Seite 1 von 3
Stil oder Technik
Verfasst: 20.09.2004 11:37
von WolliHood
OT Anmerkung: Es ist wichtig, dass man Stil und Technik unterscheidet, denn durch das neue Material ist auch eine viel grössere Bandbreite an individuellen stilistischen Ausprägungen möglich, weil die Technik zur Bedienung der Skis (an der Basis) viel einfacher geworden ist. Korrekturen am Stil sind eine heikle Sache. Technik dagegen ist viel leichter fassbar und erklärbar. Wenn jemand - subjektiv an sich selbst, objektiv an einem anderen - Anleitungen und Korrekturen über den Stil behandelt, geht er damit in ein ausserordentlich sensibles und tiefes Terrain menschlichen Lernens.
Angeregt durch Nicolas Beitrag möchte ich hier einen neuen Thread beginnen.
Für mich ist oft nicht klar, was ist bei einem Skifahrer Stil, was ist Technik.
Ich mir gut vorstellen, dass die Grenzen schwimmend sind und auch viel Freiraum für kontroverse

Meinungen bietet. Daher mal zwei Ansätze, falls ihr Lust habt, mir etwas auf die Sprünge zu helfen:
a) Vielleicht habt ihr mal Beispiele, was ihr für Stil und was für Technik haltet.
b) Kann das einüben ungünstiger Technik zu einem (ineffizienten ?) Stil führen, mit dem man sich durchaus wohlfühlt ?
Gruss, WolliHood
Verfasst: 20.09.2004 12:00
von PK
Hi WolliHood,
ist eine gute Frage...
Mal ein Beispiel meinerseits wie man Stil und Technik trennen kann.
Zwei Skifahrer haben die gleiche "Technik" wie sie auf dem Ski stehen und Ihre Schwünge setzen, der eine fährt aber lieber schneller der andere fährt langsamer.
Daher sag ich mal:
Technik ist, was man beschreiben und lehren kann.
Stil ist, was jeder gemäß seiner Persönlichkeit daraus macht.
Verfasst: 20.09.2004 12:05
von Martina
Ein spannendes Thema! Ich hoffe, dass ich bald etwas mehr Hirnkapazität habe, um etwas hoffentlich Sinnvolles dazu zu schreiben, wie Stil und Technik unterschieden werden können.
Erst mal nur so viel: Die Grenzen sind ganz sicher schwierig zu ziehen.
Und zu deiner 2. Frage: Das einüben einer "ungünstigen" d.h. nicht funktionellen Technik kann mit Sicherheit zu einem Stil führen, der ineffizient ist, in der sich der Fahrer durchaus wohl fühlt, weil er sich so daran gewöhnt ist. Eine funktionellere Technik fühlt sich deshalb erst oft schwieriger an, weil es eben ungewohnt ist.
Für mich ist ein schöner Stil meist einer, der auf die notwendigen Bewegungen reduziert ist.
Vielleicht kann man das einen auf die "blanke" Technik reduzierter Stil nennen?
Allerdings kenne ich auch verschiedene FahrerInnen, von denen ich sagen würde, dass sie mehr oder weniger nur die notwendigen Bewegungen ausführen. Trotzdem sieht´s anders aus, d.h. der Stil ist anders...
Ich versuche, mal darüber noch etwas nachzudenken...
Verfasst: 20.09.2004 14:01
von KOSTI
Martina hat geschrieben:
Für mich ist ein schöner Stil meist einer, der auf die notwendigen Bewegungen reduziert ist.
Vielleicht kann man das einen auf die "blanke" Technik reduzierter Stil nennen?
dieser stil ist auch nach meinem geschmack und dadurch sind ja die begriffe auch schon irgendwie definiert:
-technik: objektiv (funktioniert "messbar" unterschiedlich gut)
-stil: subjektiv (wird von einem selbst od. dem betrachter beurteilt), wird von der technik beeinflusst
es kommt auch eine vermischung zustande, weil jeder mensch anders ist und für jeden menschen eine angepasste technik optimal sein kann und diese wiederum (zusammen mit dem anderen eischeinungs/bewegungsbild des menschen) als anderer stil wahrgenommen wird.
um's noch komplizierter zu machen, würde ich auch die art der umsetzung einer technik als stil bezeichnen, die exakt gleiche technik kann man ja mit unterschiedlichen timings und bewegungsübergängen ausführen...
Verfasst: 20.09.2004 15:14
von beate
Ich finde dieses Thema hochnotspannend,weil ich letztes Jahr ziemlich erniedrigende Erfahrungen auf dem Gebiet Technik/Stil machen mußte.
Beispiel:
Meiner Selbsteinschätzung nach und nach Begutachtung durch einige Kapazitäten

auf dem Gebiet Skitechnik fahre ich eine recht anständige Technik (= Technik die im deutschen Skilehrplan definiert ist und nach dem z.B. Grundstufenprüfungen abgenommen werden).Eine technische Aufgabe,z.B. fahre große gesteuerte = gecarvte Schwünge mit Tempokontrolle o.ä,kann ich einigermaßen befriedigend lösen.
Wird diese Aufgabenstellung/Prüfung von jemanden kontrolliert/abgenommen der z.B. einen sehr sportlich/dynamischen Stil bevorzugt,werde ich die Aufgabenstellung
stilmäßig nicht erfüllen können.
Mein Stil eine technische Aufgabe zu fahren wird immer mit folgenden Adjektiven umschrieben:Ökonomisch,sensibel,harmonisch.Das sind die netten Adjektive,von Leuten die meinen
Stil mögen,jetzt die Unnetten: Adynam,unsportlich,defensiv
die exakt gleiche technik kann man ja mit unterschiedlichen timings und bewegungsübergängen ausführen...
Das ist genau der Punkt,auf den ich hinaus will.
Ich versuche technisch sauber zu fahren und habe meinen Stil entsprechend meinen
körperlichen Möglichkeiten angepasst.
Kosti,Martina oder Nicola,ihr seid sicher in der Lage hier bei euren Schülern o.ä. eindeutig zu unterscheiden,ob Technik oder Stilfehler.Ich als Frischling muß mich immer erst in die Situation des Schülers "einfahren" um das zu ergründen.
Beate
p.s. manchmal versuche ich sportlich zu gucken(ist die ökonomischte Art des sportlichen Fahrens

) aber zu einer eindeutigen Stiländerung hat das noch nicht beigetragen
Verfasst: 20.09.2004 16:56
von freeriderin
Hi zusammen,
eine schnelle und flapsige Antwort:
Für mich ist "Technik" das, was funktioniert - z.B. eine Aufgabenstellung (gestellt von mir selbst oder von einem Prüfer, Lehrer, Trainer...) "kurze Radien, maximale Steuerqualität, Tempo X, großer Schwungwinkel" wird prima erfüllt.
"Stil" wiederum ist alles, das "on top" ist - z.b. fährt der eine tendenziell eher geschlossene oder eher offene Skistellung. Solange dieses "offene" oder "geschlossene" funktioniert, ist es für mich ein persönlicher Stil. Sobald aber eine zu sehr geschlossene/ offene Skistellung die Funktionalität beeinflusst, ist es für mich kein Stil mehr - dann kommt man eben in den Stil-Technik-Grenzbereich.
Hm - vielleicht sehe ich das anders, wenn ich ein wenig mehr darüber nachdenke. *grübel*
Grüße
K
Verfasst: 20.09.2004 16:58
von WolliHood
beate hat geschrieben:
die exakt gleiche technik kann man ja mit unterschiedlichen timings und bewegungsübergängen ausführen...
Das ist genau der Punkt,auf den ich hinaus will.
Ich versuche technisch sauber zu fahren und habe meinen Stil entsprechend meinen
körperlichen Möglichkeiten angepasst.
Ein Beispiel aus dem letzten Skikurs dazu:
Wir fahren Wiederholungsübungen an einem breiten, langen Hang. Schön glatt prepariert. Es ging um die Oberkörperhaltung. Lange Schwünge ohne jede Hektik mit Hochbewegung vor/in der Falllinie. Vom Skilehrer erst in 'Zeitlupe' vorgefahren, dann von uns wiederholt. Der Skilehrer wartet mal in der Hangmitte und schaut sich alles und kommentiert, mal 'schwirrt' er um uns rum .. und kommentiert

.
Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist: Ich habe die Hochbewegung langsam und deutlich ausgeführt, Kommentar: gut, das passt usw. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf diese langsamen Bewegungen und habe nur eine kurze, schnelle Bewegung gemacht. Kommentar: Super .. ?
Fazit: schnell = dynamischer = sportlicher = besserer Stil (oder bessere Technik) ???
beate hat geschrieben:
p.s. manchmal versuche ich sportlich zu gucken(ist die ökonomischte Art des sportlichen Fahrens

) aber zu einer eindeutigen Stiländerung hat das noch nicht beigetragen
Beim Aprés Ski sieht man auch sehr oft Brillen in sportlicher Ausführung ..
Gruss, WolliHood
Verfasst: 20.09.2004 18:19
von nicola
nachdem ich auslöser für dieses thema war, hier ein auszug meiner gedankensammlung aus dem archiv ...
Stil kann man weitläufig mit Bewegungskoordination umschreiben. Es gibt Menschen mit aggressiver Bewegungskoordination (eher männlich nicht unbedingt im Sinn von Geschlechtsunterschied) und sanfte Bewegungskoordination. Persönlicher Stil hat also auch mit Temperament zu tun und drückt sehr oft auch den momentanen emotionalen Zustand aus.
In diesem Zusammenhang muss man aber grundsätzlich zwischen Zweckbewegungen und Ausdrucksbewegungen - häufig im Tanz bestimmend - unterscheiden. Der Zusammenhang der Bewegung mit den Gefühlen ist bei Ausdrucksbewegungen besonders ausgeprägt. Dieser Zusammenhang ist natürlich auch bei Zweckbewegungen vorhanden. Er bildet aber den Background. Im Vordergrund steht die „Zweckmäßigkeit“ - das Bewegen so zu gestalten, dass es beim Skifahren „aufgabengerecht“, „körpergerecht“, „werkzeuggerecht“ und „situationsgerecht“ ist.
Dieser Zweckmäßigkeit liegt eine bestimmte Technik zur Erfüllung einer Bewegungsaufgabe zugrunde. Sie ist wissenschaftlich der Biomechanik zugeordnet und nach emotionslosen realistischen Kriterien erfassbar und erklärbar. Die Anwendung der Technik gewinnt an Qualität, wenn sie den persönlichen Stil miteinbeziehen kann. Die Verschmelzung von Stil und Technik führt daher zur harmonischsten Form von Bewegung.
Aktuelle Anmerkung / Beispiel:
Breitbeiniges Fahren wird gerne mit Stil assoziiert, für den sich seit Wedelgedenken und immer noch viele Menschen genieren, obwohl sie sich dadurch sicher und wohl fühlen. Ich würde eine breite Skiführung aber eher als technische denn als stilistische Komponente einordnen, da sie eine effektive Möglichkeit ist Unsicherheiten zu umgehen, situativ sehr oft sinnvoll ist und auch von den besten Skifahrern eingenommen wird. Wenn die Technik breitbeinig zu fahren mit der Bewegungskoordination harmoniert, egal ob sanft oder aggressiv, so wirkt sie auch nach außen rund und schön.
@beate
Kosti,Martina oder Nicola,ihr seid sicher in der Lage hier bei euren Schülern o.ä. eindeutig zu unterscheiden,ob Technik oder Stilfehler.Ich als Frischling muß mich immer erst in die Situation des Schülers "einfahren" um das zu ergründen.
imho
*einen reinen stilfehler gibt es nicht, es gibt zu ausladende bewegungen die unästhetisch und kontraproduktiv wirken oder körperhaltungen und bewegungsmuster bei denen eine technik nicht voll zur anwendung kommen kann. diese bewegungsmuster resultieren sehr oft aus einem übernommenen stil, der nicht mit der eigenen bewegungskoordination zusammenpasst.
*an einen frischling - auch eine alte s... (oder sollte ich lieber sagen erfahrene skilehrerin

) muss sich in die muster des "schülers" einfühlen...
nicola
Verfasst: 20.09.2004 19:57
von WolliHood
Hallo Nicola,
begrifflich zwischen Zweckbewegungen und Ausdrucksbewegungen zu unterscheiden, scheint mir sinnvoll. Nur .. was ist eine Ausdruckbewegung beim Skifahren ?
Im Moment dient bei mir jede Bewegung dazu, mich sicher (?) auf den Skiern zu halten und hin und wieder auch mal einer vorgestellten Linie zu folgen. Was selten genug gelingt.
Gruss, WolliHood
Verfasst: 20.09.2004 20:25
von beate
einen reinen stilfehler gibt es nicht
mir ist nach langem überlegen ein, nach meiner Aufassung reiner Stilfehler eingefallen,den ich,bin ich mit Schülern unterwegs, doch korrigiere,da er,wie ich finde kontraproduktiv ist:Das überdrehen des Oberkörpers nach einem abgeschlossenen turn ->es bringt dich meist aus der Position und oft ist damit eine Tendenz zur Rücklage verbunden.
Vielleicht sehe ich das ja auch völlig falsch aber ihr seid ja sicher nett und konstruktiv mit eurer Kritik
Beate