 Wochen) um etwas zu erleben. Also wird auch bei schlechten Bedingungen etwas unternommen was zu folge hat dass das Restrisiko viel höher ist. Wer oft am Berg ist wird seine Unternehmung verschieben, der Berg läuft einem ja nicht weg.
- Wer nur wenig Zeit in den Bergen verbringt wird wohl über weniger Erfahrung verfügen als jemand der oft am und über das ganze Jahr am Berg ist.

Zum Schluss möchte ich noch loswerden wie Entsetzt ich über die Tatsache bin das immer mehr Leute in alpinem Gelände ohne Ausrüstung, was für mich auch heisst ohne Wissen, unterwegs sind. Zum teil ist nicht mal Ortskentniss vorhanden und man wird dann gefragt wie man wieder zum Lift zurückkommt. Wenn dann die Antwort "Mit dem Bus oder Hochfellen" ist, gibts lange Gesichter.

Kurz, derjenige der weiss was er tut wird in den Bergen viel schönes erleben, wer keine Ahnung hat wird unter umständen nicht mehr viel erleben.

[1] - Stark befahrener Hang ist ein gültiger Reduktionsfaktor nach Werner Munter

Iona
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von Iona » 02.01.2013 10:20

Herzlichen Dank, lazyboy! Deine Erfahrungen decken sich in der Tat mit dem, was ich auch empfinde. Selbst in einem kleinen Skigebiet wie am Golm ist es erschreckend zu sehen, wo die Leute überall runterfahren, obwohl klar eine 3 signalisiert und abgesperrt ist.

Was ich auch feststelle, ist eine gewisse Youtube-Sucht - ähnlich dem Einstellen von Videos dort mit Geschwindigkeitsexzessen wie im Auto. Die Leute mit Helmkameras sind oft dann auch jene, die man im besten Falle unten am Hang wieder sieht - und im schlechtesten Falle im Leichenschauhaus.

Ich hoffe einfach, dass durch die Breite dieses Forums hier auch eine gewisse Sensibilisierung durch den Threat stattfindet - denn das, was man an Fotos und Filmen hier teilweise sieht, macht schon auch nachdenklich :-?

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lazyboy
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von lazyboy » 02.01.2013 10:58

Na ja, das mit dem 3er und dem abgesperrt sein ist so ne Sache für sich. 3 kann nahe bei 2 oder bei 4 sein. Ist es näher bei 2 kann ich mehr machen. Es gibt aber auch durchaus Tage an denen ein 3er für Skifahrer eher ein 4er ist. Der unterschied zwischen 3 und 4 kann lediglich sein das keine Verkehrswege durch Spontanabgänge gefährdet sind! Man kann das in der Praxis nicht so an eine Zahl festmachen. Es sind schon genug Unfälle bei 2 passiert. Das Lawinenrisiko in Hängen ab einer gewissen Neigung ist immer da, ausser es liegt kein Schnee. Dafür gibts dan halt Steinschlag :wink:

Und die Schilder die auf Lawienengefahr hinweisen stehen in manchen Gebieten auch im Sommer noch da :D . Dort wo ich am meisten Skifahre (Lenzerheide) gibt es diese gar nicht, bzw. beziehen sich auf Pisten die noch präpariert wurden. Bei häufig genutzten übergängen ins Gelände steht eine Warntafel das ab hier nicht mehr markiert und kontrolliert wird. Sprich, man ist auf sich alleine gestellt. Schlussendlich muss man sich im klaren sein das man die Verantwortung für sein Handeln übernehmen muss, ob da jetzt ein Schlid steht oder nicht. Und bei Skitouren gibts keine Schilder und nichts das jemanden davon abhält auch bei einem 4er und schlechter Sicht allein loszuziehen (Klar, man kann auch gleich vor ein Auto laufen).

Und ja, Helmkameras können zum Problem werden. Will man was richtig spannendes zum rumzeigen haben muss man schon steil, eng und schnell fahren. Sprich, man muss was riskieren. Und wenn man dann noch hingeht und es mit Videos von Pros vergleicht könnte es schon böse ausgehen.

beate
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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von beate » 02.01.2013 19:01

Danke lazyboy, für diesen, wie ich finde, sehr konstruktiven Beitrag, der sich zu 100% mit meinen Beobachtungen in Arosa deckt!
Beate

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Re: Bereits viele tödliche Freeride-Unfälle in dieser Saison

Beitrag von TOM_NRW » 02.01.2013 19:17

:zs: Kann mich dem nur anschließen. Die Aussagen von lazyboy beschreiben genau das, was ich seit 2-3 Jahren auch beobachte. Besser hätte man es nicht in Worte fassen können.

Danke für den Bericht, den hier hoffentlich viele (z.B. über Google) finden, lesen und verinnerlichen.

LG Thomas

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