Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Unpraktische Tipps, die niemand braucht ;-)
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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von NeusserGletscher » 02.03.2020 18:51

Pancho.Ski hat geschrieben:
02.03.2020 16:48
Dagegen erhebt sich eine „Feinripp“-Struktur, wie sie Pistenraupen im Schnee erzeugen, vergleichsweise wie ein Gebirgszug.
Deswegen hast Du auf einer frisch präparierten Cord-Piste auch grundsätzlich keine Probleme mit dem Kantengriff. Egal, wie die Kante präpariert wurde. Die Spreu vom Weizen trennt sich auf der harten Pisten-Grundpräparation, auf blank gefahrenen Stellen und auf Eis.
elypsis hat geschrieben:
02.03.2020 17:43
Schon klar, deswegen prüfst du ja zuvor mit dem Haarlineal, wie sich u. a. Kante und Belag zueinander verhalten. Sollte der Belag überstehen, greift die Feile zwangsläufig ins Leere!
Ich meint aber den schräg geschliffenen Part des Belages, der zwangsläufig entsteht, wenn beim Abhängen in den Belag geschliffen wird. Dieser Teil ragt nicht über das Planum hinaus, wenn er nach dem Abhängen der Kante wieder ein wenig zurück geht.
BelagsseitigZurück.png
Belag geht nach dem Abhängen wieder zurück
BelagsseitigZurück.png (5.66 KiB) 538 mal betrachtet
(stark überzeichnet)
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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von Pancho.Ski » 02.03.2020 19:02

NeusserGletscher hat geschrieben:
02.03.2020 18:51
Deswegen hast Du auf einer frisch präparierten Cord-Piste auch grundsätzlich keine Probleme mit dem Kantengriff. Egal, wie die Kante präpariert wurde. Die Spreu vom Weizen trennt sich auf der harten Pisten-Grundpräparation, auf blank gefahrenen Stellen und auf Eis.
Selbst da sind die verbliebenen Unebenheiten mit Sicherheit immer noch so groß, dass eine halbe Haaresbreite (!!) keine Rolle spielen dürfte. Dass kleine Winkelunterschiede eine Rolle spielen, leuchtet mir ein, denn dadurch teilt sich die Kraft anders auf, die von oben wirkt...

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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von NeusserGletscher » 02.03.2020 20:32

Ich habe mal schnell aufgemalt, wie ich mir die Kante im Schnee vorstelle:
KanteImSchnee.png
Kante im Schnee
Der Ski schneidet in den Schnee eine Rille. Die Kante schneidet aber nicht zuletzt auch wegen des Skiradius nie gleich tief in den Schnee. Und wie Du in der schematischen Zeichnung siehst, bewirkt der belagseitige Winkel, dass der Ski nicht mit der Kante sondern mit seinem Belag auf dem Schnee aufliegt. Ich stelle mir den Effekt so vor, dass er ähnlich ist wie beim Anfasen von Werkstücken. Eine rechtwinkelige Kante neigt zum Verkanten. Eine geringe Fase bewirkt bereits, dass Werkstücke übereinander gleiten, ohne zu verkanten.
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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von Pancho.Ski » 02.03.2020 21:35

Schnee würde nachgeben, bis die Kante auch im Schnee ist und kompletter Formschluss mit der kompletten Kontur des Skis besteht. Das sind keine zwei Werkstücke aus Stahl...

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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von NeusserGletscher » 02.03.2020 21:50

Pancho.Ski hat geschrieben:
02.03.2020 21:35
Schnee würde nachgeben, bis die Kante auch im Schnee ist und kompletter Formschluss mit der kompletten Kontur des Skis besteht. Das sind keine zwei Werkstücke aus Stahl...
Schnee ja, kompakter Schnee jein, Eis kaum. Aber wie gesagt, das ist reine Spekulation, bislang habe ich auch noch niemanden getroffen, der mir das genauer erklären konnte. Andererseits zeigen eigene Versuche, dass ein wenig Änderung am Basiswinkel gerade nahe 0° viel bewirkt. Und eine plausiblere Erklärung für diese Beobachtung fällt mir derzeit halt nicht ein.
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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von Pancho.Ski » 03.03.2020 08:43

Betrachte doch mal die Kräfte, die abhängig vom Winkel auf die Skikante bei einer Kurvenfahrt wirken.

Auf den Fahrer wirkt zunächst die Gewichtskraft und die Zentrifugalkraft. Die resultierende Kraft, die auch die Ski zum Untergrund hin übertragen müssen, dürfte also schräg nach unten und außen zur Kurve hin deuten.
4B15EB3E-5050-4DBC-9BCA-FD282493DBC9.jpeg
^Draufsicht, Skifahrer in Kurvenfahrt mit Radius R, Zemtrifugalkraft Fz
FE08E52A-A1C7-41C2-898C-A538D7006694.jpeg
^Frontansicht, Skifahrer in Kurvenfahrt mit Gewichtskraft FG, Zentrifugalkraft Fz und der aus beiden Kräften resultierenden Kraft FR als Ergebnis der Vektorsumme aus Fz und FG

Im Ergebnis wirkt also eine Kraft FR auf unseren Skifahrer (vereinfacht, die Hangabtriebskraft und Reibungskräfte und noch einige weitere interessieren uns hier mal nicht). Diese Kraft müssen die Ski nun auch in den Untergrund übertragen, sie sind ja der einzige Kontaktpunkt.
Betrachten wir nun mal extrem vergrößert nur die KANTE, den Belag vergessen wir mal und ergründen, wie diese Kraft auf die Kante wirkt.

Hier sind drei Fälle zu unterscheiden.

1.) Aufkantwinkel ist größer, als der Winkel unter dem unsere resultierende Kraft FR wirkt, ein guter Carver :-D
7D7DE4C5-0B64-45EB-AF4D-D0E17255707F.jpeg
Bei werden zwei Flächen aufeinander gepresst, teilt sich die Kraft in eine zur Kontaktfläche senkrechte Kraft Fs, die quasi für das abpressen sorgt und eine zur Kontaktfläche Parallele Kraft Fp. Hier im dem Fall sieht man, dass Fp nach unten gerichtet ist, und dafür sorgt, dass unsere Kante in den Untergrund schneidet.

2.) Aufkantwinkel ist kleiner als der Winkel unter dem unsere resultierende Kraft FR wirkt. Ein Powerrutscher oder Drifter.
12F3DCE1-F68A-4438-8FBA-C8A635712113.jpeg
Analog 1.) nur hat die zur Kontaktfläche parallele Kraft Fp die entgegengesetzte Wirkung und ist bestrebt, die Kante aus dem Untergrund herauszuziehen - wir driften.

3.) Aufkantwinkel ist gleich dem Winkel unter dem die resultieren Kraft FR wirkt.
Kann man kurz halten ohne Skizze: FR wirkt senkrecht zur Oberfläche (Kontaktfläche), die Kraft läßt Sicht nicht aufteilen. Fs ist gleich FR, Fp ist Null.

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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von elypsis » 03.03.2020 08:44

NeusserGletscher hat geschrieben:
02.03.2020 20:32
Und wie Du in der schematischen Zeichnung siehst, bewirkt der belagseitige Winkel, dass der Ski nicht mit der Kante sondern mit seinem Belag auf dem Schnee aufliegt.
Dieses Problem sehe ich, was den reinen Kantengriff angeht, nicht. Schau dir bitte mal die Beläge von Ski an, die größtenteils gecarft werden: sie sind entlang der Kanten aufgrund des starken einseitigen Wachsverlusts im Gegensatz zur restlichen Belagsfläche immer grauer und damit trockener. Grundsätzlich ändert sich daran auch bei einem perfekt sitzenden Basiswinkel nichts. Der Kantengriff wird dadurch nicht beeinflusst. Das, was sich wirklich ändert, ist das Zeitmoment, bis die Kante greift, wenn sie zurückgesetzt ist. Du musst stärker aufkanten, was einfach länger dauert!
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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von Pancho.Ski » 03.03.2020 08:53

Wollte den ersten Teil absenden, bevor es vielleicht verloren geht, sitze gerade im Zug...

So, zweiter Teil:

Bewertung.

Es gibt einen Grenzaufkantwinkel, bei dem sich die Verhältnisse an der Kante umkehren. Davor wirken die Kräfte daraufhin die Kante aus dem Schnee zu ziehen, im Ergebnis streicht der Ski über die Oberfläche, wir driften. Kanten wir weiter auf, kehren sich die Verhältnisse um, die Kräfte drücken die Kante in den Untergrund, sie gräbt sich ein, wir carven.

Der belagseitige Kantenwinkel hat direkt Einfluss auf diesen Übergang. Je weniger abgehängt wird, desto eher kommen wir in den Bereich, in dem die Kräfte unsere Kante schneiden lassen.

An diesem Punkt passiert nicht einfach „mehr“ eines bestimmten Effektes, hier passiert plötzlich etwas entgegen gesetztes. Deswegen hat dieser Punkt so eine große Bedeutung. Das spüren wir direkt, Hier passiert plötzlich „Grip“. Kanten wir noch weiter auf, ändert sich nur noch quantitativ etwas.

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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von Pancho.Ski » 03.03.2020 08:57

elypsis hat geschrieben:
03.03.2020 08:44
Schau dir bitte mal die Beläge von Ski an, die größtenteils gecarft werden: sie sind entlang der Kanten aufgrund des starken einseitigen Wachsverlusts im Gegensatz zur restlichen Belagsfläche immer grauer und damit trockener. Grundsätzlich ändert sich daran auch bei einem perfekt sitzenden Basiswinkel nichts.
Gutes Argument. :zs:

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Re: Eine einfache Methode, den belagseitigen Winkel zu messen

Beitrag von Pancho.Ski » 03.03.2020 09:17

NeusserGletscher hat geschrieben:
02.03.2020 21:50
Andererseits zeigen eigene Versuche, dass ein wenig Änderung am Basiswinkel gerade nahe 0° viel bewirkt.
Warum ist das so?

Wenn man sich die Kräfteverhältnisse oben anschaut, sieht man, dass bei einem 0-Winkel der Übergangspunkt von Fall 2.) -> Fall 1.) gerade an dem Punkt erfolgt, an dem die Kraft FR ganz mit den Beinen fluchtet. Das heißt, es fühlt sich für unsere Knochen und Muskeln natürlich an, denn in diesem Zustand spüren wir keine Querkräfte. Wir halten uns vor Augen, das FR eine ziemlich große Kraft ist, nämlich vom Betrag her deutlich mehr als unser Gesamtgewicht.

Je mehr nun abgehängt wird belagseitig, desto mehr müssen wir aus dieser Komfortzone raus, desto mehr Querkräfte spüren, desto mehr müssen wir „in die Kurve drücken“.

Bei O grad passiert wieder etwas „qualitatives“, nämlich der Übergang von „keine Querkräfte“ hin zu „Querkräfte vorhanden“. Im weiteren Verlauf passiert erstmal nicht mehr viel, lediglich ein moderater Anstieg der genannten Kräfte.

Edit:
Bei Null Grad Abhängung haben wir deswegen das Gefühl, die Ski würden verkanten, weil wir im „mühelosen“ weil querkraftfreien Zustand bereits den Übergang von Zustand 2.) zu 1.) haben. Je größer die Abhängung, desto mehr müssen wir bewusst dafür tun, die Kanten zum Schneiden zu bringen. Es kostet Kraft, nämlich mindestens den Betrag vom Fp, was wir als Querkraft spüren.

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