Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Alles rund ums Tourengehen, Freeriden und Sicherheit abseits der Pisten. Siehe auch Bericht Freeriding - Sicherheit abseits der Pisten
Ausrüstungsfragen siehe z.B. Forum SICHERHEITS-Ausrüstung
südi
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Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von südi » 20.01.2009 00:49

Hallo,

nach dem ich letzte Saison an einem Freeride-Camp (siehe Blog Freeride-Camp am Arlberg) teilgenommen habe, bin ich von dem Virus absolut infiziert. Pisten finde ich auf einmal völlig uninteressant, außer es sind gute Bedingungen zum sportlichen carven. :-?

Die Bestätigung bekam ich bereits wieder Mitte Dezember beim Saisonauftakt im Montafon. Ich hatte mich einem Skiclub aus unserer Region angeschlossen. Dabei bekam ich Kontakt mit drei freerideverrückten Skilehrern (zwei Herren, eine Dame), die mir bei der Anreise durch ihre Erzählungen von ihren Heliskierlebnissen in Kamtschatka und Kanada auffielen. Und so kam es, dass ich mit denen zwei Tage bei sehr guten Schneebedingungen nur im Gelände unterwegs war. Dabei kam mir zugute, dass die drei hier offensichtlichen jeden Quadratmeter kannten. Wir hatten jedenfalls so viel Spaß, dass für mich klar war, freeriden wird meine neue Leidenschaft.

Und so fiel auch an diesem Wochenende der Entschluss, mich endgültig intensiv mit den Sicherheitsaspekten beim Freeriden auseinanderzusetzen. Zuhause bestellte ich dann gleich Werner Munters "3x3 Lawinen" und Michael Hoffmanns "Lawinengefahr". Gleichzeitig studierte ich die verschiedenen Angebote der Skiclubs unserer Region. "Lawinenkurs für Variantenskifahrer in Andermatt" hörte sich für mich vielversprechend an, zumal ich noch nie in Andermatt war. Parallel dazu erwarb ich einen K2 Seth Vicious als Auslaufmodell, montierte eine Marker Baron Tourenbindung und beschaffte mir noch ein passendes Fell. So bin ich halt, wenn ich mir mal was in den Kopf gesetzt habe, dann richtig. :roll:

Zwischen Weihnachten und Neujahr zog ich mir dann die georderte Lektüre rein. Naja, teilweise ganz schön trockene Theorie und so manche Passage musste ich zweimal lesen, bis ich es gerafft hatte. :-? Aber trotzdem sehr spannend. Und mit Erschrecken musste ich feststellen, dass ich wohl das ein oder andere mal schon etwas leichtsinnig unterwegs war :o . Fazit der Lektüre: Es gibt im hochalpinen Gelände keine absolute Sicherheit. Man kann das (Rest)Risiko aber mit konsequenter Anwendung von Wissen sehr niedrig halten. Jetzt war ich sehr gespannt auf den Lawinenkurs Mitte Januar.

Anfang Januar hatte auch uns die Kälte im Griff. Als absehbar war, dass ich bei dieser Kälte nicht arbeiten konnte, beschloss ich spontan drei Tage Freeriden zu gehen. Ich schickte eine Mail an den Anbieter bei dem ich das Camp gemacht hatte und nachdem geklärt war, daß es geführte Gruppen gab, reiste ich am Dreikönigstag nach Stuben am Arlberg. Es war auch dort bitter kalt. 18 Grad minus am morgen bei eisigem Talwind ist schon ordentlich. In Harrys Büro traf ich die anderen Teilnehmer der Gruppe. Wir waren zu fünft und ich hatte sofort den Eindruck, dass die Gruppe diesmal passt. Sicherheitsausrüstung eingepackt, LVS gecheckt und los gings zum Albonalift um die Ecke. Ich liftete mit Helmut unserem Guide und konnte ihn gleich über die momentanen Bedingungen intervieven. Wenn man schönen Pulver wolle, müsse man schon etwas aufsteigen, weil in den unteren Lagen alles verfahren ist. Es gab schon seit über zwei Wochen keinen Neuschnee mehr. :-?

Deshalb stiegen wir auch gleich eine halbe Stunde zu Fuß auf das Maroiköpfle. Von dort starteten wir nach einer kurzen Pause unsere Abfahrt. Hah, es gab ihn doch noch, den schönen Powder :-D . In den schattigen windgeschützten Hängen war der Schnee wegen der großen Kälte noch sehr locker. Nur in den windoffenen Lagen war er gepreßt, aber immer noch schön pulvrig. Von Harsch noch keine Spur. Mein erster Eindruck hatte mich nicht getäuscht. Alle in der Gruppe waren sichere sportliche Fahrer. Ich würde heute abend sicher müde sein! :D :D Mein Seth war noch etwas gewöhnungsbedürftig. Ich war bisher immer gewohnt, daß meine Ski bei solch lockeren Verhältnissen einsanken. Sobald der Seth aber eine gewisse Geschwindigkeit hatte, blieb er absolut oben und wurde dadurch sehr schnell. Deshalb fuhr ich immer sobald Platz war große Radien und ließ den Ski laufen. Wenn dann noch der Schnee weich ist und staubt, kommen die Freudenschrei von alleine :lol: :lol: .

Nach der Abfahrt machten wir noch eine weitere im Albonabereich und eine am Sonnenkopf. Dort gab es über weite Strecken herrlichsten Powder! Ein toller Tag. Unser Guide meinte, er hätte noch nie eine so homogene und schnelle Gruppe gehabt. Konnte ich eigentlich nicht glauben, denn ich fühlte mich noch recht frisch. Den anderen ging es genauso und so beschlossen wir, noch zum Abschluss das Schindlerkar zu rocken.

Auch die nächsten zwei Tage wurden bei unveränderten Bedingungen super. Wir waren noch am Rendel, in Lech/Zürs und nochmals am Maroiköpfle unterwegs. Bei letzterem stiegen wir nach einer kurzen Querung noch weiter auf. Dabei war eine Gratbesteigung im teilweise hüfthohen Triebschnee eine echte körperliche Herausforderung :o . Es waren zwar nur etwa 80 Höhenmeter, aber die forderten mich aufs äußerste. Dummerweise war ich direkt hinter unserem Guide und hatte somit von unserer Gruppe die meiste Arbeit zu leisten. Daß ich keine Möglichkeit hatte, meine Ski am Rucksack zu befestigen und somit über den Schultern tragen musste, machte die Sache auch nicht einfacher. Hätte ich in jeder Hand einen Stock gehabt, wäre es einfacher gegangen. Da werde ich wohl noch meine Ausrüstung verbessern müssen. Aber irgendwie war es schon gigantisch. Links eine große Schneewächte und rechts einen steilen Triebschneehang und wir dazwischen bei eisiger Kälte, aber Sonnenschein empor stapfend 8) . Aber die Strapazen hatten sich gelohnt. Der Gipfel bot eine Supersicht und die Vorfreude auf die Abfahrt im unverspurten Gelände im sonnigen Südhang war groß. Und wir wurden nicht enttäuscht! :lol: Es wurde die schönste und zugleich anspruchvollste Abfahrt an den drei Tagen. Unvergeßlich für mich die Herausforderung über einen Fels zwei Meter tief in einen Hang zu springen. Es kostete schon Überwindung :roll: . Aber da wir quer zum Hang springen konnten und nicht in Falllinie des Hanges springen mußten, trauten sich letztendlich alle. Und die Landung im Pulver war wirklich weich.

Mein Theoriestudium in punkto Lawinenkunde kam mir sehr zu gute. Immer wieder diskutierte ich mit unserem Guide die Einschätzung verschiedener Hänge auf unseren Routen. Dabei lag ich oftmals richtig, aber lag auch immer mal wieder daneben, weil ich mangels Erfahrung entweder mal ein Kriterium nicht berücksichtigte oder eben auch mal falsch interpretierte :-? . Auf jeden Fall war es eine gute Übung und als ich Helmut erzählte, dass ich mich momentan in die Materie einarbeite und dies vertiefen will, hat er mir auch immer wieder von sich aus einiges erklärt.

Die drei Tage Arlberg waren jedenfalls eine runde Sache und ich fühlte mich gut vorbereitet für den Lawinenkurs in Andermatt. :P

Fortsetzung folgt!

Bevor es nach Andermatt ging, wurde vom Veranstalter bereits in der Vorwoche in der Heimat einiges trainiert. So trafen wir uns in der Kletterhalle des Deutschen Alpenvereins (DAV). Die Veranstaltung war eine Kooperation zwischen dem Skiclub, bei dem ich mich angemeldet hatte und dem DAV. Unsere Ausbilder waren ein Mann vom DAV und der Skilehrer des Skiclubs, der mit uns dann nach Andermatt gehen sollte. Die Teilnehmer, um die 15 Leute, bunt gemischt. Da waren Skilehrer darunter, die eine Auffrischung machen wollten, als auch blutige Freerideanfänger, die noch über keine Geländeerfahrung verfügten.

Zunächst bekamen wir ein Video des DAV zum Thema Lawinen und Sofortmaßnahmen nach einem Lawinenabgang mit Verschüttung von Personen zu sehen. Das Video fand ich sehr gut, da alles sehr realistisch dargestellt wurde und ging vom fachgerechten Einsatz der LVS und Sonden inclusive Vorgehensweise beim Ausgraben bis zur richtigen Einweisung eines Rettungshubschraubers. Anschließend wurden noch Funktionsweise des ABS-Rucksacks, Lawinenschnorchel (weiß gerade den richtigen Ausdruck nicht mehr) :-? und des Lawinenballs erklärt.

Dann ging´s hoch zur Schwarzwaldhochstraße in den Schnee. Dreieinhalb Stunden gab es dann nur ein Thema: Richtiger Umgang mit den LVS-Geräten. Dabei verbuddelten unsere Ausbilder LVS-Geräte in Rucksäcken im Schnee. Zuerst lernten wir die Funktionsweise der Geräte kennen. Dabei wurde der Schwerpunkt auf die digitalen Geräte gelegt. Der DAV arbeitet mit dem Dreiantennengerät von Pieps. Interessant war in der Praxis vorzuführen, wie die Geräte auf den Kennlinien im Kreis zum Sender führen. :roll: Die Ausbilder legten viel Wert darauf, dies zu erkennen und den Mut zu haben einen direkteren Weg zu gehen, um Zeit zu sparen. In Dreiergruppen wurde dann das Suchen, sondieren und ausgraben geübt. Dabei wurde der Schwierigkeitsgrad mit Mehrfachverschüttetensimulation immer mehr gesteigert. Zu lachen gab es auch genug. Zum Beispiel als einer unserer Ausbilder ein LVS verbuddelte und dabei vergaß auf Senden zu stellen. :D Zu fünft haben wir dann ein Areal von ca 30 Quadratmeter umgegraben, bis wir das Gerät hatten. :D :D Oder als Roland, unser zukünftiger Guide in Andermatt sich nicht zu schade war, als Sondierobjekt zu dienen. Dabei legte er sich hinter einen Schneewall am Straßenrand und wir durften durch den Wall hindurch ihn sondieren, um ein besonders echtes Gefühl für den Ernstfall zu kriegen. :lol:

Fazit dieses Tages: Donnerwetter, die machen das wirklich genau. Da ist nichts 08/15. Ich war froh, diesen Kurs gebucht zu haben.

Mitte der Woche trafen wir uns dann wieder abends in der Kletterhalle des DAV. Diesmal ging es um das Kartenlesen und die Vorbereitung für eine Skitour. Roland teilte uns mehrere Karten im Maßstab 1:25000 vom Gebiet rund um den Gemsstock in Andermatt aus. Wir lernten vor allem das Bestimmen des Gefälles bzw. der Steigungen anhand der Höhenlinien. Dann teilte er den aktuellen Lawinenbericht für Andermatt aus. Jeder mußte das Risiko beurteilen und entsprechend in den Karten zwei Routen planen. Dabei ging es vor allem darum, in den laut Lawinenlagebericht kritischen Expositionen keine zu steilen Hänge zu befahren. Also ich fühlte mich ganz schön gefordert. Wenn man das so zum ersten mal macht... :o Aber mit entsprechender Übung und Hilfe von Roland lief es bald ganz gut. Erstaunlich was man aus solchen Karten alles herauslesen kann. :roll: Wir mußten dann die Routen in Stichworten bezüglich Richtung, Gefälle, Meereshöhe und Besonderheiten beschreiben, so daß wir dann aufgrund dieser Notizen vor Ort in der Lage wären, uns zurecht zu finden. Noch ein paar organisatorische Dinge und dann bis zum Wochenende.

Samstag morgen um 5.00 Uhr ging es los. Es hatten kurzfristig noch einige abgesagt, so daß wir mit Roland zu neunt im geräumigen Miet-Sprinter losdüsen konnten. Die Gruppe dürfte ziemlich heterogen sein. Roland hatte seine Frau und deren Freundin dabei. Da diese schon öfter auf Skitouren waren, war ich mir sicher, dass die ordentlich fahren konnten. Dann waren da zwei Endzwanziger Skilehrer, die ich kannte und nicht zuletzt aufgrund vieler Jahre Renntrainings fuhren wie die "Drecksäue". :D Tja, und dann noch ein Ehepaar in meinem Alter und eine weitere Dame, die nach eigenen Angaben noch keine nennenswerte Geländeerfahrung hatten. Sie hatten über den DAV gebucht und dort war dieser Kurs scheinbar für Geländeanfänger ausgeschrieben. Na das konnte ja heiter werden. :roll:

Um 8:30 waren wir in Andermatt. Noch schnell einen Kaffee trinken, dann großer LVS-Check und los gehts. Beim Skiausladen musste ich lachen. Die zwei "Drecksäue" fuhren ebenfalls den Seth! :D
Wir lifteten mit den Gondeln auf den Gemsstock. Dann fuhren wir erst mal Piste, damit Roland das Fahrkönnen der Teilnehmer studieren konnte. Beim zweiten Mal gingen wir neben der Piste in die Buckel und da zeigte sich dann, daß meine Einschätzungen betreffs Fahrkünste richtig war. :-? Unsere drei Geländeanfänger hatten erhebliche Probleme.

Aber da wir sehr gute Bedingungen betreffs Wetter und Lawinenlage hatten, gingen wir unsere erste geplante Route an. Über den St. Annafirn stiegen wir ins Gelände ein und fuhren rechts vom Gamsstock in nordwestlicher bis nördlicher Richtung das Felsental hinaus bis zur Straße von Hospital nach Andermatt. Dort hieß es einige hundert Meter im Schlittschuhschritt nach Andermatt zu ziehen. Der Schnee war super. Ich war erstaunt wie leicht und locker noch viele Hänge waren. 8) Die Orientierung anhand unserer Notizen war nicht so einfach. Im Gelände sieht vieles wieder anders aus als auf der Karte. Ich stellte fest, daß ein Höhenmesser eine wertvolle Hilfe bei der Orientierung ist, da wir die Meereshöhen in unseren Notizen hatten. Werde mir wohl bei Gelegenheit einen zulegen. Wir diskutierten an verschiedenen Stellen die Lawinengefahr bei den jeweiligen Gefahrstufen. Dabei ist die Steilheit eins der wichtigsten Kriterien. Mit den Stöcken lernen wir, die Steigung im Gelände zu messen. Wir tun das öfter, wobei wir immer erst versuchen zu schätzen, so daß wir bei der Beurteilung sicherer werden. Aufgrund unserer Anfänger sind wir natürlich relativ langsam unterwegs. Ich halte mich mit den zwei Rennjungs hinten. Wir warten so lange wie möglich, um längere Strecken am Stück fahren zu können. Die zwei fahren übrigens wirklich gigantisch. :o Stehen super auf dem Ski und fahren im Gelände eine Geschwindigkeit, wie man es selten sieht. Im unteren Teil der Route ist es steil und es geht relativ eng durch Büsche. Was den Geübten Riesenspaß macht, ist für die Anfänger eine ganz schöne Tortur.

An der Gemsstockbahn ist erst einmal Pause angesagt. Hunger und vor allem Durst melden sich. Unsere Anfänger sagen, daß es ihnen für heute reicht und sie den Rest des Tages nur Piste fahren wollen. Der Rest gondelt wieder zum Gemsstock hoch. 8) Dort gehen wir unsere zweite Route an. Diesmal steigen wir südlich vom Gemsstock in den Schwarzbachfirn ein und fahren dann in östlicher Richtung im Gafallen zur Vermigelhütte. Auch hier bin ich erstaunt über die gute Schneequalität. Wir fahren jetzt ein schönes mittleres Tempo. Mal haben wir breite Hänge, an denen die Seths mit Big Turns glänzen können, dann kommen wieder engere Passagen. Alles zusammen eine sehr schöne Abfahrt. Lediglich das ewig lange Tal nach Andermatt runter, indem einiges gestöckelt werden muß, ist nicht mein Ding. :evil: Wir müssen dann zu Fuß durch Andermatt zur Gemsstockbahn. Leider schaffen wir die zweite Gondel zum Gemsstock nicht mehr, so dass wir im pistennahen Gelände ins Tal abfahren, was aber auch ganz schön war.

Nach einem kurzen Apre`s Ski fahren wir nach Hospital in die Jugendherberge, wo wir übernachten. Es gibt sogar Halbpension! :o Der Abend wird mit Oberkircher Wein ausklingen lassen. Wir lernen uns näher kennen und lachen viel. Gerade unsere Anfänger nehmen ihre Strapazen mit Humor. Wir bedauern sie wirklich, daß aufgrund eines Mißverständnisses sie sich so quälen müssen. Roland ist ein sehr erfahrener Tourengänger. Er macht das schon 30 Jahre und hat bereits einmal die Alpen per Ski durchquert. Insbesondere in der Schweiz kennt er sich hervorragend aus. Wir planen an diesem Abend noch den nächsten Tag. Wir wollen vom Gemsstock in südwestlicher Richtung auf 2400 m abfahren und dann mit Fellen 600 Höhenmeter auf den Piz Centrale steigen. Von dort wollen wir dann das Guspistal zur Paßstraße abfahren. Wir checken die kritischen Punkte, machen unsere Notizen und freuen uns tierisch auf den nächsten Tag. :P

Am Morgen kommt die Ernüchterung. Über Nacht hat das Wetter umgeschlagen. Es schneit leicht, wir haben starken Südwestwind und oben sicher misserable Sicht. :evil: Am Vortag waren wir noch davon ausgegangen, daß der Wetterwechsel erst nachmittags kommt. Na, schaun mer mal. Erst zusammenpacken, einladen und zur Gemsstockbahn. Wieder LVS-Check und hoch zum Gemsstock. Ab der zweiten Gondel ist schlechte Sicht. Die Lawinenstufe wurde durch Triebschneeansammlung im Gipfelbereich von 1 auf 3 erhöht. Wir diskutieren die Lage am Gemsstock. Roland meint, es wäre trotz nicht optimaler Bedingungen machbar. Wir sollten entscheiden. Ich bin über seine Meinung erstaunt. Wir müßten über den südlichen Gemsstock ins Gelände einsteigen. Das ist ein 40 Grad-Hang. Ich kann mir nicht vorstellen, daß unsere Anfänger bei diesen Sichtverhältnissen hier heil runter kämen. Diese signalisieren auch bereits, dass sie das nicht machen möchten. Auch ich habe bei diesen Verhältnissen keine Lust. Ohne Sicht in unbekanntem Gelände ist nicht mein Ding. Da habe ich beim besten Schnee keinen Spaß. :-? Lediglich unsere zwei Youngsters hätten Lust, die Route anzugehen.

Also fahren wir Piste und wechseln weiter unten in pistennahes Gelände, was Buckel bedeutet. Mann, ich hatte schon lange keine so schlechten Sichtbedingungen mehr. Die Buckel waren nicht zu sehen und mußten richtig erfühlt werden. Sicher eine gute Übung, aber von der Innenansicht her ein Gewürge. Unsere Anfänger tun mir leid. Nach 600 Höhenmetern wird die Sicht endlich besser. Roland beschließt, aus der Not eine Tugend zu machen und geht mit uns zum Avalangecenter etwas oberhalb der Mittelstation. Dort üben wir an einer stationären Anlage das Suchen mit unseren LVS-Geräten. 13 Sender sind in einm relativ weitläufigen Areal versteckt. Bis zu 5 können gleichzeitig aktiviert werden. Wir beginnen mit einem und steigern uns dann. Hat man den Sender mit der Sonde dreimal im Sekundentakt getroffen, schaltet sich der Sender aus. Hier üben wir eineinhalb Stunden.

Anschließend machen wir die Talabfahrt. Im unteren Bereich gibt es keine Alternative zu den Buckeln. Ausgerechnet jetzt ist die Sicht auch unten miserabel. Man tastet sich durch die Buckel wie in einem Minenfeld. Trotz verhaltener Fahrweise erwischt es mich dann doch. In einer Reihe relativ gleichmäßiger Buckel überraschte mich ein extrem stark ausgefahrener, den ich aufgrund der Milchsuppe nicht sehen konnte. Die Ski stauchten und ich wurde seitlich hochkatapultiert. Ich landete seitlich in den harten Buckeln und spürte einen stechenden Schmerz in den Rippen. Mir blieb erst mal die Luft weg. Ich war unglücklich auf den Griff meines Skistockes gefallen. Mann, tat das weh. :evil: Wenigstens war ich jetzt sicher, die Bindung richtig montiert zu haben. Ein Ski hatte sauber ausgelöst. :D Ich biß auf die Zähne und fuhr die letzten Buckel ins Tal. Jetzt war plötzlich wieder gute Sicht. Unsere schnellen Jungs waren bereits unten. Wir warteten auf den Rest, was bei diesen Bedingung dauerte. Wenigstens kamen alle heil an. Gepurzelt waren alle, aber nur ich hatte mir weh getan. Jetzt war mittag und wir beratschlagten.

Die Anfänger wollten mit Roland noch das Gehen mit Fellen trainieren. Das konnte er im Talbereich sehr gut, da dort gleich ein 25 Grad-Hang an die Talsohle anschloß. Die zwei Damen wollten noch Piste fahren und die zwei Jungs wollten nochmals unsere erste gestrige Tour durchs Felsental machen. Es war gerade eine Gruppe durchgegangen, die meinten die Sicht wäre dort gut und sie würden sie nochmals machen. Die Jungs meinten, ich solle doch mitkommen. Ich rang mit mir, ob ich auch nochmals Felle üben sollte oder wirklich mitgehen. :roll: Ich entschied mich für letzteres. Das Wehwehchen wurde ignoriert. Oben am Gemsstock war immer noch miese Sicht. Der Wind hatte zugenommen. Es gab jetzt jede Menge Triebschnee auf den Pisten und es fuhr sich butterweich. Die Tourenfahrer hatten recht. Ab St. Annafirn, wo wir ins Gelände wechselten, war die Sicht ausreichend. Ich bereute meine Entscheidung nicht. Die Abfahrt war noch schöner als am Vortag, weil eine dünne Schicht Triebschnee eingeblasen wurde. In der unteren Hälfte war die Sicht sogar 1a. Allerdings legten die Jungs ein Tempo hin, das ich beim besten Willen nicht halten konnte. Jetzt wo ich durch die Anstrengung tiefer einatmen musste, machte sich auch wieder meine Rippenprellung bemerkbar. Diesmal wählten wir im unteren Bereich eine andere Route, damit wir möglichst weit nach Andermatt rauskamen, ohne zu stöckeln. Das gelang uns hervorragend. Wir kamen mit Schwung fast bis zur Gemsstockbahn. Die anderen waren noch beim Üben mit den Fellen. Wir drei beschlossen den Tag mit Radler und Pizza in einer netten Kneipe.

Um 16:00 ging es dann auf Rückreise. Anbetracht der Umstände, waren wir eigentlich alle mit dem Wochenende zufrieden. OK, wäre die Gruppe homogener gewesen, wären wir sicher mehr gefahren. Aber gelernt hatten wir alle viel. Und wenn ich das Gesamtpaket mit LVS- und Kartentraining in der
Heimat betrachte, wurde wirklich viel geboten. Und das Ganze für gerade mal 55 Euro! :lol:

Jetzt freue ich mich als nächstes auf die Lenzer Heide mit Reiner (oenologe78). Ich hoffe allerdings, daß ich bis dahin wieder fit bin. Die Schmerzen haben so zugenommen, daß ich mich heute röntgen ließ. Scheint aber alles heil zu sein. Ist "nur" eine schmerzhafte Rippenprellung. Soll locker zwei Wochen gehen, bis das wieder einigermaßen gut ist. :cry:

Wendelin
Zuletzt geändert von südi am 21.01.2009 01:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von oenologe78 » 20.01.2009 07:48

Mensch, da hast du ja schon wieder ganz schön vorgelegt.

Ich freu mich schon aufs erste Februarwochenende!

Ich hatte mir ja kurz vor Weihnachten einen Sugar Daddy bei ebay geschossen, mit dem ich aber nicht wirklich viel Spaß hatte (30m Radius ist m.E. für die Pisten zwischen den Tieschneehängen dann doch zu viel). Hab ihn jetzt mit 10€ Gewinn wieder vertickert und mir für einen neuen 2007er Punisher gekauft. Ich bin schon gepannt, ob ich mit dir mithalten kann.
ich bin seit Weihnachten außerdem auch Besitzer des Powderguides, den ich vorletzte Woche inhaliert habe, der könnte aber in Sachen Beurteilung etwas mehr in die Tiefe der Materie gehen..
Gruß Reiner

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von ursus2 » 20.01.2009 08:47

@Südi

Schöner Bericht. Danke.

Welche Länge hat dein Seth Vicious?

Gruss
ursus
Snowrider Titaniumrace 126/80/114 - Länge 162
Seth Vicious 130/98/118 - Länge 189

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von Wolfi28 » 20.01.2009 14:54

@ Reiner
Der Punisher ist eine gute Wahl. War in 172 cm das Weihnachtsgeschenk für meinen 13 Jährigen. Läßt sich gut im Powder und auf der Piste fahren. Ich gehe davon aus, dass Du den in 182 fährst, dann ist er auch etwas breiter in der Mitte als der 172er.

Wolfi28

Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von Wolfi28 » 20.01.2009 15:04

@ Wendelin
2 schöne Berichte über Freeriden am Arlberg! :-D
Ich habe bisher 2 Camps im Freeride Center Sölden mit gemacht und werde Anfang April mit meiner Family dort wiederum ein Camp machen.
Animiert durch Deine Berichte haben wir allerdings Anfang März mit unserer "Männerselbstfindungsfreeridegruppe", die alle 2 Jahre eine Woche zum Powdern unterwegs ist, 2 Tage bei Harry Lohninger in Stuben (ist doch Dein Veranstalter, oder?) fest eingeplant. Bin mal gespannt auf die Touren und natürlich auf das Gelände. :D

PS. ach so, warum hast Du den Seth 06/07 gekauft? Den 07/08 mit dem moderaten Rocker, den ich auch habe, gab es doch bereits im Nov für wenig geld?

Wolfi28

Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von Wolfi28 » 20.01.2009 15:36

@Reiner und Wendelin
ich bin seit Weihnachten außerdem auch Besitzer des Powderguides, den ich vorletzte Woche inhaliert habe, der könnte aber in Sachen Beurteilung etwas mehr in die Tiefe der Materie gehen..
Den Powderguide habe ich auch, sicherlich guter Einstieg.
Wir sind früher pistennah immer schon viel abseits gefahren. Vor 3 Jahren nahm diese Tendenz bei meinen Kindern, egal ob mit Snowboard oder Ski, sehr zu. Also beschloss ich, bezüglich der Gefahren mehr KnowHow aufzubauen und für uns alle LVS, Schaufel und Sonde anzuschaffen (natürlich wird das regelmäßig geübt). Mittlerwerile ist es eine Selbstverständlichkeit, nur ins Gelände zu gehen, wenn das Equipment dabei ist.
Unser Wissen hat dazu geführt, dass wir alle viel vorsichtiger gewurden sind und im Zweifel eine NO GO- Entscheidung fällen, oder einen Hang erst weit unterhlb möglicher Hotspots einfahren.
Was mir in den Camps immer wieder auffällt ist, dass Wissen nicht gleich Erfahrung ist. Dort werden dann häufig Hänge befahren, die die Guides auf Grund Ihrer lokalen Kenntnisse (Frequentierung der Hänge, Schneedeckenaufbau, Wetter der letzten Zeit, Windrichtungen, Temperaturen etc.) als "unkritisch" bezeichnen. Dafür gibt es dann auch eine einleuchtende Erklärungen der Guides. Trotzdem würde ich diese Hänge in einer Gruppe ohne Guide wegen vorhandener Gefahrenanzeichen dann nicht fahren.
Habt Ihr diese Erfahrung auch gemacht?

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von oenologe78 » 20.01.2009 15:55

Wolfi28 hat geschrieben:@ Reiner
Der Punisher ist eine gute Wahl. War in 172 cm das Weihnachtsgeschenk für meinen 13 Jährigen. Läßt sich gut im Powder und auf der Piste fahren. Ich gehe davon aus, dass Du den in 182 fährst, dann ist er auch etwas breiter in der Mitte als der 172er.
ne, ich hab ihn in 191 für 199 bei sport65 gekauft (war der Letzte), ich selbst bin 187, von daher sollten wir schon harmonieren.
Gruß Reiner

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von Christoph-Wien » 20.01.2009 16:32

Mich würden Punisher Tesberichte interessieren. Haut in die Tasten!

LG Chri

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von oenologe78 » 20.01.2009 20:52

Die Erstausfahrt meines Punishers wird erst am ersten Februarwochenende sein, wenn ich mit Südi zum Freeridecamp nach Lenzerheide fahre. Dann kann ich Berichten.
Bisher kann ich nur über die Bindungsmontage, welche ich bei dem schönen Regenwetter (das mir gerade recht kam) gestern Mittag erledigte.

Hab mal ein Bild angehängt
Dateianhänge
punisher.jpg
Gruß Reiner

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Re: Nach dem Freeride-Camp, es geht weiter...

Beitrag von südi » 20.01.2009 20:54

Hi,

@ ursus: ich hab´den Seth in 179. Die anderen Größen waren bei Sport-conrad bereits vergriffen. Bei meinen 1,78m dürfte das schon passen. Jedenfalls schwimmt er mit meinen 75kg schon bei geringen Geschwindigkeiten oben auf.

@ wolfi28: ja, mein Veranstalter war Harry,
der Vicious ist ein bewährter Ski und zieht auch auf der Piste sauber auf der Kante, selbst bei
harten Verhältnissen, was beim neuen Obseth wohl nicht mehr der Fall sein dürfte. Und für 300
Euronen war er sicher nicht zu haben. :wink:

Wendelin

So, und jetzt an die Fortsetzung...

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