Pancho: Hoffentlich ist Dir jetzt nicht das Butterbrotpapier ausgegangen
Pancho.Ski hat geschrieben: ↑03.03.2020 08:43
Aufkantwinkel ist größer, als der Winkel unter dem unsere resultierende Kraft FR wirkt, ein guter Carver
Wie soll das funktionieren? Meine Ski befinden sich meist zwischen meinem Körperschwerpunkt (KSP) und den Kontaktpunkt zum Boden. Im unwahrscheinlichen Fall, dass dies einmal nicht so ist, macht der Skifahrer einen Abflug. Winkel der resultieren Kraft und Aufkantwinkel sollten mehr oder weniger 90° zueinander liegen. Deine Zeichnungen geben die Kräfteverhältnisse korrekt wieder, aber wie erklärst Du damit, dass ein plan geschliffener Ski laufend verschneidet? Obwohl er praktisch gar nicht aufgekantet wird?
Die Frage ist doch, wieso die Kante greift. Oder ab einer bestimmten Präparation nicht mehr so gut greift, obwohl sie technisch gesehen scharf ist.
Nach meiner Vorstellung gleitet der Ski nicht gleichmässig durch die Furche, die er in den Schnee schneidet. Die Kante eiert mehr oder weniger.
Nun stell Dir mal eine hohl geschliffene Schlittschuhkufe auf Eis vor. Die greift immer, weil egal wie man die Kufe aufsetzt, die
Kante hat immer Kontakt mit den Eis.
![KanteKonkav.png (49.14 KiB) 463 mal betrachtet KanteKonkav.png](./download/file.php?id=3189&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- Kante konkav (Schlittschuhkante)
Ähnlich sieht es bei einem Plan geschliffenen Ski mit 0° aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Punkt, an dem sich alle auftretenden Kräfte bündeln, an der Stahlkante liegt und nicht am Belag, ist sehr hoch.
![SkiPlan.png (44.52 KiB) 463 mal betrachtet SkiPlan.png](./download/file.php?id=3190&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- Ski plan
Bei einem konvex verzogenen Ski greift die Kante dagegen so gut wie nie. Der Kontaktpunkt zum Schnee ist fast immer am Belag.
![BelagKonvex.png (45.85 KiB) 463 mal betrachtet BelagKonvex.png](./download/file.php?id=3195&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- Belag konvex verzogen
Ein Ski mit belagseitig hängend geschliffener Kante ist nun ein Sonderfall, ein Mittelding zwischen plan geschliffenem Ski und konvex verzogenem Ski.
![HängendGeschliffeneKante.png (44.62 KiB) 463 mal betrachtet HängendGeschliffeneKante.png](./download/file.php?id=3192&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- hängend geschliffene Kante
Wenn man genau hinschaut, dann sieht man, dass durch das belagseitige Abhängen eine weitere Kante entsteht, welche die eigentliche Stahlkante "aushebelt".
![KanteAusgehebelt.png (36.1 KiB) 463 mal betrachtet KanteAusgehebelt.png](./download/file.php?id=3193&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- hängender Schliff hebelt Kante aus
Das Abhängen der Kante ist ja bekanntlich ein Kompromiss zwischen Drehfreudigkeit und Kantengriff. Je weiter man abhängt, desto häufiger hat der Belag und nicht die Kante Kontakt zum Schnee. Auf frisch präparierten Pisten und in weichem Schnee spielt das praktisch keine Rolle. Weil, wie hier richtig angemerkt wurde, sich das Profil der Kante in den Schnee drückt. Wenn aber der Schnee zunehmend härter wird, dann gibt er nicht mehr so stark nach und desto häufiger wechselt der Kontaktpunkt zwischen Belag und Kante. Und je größer der Belagseitige Winkel ist, desto mehr geht das Verhalten in Richtung "konvex verzogener Ski".
So stelle ich mir da halt mit meinem laienhaften Verständnis vor. Aber egal, ob die Zeichnungen nun der Realität oder lediglich meiner blühenden Phantasie entsprechen, sie geben letzendlich wieder, was man durch praktische Versuche bestätigen kann. Eine Kante, die belagseitig nur wenig hängend geschliffen wurde, greift besser auf hartem Untergrund als wenn mit großem Winkel gearbeitet oder zu weit in den Belag geschliffen wurde.
extremecarver hat geschrieben: ↑03.03.2020 12:34
Egal wie genau und perfekt geschliffen, bei 2 Grad abgehängt hast du auf Eis überhaupt keinen grip beim Carven, wieso auch immer...
Eine sehr gute Frage. Ich gehe noch einmal einen Schritt zurück zu der Frage, welche Kraft die Kante im Schnee hält.
![KanteKonkavKraft.png (41.13 KiB) 445 mal betrachtet KanteKonkavKraft.png](./download/file.php?id=3200&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- Kraft an konkav geschliffener (Schlittschuh-) Kante
Hier sieht man, dass sich die Kante förmlich in den Untergrund verbeißt. Der rote Pfeil symolisiert die Kraft, welche die Kante aus der Furche treiben möchte. Schläge, Unebenheiten, Eiskristalle. Diese Kante hält, weil sie mit einem sehr spitzen Winkel der Kraft entgegenwirkt, die sie aus der gezogenen Furche treiben möchte.
Die Kante bricht erst aus, wenn die auf den Untergrund wirkenden Kräfte größer als seine Haltekräfte sind. Typischer Anwendungsfall: die Situation beim seitlichen Gleiten vor dem Stillstand beim Hockey-Stop.
Ganz anders stellt sich die Situation bei einer hängend geschliffenen Kante dar:
![HängendGeschliffeneKanteKraft.png (39.48 KiB) 445 mal betrachtet HängendGeschliffeneKanteKraft.png](./download/file.php?id=3201&t=1&sid=c0cbdfec67f01711e44a75958cc4bacf)
- Kraft an einer hängend geschliffenen Kante
Hier kommt die Kante gar nicht zur Geltung, weil sie durch die stumpfe Kante im Belag förmlich ausgehebelt wird. Dieser Ski hat Schlägen und Eiskristallen in der Furche wenig entgegen zu setzen. Er wird, wie Pancho in seinen Zeichnungen beschrieben hat, durch eine kleine Kraft am Boden gehalten. Aber wenn die Störkräfte an der Kante zu groß werden, dann gleitet er aus der Furche heraus und driftet über den Schnee.
Pancho: Wenn Du in Deiner Zeichnung die Störkraft einträgst, welche den Ski aus der Furche treiben möchte, dann ist sie vollständig. Dann erklärt sich auch, wieso die Art der Bearbeitung der belagseitigen Kante überhaupt einen Einfluss auf den Kantengriff hat. Bei Deiner Theorie wäre der Einfluss der Kante praktisch nicht gegeben, weil der Ski alleine durch das Aufkanten im Schnee gehalten wird. Was in weichem Schnee der Fall ist, weil dort die Störkräfte in den Untergrund abgeleitet werden, der unter jedem Eiskristall nachgibt. Aber halt nicht auf Eis.