Ski nach service weniger aggressiv

[JL0]

Hey Leute,

Ich hab nen 2015er Salomon X-Race 170. Nach einer Saison fahren, hab ich ihn vorgesternmal zum Service gebracht. Hab ihm extra mal das volle Programm gegönnt. Planfräsen,Strukturschliff,Kanten.
Die Kanten hatten vorher schon einige scharten. Jetzt sieht alles wieder wie neu aus.
Trotzdem bin ich irgendwie mit der Abstimmung nicht zufrieden. Der Ski wahr vor dem service viel spritziger in kürzeren Radien. Lange Radien gehen auch jetzt super und der Kantengriff ist top. Aber der Ski zieht einfach nicht mehr so gnadenlos in die Kurve beim Aufkanten, gibt gefühlt weniger Rebound.
Der Ski wurde auf ner Montana Maschine laut Service Mann auf 88 grad geschliffen.
Was sagt ihr dazu? Weiß jemand wie der Salomon "Werksschliff" aussieht? Das setup hat mir da besser gefallen.
Vielen Dank schonmal.
Viele Grüße
Jonas

[TOM_NRW]

Mal mit dem Service sprechen. Nicht selten neigen die Serviceleute dazu dem Ski an der Schaufel ein wenig die Schärfe zu nehmen. Dadurch wird verhindert, dass der Ski verschneidet. So werden auch sportliche Ski massenkompatibel oder so wie Du es erlebt hast weniger spritzig. Desweiteren wäre interessant, mit welcher Gradzahl die Kante abgehangen wurde.

Ich würde den Service mit Deinen Erfahrungen konfrontieren und Nachbesserung wünschen.

Thomas

[JL0]

Hey! Danke für deine Antwort.
Ja ich werde wohl nochmal da vorstellig werden müssen.
Ich hab halt extra den, wie sie es dort nennen "Rennservice" in Anspruch genommen. Da nimmt er sich laut eigener Aussage halt Zeit die Maschine gscheit einzustellen und nicht einfach drüber zu ziehen wie beim 0815 service. Deswegen würde es mich halt wundern, dass er die Schärfe rausnimmt, wenn man explizit den besten Service bucht. Will jetzt auch nicht so rum mosern bei ihm, weil er mir halt nen super Preis gemacht hat, weil wir alle unsere Skier bei ihm machen lassen.
Habe jetzt mal dem Salomon Service geschrieben. Fände es mal Interessant zu wissen, mit welchem setup die Ski ausgeliefert wurden. Hoffentlich sitzt da jemand kompetentes, oder sie leiten mich weiter.
Gruß
Jonas

[NeusserGletscher]

Mir ist selbst einmal das gleiche passiert wie Dir. Ich hatte einen SL mit Rennschliff (per Hand !), Seitenkante auf seichte 89°, aber mit super Grip auf hartem Schnee. Dann sollte nur am Belag etwas ausgebessert werden und der Service hat entgegen der Absprache den Ski einfach durch die Maschine gezogen. Mir kam es vor, als hätte ich einen anderen Ski unter den Schuhen.

Entgegen der verbreiteten Meinung, der Grip eines Ski würde hauptsächlich durch Winkel der Seitenkante (z.B. 89° / 88° / 87° / 86°) bestimmt, ist es in Wirklichkeit der belagseitige Winkel, der hier die Hauptrolle spielt. Also der Winkel, in dem die Kante gegenüber dem Belag abgehangen wird. Unterschiede im Fahrverhalten sind hier bei kleinsten Winkeln am deutlichsten spürbar. Zwischen 0 und 0.5° (für Freizeitfahrer) unfahrbar bis sehr aggressiv, zwischen 0.5° und 1,5° aggressiv bis gutmütig, wird auch im alpinen Rennsport für GS und Abfahrt geschliffen, darüber hinaus macht es eigentlich nur noch für Freerider Sinn.

Profis hängen die Kante auch nicht auf der gesamten Länge im selben Winkel ab, sondern suchen eine auf den Ski und das Fahrkönnen passende Abstimmung, also unter der Bindung einen kleineren Winkel als an Schaufel und Ende.

Der effektive Kantenwinkel und dessen Ausführung bestimmt daher die Grundschärfe, der belagseitige Winkel die Aggressivität. Durch das leichte Brechen der Kanten an den Enden kann man, wenn es die Abstimmung erfordert, dem Ski weiter die Aggressivität nehmen. Das hört sich jetzt erstmal ziemlich elitär an. Aber im Gespräch mit Serviceleuten aus dem Weltcup wird mir das immer wieder bestätigt.


Vollautomaten können bauartbedingt die belagseitige Kante nicht unter 0.5° abhängen und oft wird aus Bequemlichkeit ein viel größerer Winkel geschliffen, damit auch jeder Anfänger noch mit dem Ergebnis klar kommt. Hinzu kommt, dass Vollautomaten den Schleifstein mehr oder weniger "blind" an den Ski heranführen und daher der Winkel nicht so genau geschliffen werden kann wie per Hand. Dies und weil sich die Einstellung nicht mal eben ändern lässt ist der Grund, warum der belagseitige Winkel trotz seiner Bedeutung von den Serviceleuten totgeschwiegen wird. Gelegentlich sieht man auch, dass beim Schleifen der Kante deutlich in den Belag reingeschliffen wurde. Einige Experten brechen dann noch grundsätzlich und zu stark die Kanten an den Schaufeln oder schleifen beim zweiten Durchgang nicht mehr bis zu den Enden durch. Einige Maschinen von Montana können wenigstens den belagseitigen Winkel variieren (Radialschliff).

Unter Rennschliff wird dem ahnungslosen Kunden alles mögliche verkauft. Das kann ein anderer Winkel für die Seitenkante sein (87° statt 88°, was jedoch keine so große Auswirkung hat wie der belagseitige Winkel), eine andere Struktur im Belag oder aber ein Planschleifen der Ski und ein Schliff von Belag- und Seitenkante per Hand. Und eigentlich ist es IMHO völlig sinnfrei, bei höherem Anspruch des Kunden ohne Rückmeldung einfach frei Schnauze zu schleifen. Da muss man sich herantasten, Probefahren und ggf. nachbessern. Diese Erkenntnis war für mich der Grund, selbst mit dem Skiservice anzufangen.


Was bei Deinem Ski nun schiefgegangen ist, kannst Du leider kaum selbst ermitteln. Totz hervoragender Optik kann dem Ski der nötige Biss fehlen. Meine Kanten sehen oft total schlampig geschliffen aus, aber dafür halten sie auch auf hartem Schnee.

Du kannst die Schärfe der Kante auf der gesamten Länge prüfen (Fingernageltest) und dabei herausfinden, ob die Kante gleichmäßig scharf ist. Der belagseitige Winkel lässt sich bei kleinen Winkeln leider mit herkömmlichen Methoden nicht einmal ansatzweise genau messen. Wenn Du da einen deutlichen Spalt siehst, dann wurde wohl schon weit über 1° abgehangen. Du kannst ja im Shop nachfragen, wirst aber u.U. dort nur Blödsinn hören, weil die Qualifikation einiger Serviceleute oft nur noch darin besteht, dass sie wissen, wie man die Maschine einschaltet und bedient, wo man die Ski einlegt und wo man sie wieder rausholt. Ein Experte sollte dagegen auch in der Lage sein, einen Ski per Hand zu schleifen und dabei wissen, worauf es ankommt.

[JL0]

Danke für deinen umfangreichen Bericht!
Ich glaube mit dem Belagsseitigen Winkel hast du den Wundenpunkt angesprochen.
Obwohl ich um die Bedeutung dieses Winkels weiß, hab ich da nicht drüber gesprochen mit dem Servicemann. Ich bin einfach davon ausgegangen, er würde schon eine aggressive Abstimmung wählen.
Scheint ja auch einleuchtend: Beim aufkanten ist der Ski einfach zu wenig aggressiv, "zieht" zu spät, wohl weil zu viel abgehangen. Erstmal auf der Kante ist der Grip jedoch hervorragend.
Gruß
Jonas

[Pancho.Ski]

Ja, ich denke auch, die haben die belagseitige Kante "gezähmt".

Wenn man selber Schleifwerkzeug für die belagseitige Kante hat und der Belag plan ist (ist ja bei dir nach dem Schleifen wohl so), kann man mit der Filzstiftmethode näherungsweise den Winkel eingrenzen. Man malt die Kante schwarz an, und geht dann leicht mit verschiedenen Winkeln und einer Polierfeile drüber. Wenn der schwarze Strich gleichmäßig verschwindet, ist man dem richtigen Winkel zumindest nahe, wenn auch nicht unbedingt exakt drauf (aber meiner Meinung nach reicht es).

Praktisch alle Maschinenservice die mir bekannt sind (ich frag gerne einfach mal aus Interesse, wenn ich irgendwo in einem Laden bin) schleifen belagseitig 1°, wenn der Kunde nichts abweichendes äußert. Bei der Seitenkante sind es 87°-88°

Es gibt durchaus Ski, die von Haus aus mit anderen Winkeln ausgeliefert werden (mein K2-Charger: 0,5°/88° - Head Magnum 0,7°/87°)

Ich schleife meistens selber und wenn nicht, dann gibt es genau zwei Läden die meine (unsere) Ski in die Finger bekommen.

[elypsis]

Der Ski wahr vor dem service viel spritziger in kürzeren Radien. Lange Radien gehen auch jetzt super und der Kantengriff ist top. Aber der Ski zieht einfach nicht mehr so gnadenlos in die Kurve beim Aufkanten, gibt gefühlt weniger Rebound.

Der Ski wird werksseitig mit den Kantenwinkeln 1°/88° ausgeliefert, schärfer waren die zuvor nicht. Ich vermute eher, dass man dir beim Service vorne und hinten die Kanten gebrochen hat. Das passt zu deiner Aussage über die kurzen Radien und den Rebound.

[Pancho.Ski]

Wenn das so ist, sollte ein leichtes Nachschleifen ohne erneutes Brechen das Problem lösen.

Wenn kein neuer Winkel eingeschliffen wird, sollte das auch mit sehr wenig weggenommenem Material zu machen sein.

Bei meinen zwei Läden (einmal zu Hause, einmal im Stammskigebiet) brechen die die Kanten nur auf ausdrücklichen Wunsch - sonst nicht. Aber klar, möglich ist es.

[latemar]

Ich lass die Kanten immer brechen. Empfinde das über den ganzen Tag als wesentlich angenehmer.


Gruß!
der Joe

[elypsis]

Ich lass die Kanten immer brechen.

Bei einem Allmountain mag das angehen, aber einen SL kastriert man damit!